Donnerstag, 8. November 2012

Insel Sylt, wir kommen!

Das sollte nicht als Drohung durchgehen, sondern als Ankündigung. Cath hatte noch nie ihren Fuss auf eine friesische Insel gesetzt. Dabei findet sie in ihrer Heimat (Yorkshire) große Mengen Sand, frischen Wind und auch das diskret leuchtende Heidekraut. Von Pferden, Kühen und Schafen ganz zu schweigen. Ich rätsle immer noch, ob sie aus Neugier oder einfach, weil ich ununterbrochen davon schwärmte, hinter meinem Rücken eine Woche Sylt im Herbst gebucht hat. Die Pistole auf der Brust, und einige warme Pullover im Gepäck, machten wir uns auf, die nordfriesischste aller nordfriesischen Inseln aufzusuchen.


Die lange Reise aus dem Schwarzwald verkürzten wir uns durch eine Bahn-Flug-Kombination, die beschwerlich genug war. Einmal angekommen, veränderte sich die Welt: es duftete nach Meer und Watt, die Möwen versuchten, gegen den tosenden Wind anzuschreien. Wir, eingehüllt wie eine ganze Arktikexspedition, begannen sofort, zu genießen. Der Regen war beiläufig und setzte nach Wunsch immer wieder aus. Wir liefen am Wattenmeer entlang, ließen uns tragen vom Sturm und fanden viele Austern, die das Meer bei Flut in die Siele gespült hatte. Natürlich hat man das Austernmesser nicht dabei, kann also nicht, wie man das in der Bretagne getan hätte, einfach eine nach der anderen öffnen, schlürfen und den Meeresgeschmack mit nach Hause nehmen.

Die pazifische Auster, in die Kamera gehalten.
Das unheimlich warm anmutende Nordfriesenhaus mit dem Reetdach, ein sylt'sches Markenzeichen, erinnert an die alten Schwarzwaldhäuser, die auch alles unter einem wuchtigen Dach verbergen und im Frühling mit der Kirschblüte ihre Hochzeit haben. Das nordfriesische Haus ist viel kleiner, birgt jedoch ebenso ungeahnte Schätze bäuerlichen Lebens. Wie schön, wenn man endlich die Zeit hat, sich das genauer anzuschauen.
Karg war das Leben des alten Kapitäns

Es ist unvorstellbar, dass einer, der sein Leben lang zur See gefahren ist, sich in ein Haus zurückzieht, das keinen Blick aufs Meer bereithält. Das Bänkchen vor dem Haus, wer möchte da nicht seine Pfeife rauchen?
Innen siedet der Tee



Oder es räuchert der Fisch

Es ist wahrlich kein Aufenthalt mit Action-Satisfaction, sondern mit besinnlichem Dösen, sei es am Strand, wenn die Brise einmal aussetzt, sei es in der Pinte, die ein heimeliges Flair verströmt.





"Des Meeres und der Liebe Wellen", schrieb einer, der es genau wusste, obwohl er in Wien und nicht am Meer lebte: es war Franz Grillparzer, der Dichter aus dem 19. Jahrhundert, der die Liebestragödie von Hero und Leander dramatisch verarbeitete. Wieso kommen mir auf Sylt solche Gedanken? Weil die Gewalten der Natur zeigen, wie ausgesetzt wir ihnen sind und wie groß die Liebe sein kann, die sich dagegen auflehnt? Die Gefühle, die das Meer für uns ans Land gespült: wir nehmen sie dankbar mit nach Hause.





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