Samstag, 14. Juli 2012

Island feiert ununterbrochen


Durchzechte Nacht?

Diesen Eindruck muss man im Sommer haben, der allerdings recht kurz ist. Wenn man "nachts" um 2 Uhr auf der Parkbank Zeitung lesen kann, weiß man was Mittsommernacht ist. Je näher man an den Polarkreis rückt, desto (ich sage auch in Island nicht: umso) schwerer hat es die Sonne mit dem Untergehen. Dafür lässt sie sich im Winter kaum blicken, was für mich auch ein Grund wäre, zu feiern. In den wenigen Städten wie Reykjavik, Akureyri, Husavik, Selfoss etc. pulsiert das Leben im Sommer. Jung und alt sitzt in den Kaffis (Cafés) und Pinten. Man trinkt ein Glas Viking Gold oder ein Glas Wein, scherzt und lacht und achtet auf die Kinder, die nebenan fröhlich spielen oder in väterlichen Armen liegen, und das, bis spät in die "Nacht".



Isländer feiern ihre Kinder. Oft sind die Mütter selbst noch blutjung. Kinder werden von allen aufrichtig geliebt. Züchtigung für unartige Kinder gibt es in Island nicht. Häusliche Gewalt ist unvorstellbar. Lausebengel können sich austoben. Kinder können machen was sie wollen. Ich, kleines Mädchen, spiele mit meinen Freunden draußen Fußball oder sonstwas bis ich müde bin. Dann wird wieder eine Runde geschlafen. Ich, fünfjähriger Knabe, helfe dem Papi beim Reparieren des Zauns und beim Zählen der Schafe. Ist das der Grund für die nordische Coolness der Isländer? Denn, außer ein paar testosterongesteuerter Motorradspinner, die vielleicht zu viel getrunken haben, verläuft auch der Straßenverkehr wie in Friedenszeiten. Die Geschwindigkeit geht kaum über 90 km, auch wenn fast leere Straßen dies erlauben. Raserei ist verpönt.


Unterhaltungen zwischen Isländern sind angeregt bis schweigsam. Man kann seine Fröhlichkeit auch mit weniger Worten zum Ausdruck bringen. Seinen Ärger ironisch und konfliktfrei äußern. Viele Isländer halten nämlich nichts vom Reden. Ein Widerspruch scheint allerdings zu sein, dass jeder zu jeder Zeit am Mobil-Telefon zu hängen scheint.


Hummerschwänze

Island hat in den letzten Jahren auch die raffinierte Küche entdeckt. Noch etwas ungewohnt scheint manchmal das Angebot: Tapas mit Fisch, Serranoschinken oder Gemüse. Carpaccio vom Fohlen. Hummerschwänze. Walfischsteak. Lammgulasch. Überall spürt man den Aufbruch in die kosmopolitische Küche. Auch bei den Soßen tut sich was, obwohl da oft noch der letzte Kick zu fehlen scheint. Wer jedoch Kabeljau oder Schellfisch auf den Teller bekommt, weiß, dass dieser absolut frisch ist und köstlich schmeckt. Die Salate könnten in der Regel jedoch etwas  mehr Sex haben. Wunderbar, dass man fast überall einen guten Wein und echt isländisches Bier erhält.

Dieses Land, von dem man früher sagte, es würde dort täglich dreimal gefrühstückt, wird uns noch lange beschäftigen. Wir haben noch nicht von Pferden, Schafen und Geysiren gesprochen. Auch nicht von Wasserfällen und Pflanzen. Das kommt noch.








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