Donnerstag, 11. August 2011

Gröfaz, der größte Führer aller Zeiten



Meine Oma sagte, da war ich fünf, "dieser Hitler ist ein Teufel". Sie merkte nicht, dass ein kleines Kerlchen mit offenen Ohren herumlief und alles hörte, was für diese nicht bestimmt war. Für mich Dreikäsehoch war "dieser Hitler" der Führer. Andererseits glaubte ich an meine Großmutter. Was die sagte, war richtig. Nie hätte ich mit meinen Freunden auch nur ein Wort über die Meinungen meiner Oma gesagt. Ich wusste instinktiv, wie gefährlich das war. Und über den Volksempfänger konnte ich gelegentlich seine Stimme hören und dachte: "Schreihals". Warum brüllte er so herum? Auch heute noch finde ich laute Stimmen übertrieben, ein Versuch, etwas zu rechtfertigen, wo es nichts zu rechtfertigen gab. Er benutzte Mikrophone und Lautsprecher. Das wirkte.

Von Victor Klemperer, dem Tagebuchschreiber, der über Hitlers Regime alles sagte und in Dresden überlebte, weiß ich, dass viele im Schwarzwald den Hitlergruß mit "Grüß Gott" beantworteten. Als Zeichen der Ablehnung. Dafür war ein Schwarzwälder aus Meßkirch der erste Professor, der eine Naziuniform in der Uni trug. Er hatte großen Einfluss auf Intellektuelle wie Jean-Paul Sartre und war mit Hannah Arendt liiert, der klugen Jüdin, die später selbst nicht verstand, was sie an Martin Heidegger so fasziniert hat. Dafür schrieb sie dann über den Totalitarismus und über die Banalität des Bösen. Und Heidegger über den Holzweg.

"Mein Kampf" hieß das Werk, das dieser Autobahn bauende, in Mikros schreiende, verfasst hat. Lesenswert nur deshalb, weil darin so viele grammatische und semantische Fehler vorkommen, dass jeder Doktorand, der seinerseits alles abgekupfert hat und dann später entdeckt und entdoktort wurde, Schaum vor den Mund bekommen möchte. Ich las in dem einzigen Exemplar, das die Uni-Bibliothek in Freiburg im Lesesaal zur Verfügung stellte und verstand: Hätte Charlie Chaplin seinen Film "Der Große Diktator" damals in Deutschland zeigen können und, wäre "Mein Kampf" von den Massen gelesen worden, würde ich meinen einzigen Hut (immerhin einen Borsalino) verwetten, dass klein Adolf nicht zum Gröfaz aufgestiegen wäre. Man hätte sich ob des intellektuellen Niveaus totgelacht.

Sich ausgeschüttet vor lachen. Die neuen Autobahnen hätten sich gekrümmt. Die 8 Millionen Arbeitslosen hätten zwar viel langsamer Beschäftigung gefunden, vielleicht sogar bei sogenannten Juden, die man allerdings umbrachte oder aus dem Land trieb. Nur hätten sie dann keine Uniformen tragen dürfen und Heil Hitler sagen. Adolfs zahlreichen Geschwistern sind diese Demütigungen erspart geblieben. Otto Hitler verschied schon im Geburtsjahr. Gustav und Ida Hitler sind mit zwei Jahren an Diphterie gestorben und Edmund mit sechs an Masern. Nur Paula hat es geschafft, 1960 (mit vierundsechzig) diese Welt zu verlassen. Man könnte nicht behaupten, sie sei auf ihren diktatorischen Bruder stolz gewesen. Dieser hat sich "schon", wie wir hoffentlich wissen, 1945 durch Selbstmord aus dem Staub gemacht. Und die Ewiggestrigen? Sie feiern so etwas gerne noch, vor allem wenn der Geburtstag des Führers ansteht. Ach, hätte es den doch nie gegeben. Grüß Gott.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen