Samstag, 11. Juni 2011

Der Mut der Verzweiflung

Er packt dich, wenn du keinen Ausweg mehr siehst. Entschlossen stellt man sich der Gefahr in den Weg. Und überlebt. Tut man das nicht, müssen andere darüber befinden, ob du mutig warst oder nur tollkühn.
Dem Mutigen gehört also die Welt. Deshalb habe ich in den Tagen vor Pfingsten Gurken, Tomaten und Salat gegessen und diesbezügliche Warnungen in den Wind geschlagen. Die Sojasprossen sind nicht so mein Ding. Bei den Asiaten auf dem Wochenmarkt hätte ich sie jedoch unbekümmert gekauft, doch auf seltsame Weise verschwanden sie dort plötzlich.


Wie steht es um das Land der Philosophen? Kant, Hegel und Schopenhauer hätten sicher, vielleicht etwas zu abstrakt für den Normalbürger, einen gehobenen Leitfaden für richtiges Verhalten gefunden. Stattdessen scheinen wir ein Volk von Ängstlingen, Feiglingen und Bedenkenträgern geworden zu sein. Auch die Tanzstunde scheint keine Verhaltensmuster mehr zu vermitteln. Ein Glück, dass die Politik sich entschlossen hat, sich breiter aufzustellen. Der Ausstieg aus dem Ausstieg. Die Entwarnung in Sachen Gurken und Salat, auch der Vulkan aus Island hat nichts mehr von sich hören lassen. Die griechische Banken-€-Krise ruht über die Feiertage auch. Stuttgart 21 hängt zwar noch etwas in der Luft, wird sich jedoch bald wieder wie eine Lawine lostreten lassen. Aber so richtig beruhigen will uns keiner. Wir gehen an die Tankstellen und bezahlen mehr. Im Supermarkt werden wir an die Frischetheke geführt, weil jetzt alles frisch geworden ist. Nur: es scheint uns schlechter zu gehen, denn je, und warum haben wir keine Philosophen mehr, die sagen, wo es lang geht? Keine Kirchen mehr, denen man vertraut, wenn sie den Heiligen Geist beschwören? Keine Lehrer mehr, die wenigstens anbieten, einem Lümmel die Ohren stramm zu ziehen, wenn er aufmüpfig ist?

Woher sollen wir die Gelassenheit des Mutigen nehmen? Aus dem häuslichen Glück? Aus der immer noch schönen Natur? Aus der Politik? Dazu müssten auch wir uns etwas breiter aufstellen. Doch wie macht man das? Am besten, man nimmt sich Zeit. Rennt nicht hinter ihr her. Aufgepasst, Raser, man gewinnt nichts, indem man ein Rennen gewinnt! Den anderen nicht wie den letzten Dreck behandeln. Das wäre schon ein schöner Anfang. Vielleicht auch den, der rabenschwarz (nicht politisch gemeint) sein Leben führt, oder körperlich beschädigt ist, oder halt nicht so raffiniert und intelligent ist, mit gelassenem Wohlwollen seine kleinen Fehler begehen lassen, das würde weniger böses Blut schaffen. Vielleicht zu unserem eigenen Glück beitragen? Den Mut dazu aufzubringen, darüber würde der Heilige Geist sich dumm und dusselig freuen. Auch Schopenhauer wäre dann bereit, auf die Welt mit einem freundlichen Lächeln herabzuschauen.

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