Dienstag, 17. Mai 2011

Schdross-Kachelmann, what to do?

Es ist ja so: man sitzt vielleicht auf der Toilette und hört gleichzeitig Radio. Irgendetwas Schreckliches passiert, und innerhalb kürzester Zeit erfährt man es. Wenn es dich und die Deinen sehr berührt, nimmst du das Mobilfon, das neben dir liegt, und rufst Tante Gerlinde an. Tante Gerlinde übernimmt den Rest, sodass Familie, Nachbarn und Uninteressierte schnell auf dem Laufenden sind. Das alles kann heutzutage auf der Toilette geschehen. Aber auch woanders. Bei einem Tsunami müssen allerdings der Schaden, die Zahl der Toten und der zerstörten Autos erst noch ermittelt werden. Das kann dauern.

Wie ein Lauffeuer jedoch verbreitet sich die Meldung, dass ein Promi, oder einer, der es noch werden möchte, angeschuldigt wird, die körperliche Integrität eines Mitmenschen nicht respektiert zu haben. Sexueller Missbrauch also. Man kann nun so weit gehen, die Unschuldsvermutung mit dem Gedanken zu paaren, dass an der Beschuldigung doch etwas dran ist. Die Medien, wie wir alle, warten gerne auf eine skandalträchtige Nachricht, vor allem, wenn diese ein altes Klischee bedient und uns von unseren eigenen Problemen ablenkt. Man hört das Lechzen danach geradezu aus den Schlagzeilen. Dann wird abgefrühstückt: ja, er war völlig unbekleidet. Ja, die Suite kostet 3000 $ die Nacht, und das Zimmermädchen war nicht nackt. Wir wissen dann fast alles. Aber ist er schuldig? Da wird eine Boulevardzeitung schnell zum Richter. Solch schlüpfrige Ereignisse, von denen wahrscheinlich ein Vielfaches immer unentdeckt bleibt, bestärken uns in der Annahme, dass wir besser sind. Dann nehmen wir auch gerne einen Vorschuss auf ein gerichtliches Urteil. Wir ergreifen Partei. Schön ist das nicht.

Sexueller Missbrauch muss den gerichtlichen Verfahren unterworfen bleiben, nicht dem Getratsche auf der Straße. Dass dabei so mancher Promi, der glaubt, Einfluss zu haben, versucht, sich aus der angerichteten Misere herauszuwinden, hängt auch damit zusammen, dass die Unschuldsvermutung allzu oft missbraucht wird. Wir könnten auch, wenigstens in solch heiklen Fällen, einmal auf die Weisheit eines Gerichtes vertrauen, obwohl Justitia nicht immer dazu da ist, Gerechtigkeit walten zu lassen, sondern Recht zu sprechen. Das ist etwas anderes. Das sieht man schon daran, dass es in einigen Ländern üblich ist, eine Frau, die sich scheiden lassen möchte, oder die einen anderen als den eigenen Mann liebt, zu steinigen. Das ist dort "geltendes" Recht. Und Männer haben dort ohnehin mehr Rechte als Frauen. In unseren "kultivierten" Zonen, wo wir, um mit der Politik zu formulieren, sexuell etwas breiter aufgestellt sind, fällt es schwer, die Gesetze des Anstandes, so alt sie auch sein mögen, anzuwenden. Zwischen unglaublicher Toleranz und zuweilen heuchlerischer Empörtheit gibt es einen einzigen Weg: abzuwarten. Da die Gedanken frei sind, lohnt es sich, zu schweigen und sich seinen Teil zu denken.

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