Samstag, 24. September 2016

Entblößter Humor - die Liebenden.

Die Medien haben uns damals den Kopf vollgeblasen mit Neuem. In den Fünfzigerjahren war unsere Gesellschaft sehr unsicher, spießig und verkrampft. Die Kirchen haben noch laut gejammert, wenn der Zerfall der guten Sitten wieder einmal sichtbar wurde. Dann fingen sie an, zu schweigen, um ihr Image zu retten. Man schielte nach Amerika, ohne zu wissen, warum. Philosophen, an die damals noch alle geglaubt hatten, gingen uns allmählich und für immer verloren, und neue Leitbilder tauchten auf. Humor der neuen Art war angesagt, nicht der schon bekannte, etwas deftige Busenulk, sondern  eher Arsen und Spitzenhäubchen (USA), als Schmunzelangelegenheit. Auch der schwarze Humor von The Ladykillers (1955) mit Alec  Guinness wurde bereitwillig aufgenommen. Dass unser vielgeliebter Sir Alec bisexuell war, wurde erst bekannt, als er 2001 starb. Davor schien es solche "Abartigkeiten" nicht zu geben.


Spass muss sein. 
In Deutschland war noch die sexuelle Einfalt das Maß aller Dinge, doch der deutsche Humor war am Aufwachen. Schon 1950 begann Loriot mit seinen umwerfenden Comics, doch erst in den Siebzigerjahren legte er richig los.


Evelyn Hamann, die Göttliche, half ihm dabei. Seitdem darf keiner mehr behaupten, den deutschen Humor gäbe es nicht. Wer kennt nicht die Nudel, die an Loriots ratloser Backe hing? Und Evelyns entgeisterten Blick?


Konflikte gab es genug. Der Schah von Persien und die Prügelperser. Die rotzfreche Kommune 1 in Berlin, eine Art SchmarotzerWG, die ständig von sich reden machte. Fritz Teufel, Rainer Langhans und ein paar andere. Auf dem Gebiet der sexuellen Emanzipation waren sie umfassend tätig. Man stellte fest, dass trotz vieler Fragwürdigkeiten, der Humor nicht zu kurz kam. Das Nacktfoto der Kommune hat DER SPIEGEL damals noch retuschiert, um das männliche Geschlecht verschämt zu verbergen. Eine ganz neue Welt. Mit viel Protest gegen alles. Wir Studenten skandierten etwas über den Mief von hundert Jahren, unter den Talaren (unserer Professoren).


Langhansens philosophische Einsichten wurden damals noch durch allerhand pubertären Kram behindert. Doch der Lebenskünstler hat sich zu einem guruhaften Weltversteher gemausert. Neuerdings lobt er das Internet, das uns vom Materialismus wegrücken kann, von der enggefassten Zweierbeziehung, um uns in der  digitalen Liebeswelt der Erfüllung näherzubringen.


Auch bei Langhans wurde vom Zahn der Zeit genagt. 
Mein Skeptizismus bleibt jedoch bestehen. Wer es in der Zweierbeziehung nicht schafft, ob hetero oder gleichgeschlechtlich, schießt wahrscheinlich etwas daneben. Macht solches glücklich? Wollen oder können wir überhaupt glücklich sein? Wir wissen das wohl erst, wenn der Zahn der Zeit uns zernagt hat.









Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen