Mittwoch, 20. Juli 2016

Letzte Nacht war Vollmond: grusel, grusel!

wir kamen relativ spät nach hause. es war schon dunkel. an der ostseite unseres hauses war er zwischen den bäumen zu sehen: ein vollmond, rund und gelb. den ganzen gestrigen tag hatte mich eine unbestimmte unruhe gepackt, die ich mir nicht erklären konnte. bis sie zu mir sagte, heute ist vollmond. ich hatte noch nie mit jemandem über diese innere unruhe gesprochen.


wir leben seit anfang des jahres in yorkshire, einem rauhen, steinigen landstrich unterhalb der grenze zu schottland. ich erinnere mich, dass ich vor einigen monaten schon einmal bei vollmond zuhause war, und zwar, alleine. catherine war in london. kurz vor mitternacht - ich hatte die haustüre fest verschlossen - saß ich noch in der küche und las in einem buch, als ich ein deutliches kratzen an der tür vernahm. da ich, versteinert vor angst, alle lichter abschaltete, und in die stille hinauslauschte, hörte ich es wieder: das kratzen wurde stärker. ich raffte mich auf und rief laut: ich habe einen hammer in der hand, als ich schlürfende entfernungslaute vernahm. dann war es still.


inzwischen muss es mitternacht gewesen sein. ich schaute aus dem fenster, sah den mond, ging hinauf ins schlafzimmer und versuchte einzuschlafen. Am folgenden morgen: strahlende Sonne weckte mich auf. ich hatte alles vergessen. natürlich ging die saga vom wehrwolf nicht mehr aus meinem kopf.



hermann löns, der deutsche heide- und moorbeschreiber, der 1910 auch einen roman veröffentlichte,  "der wehrwolf", in dem er mysteriöse vorfälle aus dem dreißigjährigen krieg beschrieb, wurde damit ungewollt zum idol der nazipropaganda. die nazis kreierten gegen endes des 2. weltkrieges einen mythos, nachdem jugendliche widerständler nach der besiegung durch die alliierten hinter den fronten das unternehmen wehrwolf betreiben sollten, wohl um die sieger in angst und schrecken zu versetzen. es blieb, gottseidank, ein bürokratisch angehauchtes wunschdenken, das jedoch die einbildungskraft der nachwelt nie ganz verlassen hat.


kein wunder, dass wir heute eine umfangreiche vampir- und wehrwolfkultur haben, die sich in  zahlreichen comics, filmen und fernsehserien luft macht. dabei verschwimmen die inhalte ganz beträchtlich. ein holywoodprodukt nennt sich werwolf. es gibt sehr unterschiedliche, sodass es schwer ist, das alles zusammenzufassen.

sagen wir so: ein werwolf ist eine mischung von teils mensch, teils übernatürlichem wesen, das kräftig zubeißenkann, wenn der vollmond dazu aufruft. werwölfe können auch süße kleine werwölfchen zeugen, bei denen im richtigen augenblick die fingernägel zu krallen werden und die kleinen beißerchen sich in fangzähne verwandeln. der urwolf scheint von eva, der urmutter, abzustammen. adam hatte nichts damit zu tun. eleganterweise verwandelt sich der moderne werwolf im schlaf. wenn er aufwacht, kann er sich an nichts erinnern. seine opfer sind meist übel zugerichtet.



während werwölfe durch ihre bisse andere menschen zu werwölfen machen können, ist nicht überliefert, warum engel sie töten können. auch ihre beziehung zu vampiren ist unklar. gegengseitiges beißen scheint gang und gäbe, doch um die konsequenzen schert man sich kaum. und wer sich ganz heimlich für einen werwolf hält, wird unter umständen nie eine klare antwort bekommen. von wem auch?

wir waren den ganzen tag auto gefahren. von southampton bis in den norden nach yorkshire. den vollmond hatte ich schon erwähnt. meine unruhe beunruhigte mich gestern abend sehr. catherine und ich waren totmüde, als wir die haustür verriegelten und uns in die sessel fallen ließen. ein leises kratzen machte sich an der haustür bemerkbar. ich schaute auf die uhr. es war noch nicht mitternacht. catherine muss schon hinauf ins schlafzimmer gegangen sein. ich hatte es nicht bemerkt. es kratzte schon wieder, diesmal kräftiger. ich erstarre. dann kann ich mich an nichts mehr erinnern.

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