Samstag, 25. Juni 2016

Ein seltsames Volk. Was wollen sie wirklich?

Wenn man in England neu ist, fällt einem so vieles auf, das in keiner Zeitung steht. Gerade haben sie mehrheitlich einen krassen Fehler gemacht und sind aus der EU ausgestiegen. Ob sie das wirklich wollten, ist nicht ganz klar. Die Mehrheit war hauchdünn. Immerhin 28 % sind überhaupt nicht an die Urnen gegangen. Das Land war aber schon vor dem Brexit tief gespalten. Jetzt geht es darum, die Scherben aufzulesen und aus Fehlern zu lernen. Daran wird natürlich auch Europa beteiligt sein müssen.

Can I help you? 
Was auffällt, sind die vielen Behinderten, Gebrechlichen, Alten und Kleinkinder, für die liebevoll alles getan wird, damit sie am normalen Leben teilnehmen können. Gehhilfen, Rollstühle, Fahrstühle,  überall Kinderwagen und  allzeit helfende Hände sind der tägliche Beweis. Wer die Hinauswerfpraktiken in manchen Supermärkten an den Kassen in Deutschland kennt, sobald der Kunde sich der Kassiererin nähert, weiß es hier zu schätzen, dass, ohne Rücksicht auf Zeitverlust, an den Kassen immer wieder freundliche Gespräche mit oft hilflosen Personen geführt werden, die offenbar etwas Zuwendung benötigen. Dann heißt es nur: Sorry, can I help you? Übrigens sagt der Engländer 20mal Sorry am Tag.

Der klassische Egoismus des Autofahrers auf dem europäischen Kontinent ist bekannt. Ich habe es eilig, muss die Spur wechseln, damit ich schneller vorankomme, lasse den Fahrer von links oder rechts nicht in den fließenden Verkehr, denn die Vorfahrt habe ich. Ich kenne viele Länder wo das noch so ist. Ich nenne keine. Im Vereinigten Königreich ist das nicht so. Da hält man an, gibt Zeichen per Lichthupe, bedankt sich mit Handwedel und hupt so gut wie nie. Das macht das Leben auf den überfüllten Straßen erträglich, vielleicht sogar zum Vergnügen.


Sobald es beginnt zu regnen, werden in Europa die Schirme aufgespannt. Ängstliche Damen, die um ihre Frisur bangen, haben für alle Fälle ein Plastikhäubchen in der Handtasche. Hier, in Yorkshire, bläst der Wind. Schirme würden weggeblasen. Also trägt auch die elegante Dame bei Wettergefahr etwas aus Plastik mit sich, das bis über's Knie reicht und Kopf mit Brille hermetisch abschirmt. Dazu kommen oft noch die "Welli's", Gummistiefel, die auch bei modebewussten Trägern nicht verschmäht werden.

Trotz britischem Humor, der manchmal etwas zu subtil sein kann, wird hier über Tittenwitze und andere Gebrechlichkeiten kaum gelacht. Was jedoch als durchaus normal gilt, ist das Anhören von Beethovens Fünfter mit gesalzener Butter auf dem Brot. Tatatataaaa! Butterbrot ist aber nicht das einzige Erwähnenswerte, wenn es ums Essen geht. Die zahlreichen Kochschauen im Fernsehen beweisen es: Der Engländer, vielleicht von der französischen oder indischen Küche etwas traumatisiert, ist längst im 21. Jahrhundert angekommen, was das Kochen betrifft. Es wird alles ausprobiert. Eine hübsche Promiköchin flog neulich allerdings aus einem Kochwettbewerb, weil sie einen tollkühnen Gedanken verwirklichte: als Nachtisch servierte sie einen rosaroten Reispudding,
der so am Boden des Tellers haftete, dass man diesen getrost umdrehen konnte, ohne dass das pinke Ding herunter fiel. Die Farbe des Puddings stammte vom Rotebeetepulver, das die Dame beim Kochen in den Pudding streute. Das war der Jury zuviel. Doch kein böses Wort ob so viel Dreisigkeit.


Essen und Trinken scheint den Briten heute wichtiger, denn je. Auch in den bescheidensten Kneipen kann man auf Angebote treffen, die das Wasser in die Augen treiben. Broccoliquiche with watercresscake,  spinach with squached peanuts and cointreau sauce. So, oder ähnlich kann die "kleine Speisekarte" lauten. Dass die hellgrüne Soße scheinbar zufällig in Tropfenform auf dem Teller prangt, sagt alles über das künstlerische Talent des "Chefs" aus. Auch hier scheint zu gelten, dass man aus Fehlern unglaublich viel lernen kann. Nicht nur in der Politik.



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