Dienstag, 27. Januar 2015

Tristan da Cunha - die Insel Felsenburg.

Man weiß nicht wo man beginnen soll: bei Johann Gottfried Schnabel, bei Tristao da Cunha oder beim Taschenatlas der abgelegenen Inseln, den eine Judith Schalansky 2011 so liebevoll zusammengestellt hat?

Ich beginne mit der Entdeckung dieses großartigen Büchleins, das mir vor Jahren in Dresden in die Hände gefallen ist. "Fünfzig Inseln, auf denen ich nie war und niemals sein werde" schieb die Autorin. Hier unterscheide ich mich grundsätzlich von ihr, denn ich schäme fast ein wenig, bei meinen vielen Reisen, natürlich auch zu gewissen Inseln, nie näher als - sagen wir - 200 km an eine ihrer Inseln gekommen zu sein. Oder kann sich jemand rühmen, schon einmal auf der Osterinsel, der Weihnachtsinsel oder der Insel Einsamkeit, die zu Russland gehört, gewesen zu sein? Viele dieser Inselchen sind nicht einmal auf einem guten Atlas zu finden. Andererseits wissen wir, dass der afrikanische Kontinent in Wirklichkeit unendlich viel größer ist als die Insel Grönland, und dass in der kartographischen Darstellung diese achtmal hineinpasst und Indien, das recht groß wirkt, zehnmal. Kein Wunder, dass wir die kleinen Inselbrocken so gut wie nicht auf dem Globus finden, zumal sie oft nur die Einwohnerzahl eines Vorortes von Remscheid-Küppelstein aufweisen.

Irgendwo im südlichen Atlantik
Die Fakten für die Insel Felsenburg (Tristan da Cunha) sind folgende, sagt Frau Schalansky: ca. 100 Quadratkilometer groß, etwa 260 Einwohner, ein Vulkan ganz in der Mitte, gehört zum Vereinigten Königreich, wurde aber von einem Portugiesen namens Tristao da Cunha 1506 entdeckt. Aber auch ein insularer Winzling hat Anspruch auf eine bewegte Geschichte. Bis 1817 war das Eiland eine kleine britische Garnison. Dann kam William Glass, der mit seiner Frau und 2 Kindern dort eine Art Patriarchat mit hohen moralischen Ansprüchen errichtete. Bis zu seinem Tod, 1953, gab es keine Gesetzgebung oder Verfassung. Die Insel regierte sich selbst: die Bevölkerung galt als anständig, fleißig, gastfreundlich, wohlerzogen, gesund und langlebig. Verbrechen und Alkohol gab es auf Tristan da Cunha nicht. Bis 2003 wurden keine Ehescheidungen registriert. Die Währung, in der bezahlt wurde, waren Kartoffeln. Eine Briefmarke für einen Brief kostete 4 Kartoffeln, die dem Postmenschen auf den Tisch gelegt wurden.

Nach dem Ableben von William Glass betrug die Bevölkerung ganze 100 Menschen, von denen dann die meisten nach USA und Südafrika abwanderten. 1897 lebten noch 64 Menschen dort, 1901, 74 und 1909, 95 Menschen. Schafe gab es aber genug, sowie Kühe und Schweine. Das Obst wuchs auf Birn- und Apfelbäumen. Die Kartoffeln nicht vergessen. Ein entscheidendes Wachstum ergab sich, als 5 farbige Frauen von Sankt Helena nach der Insel geschickt wurden, um die 5 einzigen Junggesellen zu erfreuen. 1951 machten die Amis dann Atomtests in 120 km Entfernung, was aber der Bevölkerung ebenso wenig schadete wie der Vulkanausbruch, wegen dem die Bevölkerung von 1961 bis 1963 evakuiert werden musste.

Von Johann Gottfried Schnabel kann gesagt werden, dass er mit seiner Schrift "Wunderliche FATA einiger Seefahrer...", später von Ludwig Tieck unter dem Titel "Insel Felsenburg" überarbeitet, die Vorlage für die utopischen Vorstellungen von William Glass geliefert hat. Dieser Inselkommunismus hat auch einen anderen, etwas seltsamen Autor beflügelt, Arno Schmidt. Er träumte von einem Wellblechhüttchen von 80 qm, dicht neben der kleinen Funkstation. Doch der Mut zu dieser unsäglichen Seereise nach Tristan da Cunha fehlte ihm dann doch. Der Sonderling aus der Heide blieb zuhause.

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