Donnerstag, 23. Oktober 2014

Wiener G'schichten: der helle Wahnsinn!

Das Kampfblatt für intelligente Leser, die alles wissen wollen, nur nicht das Alltägliche, schreibt "heute" (gratis): Fleischesser im Vorteil. Sperma von Veggies (sind) schlechter. Eine Studie der Loma Linda University ergab: 70 Millionen Spermien gegenüber nur 50 Millionen pro Milliliter bei Vegetariern. Schon mal von der Loma Linda Uni gehört? Gestern berichtete "heute": Berlins Supermärkte erhalten Kundentoilette. Und: "Tannen-Dildo" erregt Paris. Sowie: Häftling zwang Zellenkollegen, Leberkäse aus dem Klo zu essen. 16. Oktober 2014: William will, dass Prinz George Linkshänder wird. Und: Himmlisch! Alaba trifft Papst Franziskus in Rom. 14.10.: Politiker (Großbritannien) stolperte über 40 Nacktselfies. Und: Mann ließ sich mit 81 (!) zur Frau umoperieren.

Letzter Schrei: Nacktselfies

Könnte es sein, dass es der Welt so schlecht geht, dass aufmunternde Sagas von beträchtlicher Bedeutungslosigkeit wie ein ersehntes Tiramisu den Alltag versüßen sollen? Kann es sein, dass wir - wenigstens in den Medien - jetzt auf die Abschaffung restlicher Tabus zusteuern? Wir hatten den schwangeren Mann, die Frau mit den drei Brüsten, den Wichser im Flugzeug, der die Maschine notlanden ließ. Muss eigentlich noch vor letzten Tabus halt gemacht werden, oder dürfen wir fröhlich weiter enttabuisieren? Wo wären dann die Grenzen?

Alles Käse?  

Wir könnten natürlich zurück zu den Wurzeln des Journalismus: Informieren, als vornehmste Aufgabe. Eine Hierarchie, irgendwie gestaffelt nach Prioritäten, wäre dann unerlässlich. Doch wer bestimmt, was wichtig ist? Bilden und Erziehen. Wissensvermittlung, das wissen wir von den Erziehern, sogar den Dorfschullehrern, ist ebenso vornehm als Aufgabe. Unterhalten: das braucht der Mensch natürlich auch. Vor allem, damit er lachen kann.  Ist er dann glücklich? Was machen wir dann mit der Trauer, die auch zu unserem Leben gehört? Unterhaltung zum Zeit totschlagen, warum nicht? Nur, was man da täglich vorgesetzt bekommt, macht keinen richtigen Sinn mehr. "Teurer Ehering führt häufiger zu Trennung", sagt eine Studie. Gelesen in diesem Gratisblatt. Da fragt man sich schon, ob es sich dabei noch um Information, Wissen oder Unterhaltung handelt. Kokolores wäre der Begriff, der mir dazu einfällt. Man muss es ja nicht lesen.

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