Sonntag, 27. Juli 2014

Only for Germans: Denk ich an Deutschland

Heinrich Heine, wenn er an Deutschland in der Nacht dachte, hatte er vor allem seine Mutter im Sinn. Männer und Mütter: da ist etwas. Freddy Quinn: Junge, komm bald wieder, bald wieder nach Haus. Heintje sang: Maaaaammma und eroberte die Herzen. Auch ich dachte an meine Mutter, in all den Jahren meiner Auslandsaufenthalte. Doch auch an den Vater. In schwachen Augenblicken kam mir das Lied "Heimatland" von Nico Dostal in den Sinn: Heimat, ich hör deine Glocken klingen. Es kam vor, dass mir eine Träne ins Auge stieg, obwohl wir dann schon beim Soldaten gelandet sind, der am Wolgastrand Wache hielt für sein Vaterland.

Donauland, Wolgastrand, Heimatland

Ja, Deutschland ist Heimat. Hoffentlich auch für Zugezogene. Wie Heinrich Heine konnte ich Jahre in Frankreich verbingen, fühlte mich da wohl, wusste aber, dass ich nicht dazu gehörte. Die vier anderen Länder sind mir auch heute noch "Heimat", in gewissem Sinne. Der Mensch hält das aus. Wird er gefragt: woher kommst du?, kann auch gesagt werden: Wien, Kyrenia, Yorkshire oder Fribourg. Das erklärt zwar einiges, doch noch lange nicht, wie man zu seinem Land steht. Für mich war das Land immer Deutschland, und das hatte nie etwas mit Fussballweltmeisterschaften oder mit Fähnchen zu tun.

Ich denke oft an Deutschland. Die Scham nach dem Holocaust, die Millionen Toten der Weltkriege, die Erfindung des Autos und der Schwarzwälder Kirschtorte. Der Gedanke mischt sich mit Gewesenem und mit Heutigem. Nie habe ich als Deutscher im Ausland persönlich Anfeindungen erleben müssen. Was man in Frankreich, Russland, England, Holland oder Polen jahrelang über uns dachte, weiß ich. Ich musste es akzeptieren. Dass wir keinen Humor haben, ist jetzt wohl Schnee von gestern. Dass wir diszipliniert und arbeitsam sind, sei dahingestellt. Feige sind auch andere. Wir sind wie wir sind und haben gelernt, uns wieder ein wenig selbst anzunehmen. Und das ist gut so, sagte einer, der von den Nazis ins KZ geschickt worden wäre.Er ist immer noch Regierender Bürgermeister von Berlin.

Wenn ich so sehe, mit welchen Problemen sich heute Völker herumschlagen müssen, dann geht es uns gut. Wir können lachen, das Wort "Jude" aussprechen, ohne den üblichen Betroffenheitskatau zu machen, auf Englisch singen, den Amerikanern die Leviten verlesen und gleichzeitig mit Russen befreundet sein. Wir sind stolz auf Berlin, die Perle an der Spree. Wir zeigen unsere Nationalflagge, wie andere auch, und werden nicht mehr verdächtigt, Ewiggestrige zu sein. Denk ich an Deutschland in der Nacht, denke ich, dass wir aus dem Gröbsten heraus sind. Vielleicht sind wir nicht die besten, aber wir können über uns lachen, und wir tragen nicht automatisch Lederhosen. Die Bundeskanzlerin wird als mächtigste Frau der Welt angesehen. Übertreibungen gehören zum Geschäft.

Deutschland ist schön. Ich zähle nicht auf, um nichts weglassen zu müssen. Vielleicht können wir zum erstenmal überhaupt unser Land so richtig knuddeln. Die WM, Johann Sebastian Bach, Beethoven, und sogar Mozart hatte einen deutschen Vater. Albert Einstein und die vielen anderen. Ja, auch massenhaft Juden, und deutsche Muslime können an ihrem Deutschsein noch ein wenig arbeiten. Wir sehen es mit Interesse und wünschen alles Gute. Neuschwanstein und die Loreley, die Vorzeigeobjekte, die so viele andere Schönheiten ahnen lassen. Im "fernen" Österreich denke ich an Deutschland in der Nacht und schlafe ruhig. Ein Land, das nicht mehr nur von Feinden umgeben ist.




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