Mittwoch, 16. Juli 2014

2. Die Ulrich-Zasius-Leute erinnern sich

In einem etwas vorgerückten Leben kommt es selten vor, dass man mit geballter Kraft an Vergangenes erinnert wird. Der wache Mensch mischt seine Vergangenheit mit dem Alltag der Gegenwart. Ob Zukunft dabei noch eine große Rolle spielt? Wenn alte Freunde aus verschiedenen Himmelsrichtungen für ein paar Tage zusammenkommen, kann für kurze Zeit eine Erinnerungskultur entstehen. Dabei muss nicht viel Alkohol fließen. Hauptsache, wir haben uns wieder entschlossen, im Hofgut Himmelreich bei Freiburg Quartier zu nehmen und die ganz normale Gruppendynamik wirken zu lassen.

Was noch nicht gewusst wurde, war die Tatsache, dass die WM in Rio mit einem Triumph Deutschlands endete. Wie gerne hätten wir das schon gewusst, als wir am 2. Tag unserer Begegnung mit dem Bähnchen nach Freiburg zogen, um unsere geliebte Studentenmetropole in Augenschein zu nehmen. Um das Münster, dessen Turm wie immer mit einem Baugerüst versehen war, waberte ein Weinfest, das nicht eingeplant war. Also schlenderten wir über den Markt, der uns schon vor 50 Jahren betört hatte, und auch heute noch überquillt von Obst, Gemüse und anderem.


Die anschließende Einkehr hatte etwas Feierliches: gerade als die Uhr Zwölf schlug, betraten wir das Münster und wurden Zeugen einer halbstündigen Besinnung, die von einer Nonne geleitet wurde. Ihre Ansprache war genau das Richtige für all die Besucher, die einmal innehalten wollten. Dann erfüllte der Gesang einer herrlichen Stimme den gotischen Raum. Es erschien uns wie der feierliche Höhepunkt unseres Treffens. Und was vielleicht einmal wie ein zusammengewürfelter Haufen männlicher Studenten eines siebten Stockes in einem Studentenheim in Freiburg wirkte, wurde eine dankbare Gemeinschaft (beiderlei Geschlechts), die sich freute, wieder einmal die Mühen einer solchen Begegnung auf sich genommen zu haben.

Der abschließende Sonntag wurde diesmal nicht durch die abrupte Abreise der Freunde bestimmt, was für Traurigkeit und Leere gesorgt hätte. Nein, alle blieben noch so lange sie es konnten, und die aufkommende Melancholie hielt sich in Grenzen. Der Gedanke, dass wir uns bald wiedersehen könnten, war auf unseren Gesichtern zu lesen.







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