Mittwoch, 8. Mai 2013

Die Burschen schafften so allerhand: Wien, Heldenplatz

In meinem ersten Semester Jura in Heidelberg traf ich den Sohn eines Freundes meines Vaters. Er "keilte" einen Unwissenden, denn mein Vater hatte mir nichts über die Burschenschaften erzählt, und ich fand es interessant, den damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer als Alten Herrn in meiner Verbindung zu haben. Durch das national-konservative Verhalten der deutschen Burschenschaften, um sie nicht gleich Burschen-Seilschaften zu nennen, war das einst glorreiche, ja, revolutionäre Verhalten dieser studentischen Verbindungen schwer in Verruf geraten.

Patriotische Kraftmeierei
Nach dem 2. Weltkrieg waren in Deutschland und Österreich Demokratisierungsprozesse in Gang gekommen, die dem elitären und nachpubertären Treiben solcher Verbände nicht gewogen waren. Also wurde verstärkt gekeilt, das heißt, rekrutiert oder angeworben, denn nur etwa 6 % der damaligen Studentenschaft waren Mitglieder einer Verbindung. Dusselig und naiv, wie man mit 20 ist, lässt man sich verführen: eine Villa als Verbindungshaus lockte, doch das alte Argument, dass junge Herren in einer Verbindung Manieren lernen und - weg von Zuhause - auch das eigene Bett zu machen, zogen bei mir nicht. Meine Mutter hatte da vorgesorgt. Blieb also nur das Argument, in Alte-Herren-Kreise aufgenommen zu werden und nach dem Studium Förderung zu erlangen.

Wien, Heldenplatz, besetzt

"Liebchen, weißt, warum die Brust mir schmückt ein blau-weiß-blaues Band", oder so, wurde geschmettert. Die feierliche "Rezeption" mehrerer "Füchse"wurde in Mannheim durchgeführt, mit viel Latein, das nur ich verstand, denn ich war ein helles Köpfchen. Was ich nicht leiden konnte, waren die Versuche einiger, mich schon am ersten Tag besoffen zu machen. Bier verabscheute ich damals noch. Heute "beiße ich gerne einen geziemenden Streifen aus der Kanne", wie man pompöserweise zum Trinken gesagt hat, doch liebe ich es immer noch, selbst zu entscheiden.


Da ich das Tragen der "Farben" (eines Bandes um die Schultern und einer schwarzblauen Mütze) verweigerte, wurde ich vom "Fuchsmajor, einem 16. Zahnsemester, schnell getadelt. Als er mich auch noch rügte, weil ich um 8 Uhr morgens in eine Vorlesung gehen mochte, statt im Garten des Verbindungshauses Unkraut zu jäten, war das Maß voll. "Für mich kommt zuerst die Uni, dann erst die Verbindung", stieß ich aus. Ich verließ den KdStV Arminia im CV schon nach 2 Monaten, ohne es je zu bereuen. Heute, am 8. Mai 2013, sollte die traditionelle Totenwache der österreichischen Burschenschaften vor der Krypta am Heldenplatz, wie immer, stattfinden. Doch heuer (sagt der Österreicher) kam das Bundesheer, um den ganzen Tag eine Mahnwache zu halten, und die Wiener Symphoniker geben am Heldenplatz ein Gratiskonzert.  Für die Burschen ist da kein Platz, am Heldenplatz, um die Toten des 2. Weltkrieges zu betrauern. Dafür kann man heute der Befreiung vom Faschismus gedenken, was nicht in den Verdacht gerät, rechtslastig zu sein. Das war der Heldenplatz, als Adolf Hitler 1938 an seine Landsleute seine Rede zum Anschluss Österreichs ans Deutsche Reich hielt. Die Kapitulation des Reiches hatte am 8. Mai 45 stattgefunden. Eine Woche vorher war der große Führer in Berlin über die Wupper gegangen.







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