Donnerstag, 21. März 2013

Die Mörder machen Hausbesuche

Und wir lassen sie ein. Als ich ein kleiner Junge war, liebte ich unseren Hausarzt, Dr. Nees. Er war ein älterer Herr mit einer großen Nase. Er war immer zur Stelle, wenn jemand krank war. Mit vier Jahren hatte ich etwas an der Galle. Dr. Nees kam in seinem braunen Opel P4 und sagte zu mir: "Du darfst jetzt ein Jahr lang nichts Gesalzenes essen und vor allem keine Butter". Ich folgte und wurde irgendwie wieder gesund. Was mir blieb, war die große Vorliebe für Butter, mein Leben lang. Hausbesuche von Ärzten sind heute selten geworden.


Gerade habe ich mir abgewöhnt, Kartoffelchips zu essen. Schon lange kenne ich den Zwang der Reisenden in amerikanischen Überlandbussen, vor allem der übergewichtigen, an jeder Haltestelle aus dem Bus zu klettern, an den Automaten zu gehen und für einen Dollar einen Beutel Chips herauszunehmen. Schon auf dem Weg zurück zum Bus - es sind nur ein paar Schritte - wird die Tüte aufgerissen, und das Geknistere beginnt von Neuem. Eine Sucht, wie mir scheint, der wir alle mehr oder weniger erlegen sind. Damit frisst man bis zu 35% Fett, viel Zucker und zu viel Salz. Alkoholiker haben es da unter Umständen etwas leichter, denn, wenn sie besoffen sind, essen sie weniger. Das gilt wohl auch für Nikotinsüchtige.

Das Suchtverhalten wird von der Ernährungsindustrie bewusst gefördert, obwohl es viele ahnungslose Mitmenschen ins Jenseits befördert. Ihre Lobby verhindert immer wieder, dass Maßnahmen getroffen werden, die eine gesündere Ernährung möglich machen. So verstehen es amerikanische Produzenten, über 50 Bezeichnungen von Zuckerzusätzen bei Lebensmitteln zu erfinden, darunter so etwas wie "verdampfter Rohrsaft", nur, um zu verschleiern, wieviel Zucker sich im jeweiligen Produkt befindet. Konzerne wie Nestlé (Maggi, Mövenpick, Thomy, Herta, KitKat etc.) machen im Jahr über 12 Milliarden € Umsatz. Da ist man sich mit den anderen Großen (Unilever, Danone, Lactalis etc.) immer einig, dass an dieser zerstörerischen Schraube nicht gedreht werden darf. Allein Nestlé gibt im Jahr 3 Mrd. $ für Werbung aus. Da kann man sich kinderleicht als Gesundheitskonzern, Familienförderer und Naturschützer darstellen. Eine bayerische Verbraucherministerin der Bundesrepublik wird da doch nicht einzugreifen versuchen. Die britische Ampel-Idee, nämlich, bei Lebensmitteln durch rot, gelb und grün den Grad der potenziellen Schädlichkeit anzuzeigen, hat sie geflissentlich an Brüssel abgegeben. Damit gewinnt die Fressindustrie erst mal wieder Zeit.


Bei der Zigarettenindustrie hat es auch Jahrzehnte gedauert, bis sie gezwungen wurde, das Tödliche am Rauchen zuzugeben. Wenn man der Autoindustrie in Deutschland an die Karre fahren möchte, taucht sofort ein Männchen auf, das einmal Verkehrsminister in Baden-Württemberg war, und beschwört die angeblich bedrohten Arbeitsplätze. Jetzt hört man, dass Tiefkühlfisch zwar kein Pferdefleisch enthält, aber zu viel Wasser (über 20%), was den Preis unnötig hochtreibt, denn dieses Wasser muss bezahlt werden. Zu viele Kohlehydrate, zu viel Fett, zu viel Zucker, zu viel Salz. Die Anzahl der Toten als Folge dieses gesteuerten Ernährungswahns ist schwer zu schätzen, aber hoch. Was muss eigentlich noch geschehen, damit eine verbrecherische Profitmaschine endlich zum Halten kommt?

Um meine Gesundheit muss sich niemand sorgen. Das tu' ich selbst, indem ich mir keine Chips und (fast) keine Fertigprodukte mehr kaufe und den Alkoholpegel unter der Kopfschmerzgrenze halte. Ein sehr übersichtlicher Artikel (Die Menschen-Mäster") befindet sich im SPIEGEL No. 10 (Essen kann tödlich sein). Obst und Gemüse habe ich immer schon gerne frisch gegessen. Anderen wird es ebenso gehen. Jetzt muss den Konzernen gezeigt werden, dass sie uns gnadenlos in den Tod schicken. Lassen wir sie auf ihrem Fressersatz sitzen!





























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