Sonntag, 20. November 2011

Die Mutter - glücklich wiedergefunden


Man sollte nicht annehmen, dass Mütter verloren gehen. Hier handelt es sich jedoch um Muttern, genauer, um Schraubenmuttern, ganz genau um eine Mutter. Aus Metall. Klar genug?
Wir hatten in einem schicken Geschäft ein faltbares Holztischchen gekauft. Weiß. Sommerlich. Seitdem benutzen wir es regelmäßig als Frühstückstischchen, vor allem in der kühlen Jahreszeit.

So weit, so gut. Eines Tages ließ das Tischchen sich nicht mehr falten. Eine Mutter hatte sich gelöst. Sie fehlte. Lange suchte ich nach einem Ersatz. Dann fand ich sie. Sie passte, wurde an der Stelle eingeschraubt wo sie hingehörte. Seit dieser Zeit weiß ich, wenn ich am Tischchen sitze und mir ein Brötchen streiche, dass die Mutter nicht die richtige ist. Sie kann jederzeit wieder herunterfallen. Was dann? Habe ich ein Problem? Warum klappt die Schraubenmuttergenesung nicht? Bräuchte ich gar einen Mutterschaftsurlaub? Einen Schraubenmutterschaftsurlaub? Die Ersatzschraube hat bisher gut gehalten, aber, man muss auch an die Zukunft denken, denke ich.

Was dann passierte, schlägt jeder Theorie von der Unauffindbarkeit von Schrauben und Muttern ins Gesicht: Seelenruhig lag sie da. Ich erkannte sie sofort. Sie hatte sich nicht von der Stelle gerührt. Ich musste sie irgendwann gefunden haben, ohne zu wissen, zu wem sie gehörte. Also   lag sie still da, wo sie hingelegt wurde. Und wartete. Auf einem Regal. Jetzt ist die Zeit gekommen: sie kann ruhen bis sie gebraucht wird. Der Tag kommt bestimmt. Dann weiß ich, wo ich meine Mutter finde. Am Frühstückstisch muss ich jetzt nicht mehr immer an sie denken. Wie schön, wenn man seine Mutter glücklich wieder gefunden hat.

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