Mittwoch, 26. Oktober 2011

Spannt sie auf, die Rettungsschirme!


Und zieht euch warm an, denn bald sind wir arm dran! So, oder ähnlich ist die Stimmung. Dabei gehen wir mit Riesenschritten auf Weihnachten zu. In den Läden riecht es zwar immer noch nach Putzmitteln, statt nach Lebensmitteln, aber die Hintergrundmusik wird schon etwas feierlicher. Dazu die ersten Zimtsterne. Und Lebkuchen, was das Zeug hält. Es war so kalt draußen. Da habe ich mich doch zum Kauf eines ersten Gebäcks hinreißen lassen: "Butterzeugs" nannte sich dieser Abschaum weihnachtlichen Gewerkels. Ich musste an meine Mutter denken. Hätte sie je ein solches "Buttergebäck" auf den Tisch gebracht, sie hätte sich anschließend unter einen Bus geworfen. Schluss damit, also. Ich mache das Zeug selbst, dann weiß ich, dass keine Emulgatoren, Palmöle oder Geschmacksverstärker drin sind.

In der Wirtschaft und in Regierungskreisen hat man heute andere Probleme. Eine international anerkannte Firma hat gestern in der Schweiz angekündigt, Stellen abbauen zu müssen. Ca. 300 allein in dem Städtchen Gland bei Genf. Ich saß zufällig dort in einem Hotel und hörte das Radio sagen: "Obzwar der Gewinn im vergangenen Jahr auf 1 Milliarde Schweizer Franken gestiegen ist, müssen wir Personal abbauen, denn die pharmazeutischen Produkte sollen künftig billiger werden". Hier wird also unverhohlen gesagt, dass das größere Übel der
geringere Profit ist. Hinter der vorgehaltenen Hand haben wir es schon lange mit solchen Unverschämtheiten zu tun, wobei die Politik immer noch beschwichtigt und das Kind nicht beim Namen nennen will: die Profitgier ist jetzt ganz legal. Seit den Wahlen des letzten Wochenendes hat auch die Schweiz eine zweite, gewinnorientierte Grüne Partei: die Grünen Liberalen. Umwelt, ja, Gewinnmaximierung, oh, ja, und Ausländer raus (bis auf die 10%, die gerne die Drecksarbeit für uns erledigen).

Worum geht es in Europa? Wenn man das wüsste! Wir müssen Griechenland retten und müssen einem wild gewordenen Lustgreis in Italien sagen, dass er Politik endlich ernst nehmen soll.
Denn, neben Griechenland, Irland, Portugal können wir uns keine weiteren Pleiteländer leisten. Wenn auch noch Frankreich dazu kommen sollte, was dann? Also müssen die Banken über 50% der griechischen Schulden abschreiben. Dann müssen manche verstaatlicht werden, weil ihnen die Puste ausgeht. Dann müssen endlich die Sparmaßnahmen greifen und dabei entschieden der Aufschwung angekurbelt werden. Ach, ja, auch strukturelle Veränderungen müssen greifen, und dabei der Konsum angeregt werden. Ich höre immer nur "Steuerzahler". Gibt es neben Herrn Junker aus Luxemburg keinen Experten mehr, der uns die Lage auseinandersetzen kann? Nach dem Theater der letzten Wochen glauben wir unseren Experten überhaupt garnichts mehr. Trotzdem treten sie regelmäßig vor die Mikrofone und plaudern.

Was ich fürchte, ist die weitere Radikalisierung unserer Lage. Wenn dann auch schwarze Limousinen angezündet werden, ist es zu spät. Parteien, so wissen wir, sind schnell gegründet. Haben sie Mehrheiten, etwa, weil sie konkrete Versprechungen machen, können sie regieren. Dann können sich die Menschen  auch zwei Monate vor Weihnachten die Billigzimtsterne nicht mehr leisten und gehen auf die Straße. Unkenrufe? Hoffentlich bleibt es nur bei dunklen Ahnungen. Der Ritt auf dem Milliardenkarussell hat begonnen. Warum nicht auf Weihnachten ein neues Auto? Der Ausbau des Hauses verschlingt auch gerne Unsummen. Bei den lächerlichen Bankzinsen ist jede Verschwendung ein Segen. Das regt den Konsum an und steht den Finanzjongleuren zum Verbuttern nicht mehr zur Verfügung. Ich fürchte, die Politik muss sich warm anziehen. Ihren eigenen Rettungsschirm (die üppige Altersvorsorge) hat sie schon längst aufgespannt. Schauen wir noch eine Weile zu!

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