Dienstag, 18. Oktober 2011

Mythos Zigarette - auch Sargnagel



Ich bekenne, auch ich war Raucher. Meine Traumkombination war die erste Zigarette nach dem Frühstück, zusammen mit dem letzten Schluck Kaffee. Es waren etwa 20 Dunhill Zigaretten pro Tag. Also das Feinste vom Feinsten. Dann stellte sich ein leichter Dauerhusten ein. Nichts Schlimmes, einfach nur Husten. Dafür genehmigte ich mir am Abend noch ein/zwei extra Zigaretten. Wenn ich eine dicke Havana angeboten bekam, rauchte ich auch diese. Jedoch mit großem Bedauern, denn bald stellte sich Übelkeit ein. Meine frühe Pfeifenraucherei war auch nicht schön. Ständig war man mit Reinigen, Tabakstopfen und Streichholzsuchen beschäftigt.
Der nicht rauchende Frauenmund war auch nicht beglückt, obwohl darüber kaum gesprochen wurde.

Dann kam die Wende: ich, im Dezember, auf einem kleinen Erholungsurlaub in Nordzypern, wo die Dunhills besonders billig waren. Ich beschloss, nicht mehr zu rauchen. Feierlich beendete ich meine letzte Packung und dachte mit stillem Horror an die Zeit danach. Da ich mich selbst öffentlich unter Druck gesetzt hatte, hielt mein Vorsatz eine ganze Weile, und ich wurde gebührend bewundert. Das ständige Nagen in der Magengegend, die lustbetonten Träume vom Rauchen, der gestiegene Appetit, ließen mich mit meinem Schicksal hadern. Warum musste ich aufhören? Es war doch so schön.

Der Rückfall geschah folgendermaßen: Ich, im März danach, auf einem kleinen Erholungsaufenthalt in Nordzypern. Ich saß auf meiner Terrasse in der Morgensonne, die Vögel sangen mehr als schön. Die Sonne schickte milde Strahlen auf mich herab, ich hatte gerade meine letzte Tasse Kaffee getrunken. Da fiel mir ein, dass niemand mich beobachten konnte. Ich ging zu Fuß hinunter nach Bellapais (10 Minuten) und besuchte meinen Emmaladen. Er hatte diese luxuriösen Dunhills. Ich kaufte eine Packung und ging den Berg wieder hinauf. Feuerzeuge müssen noch zu Hauf herumgelegen haben. Aschenbecher waren kein Thema. Bei der ersten Zigarette überkam mich ein ungeheures Glücksgefühl, verbunden mit einer für mich ungewohnten Übelkeit. Das Rauchen des Päckchens dauerte eine Woche. Niemand hat etwas gesehen oder gerochen. Das Schamgefühl jedoch war mir neu: ich begann, mich zu schämen, dass ich heimlich rauchte. Ich war umgefallen. Ärger machte sich breit. Ich hatte mich selbst verführt. Die Scham wurde so groß, dass ich schwor, es nie mehr zu tun. Dabei blieb es, und heute habe ich keine Raucherträume mehr.

Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten schien den Anfang zu machen. Irgendwann fiel mir auf, dass auch gut gepflegte Menschen vor dem Eingang eines Wolkenkratzers (der ihnen womöglich gehörte!) verschämt eine Zigarette rauchten. Dann, in Irland, vor den Pubs von Dublin, ganze Menschentrauben, die bis früh in den Morgen um die Wette rauchten. Natürlich ist es heute überall so. Der Raucher wird als Tabaksteuerzahler zwar geduldet (bitte, raucht so viel ihr könnt. Der Fiskus dankt es euch.), als Krankenbild, wenn die Lungenwerte geprüft werden, nicht. Wäre es nicht besser, der Menschenwürde dadurch wieder auf die Beine zu helfen, dass man dem Fiskus die Tabaksteuer um die Ohren haut, der Gesundheit optimale Bedingungen gewährt und dem Kuss auf den Mund wieder zu jener Frische verhilft, die jede "Ichhabdasrauchenaufgegebendepression" auf die Plätze verweist.

Rauchschwaden

Jahrelang hab ich geraucht, 
Daneben viel gesoffen.
Dann ein Weilchen noch gebraucht,
Bis mich der Schlag getroffen.
Das Blut verdünnen, steht jetzt an.
Den Soso-Spiegel heben.
Den Blutdruck senken, dann und wann.
Was hab ich noch vom Leben?
Hormone machen mich perplex,
Testosteron das brauch‘ ich,
Ich fange wieder an mit Sex,
Und nebenbei, da rauch ich (natürlich nicht).

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