Donnerstag, 13. Oktober 2011

Feuernacht und Todesrosen - Es ist Buchmesse in Frankfurt



Was ist Literatur? Gäbe es darauf eine kurze Antwort, hätte ich sie parat. Gibt es aber nicht. Wenn du alle in deiner Sprache verfügbaren Buchstaben zu einem lesbaren und hoffentlich auch verständlichen Text zusammenfügst und die Marke von 1000 Seiten möglichst nicht überschreitest, hast du eine Art Literatur geschaffen. Ob es sich aber um Dichtung, Lyrik, Epik oder sonst etwas handelt, ist dabei nicht sicher. Weltliteratur ist noch etwas anderes als der Krimi, der im Schwarzwald spielt, obwohl, Sherlock Holmes......?. Das Kriterium ist: Goethe achten wir als einen ganz Großen. Schiller lieben wir. Krimis lesen wir, weil man die auch mit aufs Klo nehmen kann. Die ältere männliche Generation hat dies auch selbstverständlich mit Karl May getan. Damit sind wir aber über den Provinzialismus noch nicht hinaus geraten. Deshalb hatten wir jahrelang Marcel Reich-Ranizki, Helmuth Karasek und die gute Frau Löffler. "Das muss man G-E-L-E-S-E-N haben", krächzte der Litipapst in die Runde. Oder: "Das ist ganz schlechte L-I-T-E-R-A-T-U-R". Und das Literarische Quartett hatte den Mund zu halten. Literatur hat also etwas mit Diktatur zu tun. Jemand drängt seine Gedanken, seinen Stil und seine Fantasie (Obsessionen, Manierismen, Geschmacksdrüsen etc.) auf. Der einzige Ausweg: mit Gewinn hindurch, oder Emigration. Das heißt, das Buch ist ein Irrtum und wird weggeschmissen.

So weit so gut. Aber haben wir es immer noch mit Lesern zu tun? Oder gar mit Fernsehern, die gelegentlich ein Buch in die Hand nehmen, das sonst unbenutzt im Regal steht, um etwas vorzutäuschen, das es nicht mehr gibt? Daran erinnert uns die jährliche Buchmesse in Frankfurt, die größte der Welt, denn, noch gibt es so etwas wie einen Literaturbetrieb. Autoren, Verleger, Buchhändler und interessierte Leser sind anwesend und geben Meinungen von sich, stellen vor und stellen sich auf. Mich haben jedoch immer schon die Grauzonen der Literatur auch interessiert: Esoterik, Kochbücher, Reisebücher, Werbeprospekte, Grabsteininschriften und Krimis. Bei Werbeprospekten und Gebrauchsanweisungen bin ich mir nicht sicher, ob Lachen erlaubt ist. Von der Immunität des Verbrauchers gegen Werbetexte und von den Unzulänglichkeiten mancher Gebrauchsanweisungen scheinen deren Autoren noch nie gehört zu haben: "schieben sie den Nippel unter die Flapse und warten sie auf den Einraster". So, oder so ähnlich.

Da haben es die isländischen Autoren leichter. Sie wurden dieses Jahr von Frankfurt entdeckt, obwohl es sie schon lange gibt. Halldór Laxness, der 1955 den Nobelpreis für Literatur erhielt, hat die Insel im Atlantik, die heute eher durch das Spucken seiner Vulkane von sich reden macht, hat auch dafür gesorgt, dass viele isländische Autoren zurecht über die Grenzen des Landes hinaus bekannt sind. Als Kind las ich "Atomstation" und verstand so gut wie nichts. Aber die Welt, die Laxness mir durch dieses Buch erschlossen hat, ist mir geblieben. Deshalb, faul wie ich bin, lese ich fast nur noch gute Krimis (jawohl, es gibt auch krottenschlechte). Das hat mich fast wie von selbst wieder nach Island gebracht: Yrsa Sigurdardóttir, "Feuernacht", Arnaldur Indridason, "Menschensöhne", "Todesrosen", "Nordermoor", oder Árni Thórarinsson, "Todesgott", sind die auf Deutsch erschienenen Krimis, die ich kenne. Es ist zu vermuten, dass das schreibende und lesende Völkchen der knapp über 300000 Isländer noch viel mehr Literatur auf der Pfanne hat. Frankfurt soll uns dieses Jahr darüber die Augen öffnen. Wie gerne wäre ich dabei.

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