Mittwoch, 14. September 2011

Istanbul-Konstantinopel-Byzanz - Welt von gestern und morgen


Man sieht jetzt mehr vermummte Frauen in Istanbul als früher. Trauen sie sich mehr, an die Öffentlichkeit zu treten? Oder ist eine neue fundamentalistische Welle im Anrollen? Eher unwahrscheinlich. Eine Stadt wie Istanbul mit ihren vermuteten 16 Millionen Einwohnern ist schwer in eine Schublade zu stecken. Hier pulsiert das Leben. Ist es muslimisch? Christlich? Gottlos? Man findet alles hier. Vor allem die Spuren der Vergangenheit. Aber auch die Zeichen der neuen Zeit. Neben den herrlichen Moscheen, die das Stadtbild prägen, stehen baulich kühne Gebäude mit Glas und Stahl den 2500 Jahren dieser Stadt gegenüber. Die verschleierten Frauen kommen aus einer Tradition, die nicht die unsrige ist. Manche halten diese schwarzen Umhänge mit Sehschlitz für beknackt. Sicher leiden auch viele Frauen darunter, dass sie eigentlich hübsch sind (nur der dazu gehörige Mann kann es wissen) und nicht "gesehen" werden, oder dass es ungewöhnlich heiß ist, wobei schwarz die Hitze geradezu absorbiert. Aus der Sicht des modernen Menschen ein schwer zu ertragendes Los. Wann wird die endgültige Befreiung für diese Frauen kommen?

Das Leben in den Straßen ist das einer Stadt, die schon immer ein Mittelpunkt der Menschheit war. Es pulsiert, es strotzt von Gold und Silber und schönen Teppichen, und - wichtig für den Weltenbummler wie für den Einheimischen - voll von Essplätzen. Überall kann gegessen werden. Tag und Nacht. Die Möwen fliegen herbei, um von den Essern auf den Dachterrassen etwas aufzuschnappen. Im Flug
schaffen sie es, das Stück Brot mit dem Schnabel zu erfassen und dann im Nu in den Lüften zu verschwinden.


Istanbul ist ein Zustand. Wenn man an den autobefahrenen Stellen der Stadt nicht aufpasst, droht Lebensgefahr. Die Taxi- und Minibusfahrer müssen schnell sein, um zu überleben. Im Bazar hingegen herrscht geschäftige Ruhe. Schätze, die in die Millionen gehen, werden dort angeboten. Nicht nur Schmuck aller Art, auch Gewürze, Stoffe, Leder, Teppiche, Süßes, alles. Wer nicht reden kann, wenigstens ein wenig Englisch oder Deutsch, sollte die Finger von Geschäften lassen. Die Magie des Ortes kann die Sinne so vernebeln, dass eine Kontrolle über die finanziellen Möglichkeiten verloren geht. Aber herrlich aufregend, wenn man etwas Schönes erstanden hat und der angebotene Tee zusammen mit dem großzügig gewährten Rabatt nicht schwer im Magen liegt. Der Große Bazar verschluckt die Menschen und gibt sie dann auf mysteriöse Weise irgendwann wieder frei.

Auf zum Dede Efendi Haus, nicht weit von der Blauen Moschee entfernt. Dede Efendi wurde 1778 geboren und von Sultan Selim III. in das Topkapi eingeladen, weil er auf ungewöhnliche Weise komponierte. Noch heute wirbeln die Tanzenden Derwische im Dede Efendi Haus sich in Trance. Die Musik wird von 4 begabten Musikern ( eine Art Laute, hohe Flöte, Art Zither und eine Trommel) gespielt. Dazu singt der Lautenspieler Texte von Rumi, einem Mystiker und Dichter des 13. Jahrhunderts. Faszinierende Spiritualität, die jeden mitreißt, der in dieses Haus gefunden hat. Die Tanzenden Derwische sind ein Stück Türkei. Tiefe Religiosität ergreift den, der die Hingabe der Derwische und deren sanften Wirbel erlebt. Auch das ist die Stadt am Posporus. Ein kulturelles Zentrum,
vor kurzem sogar Europäische Kulturhauptstadt.

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