Montag, 8. August 2011

Deutschland, deine Mauern


Fünfzig Jahre ist es her. "Niemand had die Absischt, 'ne Maua zu errischdn", hat er gesagt. Dann kam sie doch. Wie weh das getan, und wie viele Menschenleben das gekostet hat. Dann war der Wahnsinn zu ende, wir jubelten und fingen an, diese Teilung zu überwinden. Viel Pflasterstein wurde herausgerupft, Gehwege und Häuser wurden repariert, neue Autobahnen gebaut. Die Spuren des rotroten Wahnsinns gleichen heute denen des braunen. Die Narben sind überall sichtbar. Jetzt, wo die Mauer weg ist, ist auch das Hingucken wieder interessant. In Nürnberg erkennt man noch den Größenwahn der Nazis, obwohl die Stadt wieder eher das Dürerhauptquartier ist. Dresden wurde von den Ostbürokraten architektonisch erheblich verhunzt. Doch auch seine zerstörte Schönheit ist wieder sichtbar.

Die Frage, ob sich Ost und West in den 20 Jahren der Vereinigung wieder zusammengefunden haben, stellt sich für mich nicht. Altnazi bleibt Altnazi (bis er stirbt) und Altkommunist bleibt usw. usw. Die Unerbittlichkeit, mit der diese Parteigänger alles plattgewalzt haben, was karokleine Bürokraten sich nur vorstellen können, ist das Traurige unseres Deutschseins. Braun und Rotrot haben das Volk ausgesaugt. Privilegien errichtet und Macht missbraucht. Lasst uns die Scherben gemeinsam zusammenkehren und uns über die Wende freuen, solange es geht. Nicht hie Ossi, da Wessi, sondern "wir sind ein Volk". Wir brauchen das. Kempten ist so schön wie Strahlsund oder Wismar. Berlin, unser Hauptort, wird von mehr Menschen besucht als Rom. Und hat unendlich viel mehr (Kultur und Witz) zu bieten. Also, wir müssen nicht näher zusammenrücken, sondern uns mehr mögen. Das Leben ist nicht in erster Linie ein Fall für den Anwalt, sondern eher eine Abfolge von Begegnungen und Erfahrungen. Wir sind fett, rechthaberisch, feige und  geldgierig. Und keiner liebt uns (stimmt so natürlich nicht). Arbeiten wir daran, uns besser zu ertragen. Dann werden wir geliebt, von all denen, die auch fett usw. sind. "Denk ich an Deutschland in der Nacht", dann sollte ich zwischendurch wenigstens eine Mütze voll Schlaf bekommen. "Deutschland erwache" bekäme dann einen recht erträglichen Sinn.

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