Montag, 18. Juli 2011

News of the World - die Welt der Neuigkeiten



Das hätten sie nicht gedacht, die Murdochs, dass ihr Kartenhaus zusammenfallen könnte. Dieses Wochenblatt, manche nannten es schon vor Jahren eine Dreckschleuder, musste den Geist aufgeben. Es ging nicht mehr, und das Blatt gibt es nicht mehr. Ein Geisterblatt. Zuerst wurde ruchbar, dass News of the World Menschen aller Art ausspionierte, um Grässliches, Perverses, vor allem Privates berichten zu können. Nein, dieses Mal ist es kein Zunami, kein Reaktorversagen, kein Erdbeben oder Vulkanausbruch als Schlagzeilenträger, sondern etwas Ähnliches. Die Bildzeitung von der Themse ist zu weit gegangen, und Politiker, Ordnungshüter und verantwortliche Schreiberlinge haben mitgemacht.

Unter dem Vorwand, helfen und vor allem der gerechten Sache zum Sieg verhelfen zu wollen, wurde ein Abhörsystem und Bestechungswesen errichtet, dem sogar die Polizei sich nicht versagen konnte.
Jetzt wimmelt es an der Themse von Krokodilen, die ihre Tränen tröpfchenweise verschütten. Zuerst wurde pompös ein Skandalblatt zu Grabe getragen, mit viel Entschuldigung: "Sorry, wir haben es nicht gewusst, nicht gewollt und nicht gesehen". Der Oberste Polizeipräsident, Sir Paul Stephensen, trat zurück. Er hatte die Gunst des ehemaligen stellvertetenden Chefredakteurs, Neil Wallis, freundschaftlich entgegen genommen. Scotland Yard kann jetzt "ungehindert und unbeeinflusst" (?) recherchieren und vielleicht noch mehr strafrelevanten Unrat zutage fördern.

Der Premierminister, ein untadeliger Konservativer, seinerseits, hat mit der News of the World-Vortsandsvorsitzenden, Rebekah Brooks, eng zusammengearbeitet. Jetzt steht auch er im Verdacht, den ganzen Horror zumindest toleriert zu haben. Genug der Aufzählungen. Es wird noch mehr ans Tageslicht kommen. Die allgemeine britische Empörung wir ein übriges tun, um Neues bekannt werden zu lassen. Ein gutes Nebenprodukt des Skandals ist es, dass Murdoch sich Sky News, einen privaten Fernsehkanal, nun nicht einverleiben kann, wie dies schon fest eingeplant war. Dann hätte er einen ähnlichen Einfluss erzielt, wie Berlusconi, der italienische RAI-Herrscher, unter dem seit langem kein politisches Magazin oder eine sonstige kritische Meinungssendung gedeiht. Die Murdoch-Affaire muss von uns allen bis ins Detail verfolgt werden, denn wir haben es schon lange mit seichter, unterschwelliger Globalisierung zu tun. Kein Niveau kann so niedrig sein, dass es nicht, meist von privaten Medien praktiziert wird.

Haben wir nicht schon seit einiger Zeit das Gefühl, dass der Bürger als Konsument stark herabgesetzt, ja vertrottelt, wird? Medien respektieren die Privatsphäre nicht, Politiker verplempern Unsummen für Mogelprojekte, die Kirchen sind ganz einfach verstummt, zum Beispiel, wenn es um Missbrauch geht, Konzerne spielen sich als Schützer der Umwelt und Hüter der Gesundheit auf. Dabei ist es wurst, ob jemand schwarz oder weiß, katholisch oder muslimisch, Deutscher oder Italiener, schwul, hetero oder gar nichts ist: wir müssen mehr darauf achten, nicht vereinnahmt, verbraten, verarscht und ausgenommen zu werden. Die Gefahren scheinen überall zu lauern. Mehr Mut gegen die Zunamis unserer Profitgeiergesellschaft. Das wär's. Krokodilstränen können wir den anderen überlassen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen