Sonntag, 31. Juli 2011

Altbackener Thannhäuser, Arschloch aus Freiburg

Man erlebt vieles, wenn man zur Ferienzeit den Rückweg antritt. Dreispurige Autobahnen, Zähfluss und  Drängelei. Ein ständiger Verstoß gegen Menschenrechte. Da Fahren wir dreireihig in Richtung Süden, aus Dresden kommend, vorne Autos, hinten Autos. Ich mit etwa 130 gemächlich am Überholen. Da sehe ich ihn: direkt hinter mir, die Scheinwerfer wütend aufgeblendet, etwa 2 Meter von meinem Auspuff entfernt. Lichtblitze schleudernd, versucht er an mir vorbeizuhetzen, was nicht ging, weil, wie gesagt, ich in einem dreispurigen Fahrprozess gefangen war, genau wie jeder andere.

Da ich in jungen Jahren schon gelernt habe, dass man andere Menschen mit Respekt behandelt und dass Nötigung eine Sauerei ist, gegen die man mit aller Energie angehen muss, beschloss ich, meinen Vorfahrern das nicht anzutun, nämlich, unter Gefährdung der Mitfahrer, mit 130 nach recht rüberzudrängeln, um den wildgewordenen Hintermir vorbeizulassen. Also tippte ich kurz die Bremslichter an, ohne zu bremsen, verschaffte mir zu diesem Rasenden etwas Abstand. Dann machte ich es mir gemütlich: ich fuhr und fuhr, und als der Verkehr wieder etwas lockerer lief, beendete ich meinen mir selbst endlos erscheinenden Überholprozess so gemächlich wie es ging. Dann schoss er hervor, wutentbrannt und von mir für immer gedemütigt: ich konnte nur noch die Marke und die Nummer erkennen: ein silbrig glänzender Jaguar (was für ein schönes Auto) mit Freiburger Nummer: Arschloch, dachte ich, und fuhr ohne weitere Zwischenfälle weiter.

Dann waren wir, Cath und ich, auf der Höhe von Bayreuth angekommen, das Radio trällerte, und ein Kommentar begann, sich über eine missglückte Aufführung des Thannhäuser zu beklagen. Buhrufe hatte es gegeben. Noch rechtzeitig konnten wir abbiegen und in einen nahegelegenen Ort fliehen, ein bayrisches Bad Soundso, wo wir gerade noch ein Zimmer bekamen, denn auch dort war Wagnerstimmung, und, wer in Bayreuth keines mehr bekam, konnte, mit etwas Glück,  in der Umgebung noch eines finden. Wie schön, dass einem da die fast leere samstägliche Autobahn wie eine Oase des Friedens vorkommt, vorausgesetzt, es schrammt nicht gerade ein hirnloser Raser mit seinem testosterongeschwängerten, hochzylindrischen Boliden an dir vorbei. So betrachtet, war es eine gute Entscheidung, Dresden mit dem Auto zu besuchen und Bayreuth wieder einmal nicht. Schließlich gibt es immer noch die gute alte Schallplatte mit den endlosen Rillen, voll von Thannhäuser, Parzival und Fliegendem Holländer.

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