Sonntag, 28. Juni 2015

Nachrichten auf dem Klo: der Dauerschock

So ist es doch heute: man hat sein Radio dabei und wartet auf die Nachrichten, auch wenn man sich auf der Toilette befindet. Nicht nur wegen der vollen Stunde, sondern des stillen Örtchens. Dann tritt eine Art Hierarchie ein: zuerst die wichtigsten nationalen oder internationalen News, mit Grabesstimme, Neutralität verheißend, vorgetragen. Damit ist die Information eine offizielle Ansage, an der nicht mehr gezweifelt werden kann.

Antike Toilette als Nachrichtenbörse

Das Fernsehen hat ebenfalls seine Nachrichtenzeiten. Das beginnt mit einer Erkennungsmelodie, die oft etwas pompös ausfällt. Manchmal sind die Sprecher/innen aufgemacht wie strafversetzte Laufstegtiger. Nicht zu viel und nicht zu wenig. Manche schieben ein dünnes Lächeln vor sich her. Es soll vermieden werden, Stellung zu beziehen, was die Nachricht als solche betrifft. Diese nimmt heute den gleichen Platz in unserem Leben ein, wie einst die Religion, nur dass nicht gewertet werden darf.

Andererseits sind wir der Nachrichtenmaschinerie pausenlos ausgesetzten wissen nicht so recht, was mit uns geschieht. Eine Sensation jagt die andere: Flugzeugabstürze, Mord und Attentate, Politskandale, Affären, Statistiken. Wollen wir das? Brauchen wir das? Was geschieht mit uns, wenn wir täglich berieselt werden? Wer regelmäßig Nachrichten hört und sieht, weil wir, süchtig wie wir sind, auf dem neuesten Stand sein müssen, hat noch mit etwas anderem zu tun: Stündlich wird alles wiederholt und aufgearbeitet. Auf dem Klo erfährt man womöglich, ein paar Minuten nachdem es geschehen ist, schon von dem Tsunami mit hunderttausenden von Opfern. Da bleibt man am Ball. Die ersten Bilder werden gezeigt. Nur Königshäuser halten sich ein wenig zurück, bevor sie das Neugeborene vor die Kameras lassen. Das kann schon ein paar Tage dauern, bis der öffentliche Druck zu groß wird.


Damit wurden noch Depeschen ausgeliefert 

In all dem liegt eine angsterregende Gesetzmäßigkeit. Was, wenn eine Nachricht getürkt ist? Ein Politskandal einseitig dargestellt wird? Vorverurteilungen vermutet werden müssen? Wie entsteht unser Weltbild? Ist es noch unser Weltbild? Es wird doch von anderen gemacht. Unsere ständigen Ängste, Tabus zu überschreiten, werden täglich bedient: hier der Vater, der Frau und zwei Kinder mit der Axt erschlägt. Dort der Filmstar, der zum sechstenmal heiratet. Dann, der honorige Priester, der Knaben missbraucht und der Bankangestellte, der Millionen veruntreut. Manchmal kann man am Bildschirm das Bedauern erkennen, dass nicht das ganz Schlimme eingetreten ist. Dass eine Nachricht nur halb zur Verfügung steht.

Die täglichen Nachrichten machen uns zu süchtigen Produkten. Wer wir sind, können wir nur noch aus den Informationen erschließen, die wir erhalten. Die Medien sagen uns, wer wir sind. Sie bestimmen, was uns zu interessieren hat. Wird uns auch etwas vorenthalten? In der Politik ganz sicher! Im Geschäftsgehabe ebenfalls. Die Nachricht wäre, dass Bio genau das Gegenteil davon ist. Beweise werden nicht geliefert. Selten hört man auch etwas über die tägliche Herstellung von Nachrichten. Das bleibt das Geheimnis der Macher. Die begrüßen uns täglich mehrere Male und wünschen uns einen schönen Tag.











Ende mit Schrecken - Schrecken ohne Ende: Griechenland

Seit Wochen halten sie uns auf Trab, diese beiden Gesandten aus dem Griechenland. Leicht haben sie es nicht. Aber warum müssen sie denn dauernd grinsen? Wie hoch ihre Reisespesen inzwischen sein müssen. Wer will was retten? Natürlich müssen sie gegen allerhand Vorwürfe angehen. Dass ihr Land seine Aufgaben nicht gemacht hat. Dass sie realitätsfremd sind. Dass ihre Arroganz nur durch ihre Unbedarftheit übertroffen wird. Sie pokern, und alle merken es.

Andererseits haben sie erfolgreich den Stinke-Finger in die europäische Wunde gelegt. Ja, sie bohren darin herum. Wie soll eine ganze Regierungsmaschinerie diesen schwerfälligen Europa-Apparat in Bewegung bringen? Geschafft haben sie es, alle gegen sich aufzubringen. Es geht um Geld, da hört der Spaß doch immer schnell auf. Jetzt werden solidarisch gemeinte Hasstiraden laut: die Merkel dies, der Schäuble das. Diese Altnazis, die uns demütigen wollen! Wir sind die wahren Demokraten. Griechenland hat die Demokratie erfunden. Das klingt ein wenig großkotzig.


Das Tafelgold ist längst verzockt 

Dabei steht Griechenland seit langem mit dem Rücken zur Wand. Die europäische Finanz-Seite - das sind Gottseidank nicht alleine die Deutschen - sträubt sich, findet aber keine gemeinsame Sprache für das, was geschehen soll. Also geht das Ganze bergab. Eine Hinwendung zur Vernunft, aber bitte, nicht auf unsere Kosten, möchte man meinen. Vielleicht hätte eine klare Sprache geholfen. Den Griechen zu zeigen, dass man nicht einfach in den Milliarden anderer herumwühlen darf. Der gute Wille hätte sich in sichtbarer Eigenleistung zeigen müssen. Es ist nicht nur die Inkompetenz einer unerfahrenen Regierungshorde, nein, es müssen auch versteckte Absichten vorhanden sein, wenn ein solches Theater international angezettelt wird. Wollten die von Anfang an alles platzen lassen? Jetzt soll ein Referendum kommen? Die Griechen wissen nichteinmal, worüber sie abstimmen sollen. Das griechische Gehabe lässt übrigens mit Grauen erahnen, was in anderen Ländern passieren kann, wenn nicht alle Kräfte zusammengerissen werden, um eine Karre aus dem Dreck zu ziehen. Der gesunde Menschenverstand siegt dann hoffentlich immer wieder, nur nicht in diesem Fall.


Antik oder verstaubt? 

Das könnte die Lehre sein, die wir alle aus dieser Katastrophe ziehen müssen: Geld darf nicht alles sein. Hilfe ist immer nötig. Wir alle brauchen sie. Aber: man darf den Punkt, an dem es nicht mehr weitergeht, nicht verpassen, sonst droht das Aus, schneller als gedacht. Griechenland hat sich die eigene Verblendung, eine unkritische Illusion erlaubt. Jetzt muss bezahlt werden. Wenn es sein muss, mit europäischem Geld. Wie wäre es mit Umdenken, Reformen, Neuwahlen, Zurückhaltung und Bescheidenheit? Solange aus diesem Land keine neuen Signale eintreffen, wird nichts mehr geschehen. Also, ihr Hellenen, ihr müsst euch aufraffen. Die Methode ist einfach: Ehrlichkeit in der Analyse. Konsequenzen erarbeiten. Selbst Hand anlegen und zeigen, dass man auch ohne die anderen zurecht kommt. Nur das überzeugt noch. Lügen und Propaganda sind dabei nicht sehr hilfreich. Dann wird es sich auch zeigen, wie solidarisch die Europäer sein können. Seit der Aufnahme Griechenlands in die EU wurde gelogen, betrogen, geschönt und versprochen. Die Quittung kommt spät, aber sie kommt.






Samstag, 27. Juni 2015

Schreiben, aber blumig, verrückt, weise, sarkastisch, blutarm, blutrünstig, gereimt, ungereimt oder mörderisch

Das kommt davon, wenn man sich einbildet, schreiben zu können. Nun, man versucht es. Wozu hat man seine Muttersprache? Wie in der Malerei, vertrödelt man etwas Zeit, um zu sehen, wie es klappen könnte. Wie man seinen Stil findet. Aus der Sprache etwas herausholen, ist ja ganz witzig, aber einen Leser irgendwo hinbringen, ist auch ein Ziel. Wer voller Hintergedanken ist, kann es ja mit einem Krimi versuchen. Verdächtige gibt es ja immer genug. Mit Witz und auch ein wenig Sex kann das Verbrechen so richtig schillernd um sich greifen. Noch etwas Lokalstimmung, und der perfekte Krimi ist fertig. Die Krimiliteratur scheint Hochkonjunktur zu haben: Londonkrimi, Wienkrimi, Berlin/Wienkrimi, Kölnkrimi, Bonn Krimi, Friesen Porno, der erotische Heimatkrimi. Das schreibende Talent wandert in den Kriminalroman ab. Diese Dinger sind gar nicht schlecht und vom literarischen Standpunkt durchaus erfrischend und lesbar.


Max Ernst 

Hat die schöngeistige Literatur ihren Sexappeal verloren? Manche glauben sogar an das Ableben dieser bestsellerschaffenden Gattung. Große Gefühle abgestanden? Verlogen? Überholt? Dennoch, der Deutsch-Österreicher Daniel Kehlmann (Die Vermessung der Welt) zeigt, dass die Sprache zählt, nicht die Nationalität. Dass fast alles literarisch bearbeitet wurde, es immer wieder erstaunliche Werke gibt, von denen wenig Weltgeltung erreichen. Franz Kafka fällt da ein. Oder Stefan Zweig. Oder Günter Grass. Es ist gut, dass es diesen Ozean Literatur gibt. Thematisch ohne Grenzen. Was zählt, ist das Interesse, das geweckt wird.

Manche denken jetzt, dass Literatur ausgedient hat. Das Internet kümmert sich um literarische Ausdrucksformen. Dabei wird an die sprachlichen Grenzen gestoßen. Auch der gedankliche Müll ist nicht zu übersehen. Die menschliche Abstrusität. Wenn dahinter ein anonymer Autor steckt, kann nur Voyeurismus das Lesemotiv sein. Ist es aber nicht so, dass man anderen auf gleicher Augenhöhe begegnen möchte? Ein Buch mit sich herumtragen möchte? Den Großteil des Uninteressanten nicht kaufen und nicht lesen möchte? Literatur scheint keine Geschmacksfrage zu sein. Aber die neue Krimiwelle kann interessieren. Es muss ja am Ende nicht immer einer im Gefängnis sitzen.


Freitag, 26. Juni 2015

The atrocity of feeling fat, or so.

Everything has a beginning and an end. The beginning: you have a wife whom you love dearly until she starts complaining about her body shape which seems to have gone a bit negligent. I, her loving husband, now begin to move on slippery ground, wanting to summarise what happens to her: she must have read something about metabolic balance. If all this would stay within the generally abstract borders of human self esteem, nobody would be worried. However, being dynamic, curious as well as an unmitigated admirer of Captain Janeway from Startrek, my beloved spouse has taken a frightful decision: she wants to control her eating and drinking and, at the same time, be admired by her husband. And, alarmingly enough, lose weight and feel more healthy.


Carrot, yes, apricot, no! 

First step: having a thorough blood test and studying your lab values. Then follows a lot of reading about how to go about. A German nutritional engineer, Silvia Bürkle, describes her eyebrow raising methods with a lot of seriousness and scientifically based insight. A number of rules have to be taken into consideration and from now on your nutrition is tailored to your own metabolism. As a loving but ignorant husband I allow myself not even to know what metabolism means, whereas my sweet wife has already started to follow Silvia's extremely complicated and golden 8 rules.


Calorie Bomb 

Eat exactly 3 meals a day. Take a break of at least 5 hours in between. Extent the overnight break between meals to 14 hours, if possible, twice weekly. Regulate your insulin level by having one or two bites of your protein portion (beans, fish or cheese). With each meal, you must eat only one type of protein. Drink enough water, preferably not carbonated. Coffee or tea, only permitted with meals. Eat an apple a day, because it keeps the doctor away and contains lots of vitamins and minerals etc.


Some vegetable? 

I, the loving husband, am fully aware that my description of Silvia's endeavours to make you more healthy are incomplete, amateurish and ridiculous. So, it is anyhow better to ask a specialist than to moan to an incompetent husband. How shocked I was, when I saw that the first day of eating sophistication started with "eating the food that's right for you", meaning that my wife gobbled one and a half kilos of tiny new potatoes and nothing else. Every day she has a different program. Thus we hope to loose every day a few grams of weight. Never would I admit that I then would love my wife a bit more than before. This is not possible. I myself have to acknowledge a few kilos too many. Does that make me unhappy? No! Love and happiness are not a matter of kilos.*

* for the rest, please, google Silvia Bürkle and her colleague Wolf Funfack (also German?). They know a lot about you and your body.






Donnerstag, 25. Juni 2015

Im falschen Körper: das tut weh!

Sie stöckelte etwas unsicher ins Café Central, in Wien, ging auf ein älteres Paar zu und begrüßte die beiden herzlich. Sie sah gut aus, wohl um die zwanzig, schlank, war gut geschminkt und trug ihr langes blondes Haar nicht ohne Stolz. Ein Meter achtzig? Sofort erkannte ich den Mann in ihr. Sie spielte sehr anmutig eine Frau. Neugierig starrte ich ihr hinterher. Sie schien glücklich, doch sah man auch erlittenen Schmerz, irgendwie.

Flughafen Wien, alle warten auf den Flug nach Manchester, der einige Stunden Verspätung hat. Man bekommt Orangensaft und hilflose Erklärungen. Die Innentemperatur in der Maschine ist außer Kontrolle. Verärgert und gelangweilt schlängelt man sich durch die Reihen im Abflugbereich. Da sehe ich sie sitzen: um die vierzig, sieht aus wie ein Mann. Unansehnlich, ungepflegt, grobe Hände. Dann, die Beine in Nylonstrümpfen, ein Rock, hängendes Haar. Ich drehe nocheinmal eine Runde, um genauer hinzusehen. Es ist ein Mann im entscheidenden Zustand auf dem Weg zur Frau. Er versucht, nicht aufzufallen. Bereitet er sich auf eine Geschlechtsumwandlung vor? Solche Dinge sieht man heute gelegentlich.

In der Nummer 07 eines neuen deutschsprachigen Magazins für politische Kultur ("Cicero"), den mir Cath aus Bonn mitgebracht hat, fällt mir ein Artikel auf, der die Befindlichkeit einer polnischen transsexuellen Persönlichkeit beschreibt. Emilia Smechowski porträtiert die Politikerin Anna Grodzka. "Nennt mich Anna" heißt der einfühlsame Artikel. Oder: an guten Tagen wird sie ignoriert, an schlechten mit Rauchgranaten beworfen. Eine "Transe" als Parlamentarierin, wie der unwissende Volksmund behauptet. Was dahinter steckt, ist ein 60jähriges Leben eines Mannes, der schon als kleines Kind im Körper einer Frau leben wollte, und erst spät den Mut zum Wandel aufbrachte. Er versuchte zunächst, ein richtiger Mann zu sein, heiratete und bekam einen Sohn. Seine Mutter hatte mal heimlich in einem Buch gelesen, und er fand heraus, dass sie das Kapitel Transsexualität nachgeschlagen hatte. Dort hieß es, die Transsexualität sei eine Abart der Natur, die aber heilbar sei. Auch andere Abarten kamen da vor: Pädophilie, Koprophilie, Nekrophilie und Zoophilie. Die Mutter hat nie mit ihrem Sohn darüber gesprochen. Wie schrecklich muss es sein, zu erfahren, dass man eigentlich abartig ist. Die Journalistin begleitete Anna eine Weile, um zu sehen, wie ein Mensch lebt, der als Kind schon gehänselt wurde, unglücklich heiratete, von der in Polen Ton angebenden katholischen Kirche erfahren musste, dass alle, die nicht heterosexuell lieben, krank sind.


Dann der entscheidende Schritt: ich muss eine Frau werden, denn ich bin ja eine. Geschlechtsumwandlung ist einfach gesagt. Depressionen, Diskrimination, Vereinsamung gehen vor- aus und müssen verkraftet werden. Sexualtherapie ist notwendig, gerichtliche Schritte zur Änderung des Geschlechts. Ein Leidensweg, den die meisten sich nicht vorstellen können.

Brüste ließ er sich in Thailand machen, weil es dort erschwinglicher schien. Die Beinhaare mussten rasiert werden, und vieles musste mit ihm geschehen, damit er sich wie eine Frau fühlen konnte. Nicht ein Mann, der sich als Frau verkleidet, sondern eine Frau, die sich die meiste Zeit ihres Lebens als Mann verkleidet hat. Ein Leidensweg, der keineswegs selbst verschuldet wurde und der die Solidarität und Sympathie herausfordert. Findet das jemand zum Lachen? Wir müssen mitfühlen, auch wenn wir oft nicht ganz verstehen, was da vor sich geht.


Mittwoch, 24. Juni 2015

So 'ne Königin macht was her.

Deutschland fiebert wieder seit gestern. Die englische Königin und ihr Prinzgemahl Philip sind in Berlin. Der 5. Königinnenbesuch. Berlin steht Kopf. Der Bundespräsident hat sie bereits getroffen, mit seiner Lebenspartnerin. Sind es eigentlich nur alte Damen, die sich ein Königshaus wünschen? Oder gibt es auch noch überzeugte Republikaner? Ich bin einer. Mit Royals habe ich nichts am Hut. Obwohl, meine Mutter hätte die Hüte der Königin geschätzt. Jedesmal wenn der Frühling kam, ließ sie sich einen neuen Hut machen. Ich war dann der erste, der sagte, Mama, dein Hut gefällt mir. Vielleicht habe ich auch aus Höflichkeit ein wenig geflunkert, denn Mama freute sich sehr.


Mama, dein Hut! 

Königin Elizabeth ist natürlich ein echtes Hutwesen. Über den Geschmack wird in der Öffentlichkeit nicht gesprochen. Als Mann habe ich schon manchen Hut an mir vorüber ziehen lassen. Modesachen.   Abenteuerlich. Selten findet man etwas unauffälliges. Ich frage mich immer, wie schlüpft eine süße kleine Prinzessin in ihre spätere Rolle als Königin? Sie wird erzogen, abgerichtet (?), umsorgt, und man lässt sie sehr früh wissen, dass sie die größte ist. Das Prinzessinnengefühl. Wie würde ich als Prinz mit einer solchen Rolle umgehen? Unvorstellbar. Ich möchte alles selber machen. Brauche niemand, der mir die Türen aufhält und das Frühstück vor mich hin stellt. Prolet eben. Das ist eine Einstellung, die im Leben durchaus weiterhilft.

Aus der Sicht einer Königin sind wir alle kleine Proleten, nette und weniger nette. Als Prinz müsste ich mir vorstellen, wie so eine Monarchie einmal begonnen hat. Zuerst wurde etwas erobert. Durch Kraft und Mut. Dann wurde es in Besitz genommen. Meist für immer. Man stilisierte sich zum Machthaber. Verfeinerte seine Erscheinung. Man bekam feine Kleider gestickt, die sich das normale Volk nicht leisten konnte, und schon war man von Adel. Enteignungen, Raub, Machtmissbrauch und Willkür hat es auch gegeben. Der Hochadel machte sich aber unangreifbar. Ich will es nicht so krass darlegen, aber was man heute leicht dem einen oder anderen Milliardär zur Last legen könnte, nämlich, dass er ein Räuber und Betrüger ist, kann man generell auch dem so feinen Hochadel anlasten. Was man aber nicht tut. Denn vornehmes Gebaren weist solche Kritik als unschön zurück.


Zurück zur englischen Königin: sie ist eine süße alte Dame, die sich in ihrem Leben immer vorbildlich benommen hat und jeden Respekt verdient. Oft kommt sie als diplomatische Geheimwaffe zum Einsatz. Für uns Deutsche, deren Kaiser durch die Wirren der jüngeren Geschichte abhanden gekommen ist, bedeutet die Monarchie heute nur ein nostalgisches Hinblicken auf die Gekrönten anderer Länder. Von denen gibt noch viele. Leider auch noch ebensoviele unerwünschte Diktaturen. Das alles läuft unter der Vielfalt menschlichen Lebens. Auch dass David Cameron, der Prime Minister, im Huckepackverfahren mit der Queen in Berlin auftaucht, ist kein Zufall, sondern ein politischer Alleingang.

Vielleicht wäre ich vor 500 Jahren auch ein Royalist geworden. Heute bin ich selbstverständlich Prolet und kann es mir nicht verkneifen, über andere Staatsformen laut nachzudenken. Doch uns' Elizabeth ist uns immer herzlich willkommen.





Dienstag, 23. Juni 2015

Der gesunde Menschenverstand: weg mit dem Paternoster?

Großbritannien wird oft für den allgemeinen Common Sense, den gesunden Menschenverstand gelobt. Völlig zurecht. Schließlich hat man dort auch den Paternoster entwickelt, eine Art Personenlift, bei dem man unentwegt rauf und runter fahren konnte. Für Kinder nur vergleichbar mit dem Radelrutsch. Man bleibt fasziniert bis ins hohe Alter. Deutschland war jedoch paternostermäßig immer eine Weltmacht und ist es heute noch.

Ich bin Paternosterfan
 

Eine in Deutschland bürokratisch ausgeheckte Attacke gegen den Paternoster, ein ohnehin aussterbendes Technologieprodukt, wurde jetzt erst einmal abgewehrt. Die Paternosterverehrer in Deutschland protestierten sofort heftig gegen das Verbot für Privatpersonen, den Paternoster zu benutzen. Es sei zu gefährlich. Dabei hat es in der gloriosen Vergangenheit dieses Auf- und Abstuhls bisher kaum Unfälle gegeben. Jetzt scheint den Sesselfurzern (sorry!) das Motto eingefallen zu sein: "Kein Streudienst. Betreten auf eigene Gefahr" oder so. In Analoganwendung, da man keine anderen Sorgen hat, soll also der ehrwürdige Paternoster vertrieben werden. Nur Befugte in Gebäuden, die noch über Paternoster verfügen, sollen in den Genuss des überholten Transportmittels kommen. Wir wissen bereits, dass dahinter die Lobby der Fahrstuhlindustrie steckt, die Geschäfte machen will, nicht eine echte Gefahr für Leib und Leben. Wogegen man sich heute alles wehren muss!

Dr. Murkes gesammeltes Schweigen, eine Novelle von Heinrich Böll, beschreibt das Paternosterfahren ausgiebig. Sonst ist dieses Gefährt in der Literatur weniger bekannt. Doch die wenigen, die schon einmal Paternoster gefahren sind, lieben es inbrünstig. 1936 gab es noch 679 Paternosters in Deutschland. Heute sind noch etwa 240 übrig geblieben. In Österreich sogar nur noch 20 bis 25. In Berlin nannte man den Paternoster Proletenbagger, während der populärer werdende Fahrstuhl im Volksmund Bozenheber genannt wurde.

Wer haftet, wenn etwas passiert? Diese unnötige Frage soll durch eine Verordnung aus dem Arbeitsministerium beantwortet werden. Unsinn, Schwachsinn, hieß es in wütenden Protesten, von denen man hoffen darf, dass die wenigen österreichischen Paternosterfahrer sich gegeistert anschließen werden. Ein Besuch im Springerhochhaus in Berlin oder im Tagblattturm in Stuttgart könnte auch die Fans von der Donau zu Begeisterungsstürmen hinreißen. Allen Bürokraten sei gesagt: Ihr werdet uns den Paternoster nicht vergällen, womöglich durch privates Nutzungsverbot. Der Widerstand hat sich bereits formiert: tretet dem Verein zur Rettung der letzten Paternosteraufzüge bei!


Sonntag, 21. Juni 2015

Winnetou, Du könntest uns jetzt loslassen!

Die Welt hat sich verändert. In den Köpfen deutscher und österreichischer Jungen ist Freund Winnetou aber immer präsent geblieben. Ich habe fast alle Bücher von Karl May gelesen. Das gehörte noch in den Fünfzigerjahren zur Grundausbildung eines Jungmannes. Der unglaublich originelle Arno Schmidt hätte es dann fast geschafft, nachdem der Winnetoumythos abgrundtief in unseren knabenhaften Herzen verankert war, uns alles madig zu machen, was uns lieb und heilig war. Mit wohlbegründeter Häme gab er in einer Studie zu verstehen, dass Karl May zumindest homoerotisch gewesen sein musste, damals noch ein anrüchiges Stigma. Die Blutsbrüderschaft zwischen Winnetou und Old Shatterhand kam uns schon ein wenig seltsam vor. Die Tatsache, dass Frauen in all seinen Büchern (es gab über 60 oft mehrbändige Werke) eigentlich keinen Platz hatten, sprach Bände. Nur Winnetous Schwester, ein unbedeutendes Indianerweibchen (nscho tschi) tauchte gelegentlich auf. Mit ganz langen Zöpfen. Für Jungens meiner Altersklasse völlig uninteressant. Ein platonisches Spielzeug auch für Od Shatterhand, der viel zu männerfreundlich war, um mit nscho tschi etwas anfangen zu können. Unsere älter gewordenen Knabenherzen traf ein eiskalter Stich, als Arno Schmidt uns das mit der Homoerotik weismachen wollte. Wir haben es geschluckt, aber ungern.


Der Mythos lebt also weiter. Daran hat auch der "Schuh des Manitou" nichts geändert, der ebenfalls eine respektlose Verehrung der Winnetousaga war. Über diesen Schuh ärgerte sich Pierre Brice, der gebürtige Franzose, der im Film den Winnetou spielte. Er ist gerade hochbetagt in die ewigen Jagdgründe geholt worden. Lex Barker machte den Shatterhand. Weiß man noch, wie schwierig es war, die Karl-May-Bände rechtzeitig zu bekommen, wenn man einen viel zu schnell ausgelesen hatte? Das Tauschgeschäft blühte. Eltern hatten meist keine Ahnung. Und wenn ein Mädchen gar zu den Leserinnen gehörte, war die Welt nicht mehr in Ordnung. Als dann der Band mit Winnetous Tod zum Lesen kam, brach eine Welt zusammen. Die Trauer war ebenso heftig wie ehrlich. Gestern haben sie Winnetou 3 im österreichischen Fernsehen gezeigt. Sein Sterben, in den Armen von Old Shatterhand, war grandios. Schließlich waren sie Blutsbrüder. Danke, ORF, Danke, Karl May, Danke, Winnetou.


Donnerstag, 18. Juni 2015

60 Millionen rennen davon - die Welt tickt falsch!

Es gibt nichts Neues auf diesem Gebiet. Wir sehen es täglich und schämen uns für das Schämen der anderen. Gibt es noch seriöse demokratische Politiker, die den Heimatlosen in die Augen sehen können? Abschieben, unterbringen, aufbewahren, versorgen, ernähren, pflegen dieser Menschen, in friedlichen Zeiten - friedlich in manchen Regionen, nicht überall - ist zu einem rhetorischen Knüller geworden. Nicht zur Suche nach Lösungen. Im deutschsprachigen Raum gab es vor 200 Jahren noch gehäkelte Sprüche wie: "Tritt ein, bring Glück herein", oder einfach "Herzlich willkommen". Damit waren die Fremden gemeint, auch eventuelle Ausländer. Im Orient kennt man die bedingungslose Gastlichkeit ebenfalls. Wer in den USA unbefugt ein Grundstück betritt, kann erschossen werden.


Inzwischen ist das Leben so teuer geworden, die Werbung für Waren aller Art so verlogen, die Regelung des Alltags so bürokratisch,  dass man am liebsten auswandern möchte. Kein Wunder, dass Millionen auf der Flucht sind, vor gierigen, machthungrigen, engstirnigen und fanatischen Herrschern. Man spricht von 60 Millionen Flüchtlingen, weltweit, davon die Hälfte Kinder. Das Problem wird gekonnt verschleppt, heruntergeredet, relativiert. Wer will die schnellere Integration? In Deutschland kann ein Asylverfahren bis zu 7 Monate dauern. Dabei wissen wir, dass an diesen Menschen, wo immer auch sie herkommen, Verbrechen verübt werden. Vom rassistischen Amoklauf bis zum pseudoreligiösen Fanatismus.

Unsere christlich-jüdische Wertegemeinschaft (das hat Merkel gesagt, die "mächtigste Frau der Welt") zieht kaum eine Augenbraue hoch, wenn es darum geht, einem weltweiten Skandal wirkungsvoll zu begegnen. Den letzten beißen die Hunde, wir können nicht die ganze Welt retten, andere tun auch nichts. Dies sind die Sprüche, die man sich anhören muss, auch von Politikern, die bei ihrem Amtseid das Wohl des Landes beschworen haben. 60 Millionen. Das ist mehr als ein ganzes Volk. Lassen wir sie halt sterben! Wir hatten es auch nicht immer leicht. Kommen wir aus diesem Dilemma in Würde einigermaßen wieder heraus? Oder sind wir wie die anderen?

Mittwoch, 17. Juni 2015

Achthundert Jahre und immer noch Magna Carta

Am 15. Juni 1215 wurde die Magna Carta widerwillig unterzeichnet. Einige rebellierende Barone lagen mit König John im Dauerstreit wegen der Steuerlast und aus anderen Gründen. Johann Ohneland, wie er in deutschen Landen hieß, sollte nicht mehr willkürlich regieren können, was einer kleinen Revolution gleichkam. Der Adel wollte sich dem König nicht mehr fügen, seine Allmacht anerkennen. Das hatte Folgen. Viele bezeichnen die Magna Carta, die zunächst auf Lateinisch verfasst war, bevor sie ins Französische und Englische übersetzt wurde, als die Geburtsurkunde der Freiheit schlechthin.

Die Biertrinker unter uns, denen das deutsche Reinheitsgebot von 1487 heute noch heilig ist, obwohl ständig dagegen verstoßen wird, finden in dieser Carta auch die Einführung eines einheitlichen Biermaßes, zunächst, für die Londoner: das Londoner Quarter enthielt 2 Pints und gilt heute noch. Und das deutsche Reinheitsgebot galt im ganzen Heiligen Römischen Reich und tut es heute noch in Namibia, aus kolonialen Gründen. Biermaß beiseite, die Magna Carta ist ein Dokument, das vor 800 Jahren zunächst dem britischen Adel politische Rechte und Freiheiten einräumte, die teilweise auf den gesamten Globus ausgedehnt und verallgemeinert wurden. Dass kein freier Bürger einfach von (königlichen) Beamten verhaftet werden konnte, ohne, dass es eine Überprüfung der Sachlage gibt. Der König stand auch nicht mehr über dem Recht sondern war ihm ebenfalls verpflichtet.


Die etwas theoretische Frage, ob die englische Königin einen Mord verüben darf,  ohne selbst bestraft zu werden, muss nicht wirklich beantwortet werden. Die Macht der Medien ist bei dieser Frage nie richtig ausgelotet worden, obwohl es weltweit Schurken und Herrscher in höchsten Positionen gibt, die dem Gesetz immer wieder von der Schippe springen und den Mediensturm verdienen. Andererseits hat Mahatma Gandhi die Magna Carta auch genutzt, um sein Land Indien, 1947, von der britischen Kolonialherrschaft zu befreien. Wenn es also darauf ankommt, kann dieses Dokument noch in 4 erhaltenen Exemplaren (auf  Schafleder-Pergamenten) nachgelesen werden. Wie gesagt: in Latein.

Die Kirche wurde damals nicht gefragt und war sofort gegen die Magna Carta, deren diskreter Siegeszug (in welcher Form und Fassung auch immer) um die ganze Welt trotzdem nicht aufzuhalten war. Auch die universelle Erklärung der Menschenrechte (UNO 1948) und die Europäische Menschenrechtskonvention (Europarat 1949) wurden von ihr inspiriert. Eigenartig, dass Großbritannien trotz der Magna Carta bis heute keine geschriebene Verfassung besitzt. Vielleicht fällt David Cameron auf seinem Weg aus der Europäischen Union, oder auch nicht, zu dieser Urkunde der Freiheit noch etwas ein. Wir Europäer würden uns freuen.





Sonntag, 14. Juni 2015

Denk ich an Deutschland - denk ich an Österreich

Fast drei Jahre in Österreich, fast dreißig Jahre in Deutschland, den Rest habe ich in der Schweiz und in Frankreich verbracht. Ein Heinrich-Heine-Schicksal, wenn man so will. In seinem zehnstrophigen Gedicht, "Denk ich an Deutschland" im fernen Frankreich geschrieben, lässt Heinrich Heine seiner Sehnsucht nach der Mutter und nach seinem Vaterland freien Lauf. Heute empfindet man seine Verse als etwas rührselig. Der Deutschlandfunk lässt keinen Sonntag Morgen aus, um vor 9 Uhr jemand unter diesem Titel über Deutschland sprechen zu lassen, der ein besonderes Verhältnis dazu hat. Auch  freiwillig nach Deutschland Gekommene oder hier Hängengebliebene. Meist sind diese Beiträge kritisch bis selbstkritisch, von großer Achtung, ja Bewunderung geprägt. Ich lerne immer sehr viel, denn meine Abwesenheit von der Heimat, die irgendwann keine mehr ist, hat mir vieles vorenthalten.


Nicht Heinrich Heine, sondern der Bundespräsident Gustav Heinemann (1969-1974) hat einmal, als er gefragt wurde ob er Deutschland liebe, verärgert geantwortet: ich liebe meine Frau. Man kann ein Land nicht richtig lieben, wenn man dort nicht lebt. Doch kann man Heimat finden, wo man sich wohl fühlt. Zum Beispiel in Österreich, vor allem in Wien, der Stadt mit dem gewissen Etwas.

Viele sagen, es sei die gemeinsame Sprache, die uns trennt. Das ist Humor, denn unsere Muttersprache, die in so vielen Facetten und Dialekten daherkommt, verbindet uns. Manchmal mag es etwas schwierig sein, zwischen Fisolen und Bohnen oder Karfiol und Blumenkohl zu unterscheiden. Früher sagte man: tu felix Austria, nube! Das glückliche Österreich hat auch durch Heirat Weltrang erlangt. Das altbekannte Deutschland glänzte bis zum Wiener Kongress durch eine Vielfalt (über 40!) kleiner Staaten und Staatsgebilde. Die geschichtliche Entwicklung hat beide Länder an den Rand des Ruins gebracht. Vielleicht war es die gemeinsame Sprache, die uns in großer Not zur Seite stand. Beide Länder schrumpften, aber beide fanden auch zusammen in einem einmaligen Kulturaustausch: Hans Moser, Wolfgang Amadeus Mozart, Christiane Hörbiger, Franz Lehar, und ganze Heere von Künstlern füllten einen Kulturraum, der nicht durch nationale Unterschiedlichkeiten aufgeschlüsselt werden kann.


Der Wiener Schmäh, die fast balkanische Mentalität und die preussische Korrektheit, werden trotz gewisser Unverträglichkeiten durch einen vielschichtigen Kitt zusammengehalten. Das "Süddeutsche" in uns, von Frankfurt über Freiburg bis nach Innsbruck und Wien, lässt uns doch wie ein großes Volk erscheinen, wenn wir von hässlichen Kleinigkeiten absehen. Die Frankfurter Würstchen in Wien heißen in Frankfurt und im Rest Deutschlands Wiener. Oft kann man immer  auseinanderhalten, was österreichisch und was urdeutsch ist? Die sichtbaren Unterschiede, vom Dirndl bis zum Rheinischen Sauerbraten machen unsere Länder erst interessant.


Adolf Hitler (war er Österreicher?) wollte unsere Länder zusammenfügen. Das gefiel sogar vielen. Doch so ging es nicht. Aber nach all den Jahren des friedlichen sich Aushaltens, wo wir gezwungen sind, im Rahmen Europas mit den Dänen, Engländern, Polen und Franzosen, sowie weiteren 2 Dutzend Nationen zusammenzuleben, könnten wir es doch mit einer (wenn nötig) gleichgeschlechtlichen eheähnlichen Beziehung versuchen. Du glückliches Österreich, heirate Deutschland. Natürlich nur, wenn du es willst. Die Voraussetzungen sind bestens. Aber vielleicht geht es auch so.

Samstag, 13. Juni 2015

Die Ringstraße in Wien - ein jüdischer Boulevard

Damit ist alles gesagt: der Prager Jude trug im12. Jahrhundert einen spitzen Hut. Der französische Jude wurde im 14. Jahrhundert mit einem rotweissen Fleck gekennzeichnet, und der deutsche Jude trug um 1500 einen gelben Fleck. Sehr weit war der Weg also zum Judenstern im Dritten Reich nicht, nur, dass es sich um das 20. Jahrhundert handelte, wo man angefangen hatte, auch Afrikaner als Menschen gelten zu lassen. Dazwischen, immer wieder Symbole, die für etwas stehen mussten. Das Hakenkreuz, das Mutterkreuz, das Rote Kreuz, die Ku Klux Klan Maske, der Halbmond. Wir dürfen die Symbolik immer auch als eine Gefahr ansehen.


Diese Gefahr haben viele Juden und andere Menschen oft nicht sehen wollen, bis es zu spät war. Der gerade erschienene Film "The Woman in Gold" mit Helen Mirren und Daniel Brühl beschreibt mit Feinheit und Takt, was geschah, als die Nichte von Adele Bloch-Bauer, die von Gustav Klimt so meisterhaft gemalte Tante, ein Besitz ihrer jüdischen Familie, zurückgegeben werden sollte. Amerika gegen Österreich, enteignete Juden gegen den Staatsbesitz im Belvedereschloss in Wien. Die Sache ging gut aus. Die Familie konnte den Hauptteil ihres Besitzes wieder haben. Mehr soll dazu nicht gesagt werden, denn diesen Film (Die Frau in Gold) muss sich jeder ansehen.


Der Name Bolwerk aus dem Holländischen hat dem französischen Boulevard Pate gestanden. In alten Städten gab es solche Befestigungen, die dann geschleift wurden, um dem modernen Verkehr Platz zu machen. Paris ist bekannt dafür. Les Grands Boulevards, die großen Prachtstraßen, wurden ein Markenzeichen für die aufstrebende Stadt an der Seine. Nicht anders war es in Wien: hier entstand im 19. Jahrhundert, nachdem die ringförmigen Befestigungen um Wien entfernt waren, die Ringstraße, die sofort als Spielplatz des begüterten Bürgertums akzeptiert und bebaut wurde. Heute ist die Ringstraße eine der Hauptverkehrsadern Wiens.



Prachtbauten und öffentliche Gebäude entstanden in dieser "Gründerzeit". Seit 1848 war auch das Verbot für jüdische Bürger, Grund und Boden zu besitzen, aufgehoben. Für die jüdische Elite, die es sich leisten konnte, entstand, was in einer Ausstellung über die "Ringstraße, ein jüdischer Boulevard" genannt wird. Das Leben jüdischer Familien wie Rothschild, Todesco, Springer, Wiener, Epstein usw.  hat dort seinen wohlhabenden Anfang genommen. Die Ausstellung im Jüdischen Museum in der Dorotheergasse 11 berichtet darüber, indem sie das Leben jüdischer Familien, ihre Gewohnheiten und ihren Lebensstil dokumentiert. Dazu kommt, dass die Ringstraße auch die Entstehung der Psychoanalyse gesehen hat, obwohl Sigmund Freud seine Praxis und Wohnung in der Berggasse 19 hatte. Dem Faschismus entkam er und seine Familie durch die Zahlung einer "Reichsfluchtsteuer" 1938.


Andere jüdische Familien hatten nicht dieses "Glück". Sie wurden im Zeichen eines unmenschlichen Antisemitismus, den es schon zur Gründerzeit gab, unter Adolf Hitler verfolgt, gedemütigt, verschleppt und entrechtet. Hitler hatte sich sogar eines dieser prächtigen Palais, das Palais Württemberg, später als Hotel Imperial bekannt, unter den Nagel gerissen. Die Entwicklung der Ringstraße kann man im Museum heute in lebhaften Bildern mitverfolgen. Die Ausstellung ist bis Oktober 2015 noch zugänglich.












Freitag, 12. Juni 2015

Wiener G'schichten - Heilige Einfalt!

Manchmal ist man schon verwundert, was es alles gibt. Als Kind war ich sehr offen für alles Religiöse. Hätten meine geliebten Großeltern meinen kindlichen Weg damals nicht in Richtung katholische Kirche geleitet, hätte ich weißgottwas werden können im Leben. Daher kam mein tiefer Respekt für religiöse Empfindungen, auch wenn sie sich oft am Rande des Verständlichen bewegen. Seit Adolf Hitler konnte man auch nicht mehr auf den Zeugen Jehovas herumhacken oder sich über die Heiligen der Letzten Tage lustig machen. Obwohl: schon als Kind kamen mir manche An- und  Einsichten als etwas einfältig vor. Sie reizten zum Lachen. Das konnte natürlich die unbedarfte Nonne sein, die ihre Frömmigkeit mit unnötiger Demut durch die Gegend trug. Auch der laute Zuruf "Jesus liebt dich" in der U-Bahn kommt mir etwas komisch vor.


Nun, echt religiöse Gefühle verletzt man nicht. Aber, muss nicht irgendwo eine Grenze sein? Wer in NewYork in Lederhosen herumläuft, darf sich nicht wundern, dass er angestarrt oder ausgelacht wird.  Religiöse Bewegungen können seltsame Blüten treiben. Wir haben alle schon etwas erlebt, was uns zum Lachen gebracht hat. Da Lachen gesund sein soll, haben auch fromme Bürger die Lacher auf ihrer Seite, wenn sie sich über sich selbst lustig machen. Der liebe Gott mag das auch. Schließlich hat er den Humor erfunden. Betet einer zu Gott: "Erhöre mich Du Allmächtiger". Gottes Antwort: Du dummer Trottel. Dein Gebet steht in einer Warteschleife, die jetzt 400 Millionen Jahre beträgt. Also gedulde Dich". Wer darüber nicht lachen kann, steht nicht mit beiden Beinen auf dem Boden der Vernunft. Das Leben ist nicht nur Traurigkeit.

Was mir hier, ganz nahe am Stephansplatz passiert ist, macht mich schmunzeln: Im Briefkasten lag eine Hochglanzbroschüre von 35 Seiten, Format 9 x 13 cm, herausgegeben 2009 von einer "Solace Community" Sevenoaks, Kent, Großbritannien. Der Titel: MOTHERS PRAYERS, MÜTTER GEBETE. MUTTERLIEBE EROBERT DIE WELT. Vereint im Gebet retten wir unsere Kinder. Alle Rechte vorbehalten. ...auch die Bearbeitung in elektronischen Systemen. "Danke, lieber Herr, dass wir Mütter sein dürfen" heißt es da irgendwo. Ja, ich habe dieses Heftlein studiert. Nein, ich mache mich nicht lustig. Ich wundere mich nur, was es so alles gibt. Lederhosen in New York scheinen mir jetzt ein adäquates Kleidungsstück. 

Mittwoch, 10. Juni 2015

Die Verschleierung des Verbrechens

Es gab mal eine Zeit, da haben die einen den Kommunismus und Sozialismus angeprangert, die anderen den Kapitalismus und die Profitgier. Heute sind wir etwas weiter. Es geht nicht mehr um Kommunismus, obwohl die Armut immer größer wird. Auch nicht mehr um Kapitalismus, denn wir haben folgendes erkannt: Egal wo wir leben, es gibt Kräfte, die uns bestimmen und ganz nebenbei daran arbeiten, dass der versprochene Massenwohlstand nicht stattfindet. Die Zusammenhänge können wir nur ahnen. Was haben Eisberge damit gemein? Nur die jeweilige Spitze wird sichtbar, der unsichtbare Rest bleibt im Dunkeln und kann wehtun.


Banken: da wird eine Razzia in der Deutschen Bank in Frankfurt veranlasst. Betrugsverdacht. Mehr muss man gar nicht wissen. Dass Behörden bei den Milliardengewinnen dieser Bank und den Milliardenentschädigungen wegen krummer Geschäfte noch den Mut haben, einzugreifen, grenzt fast an Heldenmut. In München stehen sogar ganz Obere dieser Bank vor Gericht, wegen Betrugs. Kann man da nicht ein wenig Bestechung betreiben, um  den nicht verurteilten Verbrechern Milderung zu verschaffen? Solche Justizgehälter sind doch noch lange nicht millionenverdächtig. Auf eine Falschaussage mehr oder weniger wird es nicht ankommen.

Aber andere sind nicht besser: die britisch ausgerichtete HSBC will im Ausland 12 000 Stellen streichen und im Inland 8 000. Wir müssen restrukturieren, heißt es, damit wir konkurrenzfähig bleiben. Dieses Liedchen singt auch Siemens. Da sollen es 8 000 sein. Die Zahlen sind egal. Die Gründe unwichtig. Was zählt, ist der vorsorgliche Gedanke, dass man die Aktienbesitzer und Anteilseigner nicht verprellen darf. Deshalb ist der jeweilige Milliardengewinn eines Unternehmens kein Thema. Die Schweizer USB? Ein allzubekanntes Unschuldslamm. Und viele andere. Die Hochburgen des Besitzes.


Wen wundert es, dass auch Regierungen in dieses Horn stoßen? Teils mit Hintergedanken. Die Verteidigungsfrau von der Leyen will ein Milliardenprogramm anschieben, das die Raketenabwehr mit 4 Milliarden € verbessern soll. Die Bundeswehr freut sich (vielleicht), die Rüstungsindustrie ebenfalls. Wäre nicht eine allgemeine Friedenspolitik wirkungsvoller und preiswerter? Die kostspielige Eselei des französischen Präsidenten, damals, Charles de Gaulle, die er Tout azimut nannte, hat nicht viel an Prestige eingebracht und schon gar nicht irgend einen Verteidigungswert gehabt. Schon lange in der Versenkung verschwunden. Der Ruhm der Republik ist dadurch auch nicht gewachsen. Im Falle der USA lief alles auf eine grobe Lüge hinaus: George Dabbelju Bush hatte sich vorlügen lassen, dass der Irak über Massenvernichtungswaffen verfüge. Das hat dann gereicht, das Land anzugreifen. Saddam Hussein war man los, aber die Glaubwürdigkeit der Amerikaner hat großen Schaden genommen. Der amerikanische Steuerzahler musste dann wöchentlich 4 Milliarden Dollar für den Irak hinlegen, damit das Ganze kontrolliert werden konnte. Dollar-Milliarden! Der amerikanische Besitz wird andererseits ganz legitim mit der Waffe verteidigt. Da kann schon mal ein kleiner Schwarzer zum Opfer werden, der zur Gefahr erklärt wird. Missverständnisse.

Griechenland scheint begriffen zu haben, dass man nur irgendwie an die offen herumstehenden Töpfe der anderen muss, um sich zu bedienen. Das Katz- und Maus-Spiel des Kapitals. Überall ist der Milliardenzugriff im Gange. Das begann schon, als die ehemalige DDR klamm war und es nicht zugeben wollte. Da hat ein Herr Franz-Joseph Strauß (ob Josef mit f oder ph ist scheißegal), Vertreter des bayrischen Kapitalismus einen Milliardenkredit eingefädelt. In harter DM, versteht sich. Das Inflationäre daran ist, wie der Zugang zum Großkapital stattfindet: stetig, schleichend, gierig und menschenverachtend. Wir haben das nie verstanden, denn wir gehören zu den 90% der Menschheit, die auf der Habenichtsseite steht. Satte 1% der  Weltbevölkerung besitzen den Reichtum, der von den anderen erarbeitet wird. Da werden Textilien in Asien von Kindern hergestellt, die ihre Eltern und Großeltern ernähren müssen. Im kultivierteren Westen sind einfach die Autos etwas kleiner geworden, die Arbeitsplätze etwas prekärer, das Einkommen etwas schmäler.


Vielleicht haben wir auch schon bemerkt, dass Streiks bei der Bahn, bei den Piloten, bei der Post und den Kindergärtnerinnen kein Zufall sind. Schamlos werden die Bedingungen für die Arbeitenden geändert. Der Mensch muss Bedingungen hinnehmen, die sich ständig verschlechtern. Das Thema Bonusse und Gehälter für die am längeren Hebel Sitzenden wird systematisch klein gehalten, sogar geleugnet. Inzwischen gibt es auch ein Zweiklassensystem unter den Kommunen in Deutschland. Die reichen und die armen.

Es greift alles ineinander: das Verschweigen, das Verschieben, der Betrug, die Gier und die Schamlosigkeit. Die Fassade glänzt zwar, aber was repariert werden muss, bestimmen die mit den notwendigen Mitteln. Was hat sich in unserer Gesellschaft geändert? Werden Warnrufe noch gehört? Haben wir etwas verstanden? Müssen wir denn überhaupt noch etwas verstehen? Was ist eine christliche Wertegemeinschaft? Wann schließt sich das Zeitfenster für Korrekturen? Ist in der Demokratie der Einzelne endlich machtlos geworden? Moral, was ist das? Die Kirchen haben so etwas schon längst aus der Hand gegeben. Es wird höchste Zeit, dass wir tätig werden: Wahlen und Wählen: in der Politik, im Supermarkt, auf der Bank, in den Kirchen. Diese kleinen Miesheiten des Lebens, (Diebstahl, Betrug, Lügen und Falschparken usw.), sind längst im ganz großen Stil zur Selbstverständlichkeit geworden. Wir könnten versuchen, das alles zu verstehen.












Montag, 8. Juni 2015

Mütter sind eine feine Sache, doch der Mai ist schrecklich!

Als einziger Sohn weiß ich davon eine herrliche Arie zu singen. Gut, manchmal können sie auch ausrasten, aber häusliche Gewalt ist nicht so ihr Ding. Liebevoll streicheln sie dir übers Gesicht, wenn du mal traurig bist, und wenn du Hunger hast, sind sie schnell mit etwas Süßem zur Stelle. Also nichts gegen die Mutter als solche. Sigmund Freud war auch nicht gerade das Gelbe vom Ei als er behauptete, dass der heranwachsende Sohn ein Auge auf die eigene Mutter wirft, bevor er zum Manne wird. Wahrscheinlich hatte er wieder einmal zu tief ins Glas geschaut oder im Unterbewusstsein gebohrt. Das Rätsel Mutter werden wir wohl nie lösen. Haben wir deshalb den Muttertag erfunden? Ohne Mutter wäre das Leben nur halb so schön.


Genug herumgemuttert. Es geht mir um etwas ganz anderes: Der Monat Mai ist gerade vorbei. So schlimm wie dieses Mal war es noch nie. Das Facebook, dem man wohl oder übel hoffnungslos verfallen ist, ist ein Geburtstagsschreck. Schon am Tag davor wird man süffisant darauf hingewiesen, dass Morgen Hans, Josef, Bettina, Anne, Klaus, Berta, Frau Gengelbach, Herr Schneider und Thea Geburtstag haben. Was tut man? Man gratuliert. Das mag hin und wieder rührend klingen, obwohl man beileibe nicht daran gedacht hatte, aber ehrlich: es wird zu einem automatischen Schwachsinn, genau wie der Muttertag. Blumen am Muttertag? Warum? Wenn du deine Mutter liebst, gib ihr einen Kuss oder kaufe ihr ein neues Handtäschchen. Der Vatertag ist übrigens im Juni dran. Das müssen wir wegen Überlastung den Töchtern überlassen.


Such dir eine aus! 

Warum mussten sie auch soviel Nachwuchs produzieren, nur damit es im Hauptgeburtsmonat etwas zum Feiern gibt? Der Oktober scheint ähnlich mit Geburtstagen überfüllt, jedoch sieht man das bei einem Gläschen Wein schon etwas lockerer. Die ganz feinen Pinkel unter uns lassen sich am 24. Dezember auf die Welt bringen. Das ist richtiger Geburtstagsadel. Obwohl, bei den Geschenken könnte der eine oder andere Nachkömmling zu kurz kommen. An allem sind die Mütter schuld. Das hat Sigmund Freud natürlich sofort erkannt. Wer jedoch mit 2 auf die Nase gefallen ist und von Muttern auf den Arm genommen wurde, oder im Kindergarten sich in die kleine Elvira verliebt hat, die nichts von dir wissen wollte, oder mit 16 die falsche Freundin  angebaggert hat, und lächerlich gemacht wurde, der weiß, wofür eine Mutter gut sein kann. Von der Lieblingsspeise mal ganz abgesehen. Ach was, Mütter sind eine feine Sache.

Freitag, 5. Juni 2015

Männer haben es leichter

Sie spielen die Bösewichte ganz gern und ganz gut. Vielleicht ein wenig routiniert: Mit Muskelkraft kann man zuschlagen, den Gegner zermatschen. Auch Revolver, rasende Autos und sonstige Werkzeuge eignen sich gut. Man sagt immer, dass das Schauspielern in den netten Rollen am schwierigsten ist. Der Mann, will er ein Held sein, muss gut aussehen. Aber nicht zu gut, denn dann kommt er in die Schublade "Schönling", "Herzensbrecher" oder "Heiratsschwindler". Als Bösewicht mag er es leichter haben, aber er rutscht zu schnell ins Klischee.

Frauen arbeiten mit anderen Mitteln. Als Verführerin hat sie es leicht. Die Männer sind ja so einfach gestrickt. Spielt sie eine böse Hexe, muss sie sich in Acht nehmen, dass nichts an ihr hängen bleibt, sonst wird es mit der Rollenvielfalt nichts. Männer können recht leicht von einer Rolle als gütiger Familienvater im nächsten Film in die des Monsters gleiten. Man traut ihm das zu.

Ich hänge seit einiger Zeit an einer Seifenoper, die gestern als Serie die Nummer 2233 erreicht hat. Weiß Gott, wie viele Tote, Liebespaare und richtige Verbrecher da schon über den Schirm gegangen sind. Nur wenige solcher Soaps halten sich über Jahre auf gleicher Höhe. Oft dank einer schlimmen Schwester, die auch vor Mord nicht zurückschreckt. Doch, kann man ihr die Boshaftigkeit auch wirklich abnehmen? Ich kannte vor Jahren nur eine professionelle Mörderin in einer Serie. Das war Anabel in "Wege zum Glück". Ihre schauspielerische Leistung muss der Grund gewesen sein für ihre Popularität. Man sah sie dann noch woanders, dann nicht mehr. Oder doch? Man hat ja anderes zu tun als Seifenopern und Dauerserien abzuklappern, vor allem, wenn sie schlecht sind.

Als lauernde Witwe

Jetzt habe ich die Verbrecherin gefunden, die das Glotzen einer sonst recht dürftigen Soap interessant macht. Sie ist so durch und durch schlecht und gemein, dass es einem den Atem verschlägt. Es muss dieser Dame einen ungeheuren Spaß machen, fast täglich neue Bosheiten zu mimen. Ich denke, dass sie von dieser Rolle nie mehr loskommen wird. Außerdem muss das Ganze im Gefängnis oder auf dem Friedhof enden. Die schleppende Entwicklung dieser an den Haaren herbeigezogenen Dauerserie nervt allmählich. Doch der Anblick unserer Giftmischerin - um nur eine ihrer Bosheiten zu nennen - ist so spannend, dass man einfach hinschauen muss. Sie hat ein feines, maliziöses Lächeln. Einen absolut teuflischen Augenaufschlag. Ein manieriertes Gehabe, das mit allem rechnen lässt. Sie ist zur zentralen Figur geworden. Man muss sich darauf einstellen, dass der Spuk bald zu Ende sein wird. Was wird sie dann tun? Ich jedenfalls werde die Serie mit Erleichterung verlassen, Denn dann kann nichts mehr Interessantes nachkommen.

Nadine Warmuth, die böse Patrizia!
Es geht um etwas dürftige Nebengeschichten und Ungereimtheiten. Dabei kann man Sudokus lösen,
oder sich ein Bier holen. Unsere Böse jedoch geht ihren Weg. Sie mordet am Fürstenhof, einem Fünfsternehotel, sie lügt, sie manipuliert, sie zerstört. Bildhübsch ist sie auch, intelligent und furchterregend. Warum muss sie die wichtigen Hinweise für ihr Tun aber immer durch schamloses Mithören an der Wand erschwindeln? Zu dumm. Sie taucht immer dann auf, wenn man sie nicht erwartet. Die Endlosserie heiß "Sturm der Liebe", etwas dürftig als Titel für so etwas langes. Viele gute Schauspieler, kaum mittelmäßige. Der jetzige Star im Sturm der ARD heißt Nadine Warmuth. Eine Verbrecherin, die für Hollywood viel zu gut wäre. Hoffentlich findet man für sie noch Rollen, wenn sie diese Killerserie einmal beendet hat.










Donnerstag, 4. Juni 2015

Flüchtlinge, Sex, Medienempfänger und Lügenpresse?

Dass die Medien vieles verschweigen, wissen wir. Bei allem was Israel macht, glauben die deutschsprachigen Medien nicht alles sagen zu dürfen. Vorauseilende Holocaustdemut, könnte man das nennen. Verständlich aber seltsam, nach so vielen Jahren. Die Flüchtlingsproblematik ist einerseits ein populäres Thema, ein ungelöstes Problem, aber, Vorsicht: der Volkswille ist wahlkritisch. Wer nicht daneben liegen möchte, muss Verständnis nicht nur für die Misere der Zuwanderer haben, sondern vor allem auch für die Macher in der Politik.


Besser, man weiß nicht alles! 


Die sogenannte Lügenpresse wird oft zu unrecht angekreidet. Sie erfindet keine Themen, sondern verschweigt vieles, was der Leser, Hörer, Zuschauer einfach wissen möchte. Es muss alles in kleinen, leicht verständlichen Päckchen gereicht werden. Vielleicht ist er zu unbedarft. Schwer zu beweisen ist das. Vielleicht liegt das Problem auch beim Journalisten. Oder beim Konsumenten. Ist er dümmer geworden? Muss er wie ein Kind behandelt werden? Wie in der allgegenwärtigen Werbung? Sind Journalisten heute ebenso ungebildet wie die Empfänger der Nachrichten, Neuheiten, Kommentare, Meinungen? Es hat sich vieles geändert. Nur wissen wir nicht mehr genau, was. Wir Medienempfänger  haben das Vertrauen in die präsentierte Wahrheit verloren.

Was geäußert wird, muss mit Misstrauen aufgenommen werden. Die brutalen Lügen, die es auch immer wieder gibt, werden durch Weglassungen ergänzt. Das macht es unmöglich, noch an irgend etwas zu glauben. Wenn der Vatikan (einst eine Institution der Wahrheitsverkündung?) sagt, wir werden den Sachverhalt, etwa der Pädophilie,  mit allem Nachdruck prüfen, ahnen wir, dass wir die Sache vergessen können. Bei NSA ist es genauso. Man kündigt an, vielleicht, aber was man hören möchte, ist etwas anderes. Wir wissen auch, dass Wahlkampagnen Lügengespinste sind, teils mit üblen Versprechungen. Journalisten haben oft nur die Wahl, die vorgegebenen Lügen verdaulich weiter zu reichen. Die Wahrheit wird dabei als Nestbeschmutzung oder Linksradikalismus empfunden.

Lügen haben kurze Beine. 

Sex ist das Mittel, an dem jeder Anteil haben kann, ohne das Gesicht zu verlieren. Deshalb wird alles damit aufgemischt. Unglaublich, was da alles zutage gefördert wird. Der Mann, der ein Kind zur Welt bringt. Der Radfahrer, der nackt an einer Tour teilnimmt und eine Erektion bekommt. Der U-Häftling, der mit dem Gefängnispersonal Analsex hat. Die gleichgeschlechtlichen Liebespaare. Die Mönche, die, na man kennt das zur Genüge...usw. Hier geht es meist nur um die Zerstörung der letzten Tabus. Wir wissen also fast alles, dank der Emsigkeit unserer Medien. Sollten wir jedoch an der Wahrheit interessiert sein, lasst und das Kartenlegen beginnen. Es beflügelt unsere Fantasie, und wir können es uns erlauben, zu glauben oder auch nicht. Und mit Politik hat es Gottseidank auch nichts zu tun.
l

Ich sag's wie's ist: Nacktheit zieht immer!

Das Schlüpfrige vorweg: in England wurde ein Radler verhaftet, weil er bei einer Nackt-Radtour eine Erektion noch vor dem Start bekam. Das musste ja einmal passieren. Jetzt können wir das auch abhaken. Fotos gab es nur von hinten, schließlich kann sich jeder eine Erektion vorstellen.


Das Schamlose gleich danach: eine Lucy und ein Klaus wollen kirchlich heiraten. Er, Millionär, 58, sie, von Beruf Hure, 28. Sie lernten sich im Bordell kennen und verlieben. Für ihn war es der erste Besuch  im Bordell und Liebe auf den ersten Blick. Am nächsten Tag wurde der Heiratsantrag mit Kniefall, Orchideen und Verlobungsring gemacht. Die deutsche BILD, der Schweizer BLICK und das österreichische Blatt ÖSTERREICH berichteten über diese Wunderstory, die dann auch in den USA, England und sonstwo unter dem Überbegriff "wie in Hollywood" kursierte. Rührend bis zum Heulen. Schamlos deshalb, weil sich offensichtlich niemand vorstellen möchte, dass ein 30 Jahre älterer Mann sich in eine Pretty Woman verlieben kann und es ernst meint. Wie viele Klischees haben wir denn da im Kopf?

Die Entblößung: neben den zahllosen I-Phones, die täglich und permanent auf Straßen und Plätzen geschwenkt werden, was ein unsäglich präzises Bild einer ungesunden Gesellschaft vermittelt, werden immer mehr Selfies mit Haltestöckchen gesichtet. Menschen, denen gesagt wurde, sie seien schön und müssten sich selbst fotografieren. Für die Nachwelt? Was soll diese nur mit solchen selbstverliebten Porträts anfangen? Der Gipfel, neulich, zwei Selfie-Mädchen mit je einem Selfie-Stick, sich gegenseitig beselfend. Wie toll ist das denn?

Fehlt nur noch, dass der Radfahrer mit dem Selfie ins Bordell geht und mit einem Eheversprechen wieder heraus kommt. Ohne Erektion. Schon haben wir wieder eine neue Sensation, die wir vor allen ausbreiten müssen. 

Mittwoch, 3. Juni 2015

Bauchgefühl und Paleo-Diät

Essen ist etwas Schönes. Je mehr man in sich hineinstopft, desto wohler fühlt man sich. Dann kommt das Gewichtsproblem. Manche können einfach nicht mehr bremsen. Andere mögen Wohllust und Üppigkeit empfinden. Ja, ich bin sicher, dass es Menschen gibt, die Dickleibigkeit sogar mögen. Die anderen leiden jämmerlich darunter. Zum Glück gehöre ich zu denen, die allenfalls mal 3-4 Kilo herunterhungern müssen, damit sie wieder in ihre Hosen passen. Von obesity, wie die Engländer sagen, kann da nicht die Rede sein. Fettleibigkeit klingt dagegen recht unschön.


Nun, man sollte nicht verurteilen, was da manchmal überdick daherkommt. Die Gesellschaft akzeptiert auch allmählich Schwergewichte auf dem Bildschirm. Ein bekannter Darsteller wird sogar "der Dicke" genannt. Wer durch die Straßen geht, stellt fest, wie viele es gibt, die von ihren Kilos nicht mehr herunter kommen. Eine Volkskrankheit, oder einfach ein Trend hin zum Voluminösen?

Das Neueste ist die Paleo-Diät. Steinzeitliche Ernährung. Die wird gerade nach Tausenden von Jahren wieder entdeckt. Warum nicht? Wir schlagen uns ja auch immer noch die Köpfe ein, wie einst.
Also essen, mit weniger Fleisch und weniger tierischem Fett. Gevatter Michelin mit seinen verlockenden Sternchen ist auch kein Unschuldslamm. Für den Rest fragen wir wohl den Arzt oder Apotheker. Aber Vorsicht, sagt mein Bauchgefühl: keine chemischen Zusätze, keine Geschmacksverstärker! Sonst verdienen nur diejenigen wieder dran, die die Dickmacher eingeführt haben. Wollen wir das?

Dienstag, 2. Juni 2015

Wiener G'schichten - aufgespießt: Deutsch für Anfänger

Wien bietet ja so manches. Auch eine kostenlose Tageszeitung, die überall angeboten wird. Ein echtes Highlight, was modernen Schurnalismus angeht. Ihre Leser verstehen alles. Auch Society speak about health matters. Sieben-Zeilen-Nachricht, am 2.6.15, also "heute", Titel: Dinner Cancelling gegen Cellulite. Stars schwören auf das Weglassen des Abendessens. Experten empfehlen eine Green-Power-Formel mit Fatburnern. Die Formel nennt sich VeggiePower, auch als "grün" schmeckender Smoothie, rezeptfrei, statt des Dinners. Diese Nachricht wurde vom Autor (das bin ich) leicht gestrafft (nur 4 Zeilen, das macht schlank!) und viel bewundert. Das nenne ich Schurnalismus.

Veggie-Power-Smoothie? 


Montag, 1. Juni 2015

Sich outen bringt Satisfaction

Wir hatten schon zweimal den Mann, der, schwanger wie er war, einem Kind das Leben schenkte. Dann, fast biblisch, die Fünfundsechzigjährige, die in Berlin Vierlinge auf die Welt brachte. Und vor vielen Jahren soll es eine Päpstin gegeben haben. Gerade jetzt wurde eine junge Mutter gezeigt, die ihr sechsjähriges Kind stillte, vor der Kamera. Wir leben in einer Zeit, die fast nichts mehr offenlässt.

Auch die Homophobie hat es nicht leicht. Von konservativ bis extrem rechts ist sie zu finden, wird jedoch oft als reaktionär bekämpft. Männerheirat und gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Lesbenvereine. Wo kämen wir hin, wenn wir das alles unkommentiert durchgehen ließen. Beim Führer hätte es das nicht gegeben, und, zum Glück, etwa in Ungarn oder Russland und vielen anderen  aufgeklärten Ländern, die sogar Fernsehen und Mobiltelefone haben, werden Schwule stellvertretend für Juden, Schwarze und Ähnliches angeprangert. Ein Jurist aus Aserbaisdschan, mit dem ich im Flugzeug von Istanbul nach Wien sprach, erklärte mir, dass bei der jetzigen Entwicklung bald die gesamte Menschheit mehrheitlich homosexuell sein würde. Dagegen musste ich protestieren. Laut uralter Erhebungen (war es der Kinsey-Report?) kommen die armen Schweine statistisch doch kaum über die 10% hinaus. Das weltweit zu bestätigen, wäre übrigens eine lohnende Aufgabe für die amerikanische NSA, die jetzt nicht mehr ohne exklusiven Auftrag die eigene Bevölkerung beschnüffeln darf. Wie lange so etwas wirkt? Oder wird schon wieder dagegen verstoßen?


Spätestens jetzt muss ich mich outen: Nein, ich bin nicht schwul. Meine Partnerschaft, die eine traditionelle Ehe ist, beruht auf heterosexuellen Machenschaften, die niemand interessieren dürften. Auch für die schwulen oder lesbischen Beziehungen interessiere ich mich nur, weil ich mich für fast alles interessiere. Was ich immer für gnadenlos reizvoll halte, ist die Liebe in all ihren Spielarten, vor allem wenn sie aufrichtig ist. Man merkt das! Ob homo oder hetero: beides kann schön sein. Aber auch erbärmlich, wenns daneben geht. Das ist nicht nur tierisch, sondern auch menschlich. Man darf sich nicht wundern, wenn Homosexuelle, aber auch die anderen Variationen, von denen es viele gibt, manchmal etwas schrill daherkommen. Sie haben oft einen unschönen Kampf mit ihrer engsten Umwelt hinter sich, fühlen sich verachtet, unerfüllt und oft wertlos. Man trotzt dann seine Schwulheit hinaus in die Welt, wenn man sich einmal entschlossen hat, diesen Weg zu gehen. Ich würde es genauso tun. Für mich ist es deshalb eine Freude, den Mut, die Zuneigung, die Umarmungen der Gleichgeschlechtlichen auch in der Öffentlichkeit zu sehen.


Schön wäre es, wenn man das Bild etwas tiefer hängen könnte. Aber dazu gehört mehr Toleranz. Genau das, was unsere österreichische Conchita Wurst zustande gebracht hat: Sie will mehr Toleranz, und sie sagt, sie sei homosexuell, aber keine Frau. Allerdings liebt sie es seit ihrem 4. Lebensjahr, Stöckelschuhe zu tragen und sich wie eine Frau zu kleiden. Conchita fühlt sich in ihrem Körper als Mann wohl, sagt sie. Sie gehört zu denen, die sich selbst erkannt haben. Das kann glücklich machen. Auch für Heteros kann es dieses Glück geben. Alle müssen etwas dafür tun, sonst kommt nur banaler Durchnitt dabei heraus. Grund genug, auf andere mit dem Finger zu zeigen. Hoffentlich sind die Diskussionen über Homo und Hetero bald abgefrühstückt, damit wir zum Wesentlichen zurückkehren können: wer sind wir, was wollen wir, was lieben wir und was sollen wir?