Donnerstag, 28. Februar 2013

Wir sind Papst

wurde damals getitelt: Zum erstenmal seit Unzeiten gab es wieder einen Deutschen als Papst. Was haben sich die Medien in bestimmten Ländern zunächst die Mäuler zerrissen. Gerne hätte man ihm auch noch eine nationalsozalistische Vergangenheit angedichtet. Konservativ, wie Benedikt nun einmal ist, hat er die katholische Welt zwar nicht bewegt, aber dennoch eine untadelige Figur abgegeben.

Man darf nicht vergessen, dass auch Theologen, wenn sie über 80 sind, mit ihren Kräften haushalten müssen. Der Papst ist also müde und hat aufgehört. Das ist gut so. Mit diesem Schritt hat Herr Ratzinger gezeigt, wozu er fähig ist: eine klare Entscheidung eines Gottesmannes, der sich als Stellvertreter Gottes auf Erden der ungeheuren Verantwortung nicht mehr gewachsen fühlte.

Nun, die kirchlichen Bedeutungsträger haben sich schon immer seltsame Dinge ausgedacht, von der etwas unnötigen Jungfräulichkeit Marias bis hin zum quasi Berufsverbot für fähige Theologinnen. Vor allem die Fraulichkeit des Menschen wurde immer in klischeehafte Bahnen gedrängt. Eine Frau, die zu intelligent ist, stellt auch heute noch eine Gefahr für jedes männlich verfasste Gedankengebäude dar. Es gab Zeiten, da verbrannte man sie als Hexe.


Der scheidende Papst hat mit seinem Verzicht, zu dem ihn niemand gedrängt hat, Türen geöffnet, die den Gläubigen den lange erwarteten Ausblick auf Veränderungen gewähren. Es wäre auch nicht falsch, jetzt zu zeigen, dass Religion dynamisch sein kann, erneuerungsbereit und frauenfreundlich. Worauf wird im Vatikan eigentlich gewartet, jetzt schnell zuzupacken, bevor die erzkonservativen Kräfte in der Kirche dem notwendigen Fortschritt wieder den Hals zudrücken?



Mittwoch, 27. Februar 2013

Der Performance-Künstler sticht zu

Jean war jung verheiratet, hatte eine schnuckelige Frau und noch keine Kinder. Deshalb wohl saß auf dem breiten Ehebett, das er mir stolz zeigte, eine fette, gelb gekleidete Puppe, quasi als Fetisch für die bevorstehende Fruchtbarkeit, denn Joselyne war schwanger. Jean war Fleischer und hatte sein eigenes Geschäft. Irgendwo in einer schläfrigen Provinzstadt in der Normandie. Damals hatte das Essen einen ungeheuren Stellenwert, würde man heute sagen. Die Normandie war ohnehin dafür bekannt, eine raffinierte, wenn auch bäuerliche, Küche zu haben.


Wenn meine Freunde mich zu Jean schickten, um Fleisch einzukaufen, war dies nicht nur ein Vertrauensbeweis, sondern ich konnte gleichzeitig mein Französisch etwas aufbessern. Da es Winter war, hingen die riesigen Schweine- und Rinderhälften außen vor dem Laden, sozusagen als Appetitanreger ersten Grades. Jean nahm sich alle Zeit, mit seinem schärfsten Messer die Fleischfront abzuschreiten und mich auf die besten Stücke hinzuweisen. Dann stach er zu: er schnitt genüsslich die gewünschten Stücke ab und wickelte sie für mich in Pergamentpapier. Der Preis spielte keine Rolle. Es gab die Filetstücke, und es gab das weniger herzhafte Fleisch, das entsprechend zubereitet wurde, um eben auch zu schmecken. Die Zufriedenheit seines Tuns war an Jeans Gesicht leicht abzulesen.

Es geht auch fleischlos

Meine Mama lebte damals noch in Baden. Sie liebte das Kochen und war süchtig auf zufriedene Gesichter. Eine Performance-Künstlerin der Kochkunst. Auch sie kümmerte sich persönlich um den Kauf der Lebensmittel, auch des Fleisches. Die Zubereitung war ein künstlerischer Akt, doch nur das Ergebnis zählte. Das konnte sie mit göttlichen Soßen noch aufhübschen, zur Zufriedenheit aller. Ich kann mir Mama nicht im Supermarkt vorstellen. Bei Tante Emma gab es keine Fertigprodukte. Mama kaufte dort eigentlich nur Zucker, Salz, Mehl. Und Maggi, nur, weil Papa gerne einen Spritzer davon in die Suppe tat.

Inzwischen haben auch meine Gaumendrüsen umgestellt auf Aufputschmittel, die sich in allem befinden, was aus den Supermärkten kommt: Geschmacksverstärker, Farbstoffe, Säuerungsmittel, Emulgatoren, Glukose, Fruktose, Dextrose und wer weiß was sonst noch. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Deshalb schmecken auch die Mahlzeiten in den Flugzeugen, sofern man sie noch bekommt, so neutral, dass vom Fettmensch bis zum Magersüchtigen, vom Muslim bis zum orthodoxen Katholiken, alle (un)zufrieden gestellt werden können. Von Pferdefleisch in der Luft hat man bisher jedoch noch nichts gehört. Das wird noch kommen.

Geliebter Rocco. Auch er weiß was gut ist.

Zurück zu Jean und Oma: beide suchten das Glück im eigenen Garten und bei den Tieren der Umgebung. Argentinisches Rind, norwegischer Lachs, Böhnchen aus Kenya, australischer Wein und dänische Butter waren unbekannt. Garnelen wurden nicht nach Tunesien zum Auspulen und wieder zurück geflogen. Zusatzstoffe wurden nicht gebraucht. Es wird schwer sein, zu den "primitiven" Methoden unserer Ahnen zurückzufinden, um beim Essen wieder glücklich zu sein. Und diejenigen, die den preiswerten Unrat in den Billigmärkten kaufen müssen, sollen wissen, dass dies alles andere als gesund ist. Aber, Essen hat eben auch heute noch einen hohen Stellenwert. Was tun?








Dienstag, 26. Februar 2013

Die Mozarts sind jetzt hier eingezogen

Eigentlich haben wir es nicht so gern, wenn Prominente in unserer Nähe leben. Sie bringen große Unruhe mit sich. Ständig kommen Kutschen angefahren mit Neugierigen und Besuchern. Sie verstopfen die Domgasse, die direkt auf unsere Blutgasse stößt, und bis spät in die Nacht kann man sie rumoren hören. Zum Glück wohnen wir noch weit genug entfernt, um nicht die lauten Rufe "Guten Morgen Herr Mozart, Grüßgott, Gnädigste" mit anhören zu müssen.


Hier wohnen sie, die Mozarts

Er soll ja wieder etwas Italienisches komponiert haben, eine Oper, die jetzt in aller Munde ist: "Le Nozze di Figaro". Wenn ich mich recht erinnere, wurde Figaros Hochzeit hier in Wien am 1. Mai (1786) uraufgeführt. Diese Oper soll richtig erfolgreich sein. Ich selbst mag diesen musikalischen Kram nicht, obwohl, neulich war Joseph Haydn für ein paar Tage bei den Mozarts zu Besuch. Der ist ja noch bekannter. Wir konnten es am Umtrieb sehen, der dadurch in der Domgasse und der Blutgasse entstand. Die Frau Mozart, Frau Constanze, wie sie hier genannt wird, sieht ja allerliebst aus, aber er, der Herr Mozart, wirkt ein bisschen angeberisch. Er liebt schicke Kleidung. Man sieht, dass er viel Geld verdient und durch seine grenzenlose Spielsucht auch wieder verschwendet. Die Mozarts, so sagt man, sollen Schulden haben. Warum müssen sie auch in einem solchen Luxushaus wohnen, mit Dienern, Köchin und Zofe!

Am Ende der Blutgasse...

Es ist halt nichts, wenn die Kinder schon früh beginnen, als Künstler in der Welt herum zu kutschieren. Er soll ja in Paris, München, Berlin, London, Mannheim und Prag gewesen sein und mit fünf schon Konzerte gegeben haben. Kein Wunder, dass er ein Gutteil seines Lebens auf Reisen verbringt. Für mich wäre das nichts. Schon eine Reise mit dem Postwagen von Salzburg nach Wien dauert bei schlechtem Wetter sechs Tage. Kein Wunder, dass der Künstler, wie man hört, immer wieder über einen kaputten Hintern klagt.

Blutgasse, Mozarts Ausblick

Wir in der Blutgasse, ich gebe zu, über dreihundert Jahre nach den Mozarts, haben einen Fahrstuhl und kommen bequem in den vierten Stock. Und wenn Wolfgang Amadeus Mozart heute hier leben würde, hätte er auch einen, denn das Haus in der Domgasse 5, hat jetzt einen, um die vielen Besucher aus aller Welt in die verschiedenen Stockwerke des Mozarthauses zu bringen. Jetzt höre ich auf dem i-Pod (s)Eine kleine Nachtmusik. Die hat der Meister 1787 komponiert. Sie hört sich an wie neu.






Sonntag, 24. Februar 2013

Hier spielt die Musik - vom Tod

Das Leben auf dem Zentralfriedhof, eine makabre Feststellung. Dem Wiener kann's nur recht sein, denn seine makabre Hingezohenheit zu dieser Traditionsstätte des Begrabens hat seine Geschichte und seinen marmornen Reiz. Und wäre ich Taube, würde ich mir wünschen, von Georg Kreisler, dem Chansonnier und Kabarettisten, in einem Wiener Park vergiftet und auf dem Zentralfriedhof bestattet zu werden. Dieser ist zwar nur halb so groß wie die Stadt Zürich, sagt man, aber der Zentralfriedhof ist doppelt so lustig. Schließlich liegen da die ganz Prominenten. Nicht nur Hans Moser und Theo Lingen, die hier ihren filmischen Schabernack weiter treiben, sondern auch Schwergewichte wie Ludwig van Beethoven, Johannes Brahms, Franz Schubert, Curd Jürgens und FALCO. Auch eine Straßenbahn fährt mitten durch.
Wie willst du's haben: katholisch, muslimisch,mormonisch, jüdisch?

Von Georg Kreisler stammt auch das Lied: "Der Tod, das muss ein Wiener sein". Und der bekannte Burgschauspieler, den ich zufällig einmal im Elsaß vor dem Isenheimer Altar in Andacht versunken in Colmar sah, spielte den "Valentin" (in Ferdinand Raimunds "Der Verschwender") 137 Mal und sang:
                                                 "Doch sagt er: Lieber Valentin!
                                                 Mach keine Umständ'! Geh!
                                                 Da leg ich meinen Hobel hin
                                                 Und sag der Welt Adje.
Es war Josef Meinrad, Iffland-Ringträger und liebenswerter Star als Adjutant in den Sissifilmen.

Ich will ein Senkrechtgrab!

Man kann leicht verstehen, dass Wien ein besonderes Verhältnis zum Tod hat. Ein traurig-gespanntes, gepaart mit Ergebenheit und schwarzem Humor. Einer, der im Gefängnis starb, nachdem er wegen eines Skandals, der fast vergessen ist, ein Serge Kirchhofer, hat einen Club der "Senkrechtbegrabenen" gegründet, dem auch Erika Pluhar (die ich als Jüngling verehrte), eine von Kirchhofers Ehefrauen, Helmut Qualtinger und Fatty George (den ich einmal in Hamburg auf der Reeperbahn sah), angehörte. Er wollte damit, durchaus praktisch gedacht, der Platznot auf übervölkerten Friedhöfen Einhalt gebieten. In Irland soll es solche Senkrechtgräber geben.

Wien und der Tod: darüber erfährt man alles in dem Buch: "Der Tod muss ein Wiener sein..." von Johannes Kunz (Amalthea Signum Verlag, 2009, Wien), dem jede Menge morbide Geschichten und Anekdoten gelungen sind, die das Leben lebenswert und das Sterben weniger moros erscheinen lassen.
Kapitel wie "Das Jenseitsmuseum", "Es lebe der Zentralfriedhof", oder "Auf den Tod ist kein Verlass" machen richtig Lust auf mehr. Man sollte dieses Buch lesen, bevor es zu spät ist. Man kann wirklich sagen: "Wien hat den Blues", oder "Spiel mir das Lied vom Tod".





Samstag, 23. Februar 2013

Das Große Silberne Ehrenzeichen der Republik


Man erhält es verliehen für Verdienste um die Republik Österreich. Es liegt in einer kleinen roten Schatulle und wirkt eindrucksvoll. Der Bundespräsident veranlasst so etwas. Der/die Bundesminister(in) für auswärtige Angelegenheiten macht dann die entsprechende Mitteilung. Wie aber geht man damit um? Trägt man diese Auszeichnung tatsächlich um den Hals?  Ja, man trägt diesen Orden, und zwar NUR MIT FRACK. Das ist das Problem.


Jetzt kündigt sich in Wien wieder einer jener Bälle an, bei denen man nicht "nein" sagen darf. Es ist nicht der große Opernball mit über 5000 Teilnehmern. Der ist vorbei, Gottseidank! Nein, es handelt sich um einen jener Wohltätigkeits-Bälle, bei denen die Frauen, nein, die Damen, ein Ballkleid tragen. Dieses ist für den Mann eher eine Nebenkatastrophe. Die eigentliche Katastrophe: der Mann besitzt keinen eigenen Frack und muss sich einen leihen. Beim Frackverleih natürlich. Die Anprobe, eine besondere Herausforderung, bei der man sich wünscht, nie geboren worden zu sein (wir reden hier nicht von den Kosten), denn bereits dieses Probe-Zeremoniell lässt für den Ballabend Unheil befürchten. Wird der Frack so sitzen, dass man darin noch atmen kann? Die Weste, weiß und unschuldig, wird sie den Bauch unsichtbar machen? Der Walzer, wird er trotz alledem noch gelingen? Welche anderen Tänze müssen vollführt werden? Etwa der Chachacha? Fracksausen ist angesagt.



Weiblicherseits  wurde schon ein blaues Abendkleid gekauft. So etwas kann man immer wieder benutzen. Oder wirft man es nach einmaligem Gebrauch wieder weg? Fragen über Fragen, und der Ball rückt näher. Auf den Einladungen steht: OSCE Charity Ball 2013. To be held in the IMPERIAL PALACE HOFBURG VIENNA. Ich beginne zu begreifen, dass wir aus dieser Nummer nicht mehr aussteigen können.Warum auch? Der Tanz beginnt.

Würdenträger im vorgerückten Stadium
Alles in allem: eines jener gesellschaftlichen Ereignisse, die Wien so charmant machen. Man lässt es über sich ergehen und tritt gegen Morgen den Weg nach Hause an. Berge von Schnee in den Straßen. Müde? Erschöpft? Hungrig? Von allem etwas. Das Ehrenzeichen darf wieder in der roten Schatulle Platz nehmen.

Freitag, 22. Februar 2013

Der Tag danach

Das kann viel bedeuten. Nach einer intensiven Liebesnacht, das wohlige Gefühl, wieder im Leben angekommen zu sein. Es hat letzte Nacht in Wien wieder heftig geschneit. Heute ist alles weiß. Auch das ist ein schönes Gefühl.


Wir waren gestern Abend auf einem Empfang im Parlamentsgebäude. Die ersten Kontakte für den Neuankömmling sind natürlich alles Nicht-Österreicher, denen man gerne begegnet. Man fühlt sich ebenbürtig. Ein Türke, Ein Japaner, eine junge Frau aus Kasachstan mit einem deutschen Namen. Ein paar Briten, älteren Semesters, der eine aus Lancaster, der andere aus Wales, der dritte aus London. Nein, wir sind kein vereintes Europa, sondern eine sehr globale Mehrheit. Und man bringt uns bei, in Wien "Grüßgott" zu sagen, und ein Plastikbeutel heißt "Sackerl". Die Annäherung an Österreich hat begonnen.
Marta und Wolfi

Voll des guten Weines und mit zahlreichen herumgereichten Schmankerln im Bauch traten wir den Heimweg an. Der Mond erschien uns etwas hinterhältig, denn er wollte uns nicht verraten, dass es in der Nacht Neuschnee geben würde. Nun sitzen wir beim Frühstück. Der Tag danach ist der Tag, an dem sich die Welt ein wenig verändert anfühlt.

Dienstag, 19. Februar 2013

Arnold Schwarzenegger - muskelbespannter Frauenheld

Hallo, Arnie, wir sind praktisch zusammen aufgewachsen. Du hast deine Muskeln spielen lassen, hast dich bodygebildet, bist Mister Universum (stimmt das?) geworden und hast eine aus der Familie Kennedy geheiratet. Auch Schauspieler bist du geworden und hast den Terminator (stimmt das?) gespielt. Gouverneur von Kalifornien warst du auch, obwohl deine Heimat Tirol ist, oder war.


Auch ich, im Badischen aufgewachsen, träumte einst von Amerika. Dann fing ich an, zu lesen und besuchte wohl auch New York. Die Hollywoodfilme fand ich immer ein wenig neben der Wirklichkeit, wie ich sie sah. Deine Gasthauskette "Planet Hollywood" habe ich nie bewusst aufgesucht. Die badische Küche steht mir da viel zu nahe.

Jetzt hat er sein Buch geschrieben, zusammen mit einem Helfer namens Peter Petre. "Total Recall - My Unbelievably True Life Story" (Meine Übersetzung: Totalerinnerung - Meine unglaublich wahre Lebensgeschichte), das Ganze in 646 unglaublich muskulöse Seiten gepackt. Ich habe das Buch selbstverständlich nicht gelesen. Der Rezensent des Werkes ist auch Österreicher von Geburt, wirkt aber an der Universität von New Orleans. Er hebt vor allem auf die Lücken ab, die Arnie in seiner Autobiographie hinterließ: Wenig wird geschrieben über seine bescheidene Tiroler Jugend, wo die Bodybildungsreise von Schwarzenegger begann. Wenig auch über seine amourösen Fehltritte. Seine Mutter war OK, however, die Nazivergangenheit seines Vaters wird schlicht übergangen. Wer will es ihm verdenken? Die Europäer sieht er als ein rückwärtsgewandtes und bürokratisiertes Gemisch. Vielleicht hat er da recht? Für Amerika hat er schon als Schuljunge geschwärmt. Er wurde Amerikaner mit Begeisterung. Bei mir wäre diese Begeisterung schnell abhanden gekommen.


Alles in allem: Arnold Schwarzenegger ist eine Ausnahmeerscheinung: er wird seinen Österreichtum nicht los. Wird nie ein weißer protestantischer Angelsachse werden. Eine Art Held ist er doch. Und, was aus seinem Buch hervorgeht: er hat sich total neu erfunden, jetzt, wo er kein Politiker mehr ist, und auch nicht mehr der kleine Tiroler Junge, der die Welt erobert hat. Jeder flunkert ein wenig, wenn er über sich selbst schreibt.

Montag, 18. Februar 2013

Liebe - eine Himmelsmacht?

Ein Versuch über die Liebe kann nur als Schuss nach hinten losgehen. Genau wie der Versuch, witzig über den Humor zu schreiben. Vielleicht ist das der Grund für die relative Enthaltung der Philosophen, wenn es darum geht, die Liebe philosophisch in den Griff zu bekommen. Das Thema reizt jedoch jeden, der die erotische Liebe mit der Eigenliebe, der Nächstenliebe, Mutterliebe oder Geschwisterliebe unter einen Hut bringen möchte. Von Hassliebe ganz zu schweigen.


Erich Fromm hat über die Kunst des Liebens geschrieben, auch Denis de Rougemont in seiner "Liebe in der westlichen Welt", und der Philosoph Wayne Cristaudo neuerdings mit "A Philosophical History of Love". Shakespeare ist da schon konkreter geworden mit seiner Romeo und Julia-Geschichte. Wenigstens ist die heftige Beziehung dieser beiden Liebenden sehr anschaulich. Man fühlt mit, denn Gefühl ist mit Liebe immer eng verbunden.

Der klassischen Liebesbeispiele ist kein Ende. Die philosophische Auswertung bringt auch nicht viel. Angela Merkel und Nicolas Sarkozy geht allenfalls als mediengesteuertes politisches Techtelmechtel durch. Mehr war da nicht. Auch Marquis de Sade, mit seiner unanständigen Neigung zu Perversem hilft nicht weiter, denn wenn Liebe in selbstsüchtige Befriedigung ausartet, dann ist es besser, dafür ein paar Scheine hinzulegen und wieder zu gehen.


Als Kind habe ich die leid- und lustvolle Erfahrung gemacht, dass es Menschen gibt (Mädchen!!!), in die man sich verliebt, und andere, für die man sich nicht interessiert. Fast alle Mädchen, die in meiner Klasse waren oder neu hinzukamen, haben mir wohlige Schauer über den Rücken gejagt. Ich dachte dabei nie an Sex oder stürmische Küsse. Ich wollte ihnen etwas schenken, ohne von ihnen etwas zu erwarten. Bald war dann die heiße Phase vorüber. Wenn man jedoch Slogans wie "Wir lieben Lebensmittel" hört, bekommt man das kalte Grausen, denn hier will jemand etwas, nämlich Geld.

Ist Liebe geben können? Verzeihen können, mögen können? Ist sie etwas Ewiges? Oder eine Eintagsfliege? Ist sie von alledem etwas? Ist sie ein Traum? Eine Wirklichkeit? Kann man sie erkaufen? Wegwerfen? Kann man darüber reden oder es nur fühlen? Philosophen antworten auf diese Fragen nicht. Mit Hollywood hat das auch nichts zu tun, obwohl es Filme gab, die der Sache sehr nahekamen. Vergessen haben wir, dass man mit dem Objekt seiner Liebe gerne alt werden möchte, auch wenn es nicht immer gelingt. Vergessen auch, dass grenzenloses Vertauen da sein muss. Nur so können wir die notwendigen Abstufungen erkennen: Große Liebe, kleine Liebe, Liebe meines Lebens, ewige Liebe.


Nein, ich suche die Liebe nicht. Ich fühle sehr stark, dass ich sie gefunden habe. Oder bin ich größenwahnsinnig? Warum hebe ich nicht ab? Schließlich ist sie eine Himmelsmacht, die Liebe!







Sonntag, 17. Februar 2013

Der Zug fährt nach Absurdistan!

"Von der Bahnkante zurücktreten! Der Zug fährt ein! Zurückgetreten, noch rechtzeitig, sind die Doktoranden Gutenberg (schon eine Weile her) und Schavan (gerade eben). Jetzt kommt wieder Fahrt auf. Es ist Wahlkampf, wenn auch noch nicht offiziell. Brüderle weiß noch nicht so recht, soll er oder soll er nicht. Aufspringen kann man immer noch, sagen sich die talentierteren unter den Trittbrettfahrern. Die Grünen, die Roten, die Schwarzen (zweigeteilt) und die Gelben.
 

Die Prognosenmacher sind schon am Werk. Werden die rätselhaften Schweige-Anfälle der Angela Merkel Deutschland wieder nach vorne bringen? Ein ewig stänkernder Seehofer fährt ja auch mit. Das Ziel: ein politisches Absurdistan, in dem alle Menschen Arbeit und gerechten Lohn haben sollen (aber nicht haben werden), die Alten sich nicht in die gefürchtete Armut stürzen lassen müssen und eine neue Steuergerechtigkeit erhofft werden darf. Abzocke im Gesundheitswesen? Auch darüber soll gesprochen werden. Wir sind aber nicht dafür, dafür aber auch nicht dagegen. Das Betreuungsgeld hat den Rettungsschirm abgelöst. Das ist gut so!

In Absurdistan werden seit je her Stellvertreterkriege geführt. Der eine muss als Lokomotive herhalten, der andere als Sündenbock. Wer am Ende siegt, wird der Wähler entscheiden. Aber ist dieser mündig? Versteht er die Kampfansagen in gewissen Zeitungen? Wen stützt die Kirche? Oder hat diese etwa selbst genug mit sich zu tun? Schließlich steht ein neuer Papst an, und die Priesterehe ist auch noch nicht auf der Tagesordnung. Die Gelben zittern um ihre Fünfprozent. Die Grünen müssen noch etwas mehr Blut lecken, sonst klappt der Sprung in die Machtetagen auf Bundesebene doch nicht.
Die erhoffte Wahllokomotive?

Die Roten haben verschiedene Klötze am Bein: Sarah Wagenknecht ist ja wirklich süß, und recht fähig, aber eine Ganzrote. Rot-Rot kann und will nicht. Steinbrück, die erhoffte Wahllokomitive schaut drein, als würde er kleine Kinder fressen. Dabei sagt er oft die richtigen Dinge. Seine Zugkraft wird, wenn man so sagen darf, von einer handfesten Nähe zum Geld beflügelt. Zugpferd wäre da besser als Lokomotive. Wird der Wähler das verkraften? Die einen könnten Wahlverzicht leisten, wegen der Unsicherheiten und falschen Wetterbedingungen. Die anderen von den diskret angedeuteten Wahlgeschenken betört das Falsche wählen.

Wo ist er, der mündige Wähler, der eins und eins zusammenzählen kann, die große Koalition scheiße findet und einen echten Wechsel, oder auch nicht, anstrebt? Steinbrück - Merkel, das geht auf keinen Fall. Dennoch müssen wir damit rechnen. Lasst uns lieber die Trittbrettfahrer nochmal anschauen. Vielleicht ist da ja etwas drunter, was Anlass zu Hoffnung gibt. Eines it sicher: es sind wieder alle gut und breit aufgestellt. Absurd, oder?








Freitag, 15. Februar 2013

Frühstück in Wien - endlich!

Auf dem Dach gegenüber klettert ein Mann herum. Selbstmörder? Nein, er hat eine Schaufel in der Hand mit der er den Schnee vom Dach zu schieben sucht. Also wird es in diesem winterlichen Wien auch weiterhin Dachlawinen geben, die ohne Voranmeldung auf die Fußgänger heruntersausen. Vielleicht tragen deshalb die meisten Wiener eine Kopfbedeckung.


Ich frühstücke gerne. Mit Cath, die um 9 Uhr fast um die Ecke zur Arbeit geht, habe ich das getan. Zu meiner Freude spielte das Radio den Winter in Venedig aus den Vier Jahreszeiten von Vivaldi. Ein ungewöhnlicher Geiger spielte mit: Nigel Kennedy, der verrückteste von allen. Klassische Violinisten schauen immer noch ein wenig auf ihn herab.

Mein Erker geht auf die Singerstrasse hinaus, obwohl wir in der Blutgasse wohnen. Ich kann die Straße hinauf und hinunter sehen. Die großbürgerlichen Fassaden geben Aufschluss auf die Bewohner dahinter. Gutbürgerlich. Der Mann auf dem Dach war sicher keiner der Besitzer dieser stattlichen Wohnungen. Eher ein zugereister Helfer aus dem Balkan.

Unser Blutgasseninnenhof

Der Himmel ist grau, und Wien befindet sich noch in der morgendlichen Putzphase: Schneeräumen und so. Mülltonnen leeren. Geschäfte beliefern, Waren ausliefern. Ich sehe bis in die Fußgängerzone des Graben hinein. Doch die berühmte goldstrotzende Pestsäule bleibt mir wegen des Knicks in der Straße verborgen. Dafür gewährt mir ein steiler Blick durch ein Fenster auf der Blutgassenseite die Sicht auf die alleroberste Spitze des Stephansdomes. Wien ist einen Umzug wert. Jetzt höre ich mir ein aufregendes Geklimpere von Eric Sati an. Das ist mein Wiener Frühstück.

Donnerstag, 14. Februar 2013

Mach' dir deinen Frühling - in Wien!





Mitteleuropa kennt den Winter. Er kann hart sein und ist es zur Zeit. In Wien sahen wir gestern ein kleines Mädchen, das einen schneeschippenden Mann mit den Worten ansprach: "Ach, bitte, mach' den Schnee nicht weg". Kinder lieben den Schnee und natürlich den Schneemann. Wir Alten (von 20 aufwärts) fürchten die kalten Massen auf den Straßen, denn wir sind nicht auf das Rutschen erpicht. Glatteis geht schon gar nicht. Und so kommt es, dass wir tagträumend auf wärmere Zeiten warten.

Die Tage werden wieder länger. Sollte sich ein morgendlicher Sonnenstrahl hervorwagen, denken wir, dass es wieder aufwärts geht. "Frühling in Wien, Frühling in Wien", wer trällert das nicht gerne? Oder er hört Frank Sinatra zu, der den "April in Paris" besingt. Im Prater, da blüh'n wieder die Veilchen und so. Pustekuchen. Das Riesenrad dreht sich zwar. Ein paar Japaner sind auch schon gekommen. Aber auch hier: Keine Vogelstimmen, dafür Eiseskälte.

James Bond war auch schon hier oben



Ich glaube das ist der Grund, warum der Wiener gerne ins Kaffeehaus geht. Warum nicht ins Café Kafka, das besonders anheimelt? Oder ins Café Kandinsky? Dort liest er die Zeitung, lässt sich einen Braunen bringen und ignoriert den kalten Winter für eine Weile. Ich hingegen habe jetzt die Nase voll vom Winter. Meine innere Uhr ist auf kurze dunkle windige Eiszeiten eingestellt. Skilaufen, ja, Schneespaziergänge, gerne, aber dann muss es wieder gut sein. Deshalb erkläre ich den Winter für beendet und mache mir jetzt meinen eigenen Frühling in Wien.

Mittwoch, 13. Februar 2013

Wien ist so schrecklich kalt

Seit einer Woche schlottere ich. Der kurze Weg zur U-Bahn am Stephansplatz ist eine Tortur: Haufen von Schnee und Matsch müssen überwunden werden. Es hat die ganze Nacht wieder gerieselt. Leise aber beständig. Vor Dachlawinen wird überall gewarnt. Der Umzug nach Wien verlief besser als befürchtet. Aber es ist winterlich kalt. Wegen der Verkehrsverhältnisse im Wiener ersten Bezirk, gleich um den Stephansdom, dürfen Möbelwagen nur früh morgens zwischen 6 und 9 Uhr be- und entladen werden. Es dauerte etwas länger bis das Umzugsgut mit dem Fahrstuhl in den 4. Stock befördert war. Dann begann das Aus- und Einräumen. Ich möchte nicht mehr daran denken.


Jetzt ist fast schon der Alltag eingekehrt.  Ein Telefon brauchen wir noch. Der Internet-Anschluss hat nichts mit Adolf Hitler zu tun. Er ist heute aber auch gelungen. Mein lieber Enkel Jascha hat alleine sein Flugzeug in Frankfurt bestiegen. Er ist erst 14 und unser erster Besucher. Die Schlösser Belvedere, mit den berühmten Gemälden von Gustaf Klimt, und Schönbrunn, mit dem kaiserlichen Prunk und Pomp, sowie das Haus von Friedensreich Hundertwasser wurden schon abgehakt. Wien ist faszinierend. Da bleibt vieles zu besichtigen und zu erleben.

Den Naschmarkt haben wir schon zweimal besucht. Hier kommt die Lust zum Essen zurück, sollte sie verloren gegangen sein. Meinl im Zentrum, ein Delikatessenladen für die ganz Reichen, zieht auch Neugierige immer wieder an. Astronomische Preise für Gänseleber. Dafür tausend Sorten Teigwaren. Auch nicht billig. Vom Papst hört man, dass er aufhören möchte. Träumer sagen, die Zeit für die Verheiratung von Priestern sei gekommen. Qui vivra verra! Der große Opernball war total ausverkauft. Über 5000 TänzerInnen. Eine Loge kostete bis zu 19.ooo €. Da muss einem armen Hund doch der Hintern schmerzen. Damit ist ja der Champagner noch nicht bezahlt. In Frankreich soll jetzt die Homoehe erlaubt werden. Oder habe ich da etwas falsch verstanden?


Es ist toll, inmitten einer Hauptstadt mit unglaublicher Lebensqualität zu wohnen. Eine Jahreskarte für alle U-Bahnen, Busse und Straßenbahnen kostet über 300 €. Dafür hat man dann 12 Monate seine Ruhe und kann sich überallhin bewegen. Tu felix Austria hieß es früher: glückliches Österreich, heirate (einen reichen und mächtigen adlichen Thronfolger)! Heute sagt man: Österreich fährt U-Bahn. Das habe ich mir so nicht vorgestellt. Glückliches Österreich!

Freitag, 1. Februar 2013

Ein letztes Mal bloggen im Schwarzwald

Ich nehme Abschied von den Bergen. Heute noch kommt der Möbelwagen und holt die Habseligkeiten ab. Morgen bin ich in Wien. Abschiednehmen tut weh. Der Franzose nennt es : Partir, c'est mourir un peu (Weggehen heißt ein wenig sterben). Ich fühle mich verlassen, dabei könnte man einen solchen Umzug auch einen Neuanfang nennen.


Die im Bauch bleiben wo sie sind
Seis drum, Wien bietet etwas Neues. Das muss man genießen können. Doch, wo bleiben die ersten Frühlingsboten, die hier vor meinem Fenster schon zu zwitschern begonnen haben? Werden wir in Wien überhaupt die gefiederten Freunde zu hören bekommen? Mitten in der Stadt? Vor unserem Wintergarten (Tschüss!) steht ein Sommerflieder. An diesem Busch sind täglich die schönsten Schmetterlinge gelandet. Eine ständige Freude.

Doch, vielleicht können wir in der Gasse, in der wir wohnen werden, die Fenster weit öffnen. Dann werden wir ja sehen, ob es in Wien Schmetterlinge gibt. Die im Bauch habe ich schon, denn morgen werde ich meine Cath nach drei Wochen Abstinenz wiedersehen. Haltet durch, Schmetterlinge, haltet durch!