Samstag, 27. Mai 2017

Frauke, das Phänomen. Muttertag.

Eigentlich will mir heute nichts einfallen. Rechtsaußen (Höcke, Storch, Meuthen Petry, etc.), zusammen mit der unergründlichen Sternschnuppe aus Amerika, habe ich vorläufig auf Eis gelegt. Die eine mit dem stolz gewölbten runden Bauch ist Mutter geworden, der aus Amerika hat sich durch das Beiseiteschieben des montenegrischen Präsidenten so vor die Kameras geschupst (Milliarden haben dies gesehen), dass auch der letzte Mensch jetzt weiß, wo das Natoland Montenegro liegt. Klar, dass jetzt für beide ein mediales Tief eingesetzt hat. Mutter Frauke hat genug damit zu
tun, ihren (5.?) Nachwuchs zu füttern und einigermaßen ordentlich auszusehen, wenn die Bundestagswahlen ihr die ersehnten 7% erbringen werden.


Dann wird der Moment kommen, wo Mutter aus dem freundlichen Lächeln des Kleinkindes etwas Kapital schlagen kann. Ein erstes Foto an die Öffentlichkeit, sozusagen. Aber, was machen wir, wenn der Säugling schon sehr früh Flüchtlinge aus aller Welt anlächelt, weil Mami vergessen hat, das Kind rechtzeitig vor dem Bösen zu warnen? Kinder können ja so unvoreingenommen sein. Vielleicht will das Kleine später mal nicht in die AfD eintreten?

Mami, ich will nicht! 
 Wenn Klein Petry dann in der Kita allen erzählt, dass Mami sehr berühmt ist, und der kleine Ahmed daraufhin einen Lachkrampf bekommt, weil Mami gesagt haben soll, dass Ausländer böse sind, dann wird Klein Bio-Nachwuchs die Welt nicht mehr verstehen. Es muss allerdings gehofft werden, das Tante von Storch sich zurückhalten wird und das Baby von seiner Mutter ordentlich geliebt wird. Auch eine Mutter verdient eine zweite Chance.

Internationales Rampenlicht 
Was Mister Trump betrifft, so bin ich optimistisch: er hat genügend Geld, um sich mehrere Kamerateams zu leisten, die rund um die Uhr das filmen dürfen, was er trotz präsidentialer Belastung so von sich geben kann. Wir werden also immer auf dem Laufenden bleiben, auch wenn das Interesse an amerikanischen Präsidenten welweit etwas ins Stocken geraten ist. Auch das Arsenal an Schimpfwörtern ist stark zurückgegangen. Bei Donnie ist wohl das internationale Rampenlicht in die Hose gegangen. Da gehört es auch hin.

Dem Führer ein Kind geschenkt? 
Manchmal hält man inne und fragt sich: was kommt jetzt? Müssen wir auf diese beiden noch gespannt sein? Ihre Gesichter kennen wir zur Genüge. Auch feuerspeiende Vulkänchen können außer Puste geraten. Hoffen wir es für diese beiden. Und unser brauner Luftballon von der Seine ist inzwischen auch von der Nadel gestochen worden. Marine Le Pen hat sich einen Präsidenten erstritten, der die gesamte rechte Blase seines Landes jetzt als Quiche Lorraine verspeisen kann. 

Freitag, 26. Mai 2017

Arschloch kommt nicht mehr über meine Lippen.

Ich habe dieses Wort vielleicht einmal im Jahr benutzt, meist zu mir selbst gesprochen. Dabei ging es um einen Autofahrer mit einem Auto, das die Hirnlosigkeit stolz vor sich herträgt. Er, auf der Überholspur, ich auch. Er, nicht verstehen, dass ich zuerst, aber weniger schnell. Er, krankheitsbedingte Aufblenderei, ich, womöglich vom Gas weg, damit er endlich kapiert. Arschloch eben.

Dann, die ersten Bilder des amerikanischen Präsidenten beim Natotreffen mit anderen Präsidenten: er schiebt den Präsidenten von Montenegro zur Seite und drängt sich nach vorne. Übelste Rüpelei. Wieder nagt es in mir. Wer hat diese vulgäre Bezeichnung nur erfunden? Arschloch. Nein, für den amerikanischen Präsidenten scheint sie mir jetzt doch zu abgenützt. Wirkungslos noch dazu. Für ihn ist nur die allerbeste Vokabel gut genug. Ich kenne sie nicht.

Gegen Montenegro gewonnen.


Doch meine Liste ist noch lang. Marine Le Pen. Widerliches hat sie gesagt. Mit Tante Petry und Putin hat sie sich ablichten lassen und schlimme Worte für Muslime gefunden. Nur nicht für Altnazis oder Neonazis. Ihre Behauptungen sind reine Lügen. Sie eine Lügnerin nennen, ist fast schon ein Ehrentitel. Geert Wilders, der gescheite(rte) Holländer, hat es vor allem auf die Marokkaner in seinem Land abgesehen. Ein Rassist? Allemal. Fremdenhasser gilt kaum noch als Beleidigung.




Da gibt es diesen Nigel Farage, einer der schlimmsten Hetzer, die das Land Shakespeares hervorgebracht hat. Sein Ohrfeigengesicht ist während der Brexit-Affäre um die Welt gegangen. Wie er das Europäische Parlament und EU-Vertreter beleidigt hat, wird in die Geschichte eintreten, ob wir es wollen oder nicht. Hier fällt mir nur ein: Lügner, Hetzer, Schmarotzer. Ihm eine in die Fresse hauen, ist für mich die einzig griffbereite Vokabel.


Die deutsche Szene ist geradezu gesegnet mit braunem Pack, für das immer noch kreative und wohlverdiente Beschimpfungen gesucht werden. Dieser Bernd Höcke, der sich so elend aufregen kann, wenn er Bernd genannt wird, hat die krassesten Sprüche losgelassen. Aber auch die pathologiche Lügnerin mit dem schwachen Gehirn und dem kosmetischen Unfall im Gesicht, Gerlinde von Storch, oder dieser Meuthen, zusammen mit der nicht mehr ganz schwangeren Heil  Petry vermögen die Produktion von Weißglut bei Rechtschaffenen grandios zu befördern.


Treten wir nicht in die Untiefen der Banalpolitik in Ungarn oder Polen ein. Lassen wir Netanjahu beiseite. Banal oder Banane, wo ist da der Unterschied? Nur diesen Trump, der so vieles angeleiert hat, was nicht zu funktionieren scheint, können wir nicht aus der Dauerbeschimpfung entlassen. Er ist zu pauschal. Weiß zu wenig. Stolpert auf dem politischen Hühnerhof herum wie ein Sack voller fauler Eier. Wer wird ihm den Gnadenstoß versetzen? Das Wort Arschloch ist echt unangebracht.

Ich werde solche Bezeichnungen nicht mehr benutzen, auch wenn sie gerechtfertigt sind. Sie sagen mehr über mich selbst aus als mir lieb ist. Dabei benutze ich das Wort Arschloch nur einmal im Jahr, wenn hinter mir gerast wird. Jetzt bemühe ich mich, auch den armen, testosterongebeutelten Rennautofahrer in mein Herz einzuschließen und ihn beim Vorbeirasen ein bisschen fies anzulächeln.







Donnerstag, 25. Mai 2017

Der Brite und die Wirklichkeit.

Bei meinem Gang hinunter ins Zentrum von Haworth habe ich beschlossen, von jetzt an ein kurzärmeliges Hemd anzulegen und mich der Wirklichkeit des frühsommerlichen Hochs zu stellen. Der Engländer ist schon längst darauf eingestimmt: Männer tragen gerne diese absonderlichen Shorts, die mehr als großzügig das Knie bedecken, sowie, bei einem Hoch wie heute, die leicht klappernden Sandalen. Der Hund bleibt an der Leine, weil Strafen wegen "fouling" empfindlich sein können und der Hundekot auch weggeräumt werden muss. Und Tätowierungen sind bei den Jüngeren die Norm.


Die britische Frau zeigt ungewöhnliches Selbstbewusstsein, ob hübsch oder unhübsch. Frauen haben im Vereinigten Königreich schon früh die Erfahrung gemacht, dass sie genauso intelligent sind wie die Männer, und deshalb auch die gleichen Rechte beanspruchen können. Schließlich ist Theresa May ihre politische Führerin, und nicht die erste Frau im Geschäft. Maggie Thatcher galt jedoch als etwas verbissen, wähend Theresa sich fest und solide gibt. Der Falklandkrieg hat Maggie nicht gut getan. Und auch Mays Brexit ist noch eine offene Seifenblase, die den Engländer hart und unerwartet in einer noch neuen Wirklichkeit treffen könnte.


Es ist natürlich vermessen, den Enländer an sich zu beobachten und Schlüsse daraus ziehen zu wollen. Doch die winzigen täglichen Beobachtungen geben sicher etwas her, denke ich. Die Vorgärten, meist ohne Gartenzwerge, sind oft winzig. Manchmal passen nur die Mülltonnen hinein. Oder ein paar prächtige Schalen oder Töpfe mit liebevoll eingesetzten Zierpflanzen. Die Mauer hin zum Gehsteig verfügt oft über eine "Rille" mit Erde, sodass kleine Blumen und Büsche darin wachsen können. Reihenhäuser können auch mal richtig verlottert sein, mit ungpflegten Fenstern oder Türen. Der Gehsteig mit uraltem Pflaster, jeder Begehung mit Kinderwagen abhold. Und für zwei Fußgänger nebeneinander ungeeignet. Auf solche Wirklichkeiten stellt sich der Brite gerne ein. Seine Geduld kommt durch solche Alltagsproblemchen erst richtig in Bewegung. Der andere hat immer recht und wird freundlich durchgelassen.


Ich muss etwas pauschal werden: der Engländer liebt das Auto. Ohne Protz, aber mit einem guten Markengefühl. Mercedes ist immer und überall etwas besseres. Man kennt das. Doch Jaguar und Volvo lassen Luft für kleine Steigerungen. Standard, neben Honda, dürften BMW, VW und Audi sein. Wenn genügend Testosteron vorhanden ist, darf es auch ganz schön laut werden. Der Auspuff ist dann oft mitschuld. Man kümmert sich nicht sehr um solche Dinge. Doch das Verhalten am Steuer ist in der Regel tadellos. Man lässt sich gegenseitig freundlich den Vortritt. Verstöße können aber  streng per Hupe kritisiert werden.


Erlaubt die britische Wirklichkeit dem Menschen, ein besserer zu werden? Liebt er deshalb seine Nationalflagge so abgöttisch? Überall ist sie zu sehen. Ein Symbol für alles Britische? Das Hineinschlüpfen in Verkleidungen jeder Art mutet ebenfalls etwas befremdlich an. Fast jedes Wochenende ist durch irgendwelche Kostümfeste geprägt. Wenn das nicht genügt, kann der Brite auch noch das Steam Punk betreiben, das in der Rolle von anderen öffentliche Herumgehen, das kaum mit dem Kölner Karneval zu vergleichen ist. Dieses Rätsel werde ich wohl nie lösen.


Also, was ist britische Wirklichkeit und woher kommt sie? Ich glaube, dass diese Wirklichkeit aus vielen Facetten besteht: die absolute Leugnung und Ignorierung. Sonst hätten es die Johnsons, Farages und Goves nicht so leicht gehabt, eine ganze Bevölkerung in das Brexit zu treiben, was offensichtlich keiner gewollt hatte. Die Einschneckung einer Gesellschaft, die auf einer Insel lebt. Wir sind anders, ist das Gefühl. Dann haben die Briten eine lange und erfolgreiche Geschichte hinter sich, wo sie die Welt beherrschten und sich überlegen fühlen mussten. Kein Wunder, dass unsere Freunde von jenseits des Kanals ihre eigene Methode haben, an der Wirklichkeit vorbeizuschrammen. Aber, was ist Wirklichkeit?

Wirklichkeit ist auch, wenn Cath mich am Arm fasst und fragt: riechst du etwas? Und ich wie immer nein sage. Dann taucht er auf: der geöffnete Fish & Chips Laden, wo die Menschen leidenschaftlich gerne schlangestehen.









Mittwoch, 24. Mai 2017

In London, die russische Revolution.

London, geschichtsverbunden, aber nicht nur. Die Russische Revolution. Putin spielt neuerdings Klavier, aber sehr miserabel. Die Ausstellung in der Londoner British Library ist typisch für England: wenn man sich schon einer Sache annimmt, dann richtig. Die Oktoberrevolution, ihre Vorzeichen und Nachwirkungen, alles ist Gegenstand von Dokumentation, auch im Kleinsten. Wen ich nicht sah, war Olga Romanova von Stuttgart, eine alte Dame aus dem Zarenhaus, die ich 1956 in Zürich kennenlernte und später in Stuttgart wiedertraf. Solche Olgas muss es viele gegeben haben. Im Internet geistern mehrere davon noch heute herum.

Der rote Faden... 
Die russische Revolution hatte die ganze Welt aufgewühlt. Viele Exilanten und Flüchtlinge strömten aus dem Riesenland. Etwa 2 Millionen Menschen verließen damals Rußland, um die 10 Millionen wurden während der Revolution getötet. Die Spuren dieser Umwälzung sind noch überall zu sehen. Als der Stalinismus ausbrach, hoffte die westliche Welt, dass der Nationalsozialismus eines Adolf Hitlers den Weltmachtdrang der Sowjetunion in Schach halten könnte.

....bis nach Westberlin. 
Größte Krisen musste das Zarenreich durchmachen. Die russische Gesellschaft zur Zeit des letzten Zaren war ein Sammelsurium von (Volks)Gemeinschaften, die im Sinne eines Nationalstaates nicht unter einen Hut zu bringen waren. Der Adel, der Klerus, die Stadtbewohner, die Bauern, die ethnischen Minderheiten regierten innerhalb ihrer Kreise durcheinander. Der Zar, Nikolaus II, war nach Beginn des Ersten Weltkrieges, im September 1915 oberster Befehlshaber der russischen Truppen geworden. Er hatte Petrograd verlassen und sich ins Hauptquartier der Armee begeben, während die in Deutschland geborene Zarin Alexandra ungebührlichen Einfluss auf die Regierung ausübte. Und ihre Beziehung zu dem Wunderheiler Rasputin blieb bis zuletzt undurchsichtig. Das Zarentum war am Ende, als Nikolas II im Jahr 1917 abdanken musste. Das Land war im hellen Aufruhr. Die Oktoberrevolution hatte begonnen.


Zwischen 1921 und 1922 allein starben 5 Millionen Menschen den Hungertod. Ich kann mich an ein Foto erinnern, das Menschen zeigte, die angeblich ihren Großvater gegessen hatten, so groß muss die Hungersnot gewesen sein. Kannibalismus als letzter Ausweg. Andererseits lehrte der neu entstandene Arbeiter- und Bauernstaat viele das Fürchten. Solche Ängste leben fort. Der Stalinismus mit seinen Grausamkeiten ist bis heute im Gedächtnis der Welt geblieben. Seit der Ausrufung der Union der sozialischen Republiken, Ende 1922, ist die Welt noch nicht richtig zur Ruhe gekommen.

Um ehrlich zu sein, es is schwierig, Wladimir Putin zu durchschauen und seine Plände zu ergründen. Die British Library liefert viele Erkärungen zum Thema Sowjetunion. Viele werden mit neuen Erkenntnissen über die Russische Revolution nach Hause gehen. Fsazinierende Einzelheiten geben einen recht kompletten Einblick in eine fremde Welt, die uns doch vertraut ist.






Manchester United, aber traurig.

Je suis Manchester, schrieb ein wohlmeinender Idiot.  Wäre das alles gewesen, man hätte sich damit abfinden können. Doch seit dem fürchterlichen Ereignis ist um Manchester der Teufel los. Ich höre hauptsächlich Radio und lebe eine Autostunde weg von Manchester. Tagelang werden jetzt immer wieder neue und alte Berichte wiederholt, zusammengefasst, mit Neuem wiederholt und dann wieder zusammengefasst. Man hört die ehemalige Schulfreundin eines Mädchens, das gerade am Telefon war, als die Nagelbombe platzte. Ihr Bericht in allen Ehren, doch, was hat der mit Manchester zu tun?


Ich sehe jetzt eine Walze des Protestes auf mich zurollen. Wie herzlos kann man sein? Es gab immerhin 22 Tote. Und die vielen Angehörigen der Opfer. Ehrlich gesagt: mir ist die Totalberieselung unschuldiger Unbeteiligter allmählich zu viel. Wer kann behaupten, die Masse der Medienbenutzer und Interneteinschalter seien an jedem Detail interessiert? Da ist sie wieder, die Walze. Wie kann man gegen solches Beriesele überhaupt aufmucken? Manchester geht uns alle an. Je suis Manchester.

Sorry, das Alhambra steht in Bradford.

Richtig. Alle Wege führen nach Manchester. Bis die nächste Katastrophe zuschlägt. Das kann überall sein. Theresa May denkt sogar, dass der nächste Schlag noch einmal Manchester treffen könnte. Wie kommen wir aus diesem Teufelskreis wieder heraus, ohne in einen neuen zu stolpern? Wir müssen doch irgendwann die Möglichkeit haben, auzusteigen. Die deutschen Medienbeobachter haben für das, was gerade mit Manchester geschieht, eine treffende Bezeichnung: Abfrühstücken. Bis der Medientisch leer gefressen ist. Was dann? Dann warten wir auf das nächste Frühstück. Ist das nicht irgendwie ungesund?

Was nicht entstehen darf, ist der Zynismus. Die Opfer müssen bedauert und betrauert werden. Vorurteile dürfen nicht noch bestärkt werden. Die Hilfsbereitschaft soll nicht behindert werden. Und die aktuellen nationalen Tagesfragen (Wahlen, Fussball, Rugby, Brexit, Wetter, Inflation usw.) und die speziellen Manchesterthemen sollen nicht zu kurz kommen. Also wird weiter gefrühstückt. Die Angst, die allmählich in uns hochkriecht, sagt uns, dass es uns auch treffen kann, obwohl wir die statistischen Chancen  kennen.


Bei meinem letzten Besuch in Manchester, kurz vor dem Lostreten der Bombe, war  Manchester besonders aufgeräumt. Ausstellungen, Ereignisse, Treffen mit Cathies Neffen Calum, der in Manchester studiert. Wir machten ein Steam Punk, einen Straßenauftritt in Verkleidung und hatten jede Menge Spass. Wir dürfen uns solche Freuden nicht systematisch versauen lassen. Also, ihr Macher in den Medien, lasst es irgendwann gut sein. Wir brauchen das ständige Wiederholen von taurigen Tatsachen nicht. Irgendwann hat jeder einmal den Kanal gestrichen voll. Manchester ist abgefrühstückt. Es reicht jetzt.






Montag, 22. Mai 2017

Nicht auch noch Siegerpose.

Was unser Freund in Amerika zu beherrschen scheint, ist, Siege zu erringen, die nur er wahrnimmt. Gerade ist er in Israel auf Staatsbesuch. Davor hat er sich in Saudi Arabien über den Welfrieden geäußert und Geschäfte in Höhe von 600 Milliarden Dollar getätigt. 100 Millionen davon betreffen Kriegsmaterial. Das wird ihm genügen, um den Tripp als Erfolg auszugeben. Andere tun das auch, sind jedoch etwas diskreter. Nun, er wird ja auch nach Europa kommen. Die May hat ihn nach England eingeladen, wo er unbedingt in einer goldenen Staatskutsche gefahren werden möchte. Auch Merkel wird ihn zum Hamburger Gipfel empfangen. Kutsche wird es nicht geben, doch die Hamburger werden ihn mit der gewohnten Kühle empfangen. Auch das wird sich in die bereits lange Reihe seiner Auslandserfolge einreihen lassen. Mehr als 15.000 Polizisten werden im Einsatz sein.


Ich weiß nicht mehr genau, ob ich als Knabe bei meinen Rangeleien mit anderen immer gesiegt habe, aber an eines kann ich mich genauestens erinnern: wenn der Gegner am Boden lag, habe ich immer an die Folgen gedacht. Wird der Gegner seine Kräfte sammeln, neu ordnen, einen Gegenschlag organisieren? Nie ließ ich mich dazu hinreißen, triumphal meinen Siegesfuß auf ihn zu stellen, um meine Überlegenheit zu demonstrieren. Meist reichte ich ihm die Hand, und das Weiterleben mit dem Besiegten war Selbstverständlichkeit. Ein wenig Rittertum war auch dabei. Man kann es auch Karl- May-Strategie  nennen. Old Shatterhand hat uns Kriegern neben dem Faustschlag immer den Frieden gepredigt.

Kraftprotz aus Butter. 
Später musste ich gelegentlich mit List und Hinterlist kämpfen. Der Gegner war kräftiger als ich, vielleicht auch älter. Und es ging um ein Mädchen. Da hört der Spaß gerne auf. Ich will nicht behaupten, dass es um eine Trophäe ging, sondern um den Schutz einer Schönen vor der Hegemonialgewalt eines testosterongeplagten Mitstreiters. Auch das verlangt oft Mut, List und Hinterlist. Er war älter, berufserfahren, fühlte sich sicher, sozusagen auf der Gewinnlinie. Ich gewann mühsam, indem ich ihn in die Finger biss, die er mir in die Augen drückte. Der Kampf war zuende, doch meine blauen Augen am nächsten Tag verkündeten meine Lädierung. Ihn habe ich nie mehr gesehen. Vielleicht musste er seine Finger in Handschuhen verstecken.


Es kommt darauf an, die Lage richtig einzuschätzen. Große Töne spucken hilft wenig. Gutes Zureden, das Positive im Gegner herausfordern, Friedensangebote machen. Das ist es. Leider hat man oft nicht die Zeit, solches zu lernen. Eskalieren führt also schnell zur Auseinandersetztung. Deshalb beunruhigt mich der Tönespucker aus den USA. Pauschalbehauptungen: wir werden das Kind schon schaukeln. Ich bin für Frieden auf der Welt. Wir werden mit allen große Geschäfte machen. Diese Sprüche fruchten nicht. Es wird Verstand gebraucht, keine Märchenerzählung. Donald Trump, solltest Du trotz unserer Erfahrungen noch die Kurve kriegen, lass es uns wissen. Wir sind nicht an Präsidenten als Witzfiguren interessiert.

Sonntag, 21. Mai 2017

Trotz und Altersschwachsinn sind nicht alles.

Als hochbegabter Flüchtling kam er aus Rumänien in das Land seiner Väter zurück, in dem noch der Generalisimo Franco regierte. Er war überaus ängstlich und obrigkeitshörig und wurde von Franco an die spanische Botschaft in Brüssel geschickt. Dann wurde ein ehemaliger spanischer Außenminister Generalsekretär des Europarates in Straßburg. Dieser brachte ihn mit. Er wurde mir als Chef der Information aufs Auge gedrückt. Als ich ihn in der Kantine sah, war für mich klar: Für so einen würde ich nie arbeiten.


Daraus ergab sich ein einzigartiges Spannungsverhältnis, an dessen Ende wir richtige Freunde wurden. Ich, noch relativ junger Deutscher aus einem Land, in dem Juden und andere ermordet worden waren. Er, Jude, intelligent, vom Leben gebeutelt, wieder mal mit neuem Anfang irgendwo, wo er hoffte, in wenigen Jahren seinen Ruhestand antreten zu können. Ich, von einer Familie, von der keiner ein Nazi war, oder mit Judenhass zu tun hatte, er, hellsichtig genug, um zu wissen, dass Kollektivschuld keine gute Sache ist und dass er selbst grundsätzlich das Böse im Menschen vermutete.

Er musste sich sein Leben lang gegen alles absichern, auf alles gefasst sein und doch sein Talent als Pressebeauftragter spielen lassen. Da mir Europa vertrauter war als ihm, ergab sich Konfliktstoff, aus dem wir beide nicht leicht herauskamen. Das Hierarchische war schnell gelöst: er bat mich, in seinem Namen einen Journalistenfreund zu einem Ereignis einzuladen, was ich tat. Dann, woher die kalten Füße kamen, weiß ich nicht, sollte ich diese Einladung rückgängig machen. Ich sagte NEIN. Befehlsverweigerung. Er war gerade dabei, sich eine dicke Havana anzuzünden, als die Wut ihn überfiel. Er zerrte den Glimmstengel aus seinem Mund, zerriss ihn mit beiden Händen und warf die Hälften auf seinen Schreibtisch. Meine Reaktion: ich lachte mich laut kaputt. Darauf lächelte er zurück und sagte, ich sei 'têtu', dickköpfig. Ich sagte JA.


Sein Humor war ergötzlich, seine Witze manchmal etwas anzüglich. Seine Leidenschaft für gutes Essen war unverkennbar. Auf diesem Gebiet verstanden wir uns von Anfang an. Oft, wenn gemeinsam auf Dienstreise, fand er den einzigen Ort, wo man himmlisch speisen konnte. Seine Furcht vor der Hierarchie stand im Gegensatz zu meiner Unverfrorenheit, ihr gegenüber. Ein Generationenunterschied, gepaart mit persönlicher leidvoller Erfahrung seinerseits. Zuerst Diktator Nicolae Ceausescu, dann Franco. Dann ich, der über Juden, Nazis, Franco und mich selbst Witze machen konnte. Das gefiel ihm.


Er war mit einer Spanierin verheiratet, sie hatten keine Kinder. Sie war eine Superköchin. Sie zogen zusammen zurück nach Spanien, als er verabschiedet wurde. Er sagte noch: ich habe immer deinen Mut bewundert. Ich sagte, es ist dein Humor, den ich am meisten geliebt habe.  Dann sahen wir uns nicht wieder. Er starb kurz nachdem er aufgehört hatte, zu arbeiten. Ich glaube, ich habe ihn geliebt.






Samstag, 20. Mai 2017

Die Kühe, die Schafe, die Wochenenden.

Gleißende Morgensonne, kräftiger Wind, wie so oft, hier in Haworth/Yorkshire, an einem Samstag Morgen. Vom Hügel herunter kommt eine Truppe Kühe. Sie nähern sich nie unserem Garten, bis an die Mauer, wohl aus Achtung vor den Menschen. Dabei sind Kühe neugierig wie die Raben. Wir würden uns wünschen, mehr von ihnen zu sehen. Sie bleiben ganze Tage weg. Schwupps, das Wetter hat umgeschlagen, unsere Kühe haben sich schon wieder zurückgezogen.


Draußen im Garten stehen zwei bequeme Plastikstühle. Sie warten auf unseren windfreien Besuch. Seit Wochen. Der Besuch kam noch nie. Dafür ist heute der traditionelle Erinnerungstag an den Zweiten Weltkrieg. Haworth feiert 1940.


Mit Uniformen und vielen Besuchern, im Stil der Vierziger gekleidet. Ich versuche, Cath zu erklären, dass man in Deutschland keinen Grund hat, irgendetwas zu feiern, was an diesen Krieg erinnert. Wir haben keine Lust, ins Städtchen zu gehen, um alles zu besichtigen. Das scheußliche Regenwetter hilft uns dabei. Wenn wir ein Schaf aus den Vierzigern hätten, würde ich es an der Nase herumführen und als meinen Beitrag ausgeben. Humor ist hier immer erlaubt.

Das ist unser Nachbar Hans-Georg. 
Entlang der Straßen sind diese konischen Dinger aufgestellt, die massenhaftes Zuparken verunmöglichen sollen. Ob sie es tun, ist eine andere Frage. Die Idee einer Grundordnung im Chaos ist damit verwirklicht. Morgen kaufe ich mir die Keighley News, um den Schaden zu studieren, der wieder angerichtet wurde.


Ein Journalistenanfänger wird sich schon finden, der Fotos machen kann und Stimmungsbilder erstellt. Ich zeige hier die Bilder des letzten Jahres (Naziuniformen), um die Aktualität des Ereignisses herauf zu beschwören. Cath hat auf ihrem Spaziergang noch unsereren Lieblingsbüffel fotografiert. Der steht mit seinen Kameraden an der Straße und guckt die Menschen an.


Wenn der winzige blaue Fleck am Himmel größer wird, haben wir keine Ausrede mehr. Dann werden die wasserdichten Bergschuhe angezogen und das Treiben in Haworth besichtigt. Auch das ist Wochenende in Yorkshire. Am Abend schaut man sich dann die letzten Eseleien des amerikanischen Präsidenten im Fernsehen an, oder die mutigen Behauptungen einer Theresa May, die die kommenden Wahlen bestimmt gewinnen wird, denn eine Opposition zur konservativen Einstellung des Landes kennt man schon lange nicht mehr. Dennoch möchte man die Lage nicht mit dem total Erdoganversauten Land am Bosporus vergleichen.


Freitag, 19. Mai 2017

In London, wo die Saurier toben.

Eigentlich sind sie längst ausgestorben, und die feuerspeienden Drachen, die ganze Landstriche verwüsteten, randalieren nur noch in den Köpfen kleiner Jungs herum. Doch ein vierjähriger Drachentöter ist heutzutage keine Seltenheit. Cath und ich bekamen die ganze bedrohliche Tierkulisse zu sehen, die Ethan uns bei der Ankunft in Ladywell, im Süden Londons, dringend vorzuführen hatte. Die stolzen Eltern Kate und Julio, ließen uns gewähren. Natürlich gab es neben dem Vorzeitlichen auch noch jede Menge Eisenbahnen, LKWs, Rennbahnen und Kuscheltiere zu besichtigen.

Ethans Saurier, zum Fürchten 
Während Cath ihren Studienzielen in London näherkommen wollte, durfte ich mit Kate und Ethan zum Ausstellungsgelände des Crystal Palace, wo 1905 der Crystal Palace Fußball Club gegründet wurde und Ethan dort in einem Kinderbecken erste Kontakte mit der Badewelt aufgenommen hatte. Dann, einen Tag später, wurde ich in Dulwich ausgesetzt, wo ich eine Kunstausstellung mit hochkarätigen Meisterwerken besichtigen konnte. Die Dulwich Picture Gallery wurde 1817 eingeweiht, die erste, der Öffentlichkeit zugängliche Kunstgalerie der Welt. Rubens, Rembrandt, Canaletto und ähnliche Berühmtheiten hängen dort. Eine wahre Sensation.

Ausstellung im Crystal Palace: Nicolas Poussin, französischer Barockmaler, 1665 in Rom gestorben.
Eine Präsentation der Werke von Vanessa Bell fand ebenso dort statt. Die britische Malerin, die bis 1961 lebte, hat vor allem sehr moderne Frauenporträts gemalt, die in einem kühnen Pinselstrich festgehalten sind. Zuerst sagte mir diese Ausstellung nichts. Sie wirkt zunächst auf mich etwas langweilig und unspektakulär. Doch dann entdeckte ich das unterkühlte Können dieser Frau. Für mich eine neue Erfahrung. Fotografieren war nicht erlaubt.

So eine Mama zu haben! 
Wenn Ethan, unser Wunderknabe, von seiner Mama heute nach Hause gebracht wird, bleibt neben dem genüsslichen Verzehren einer Zwischenmahlzeit noch ein Moment zum gemeinsamen Innehalten vor der Sauriergalerie, die mit offenem Maul ihre Zähne zeigen und bei Ethan ein wohliges Gruseln verursachen. Doch Ethan wird die Monstertiere souverän wie immer unter Kontrolle halten. Zusammen mit dem dreijährigen Stanley, der plötzlich auftaucht, ein Jugendfreund im wahrsten Sinne des Wortes. Kate verteilt an alle kleine Schüsseln mit zurecht geschnittenem Obst. London einmal ganz anders. Morgen muss etwas geschehen. Soll ich wiedermal ins British Museum, oder in die Tate Galery? Wir werden sehen.


Nein, es war die Ausstellung zur Russischen Revolution in der British Library, die ich so liebe.





Dienstag, 16. Mai 2017

In London, aber noch nicht ganz.

Wenn einer Mohamed heißt, kann er auch Taxifahrer sein, und zwar ein netter, der uns von Haworth an den Bahnhof nach Keighley bringt. Man sitzt dann im Zug und verschnauft erst einmal. Draußen ziehen Wolkenformationen vorbei, die es nur in Yorkshire gibt und die dem Bahnfahrer den Atem verschlagen. Samstags sind die Züge meist voll. Der nach Leeds, wo wir umsteigen müssen, besonders. Schnell teilen sich die Fahrgäste in junge hübsche Mädchen, die sofort ihren Lippenstift zücken, um ihr Aussehen zu optimieren, dicke Frauen, die sich kaum um etwas scheren und Männer, die schwer einzuodnen sind. Nach wenigen Augenblicken haben alle etwas Elektronisches vor der Nase, I-Pods, I-Phones oder Minirechner, mit dem Zugang zur ganzen Welt. Das Gefummel erweckt den Eindruck der totalen Konzentration. Kommunikation nur noch übers Internet.

Die Gurke von London 
Vor allem die Kinnis scheinen voll absorbiert. Noch versuchen einige Mütter, ihre Kleinen zum Blick aus dem Fenster zu überreden. Dann kommt er. Es geht kaum freundlicher, wenn er mit einem mysteriösen Suchgerät die Gültigkeit der Tickets absucht. Der Fahrkartenkontrolleur hat eigentlich nicht mehr viel zu tun. Schwarzfahrer scheint es nicht mehr zu geben. Dafür trudeln wir in Leeds ein, wo wir Zeit für eine Milch mit Croissant haben, bevor der Zug uns Richtung London mitnimmt. Das fummelnde Schweigen, teils mit Kabeln die in Handtaschen verschwinden, um Energie zu laden, hat wieder begonnen. Die üppigen Frauen und meisten anderen Fahrgäste, haben inzwischen ihre Plätze gefunden. Eine Mutter mit ihrer Tochter, uns gegenüber, futterte ohne Unterlass etwas aus einer knisternden Tüte. Leider kann mich so ewas entsetzlich aufregen. Cath in ihrer gewohnten Art, begann ein Gespräch, sodass wir innerhalb weniger Minuten mit den Knisterinnen eine freundschaftliche Beziehung aufgebaut hatten.


Zum erstenmal wurde mir bewusst, dass in Zügen höchstens noch eine Zeitung gelesen wird, keinewegs jedoch ein Buch. Die Zeiten haben sich eben geändert. Ich mache meine Sudokus, die von der schwierigen Sorte, die 16er Quadrate haben. Es macht mich fast stolz, mein Mobilfon vergessen zu haben. Wir kommen am Kings Cross Bahnhof an und müssen hinüber zur U-Bahn. Jetzt hat die riesige Stadt uns wieder in ihren Fängen. Bettler, Musikanten, Polizistinnen, Bankmenschen. Viele machen Mittagspause und drücken belegte Brote in sich hinein. Manche UBahnstationen haben aus Altersgründen immer noch keine Rolltreppen.

Die Scherbe, Londons ganzer Stolz. 
Wir steigen 2mal um und kommen dann im Süden der Stadt an. Die Bahnstation, die uns zu unseren Freunden bringt, heißt Ladywell. Julio und Kate warten mit ihrem knuffigen vierjährigen Söhnchen Ethan auf uns. Ethan war mit seinen Eltern bei uns im Schwarzwald. Er ist ein Globetrotter, der mit Julio und Kate gerade aus Singapur zurückgekommn ist. Wir freuen uns auf diesen Besuch bei ihnen. Ethan wird uns viel zu erzählen haben.

Samstag, 13. Mai 2017

Fatima 100.

Was höre ich da? Die Hirtenkinder von Fatima sollen heilig gesprochen werden? Zum hundertsten Jahrestag der Erscheinung der Gottesmutter Maria an einem kleinen Ort im immer noch sehr katholischen Portugal. Was der amerikanische Präsident dazu zu sagen hat, scheint bedeutungslos. Wahrscheinlich weiß Trump nichteinmal, wer Maria ist, wo Portugal liegt und warum man Fatima nicht essen kann, sondern dorthin pilgert. Seine Wahl zum Präsidenten war für ihn und seine Gläubigen wichtiger als eine Marienerscheinung aus dem frühen letzten Jahrhundert.


Unabhängig auch von ungläubigen Annahmen, dass alles der Fantasie von drei Kindern entstammen könnte, die vor genau 100 Jahren 10 (Lucia de Jesus), 9 (Vetter Francisco Marto) und 7 (Cousine Jacinta Marto) Jahre alt waren, hat die Fatima-Anhängerschaft bis heute ungeheure Ausmaße erreicht. O Milágro de Fatima brachte schon damals bei der letzten von 6 Marienerscheinungen, die immer am 13. des Monates stattfanden, über 70000 Besucher, Neugierige, Gläubige zu sammen. Sie wurden Zeugen des sogenannten Sonnenwunders, das nach 4stündigem Starkregen, wobei alle klatschnass waren, die Sonne als eine rotierende Gold-oder Silberscheibe erscheinen ließ, das noch heute der Erklärung bedarf. Selbst der Physiker Max Planck wusste viel später nichts besseres zu sagen, als dass die Zeit vielleicht eine Antwort bringen würde. Was sie bis heute nicht tat.


Auch die drei Geheimnisse, die die Gottesmutter den Kindern anvertraute, bleiben in seltsamem Dunkel, während Schwester Lucia das Datum ihres Todes mitgeteilt bekam, nämlich ein Dreizehnter des Monates Oktober, wenn ich inzwischen nicht alles durcheinander gebracht habe. Ich bin aus dem ganzen Fatimaphänomen nicht schlau geworden. Da die Kirche selbst bei der Anerkennung von Wundern recht kibbelig ist und doppelt und dreifach nachprüft, ob alles stimmt, kann zumindest behauptet werden, dass der Leichnam von Jacinta, bei der Öffnung ihres Sarges, 15 Jahre nach ihrem Tod, keine Verwesungserscheinungen aufwies.


Bei den vielfältigen Wundern und - zugegebenermaßen - Scheinwundern, die von Fatima herrühren, kann man nur hoffen, dass die Maßstäbe der modernen Lügenpresse unbeachtet blieben, sonst würde auch unser aufgeschlossener Papst mit seinen Heiligsprechungen der Fatimakinder ganz schön ins Schleudern geraten. Dass die Bolschewisierung Russlands beendet würde, wie die Madonna von Fatima einst suggerierte, ist meines Wissens noch nicht eingetreten, obwohl Wladimir Putin gelegentlich ein  scheinheiliges Lächeln gelingt, das wir dem Scharm eines Donald Trump oder der Routine einer Angela Merkel verdanken können. Doch den Zweiten Weltkrieg hätten auch andere voraussagen können, wenn sie das Gezetere der Nazis und ihres Führers aufmerksam verfolgt hätten.


Die Zeiten haben sich geändert. Päpste sind heute keine unumstößlichen Autoritäten mehr. Doch der Mensch möchte auch an schöne Dinge glauben, nicht nur an den Untergang der Menschheit. Und, was geschieht in Fatima? Und wie wird die liebliche kleine Fatimakapelle reagieren, die meine gläubige Tante Maria in der Nähe von Oberkirch besuchte, wenn sie uns besuchen kam? Für uns ein Ort der Stille. Eines ist so gut wie sicher: Fatima wird 100 Jahre danach, also am 13. Oktober 2017 (?)  nicht zur Ruhe kommen, sondern wieder ein Wunder erleben. So wird vorausgesagt. Wir sind gespannt, obwohl Wunder eigentlich ins Reich der florierenden Marienverehrung gehören.

Freitag, 12. Mai 2017

With love from Wolfie. Danke.

Norman and Arthur were the first ones. We had to open the door to let them in from the garden. Our neighbours' cats. No, it was, of course, first Cath, who sang the traditional "Happy B'day" to me. Sie war also die erste.

Arthur, der liebevolle Nachbar. 
 Hier in Haworth/Yorkshire gehen die Uhren ein wenig anders. Vom europäischen Kontinent kommen die Schreckensmeldungen in der Regel 1 Stunde früher. Mit anderen Worten, als wir zu normaler Stunde am Frühstückstisch saßen, prasselten die ersten Internetgratulationen ein. Aus aller Welt, darf ich sagen. Längst verschüttete Kumpel und alte Freunde werden unerbittlich darauf hingestoßen, dass da einer Geburtstag hat. Dann, wegen des vermuteten (hohen) Alters, kommt noch ein international verschärfter Mitleidseffekt dazu. Plötzlich entsteht ein Massengedränge, den das Facebook mit links bewältigt, aber ich nicht. Das E-mail setzt etwas später ein, je nach geografischer Verortung. Manche greifen auch zum Telefon, das vom normalen Läuten in ein beharrliches Bimmeln übergeht. Dann hören sie meine verkrächzte Stimme und sagen sich: der hat auch schon mal sonorer geklungen.

von Christl Schneider-Goetz  gemalt
Wie dem auch sei, à mes ami(e)s francophones je dirais ce qui suit: quelle joie que d'avoir de tes nouvelles. Grand merci. Y a mis amigos espagnoles: Que allegría, muchísimas gracias. Gran abrazos. Und allen anderen, die sich die deutsche Zunge noch nicht verbrannt haben: Ich entbiete ihnen meinen warm empfundenen Dank, den ich dem elektronischen Chaos im Internet anvertraue.

Weiß ich auch, dass das kein Apfelbäumchen ist 
Das Internationale an unserer Gratulierpraxis schließt heute Blumen meist aus, wofür ich dankbar bin, obwohl ich Blumen liebe. Außerdem blühen in unserem Garten noch immer schöne rote und gelbe Tulpen, sowie, irgendwo noch Veilchen und das Apfelbäumchen. Wir dürfen also zufrieden sein und sind es auch. Nur das unglückliche Brexit liegt den meisten hier im Magen. Unsere Mägen werden jedoch auch in anderen Ländern strapaziert. Hoffen wir, dass das angebrochene neue Geburtsjahr ebenso ereignisgeschwängert verläuft und wir weiterhin unbeschwert im Internet herumtoben können. Dafür wünsche ich allen meinen Freunden und sonstigen Lesern ein gutes Gelingen. 

Donnerstag, 11. Mai 2017

Der Richter und der Milliardär.

Es ist unwichtig, was man gerade zu hören oder lesen bekommt. Man vergisst es ohnehin schnell wieder. Ein Richter (aus welchem Land?) verurteilte gerade einen Milliardär (aus welchem Land?) dazu, einem anderen Milliardär (aus welchem Land?) ein paar hundert Millionen (Währung, bitte? Rubel?) als Entschädigung zu bezahlen. Warum, wird nicht gesagt. Wofür, auch nicht. Wir werden einfach mit Informationen gefüttert, die uns die Zeit stehlen.


Es gab eine Zeit, da wurden Preiserhöhungen um Pfennige mit reichlich Erläuterungen geschmückt, damit der Kunde nicht zu ärgerlich wurde. Wir wurden ganz langsam daran gewöhnt, dass nichts billiger wird, außer, wenn Konzerne eine Markstrategie verfolgen, die wir erst durchschauen, wenn neben einem Lidl dann der Aldi steht, das Geschäftsviertel auch noch einen Edeka aufweist, einen Baumarkt und mindestens zwei Apotheken. Dann kann das Fleisch auch mal billiger werden, während die Qualität längst im Eimer ist. Wir wuchsen da hinein und haben nur noch die Möglichkeit, den Genuss zu verweigern oder zwischen wenigen Großen zu wählen. Dahinter stecken keine Millionen, sondern Milliarden.


In der Politk wählen wir zwischen Links und Rechts, Mitte bis Konservativ. Das Ergebnis ist dasselbe. Wen wundert es, dass die Franzosen mit Marine Le Pen fast in ein rechts-faschistisches Chaos gestürzt wären. Dass die Amerikaner mit knapper Mehrheit einen Milliardär und eine Dumpfbacke zum Präsidenten gewählt haben, der noch viel Unheil anrichten wird. Dass die Briten aus Versehen in den Brexit gestolpert sind und Deutschland mit der AfD eine rassistsche, fremdenfeindliche, hassgesteuerte Neidsippschaft an der Backe hat, die wir vielleicht nicht mehr loswerden. Dank Internet wissen wir alles und verstehen nichts.


Wo noch vor Jahren umtriebige Unternehmer ihren Reichtum mehrten, indem sie den Markt mit Neuem fütterten, wurde kräftig geschluckt, vergrößert, weltweit gedacht. Jetzt haben wir es mit einer anderen Klasse zu tun. Es werden Wahlen manipuliert, Brexit ist so ein Beispiel, auch die Trump-Katastrophe. Die Löhne werden zu Almosen, die Arbeitsplätze prekär. Die Besitzverhältnisse sind undurchsichtig. Eine verschwindende Minderheit auf dieser Welt besitzt das meiste Geld und das meiste Land, von sonstigen Beteiligungen ganz zu schweigen. Moralische Einrichtungen wie die Kirchen, Schulen, Universitäten, Parteien und Familien sind weitgehend verstummt. Wer regiert uns also? Das sagt keiner so genau. Es wäre zu beschämend, müsste man zugeben, dass es nur das Geld ist. Macht durch Geld.


In einer Demokratie sollte man sich eigentlich vor nichts fürchten müssen. Es gibt ein Gesundheitswesen, ein Schulwesen, ein Militär, eine Polizei, eine Wohlfahrt. Merkel sprach noch von der christlich-jüdischen Wertegemeinschaft, die zahlreichen Muslime wurden vergessen. Was für ein Unsinn. Dennoch werden die Ängste größer, und ebenso das Gefühl der Machtlosigkeit. Und die Konzentration der Macht hat internationale Dimensionen angenommen. Wir Bürger sitzen am kürzeren Hebel, denn unsere Stärke liegt in der Einigung. Müssen wir Milliardäre bewundern, lieben, achten, wählen? Wir müssen mündig werden. Um es brutal zu sagen: Die Milliarden, die ganz wenige in ihren Besitz gebracht haben, gehören uns, den Habenichtsen. Es gibt kein Menschenrecht auf Reichtum. Nur ein Menschenrecht auf ein würdiges Leben. Yachten, Privatarmeen, Ländereien, Bankkonten und Ähnliches gehören nicht dazu. Einen Milliardär zur Zahlung einiger Millionen zu verurteilen, reicht da nicht aus. Aber wir fürchten uns.














Mittwoch, 10. Mai 2017

Hardcastle Crags. Der Waldschrat bin ich.

Nachdem wir einen herrlichen Spaziergang durch den Wald gemacht hatten, wollte ich mir Hardcastle Crags im Internet genauer anschauen. Meine angeborene Faulheit verführte mich dazu, die deutsche Fassung der touristischen Beschreibung nachzuschauen. Unter dem Titel "Übersicht und Beschreibung" stieß ich auf einen sprachlichen Schatz, der nicht gerade vor Hochachtung gegenüber der Sprache Schillers und Goethes strotzt.. Im Herzen Gibson Mühle, ein ehemalige Baumwollspinnerei....in dem Sie mehr über das 200-jährige Geschichte des Tales mit Verkleiden und Ausstellungen entdecken. Es gibt auch Wanderungen Themen und Führungen von Gibson Mühle genießen. Dabei kann die deutsche Sprache so genau beschreiben, worum es geht, fast bürokratisch. Wir beruhigen uns: der Sprache Molières unserer französischen Nachbarn geht es nicht besser, und auch Spanisch als Weltsprache scheint uns reichlich heruntergekommen.



Meine Aufregung über die 5 Pfund Sterling Parkgebühren legte sich schnell, als Cath mir erklärte, der Eigentümer des Waldes sei ein Trust, und der diene der Unterhaltung des Waldes. Die Yorkshire Dales sind dennoch von einzigartiger Schönheit. Was im Badischen der typische Maiwald ist, in dem Maiglöckchen wachsen und hellgrüne Buchenblätter die Sonnenstrahlen durchlassen, ist hier der Hardcastle-Wald, ein historisch gewachsener Mischwald, der unter dem wolkenlosen Himmel die Herzen höher schlagen lässt. Schluss also, mit dem Gemeckere. And, the englis länguage is not allwaeis treeted with respekt either, as we no.



Für uns lag nicht die ehemalige Baumwollspinnerei im Mittelpunkt, sondern die Vielfalt der Bäume und Blumen. Unser erster größerer Waldspaziergang war ein voller Erfolg. Wir bewunderten Bäume, die interessante Narben ihres Baumwerdens aufzeigten, oder, deren Äste oft so breit ausragten, dass die Bäume oft breiter als hoch waren.


Nach einem langen Winter mit oft eisigen Temperaturen, hatten wir das Glück, den Frühling in diesem Wald zu finden. Und, was ich in Europa noch nie gesehen habe, ganze Bluebellwiesen, Wiesen mit den hinreißenden Blauglocken.