Mittwoch, 24. Mai 2017

Manchester United, aber traurig.

Je suis Manchester, schrieb ein wohlmeinender Idiot.  Wäre das alles gewesen, man hätte sich damit abfinden können. Doch seit dem fürchterlichen Ereignis ist um Manchester der Teufel los. Ich höre hauptsächlich Radio und lebe eine Autostunde weg von Manchester. Tagelang werden jetzt immer wieder neue und alte Berichte wiederholt, zusammengefasst, mit Neuem wiederholt und dann wieder zusammengefasst. Man hört die ehemalige Schulfreundin eines Mädchens, das gerade am Telefon war, als die Nagelbombe platzte. Ihr Bericht in allen Ehren, doch, was hat der mit Manchester zu tun?


Ich sehe jetzt eine Walze des Protestes auf mich zurollen. Wie herzlos kann man sein? Es gab immerhin 22 Tote. Und die vielen Angehörigen der Opfer. Ehrlich gesagt: mir ist die Totalberieselung unschuldiger Unbeteiligter allmählich zu viel. Wer kann behaupten, die Masse der Medienbenutzer und Interneteinschalter seien an jedem Detail interessiert? Da ist sie wieder, die Walze. Wie kann man gegen solches Beriesele überhaupt aufmucken? Manchester geht uns alle an. Je suis Manchester.

Sorry, das Alhambra steht in Bradford.

Richtig. Alle Wege führen nach Manchester. Bis die nächste Katastrophe zuschlägt. Das kann überall sein. Theresa May denkt sogar, dass der nächste Schlag noch einmal Manchester treffen könnte. Wie kommen wir aus diesem Teufelskreis wieder heraus, ohne in einen neuen zu stolpern? Wir müssen doch irgendwann die Möglichkeit haben, auzusteigen. Die deutschen Medienbeobachter haben für das, was gerade mit Manchester geschieht, eine treffende Bezeichnung: Abfrühstücken. Bis der Medientisch leer gefressen ist. Was dann? Dann warten wir auf das nächste Frühstück. Ist das nicht irgendwie ungesund?

Was nicht entstehen darf, ist der Zynismus. Die Opfer müssen bedauert und betrauert werden. Vorurteile dürfen nicht noch bestärkt werden. Die Hilfsbereitschaft soll nicht behindert werden. Und die aktuellen nationalen Tagesfragen (Wahlen, Fussball, Rugby, Brexit, Wetter, Inflation usw.) und die speziellen Manchesterthemen sollen nicht zu kurz kommen. Also wird weiter gefrühstückt. Die Angst, die allmählich in uns hochkriecht, sagt uns, dass es uns auch treffen kann, obwohl wir die statistischen Chancen  kennen.


Bei meinem letzten Besuch in Manchester, kurz vor dem Lostreten der Bombe, war  Manchester besonders aufgeräumt. Ausstellungen, Ereignisse, Treffen mit Cathies Neffen Calum, der in Manchester studiert. Wir machten ein Steam Punk, einen Straßenauftritt in Verkleidung und hatten jede Menge Spass. Wir dürfen uns solche Freuden nicht systematisch versauen lassen. Also, ihr Macher in den Medien, lasst es irgendwann gut sein. Wir brauchen das ständige Wiederholen von taurigen Tatsachen nicht. Irgendwann hat jeder einmal den Kanal gestrichen voll. Manchester ist abgefrühstückt. Es reicht jetzt.






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