Donnerstag, 30. Januar 2014

Demenz? Ja, ich erinnere mich!

Mein geliebter Enkel, als er zwei Jahre alt war, kletterte auf die Liege, auf der seine Uroma sich ausruhte und küsste sie (unaufgefordert) auf den Mund. Sie war über 90, und ihr Glück war unbeschreiblich. Ich weiß nicht mehr, seit wievielen Jahren mich niemand mehr so geküsst hat, sagte sie. Mein Enkel ist ein junger Mann geworden, edel und gut erzogen. Seine leicht demente Großmutter fand zurück ins Leben, wenn auch für einige Augenblicke. Sollte sein Großvater einst in das Nirwana von Alzheimer eintreten, wünscht er sich auch einen solchen Kuss.


Demenz, Parkinson, Alzheimer, alles medizinische Bezeichnungen für etwas, das es immer schon gab und heute wie eine Bedrohung daherkommt. Die Anzahl der Demenzkranken soll sich in den nächsten 20 Jahren mehr als verdoppeln. Ich erinnere mich, dass es immer wieder Menschen gegeben hat, die neben der Spur waren. Selten wurde eine medizinische Bezeichnung dafür gefunden. Heute weiß man natürlich mehr. Parkinson nimmt einen gewissen, meist bekannten Verlauf. Alzheimer ist schon etwas schwerer zu beschreiben und Demenz, der Oberbegriff, weckt Assoziationen, die in den Bereich des Alltags hineinreichen. Wenn man gewisse Erscheinungen wie die Verflachung der Fernsehprogramme oder flagrante Auswüchse der bürokratischen Art betrachtet, könnte man befürchten, dass ganze Gesellschaften vergreisen und der Demenz anheimfallen.

Sag mir wo die Blumen sind....

Der Umgang mit Demenzkranken scheint es zu sein, der überholungsbedürftig ist. Wir müssen gesellschaftliche Formen finden, die  das Altwerden erleichtern und menschlicher gestalten. Abschieben in ein Pflegeheim ist nicht immer die richtige Lösung, sondern Verständnis, Zuwendung, Nachbarschaftshilfe und menschliche Nähe. Das erfordert ein totales Umkrempeln unserer Gesellschaft. Oft machen sich die Mediziner nicht einmal mehr die Mühe, sich die Symptome genauer anzuschauen. Medikation ist auch so eine Sache: manchmal hilft sie, manchmal nicht. Was helfen kann, ist der Einsatz aller. Das Problem wird immer größer, und die Menschen werden immer älter. Die bekannte Praxis des Abschiebens hilft nichteinmal bei Flüchtlingen. Auch sie werden immer mehr.  Was wollte ich eigentlich sagen? Ich habe kein Rezept, aber bemühen müssen wir uns, sonst verfällt unsere Gesellschaft immer mehr der allgemeinen Demenz.










Mittwoch, 29. Januar 2014

Wir gehn nach Indien - mitten im Winter

Ein Bekannter kam vor etwa 30 Jahren von einer Indienreise  zurück. Sein Kommentar: nie wieder! Diese Armut. Dieses Elend. Die mangelnde Hygiene. Was er wohl meinte: die unglaubliche Nähe, mit der die Menschen dort miteinander umgehen. In Europa hält man Distanz. Armut, Elend und Schmutz gibt es auf unserem Kontinent ebenfalls. Nur auf höherem Niveau. Vielleicht ist auch der europäische Schampegel etwas niedriger angesiedelt.

Pass auf dich auf!

Ich war gerade zum erstenmal nach Indien geflogen. Wurde eingeladen und hatte in Madras zu tun. Heute nennt sich die Stadt am Golf von Bengalen Chennai. Ich traf dort viele interessante Menschen, vom Gouverneur von Tamil-Nadu, über Medienspezialisten bis zum Guru, der mich in der halbstündigen Begegnung, bei der Besichtigung eines Tempels in Belur alles Elend hat vergessen lassen. Soviel Weisheit des Alters bin ich in Europa noch nicht begegnet. Und die wenigen Bauwerke, die weltweit wirklich bekannt sind, wie das Taj Mahal oder der Windpalast von Jaipur, stehen für die unzähligen anderen Zeugen einer jahrhundertealten Baukunst. Reichtum und Vielfalt, Schönheit und Kunst könnte man ebenso hervorheben. Dass ein Land ein Entwicklungsland ist, leuchtet ein. Aber was ist Entwicklung? Die Magie eines ganzen Subkontinents hatte mich erfasst. Die geistige Kraft Indiens, da, wo sie noch wirksam ist, hält mich seitdem im Bann.





Dreimal habe ich es geschafft, nach Indien zu kommen. Jetzt steht der nächste Besuch bevor. Ich gehe mit Cath nach Bangalore, wo sie vor 500 Frauen sprechen wird. Dann machen wir einen Abstecher nach Bombay, das heute unter dem neuen Namen Mumbai bekannt ist: Bollywood, die größte aller Filmfabriken, die Gateway of India, durch die die Briten ihre Kolonie endgültig verlassen haben, die Elefanteninsel, nur 1 Stunde mit der Fähre entfernt: auf das alles freue ich mich. Vieles ist seit meinem ersten Besuch hier geschehen: Aber der etwas pompöse viktorianische Bahnhof, der heute Chhatrapati Shivaji Terminus heißt, kurz, CST, ist immer noch eine jener zahllosen Sehenswürdigkeiten Mumbais.



Das Unerwartet-angenehme an Indien, wenn man aus dem kalten Europa kommt, ist auch die Temperatur von knappen 30°C, ohne, dass der Monsun schon eingesetzt hat. Sandalen und Sommerhosen sind dann angesagt. Doch wird die Begegnung mit großartigen Menschen wieder im Mittelpunkt stehen. Vegetarische Küche, ohne Alkoholgenuss, gehört dann auch wieder dazu. Man soll nie wieder nie wieder sagen.




Montag, 27. Januar 2014

Ob die Kirche das verkraftet?

Es ist gut, wenn jemand an etwas glaubt, zum Beispiel an Gott. Wenn es aus eigenem Antrieb geschieht, hat eine überzeugende Kraft gewirkt. Dann steht auch nicht die anerzogene Furcht vor Gott, oder den Göttern, im Vordergrund, sondern die Neugier: man will wissen, was "da oben" los ist. Oder ist es doch so, dass die angeborene Angst vor den Naturgewalten, Feuer, Wasser und Tod, die Bewunderung der Größe und Schönheit der Natur, vor allem im Frühling, den Menschen immer dazu brachte, bescheiden aufzutreten und die (oft selbsternannten) Oberen ihr grandioses Spiel spielen zu lassen? Man denke darüber was man wolle. Wir kennen alle den Missbrauch, der Jahrhunderte überlebt und, ganz leicht erkennbar, sich in prunkvollen Uniformen auch heute noch selbst gestaltet.
Zu dieser prunkvollen Autorität gehört natürlich die totale Aufgabe jeder Bescheidenheit, das gravitätische Verfassen von Verhaltensregeln mit moralischem Anstrich und die konkret formulierte Androhung von Strafen. Dabei wird das Fegefeuer Vorstufe zur Hölle, aber auch zum verzeihenden "Redenwirnichtmehrdavon".
 

Aus Rom hört man jetzt neue Töne: der noch neue Papst, der anderen die Füße wäscht, möchte seine Schafe zum demokratischen Mitdenken anregen. Die Gläubigen sind aufgerufen, ihre Meinungen per Internet zum Ausdruck zu bringen. Erste Äußerungen des katholischen Fußvolkes lassen Kolossales befürchten. Die roten und schwarzen Gewänder der kirchlichen Hierarchie scheinen keine Ehrfurcht mehr einzuflößen. Der Weihrauch scheint verraucht zu sein. Das Unerotische an den Dogmen scheint aufzuzeigen, wie abgegriffen das Ganze schon lange ist.

Kommen wir zur Sache: Geschlechtsverkehr unter Unverheirateten. Scheidung von kirchlich getrauten Paaren. Masturbation, Verhütung, Ehebruch, Priesterzölibat, Homosexualität, Pädophilie, Schwulenpartnerschaft (wurde etwas vergessen?). Sie alle sind jetzt plötzlich heiße Eisen, die Franziskus endlich anfassen möchte? Wir wissen es nicht, und, Glauben ist nicht wissen. Also warten die Schäflein auf das, was bei diesem Exercitium herauskommen wird. Bis auf diejenigen, die schon lange denken und tun, was sie wollen. Sie scheren sich nicht mehr um Einzelheiten. Eine längst überfällige Anpassung an die Realität kann aber auch der katholischen Kirche eher nützen.

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Samstag, 25. Januar 2014

Warum ist es plötzlich so dunkel?

Ich friere. Beim Lesen fallen mir die Augen zu. Die Geräusche, die ich höre, beunruhigen mich. Ich muss an meine Eltern denken, die schon lange nicht mehr leben. Was lese ich eigentlich? Niemand sagt es mir. Ich kann mich nicht mehr konzentrieren. Habe ich die Steuererklärung wirklich erledigt oder träume ich das nur? Ja, die Teuerung, wenn man in den Laden geht. Butter unter 1.45 € habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Auch Weihnachten war diesmal so kalt und windig. Der Glanz in den Schaufenstern war nicht für mich bestimmt. Der Januar kann so unfreundlich sein.


Dieses Rauschen in den Bäumen, ich habe es gehört, als man einen Toten im Gebüsch fand. Seitdem höre ich es immer wieder. Auch Kerzen bringen keine Wärme. Muss ich mit dem Ende rechnen? Hilft mir niemand, weniger depressiv zu sein? Warum spricht mein Freund so laut zu mir? Warum bleibt er nicht auf ein Glas Wein? Ich will mir keine Fragen mehr stellen. Die Antworten: ich kenne sie alle. Ja, ich erinnere mich, dass nicht alles, was hinkt, ein Vergleich ist. Aber man wird fragen dürfen. Es hinkt so vieles. Auch in der Politik, für die ich kein Interesse mehr zeige. Habe ich mich je dafür interessiert?
Gang in eine andere Welt

Jetzt eine warme Suppe, das wäre schön. Von Reich-Ranicki hört man nichts mehr. Auch von Loriot nicht. Seine Nudel, die von Evelyn Harmann so katastrophal angestarrt wurde, sie muss weggerutscht sein. Gibt es noch stichhaltige Gründe zum Lachen? Vielleicht hilft eine heiße Dusche? Was für Gründe gibt es denn noch, eine Reise nach Indien zu planen? Auch dort wird es dunkel sein. Also bleibe ich wo ich bin. Ich sehe schwarz. Das war nicht immer so. Jetzt hat auch sie einen merkwürdigen Blick, wenn sie mich anschaut. Ist das der letzte Blickkontakt? Das kann es nicht gewesen sein. Ich brauche noch etwas Zeit. Einen Aufschub, bitte! Warum friere ich? Warum ist es plötzlich so dunkel??

Freitag, 24. Januar 2014

Wiener G'schichten - der Tanz der rechten Vampire

Also, wenn ich den Holocaust leugnen möchte, muss ich nicht auf einen Ball gehen, der schon fast berüchtigt ist, weil er die Rechtslastigen Europas und Österreichs in der alten Wiener Hofburg zusammen bringt. Die Deutschen schämen sich zwar mehrheitlich immer noch für das rechte Gedankengut, das am Ende des Zweiten Weltkrieges Schiffbruch erlitten hat, aber natürlich auch noch grassiert. Österreicher können so etwas leichter beiseite schieben, denn ihr Landsmann Adolf hat ihnen den Anschluss schließlich aufgezwungen. Da verarbeitet man die rechte Vergangenheit schon etwas schneller. Und wer, bitteschön, kann etwas gegen eine so liebe Tradition wie die Wiener Winterbälle einwenden?

Heute, am 24. Jänner (wie der Österreicher sagt) ist es wieder soweit: um die Hofburg herrscht ab 16h30 Vermummungsverbot, und 2000 Polizisten müssen die Rechtsherumtänzer vor den zu erwartenden antifaschistischen Protestlern schützen. Auch der Chef der FPÖ, HC Strache, ein ganz Rechter, will mittanzen. Der sogenannte Akademikerball hat Tradition, wie fast alles, was in Wien so geschieht. Dass eine Marine Le Pen auch kommen soll, spricht Bände. Sie ist die Tochter eines Franzosen und berüchtigten Links-Hassers, und ebenso verbohrt wie der Herr Vater. Andere trauen sich nicht so weit vor, denn manche Opfer und Zeugen der Nazigrauen leben noch, und eine gewisse Scham der noch nicht vergessenen Geschichte gegenüber wäre angebracht. Viele werden sich mal wieder fremdschämen.

Entartete Kunst für lebensunwertes Menschenmaterial?

Wer hätte gedacht, dass der süße kleine und vergoldete Johann Strauss im Wiener Stadtpark mit seiner goldenen Geige auch für solche Tänzer aufspielen muss? Hoffentlich machen die zu erwartenden Demonstranten recht viel Lärm, damit den rechten Seiltänzern die Lust vergeht. Aber, bitte, keine Gewalt, damit die Nazisozialisten sich nicht noch mehr solidarisieren können. Das versuchen sie zwar immer wieder, doch ihr Nazionalstolz hat da natürliche Bremsen eingebaut! Ich gehe auch hin und protestiere laut.


Donnerstag, 23. Januar 2014

Hassprediger aller Länder, vereinigt euch!

Ihr habt ja sonst nichts besseres zu tun. Seit Jahren versuche ich, dem Phänomen der Hasspredigt auf die Spur zu kommen. Folgende Ingredienzien scheinen mir dazu zu gehören:
- dass es welche gibt, die sich solche Hasstiraden gerne anhören;
- dass manche Gehirne besonders anfällig für Fanatismus sind;
- dass sich Gutgläubige gerne einen Bären aufbinden lassen;
- dass das Selbstbewusstsein mancher gestört ist;
- dass man seinen Frust gerne bei Minderheiten ablässt;
- dass es welche gibt, die rein rhetorisch Einfluss auf andere nehmen können.


So gesehen, war Adolf Hitler einer der Größten. Wenn er seine wohlgesetzten Reden beendet hatte, brauste die Zustimmung in frenetischen Heilrufen über den Platz. Doch muss sein Propagandameister Joseph Goebbels der bessere Hassprediger gewesen sein. Rhetorisches Talent, gepaart mit demagogischer Wucht, so übte er seinen Job als Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda aus. Dabei konnte kaum jemand dieses Rattengesicht ertragen. Nur die Tatsache, dass er (noch) nicht täglich im Fernsehen zu sehen war, hat die Menschen davor bewahrt, alle auf seinen Leim zu gehen. Manche nannten ihn wegen seines Klumpfußes auch Humpelstilzchen oder Schrumpfgermane.

Man darf diese geschichtlichen Ereignisse nicht vergessen, die zum totalen Krieg geführt haben, den Goebbels 1943 im Berliner Sportpalast so publikumswirksam ausgerufen hat. Heute machen solche Tiraden die sogenannten Hassprediger, von denen es nicht nur bei den Salafisten eine ganze Menge gibt. Man muss sogar befürchten, dass es heute durch die Allgegenwart der Medien leichter ist, die Massen anzusprechen und zu verscheißern. Stimmt es, dass der Mensch viel glaubt, aber wenig weiß? Das Bildungsniveau, hoch oder niedrig, ist immer anfällig für Gemeinplätze, die auf der Verunglimpfung anderer beruhen. Sonst gäbe es heute übrigens nicht so viele Verleumdungsprozesse.


Wie leicht fällt es den Medien, Ängste zu schüren, auch wenn sie es nicht wollen. Heute sind es Epidemien, grippale Infekte, Morgen der Klimawandel und Übermorgen ganz neue Gewalt, Amoklauf oder Al-Qaeda, wie ihn ein gewisser Osama bin Laden konzipiert hat. Und, es gibt weltweit genügend Anhänger und Gläubige für jeden Blödsinn, wenn er sich nur verständlich darstellen lässt. Diese Verbalattacken richten sich immer gegen Minderheiten und Schwächere, egal, aus welcher Ecke sie kommen. Deshalb ist politische Korrektheit, unter Beachtung des gesunden Menschenverstandes unbedingt notwendig. Dann kann man sich getrost als vegetarisch-schwulen Judenkannaken mit afrikanisch-asiatischen Muslimwurzeln bezeichnen, dessen Lieblingsbeschäftigung Bettnässen und Liebstöckel-riechen sind. Und nichts passiert. Oder so. Mut, gegen Hass und Angst aufzustehen. Das haben Hassprediger nicht gern. 

 

England vor der Wahl?

Wahlen sind etwas sehr Demokratisches, das aber mit Glanz und Gloria missbraucht werden kann und immer auch wird. Man denke an den "demokratischen" Vormarsch der NSDAP in den Dreißigerjahren. Der schöne Gedanke, dass das Volk zu bestimmen hat, was in einem Land so läuft, wird oft zu einem hässlichen Austausch von Tiraden, deren einziger Zweck die Legitimierung dunkler Absichten ist.

Als die Konservativen in Großbritannien die Labourregierung ablösten, kam David Cameron an die Macht. Demokratisch, natürlich. Er hatte es bisher nicht leicht, denn die Briten sind ein kritisches Volk, das sich so schnell nicht ein X für ein U vormachen lässt. Schottland: warum wollen die Schotten sich per Referendum aus dem Empire verabschieden? Neben vielen historisch gesehenen Gründen deshalb, weil ihnen die Politik in London nicht schmeckt.

Ähnliche Überlegungen führen den politischen Überlebenskünstler Cameron dazu, Europa mit einer Abstimmung über den Austritt aus Europa zu drohen. Die potenzielle Mehrheit im Lande ist angeblich dafür. Dabei es auch in anderen Ländern leicht, etwa in Bayern, gegen Brüssel anzustänkern. Brüssel ist angreifbar. Die angebliche Harmonisiersucht der EU-Maschinerie besteht aus den notwendigen und den überflüssigen Gründen. Das wissen wir, seit man sich in Brüssel allzuzehr den Kopf zerbrochen hat, wie die Krümmung der Banane oder der Gurke in die europäische Landschaft passen kann. Zurecht sagen die einen, dass die Vielfalt Europas erhaltenswert ist. Die anderen wollen einen zersplitterten Kontinent zusammenschweißen. Was denn jetzt? Liegt die Lösung nicht irgendwo in der Mitte?


Großbritannien, das den europäischen Kontinent immer noch gerne als "Übersee", also "overseas" versteht, ist gegen den gefühlten Willen eines Genral de Gaulle damals schließlich beigetreten. Seitdem wird man das Gefühl nicht los, dass das ehemalige Weltreich durch diese Mitgliedschaft nur die Möglichkeit des Mitregierens gesehen hat, was zwar legitim ist, jedoch außer Acht lässt, dass noch über 20 andere Europäer der unterschiedlichsten Art mitregieren wollen. Und die Macht des Britischen Reiches ist wirtschaftlich nicht so groß, dies länger zu rechtfertigen. Also sagen sich die anderen: Stimmt nur ab. Ihr werdet schon sehen, was dann passiert: das Land fällt wirtschaftlich noch weiter zurück, isoliert sich weiter und verliert dann auch noch nach und nach den Bankeneinfluss, sowie die europa-orientierten Großkonzerne, die sich kinderleicht auch in Deutschland, Frankreich oder Rumänien ansiedeln können. Braucht Europa Großbritannien? Zweifel sind erlaubt.

Die Ewiggestrigen

Kann es sein, dass England eine Umorientierung benötigt? Ist Cameron der überragende Führer einer Nation, die sich oft durch den gesunden Menschenverstand ausgezeichnet hat? Die Kirche im Dorf lassen, wäre die kontinentale Gegenvorstellung. Kann es sein, dass, solange das Vereinigte Königreich Mitglied in der EU ist, auch die anderen ein Wörtchen mitzureden haben? Also, macht es nicht so dramatisch. Denkt nach! Die Themse ist nicht der Nabel der Welt. Kapiert das endlich!









Montag, 20. Januar 2014

Es war eher ein Fraß!

Lucullus, der römische Feldherr, der 56 vor Christus starb, hätte sich eher kastrieren lassen, als etwa in der Küche einen Löffel zu rühren. Dennoch gilt dieser Feinschmecker mit seinen ausgedehnten Festmählern heute als der Vater der Esskultur. Lukull gewährt seinen Namen allem, was  mit Ehrgeiz die gehobene Küche propagiert. Ein lukullisches Mahl steht für üppigen Genuss, auch heute noch. Mit Steckrüben, Schwarzwurz und Rotkraut hat die moderne Kochkunst heute aber wenig am Hut.


Kein Wunder, dass der Humor in Zeiten der Not über weite Hungerstrecken helfen musste. "Es geht alles vorüber, es geht alles vorbei" sang man am Ende des Zweiten Weltkrieges in Deutschland, "Am ersten Dezember gibt's wieder ein Ei". Auf Lebensmittelkarte, wie so manches, was zur Grundnahrung zählte und rationiert war. So schrieb eine Karola Moll ein Kochbuch unter dem Titel: "Der heruntergekommene Lucull", das zur rechten Zeit im verhungernden Westdeutschland auf den Markt kam, um verzweifelten Hausfrauen auf die Sprünge zu helfen.

Ich selbst hatte eine viel bewunderte Tante, die damals aus einem alten Schuh mit etwas Zuckerersatz und einer vergammelten Kartoffel eine Linzertorte herstellen konnte, die auch noch schmeckte. Das Wort "Sternekoch" gab es damals noch nicht, aber für missratene Gerichte, die nach Leinöl stanken, gab es schon allerhand euphorische Bezeichnungen. Auch meine Yorkshire Gemahlin weiß von ihrem Vater zu berichten, dass man in England eine undefinierbare Speise gerne mal "a dead man's leg" oder so ähnlich nannte, um über die Dürftigkeit der Nahrung besser hinwegzukommen.

Karolas Buch ist 1947 in Hamburg erschienen. Es ist der Nachkriegsmisere entsprechend kartoniert, beruft sich jedoch auf einen Göttergatten namens Lucull, einen Abkömmling des römischen Feldherren, den zu bekochen ihre schwere Aufgabe war. Mit Hilfe von Steckrüben, Salzheringen (wir sind in Hamburg!) und Sardellenpaste, dazu vielleicht, Jagdwurst, (wenn der Luxus plötzlich ausgebrochen war), versuchte sie, dieses Ziel zu erreichen. Lakonisch, nicht lukullisch, beschrieb sie ihre Rezepte, die heute ein gerührtes Lächeln hervorrufen.


Statt all die Zusatzstoffe, die in den Supermärkten fast unleserlich auf den aufgemotzten Dreisterneartikeln prangen, zur Verfügung zu haben, muss sie Tante Mathilde um Rat fragen und was es eben so gibt zu Essbarem verarbeiten. Da kochen schließlich schwieriger ist, als essen (so die tapfere Autorin), geht es vor allem um die Herstellung, nicht so sehr um den Genuss.  Das sieht dann so aus: Leberknödel: 10 - 12 alte Semmeln, Salz, 3/8 bis 1/2 l Milch, 250 bis 375 g Rindsleber, 1 kleine Zwiebel, 1/2 bis 1 Eßlöffel Majoran, 2-3 Eier. Die feingeschnittenen Semmeln salzen, mit heißer Milch übergießen, zugedeckt ziehen lassen. Die gewaschene Leber häuten, mit Zwiebel zweimal durch die Fleischmaschine drehen, mit den Eiern und den übrigen Zutaten mischen, verarbeiten, zu Knödeln formen und in kochendem Salzwasser langsam 15-20 Minuten ziehen lassen. Für Serviervorschläge hat es nicht mehr gereicht.

Oder: Brotsuppe. Brot in Buttermilch schneiden, aufkochen, durchrühren. Zucker und Salz dran. Kann auch mit Magermilch zubereitet werden. Die Liste der Köstlichkeiten ist fast unerschöpflich, die Illustrationen von Woldemar Hörnig sind mit feinem Humor angereichert.
Apfelmus zu grünen und weißen Bohnen.
Armer Ritter.
Brotpudding.
Grütze mit Sauerkraut oder Salzgemüse. Und so weiter. Wem läuft da nicht das Wasser im Munde zusammen? Das Kochbuch sah ich bei Freunden. Es weckt schaurige Erinnerungen. Ein wahrer Schatz für schlechtere Zeiten, die hoffentlich nie mehr eintreten werden.






Freitag, 17. Januar 2014

Zentralafrika - Bossangoa und die Ärzte ohne Grenzen

Es gibt Länder, da möchte man nicht hingehen. Die Zentralafrikanische Republik, im Herzen Afrikas, macht gerade viel von sich reden. Man kapiert nur wenig: über eine Million Menschen, ein Fünftel der Bevölkerung, auf der Flucht, sich bekämpfende Milizen, die alles niedermachen was sich ihnen in den Weg stellt. Eine undemokratische Regierung, deren Ordnungskräfte nur bis an die Grenzen der Hauptstadt Bangui reichen, ein total HIV-verseuchtes Land. Fast das ärmste unter den ärmsten Ländern. Ein Übergangspräsident wird gesucht, die feindlichen rebellischen Lager von Christen und Muslimen, schlagen sich hasserfüllt die Köpfe ein. Man spricht von unerhörten Grausamkeiten, sogar von um sich greifendem Kannibalismus. Französische und afrikanische Eingreiftruppen werden erwartet, aber um was zu tun? Ein Land am Rande des Untergangs.


Beim nördlichen Nachbarn Kamerun habe ich vor Jahren einige Tage verbracht, zusammen mit meiner damals noch blutjungen Tochter Natascha. Kamerun gleicht einer Insel des Friedens, verglichen mit Zentralafrika. Natascha hatte sich in den Kopf gesetzt, tropische Krankheiten aus der Nähe zu studieren, denn sie wollte Ärztin werden. Also arbeitete sie mehrere Monate in einer winzigen Buschklinik, deren Chef ich mir damals als ängstlicher Vater genau angeschaut habe. Ein langer Marsch unter der gleißenden Sonne brachte uns schweißgebadet dort hin. Schweren Herzens ließ ich meine Tochter dort zurück, nicht ahnend was sie erwartete. Kurz gesagt, sie brachte mehrere Buschkinder zur Welt, wickelte sie in die Kleider der Mütter ein und entließ jeweils Mutter und Kind in den Urwald. Für Natascha war dies eine heftige aber nützliche Erfahrung, die sie für ihren späteren Beruf als Chirurgin ein gutes Stück voran gebracht hatte. Spätestens seit dieser Zeit ist der Vater auch etwas stolz (stark untertrieben) auf seine Tochter.

Oh, Natascha!

Wir drehen die Uhr weiter: es sind Jahre vergangen, Natascha hat selbst drei Kinder geboren und vieles andere gemacht, zum Beispiel, vor nicht langer Zeit als Ärztin ohne Grenzen in Pakistan gearbeitet. Die Kinder sind aus dem Gröbsten heraus, können, zusammen mit ihrem Vater, sich selbst
ernähren und den Hund Rocco gemeinsam trösten, wenn Natascha nicht zuhause ist. Das wäre alles recht schön, es jedoch idyllisch zu nennen, wäre daneben gegriffen. Wer eine quirlige Tochter hat, kommt auch als Vater nie zur Ruhe. Vor wenigen tagen kündigte sie telefonisch an, sie würde für einen Monat nach Bossangoa gehen. Ich kenne afrikanische Orte, wie Ngaundere in Nordkamerun, Marrakesch in Marokko, von mir aus auch Hammamet in Tunesien, aber Bossangoa, davon hatte ich noch nie gehört. Sie geht demnächst in die Zentralafrikanische Republik und wird wieder als Ärztin ohne Grenzen in einem Krankenhaus in Bossangoa arbeiten. Was man als Vater nicht so alles erlebt. Aber der väterliche Stolz muss ja von irgendwo herkommen, doch wie's da drinnen aussieht, geht niemand was an. Mach's gut, Mädel!

Gut gemacht, Mädel. Wir erwarten dich back home.


Mittwoch, 15. Januar 2014

Eine Affaire mehr oder weniger, was solls?

Die Medien scheinen immer noch anzunehmen, die Liebesaffaire eines politischen Alphatieres enthielte den notwendigen Sprengstoff um Regierungen stürzen zu lassen oder die allzeit bereite Empörung auszulösen. Dem ist beileibe nicht so, wie wir gerade wieder  haben erleben dürfen. Der französische Präsident ist offensichtlich nicht über seine letzte große Pressekonferenz gestolpert, wo Beobachter im Vorhinein ein Massaker vermutet haben. Denn, solange ein französischer Präsident nicht Knaben schändet oder zu den Mormonen überläuft, muxen seine Wähler nicht auf, und alle internationale Mitempörung verläuft im Sande. Präsidentenaffären sind in la douce France eine Selbstverständlichkeit. Francois Hollande hat sich mit einiger Würde aus seiner Affaire gezogen.

Zum Glück, nicht alle.

In Großbritannien laufen solche Dinge anders: Hat er, oder hat er nicht? Warum der Konsument dort wissen muss, welche Farbe die Unterhose eines Liebespartners hatte, ist für die Medien wichtig zu wissen. Das Puritanische im Engländer funktioniert da noch heftig. Moralische Empörung über Fehltritte von Politikern ist garantiert, wenn überhaupt davon etwas ans Tageslicht kommt. Das tut es aber meist nicht. Bei Knabenschänderei und Ähnlichem jedoch hört der Spass auf. Da muss man jedes Detail erfahren, sonst tut die Presse nicht ihre Pflicht. Für wirtschaftliche Shortcomings etwa, ist dieses immer ein gefressenes Täuschungsmanöver. Religiös kann ein Politiker machen was er will, solange er nicht an den Teufel glaubt.

In Deutschland gehen die Uhren ganz anders. Der Puritanismus bleibt unsichtbar. Die Seehoferaffaire - wie putzig! -  wurde nicht nur weggesteckt, sondern auch vergessen und vergeben. Auch das ging eigentlich niemand etwas an. Ansonsten empört man sich über Bestechung, Lügen, Umfallen, Schweigen und Habgier. Angela Merkel eine Affaire anzuhängen, etwa mit Francois, das geht gar nicht. Auch ihr freundliches Lächeln, genau 5 cm entfernt von Obamas Gesicht, wer denkt da an Erotisches? Das geht (auch) ganz und gar nicht. Empörung über das Scheitern von No-Spy-Abkommen mit den USA, da müssen wir erst abwarten. Vielleicht spionieren sie ja nicht mehr ganz so unverschämt.

Kommen wir zu den Vereinigten Staaten: Sehr vereinigt, wenn es darum geht, Illusionen zu nähren. Wir sind immer noch die Größten. Die Mächtigsten. Die Attraktivsten. Die Reichsten. Die Klügsten? Der Rest der Welt ist unterentwickelt. Dass man sich da nicht täuscht. Europa könnte, wenn es wollte: verhandlungsmäßig die USA am verlängerten Arm zappeln lassen. Datenaustausch sollte nicht zur Einbahnstraße werden. Herumspionieren bei Freunden macht aus diesen allmählich Feinde. Am besten, denken viele, man redet nicht darüber. Zu viel Boykott kann auch den Amerikanern zu schaffen machen. Niemand braucht Cokacola, oder wie das Zeug heißt. Den Dollar eigentlich auch nicht. Die alten Straßenkreuzer haben sich auch längst selbst erledigt. Ein amerikanisches Gesundheitswesen existiert nichteinmal. Wird Amerika noch gebraucht? Und, was die Moral betrifft: Ist es schon mal jemandem aufgefallen, dass der nackte Mann im amerikanischen Film allenfalls von hinten gezeigt wird? Oder hat schon einmal jemand einen solchen im Hollywoodfilm von vorne gesehen? Das sollte uns zu denken geben!







Montag, 13. Januar 2014

Hunde ziehen den Schwanz ein, Männer werden komisch

Seit Jahren versuche ich die Formel für das Vorrücken der Frauen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu finden. Viele argumentieren schon lange in diese Richtung, aber man vermutet manchmal, dass die "Kassandrarufe" der Männer eher unbegeistert hervorgestoßen werden. Es werden unheilvolle Anzeichen ausgemacht: nicht nur haben wir in Deutschland eine Kanzlerin, sondern jetzt auch eine Verteidigungsministerin. Auch in anderen Ländern bewegt sich was. Gleich kommt der Angstschrei "Wo bleiben die Männer? Gibt es nicht genug davon? Für mich geht der Ton dieser Debatte total daneben.

Wir Männer haben das doch alles hervorgerufen. Es ist schon lange höchste Zeit, die Frauen nicht nur ranzulassen, sondern sie behutsam in alle männlichen Geschäfte einzuführen. Wir sind nur eine Hälfte der Menschheit, und sicher nicht die bessere. Was haben wir alles falsch gemacht und was machen wir immer noch falsch. Zäh und zögerlich lassen wir die Frau in Positionen, die wir nicht aufgeben wollen und die wir nicht mehr halten können. Wir wissen alle, was gemeint ist. Einzelheiten interessieren nicht.

Die Dummheiten der Politik sind bekannt. Auch die Praktiken der Wirtschaft und vor allem des Bankenwesens. Dabei sagt man ohne mit der Wimper zu zucken der Frau mehr Flexibilität, mehr gesunden Menschenverstand und mehr Güte nach. Bei der Habgier und Raffsucht bin ich mir nicht so sicher, wer die Nase vorn hat. Ich freue mich aber immer, wenn eine dickbäuchige, glatzköpfige, mercedesfahrende Position an das andere Geschlecht weitergegeben werden muss. Bei mir fing es damit an, dass ich fünf Jahre für eine Chefin gearbeitet habe. Sie war als Politikerin genau so intelligent wie alle ihre männlichen Vorgänger. Nie hat sie die Muskeln spielen lassen, sondern immer viel Verständnis gezeigt. Auch mit dem Humor ging sie gelassen um. Sie konnte ausgelassen lachen.

Der Weg zur Frauenherrschaft ist noch sehr weit. Wir, Männer und Frauen, müssen alles tun, um das zarte Geschlecht von all dem Staub der Vergangenheit zu befreien. Frauen kann man nicht mehr als Hexen verbrennen. Man kann nicht mehr behaupten, sie seien schlechte Autofahreninnen und könnten nicht rückwärts einparken. Sie dürfen genau so hässlich sein, wie ihre männlichen Gegenstücke, denen es übrigens schnurzpiepegal ist wie sie aussehen. Frauen sind keine potenziellen Gegner des Mannes, sondern oft ganz herrliche Geschöpfe, denen man alle Türen öffnen sollte. Auch die hochreligiösen in der katholischen Kirche. Für mich wäre eine Päpstin keine Heresie, sondern der Beweis, dass alles in Ordnung ist.



Sonntag, 12. Januar 2014

Wiener G'schichten - Schönheit hat ihren Preis.

Es ist zweifelhaft, ob Schönheit erkauft werden kann. "Ach, ist die schön!" , zieht immer. Hässliche Menschen gibt es nur wenige. Bei den meisten kann man nachhelfen. Mit allerhand Tricks. Also gehe ich am Wochendende in der Kärntnerstrasse in einen Schönheitssalon von der bekannteren Art. Meine ganz gute Hälfte ist auch dabei, denn sie will mehr Schönheit erstehen. Es kann auch sein, dass sie einen dieser Rabattgutscheine ergattert hat: 20% auf alles, wenn sie zwischen dem 10. und 25. vorbeikommen.
Auch ganz schön

Die großen Schöheitsmarken sind hier alle vertreten. Man trifft sich in einer majestätischen Halle, wo diese Firmen ihre Stände haben: Chloé, Estée Lauder, YvesSaintLaurent, Dior, Kanebo, Clinique, Molti Brown und Bobbi Brown. Ich komme gerne mit, weil es da so gut riecht und weil unsichtbar umsatzfördernde Musik aus mysteriösen Quellen ertönt. Ich als Mann habe hier wenig am Hut. Obwohl, die Brown Brüder machen für den Mann die Body-Pflege ganz schön attraktiv. Für Lippenstifte und Hautcremes, sowie für Duftwässer und Unterdergürtellinieprodukte sind eher die anderen zuständig. Hauptsächlich Frauen bedienen hier, aber auch einige Männer tun als kosmetische Zuhälter ihr Bestes. Eine Athmosphäre, die in Trance versetzen kann.

Ich warte auf meine Süße, die sich in einer Nische die Augenbrauen verschönern lässt. Das geht gefühlte 20 Minuten, während ich in dem bequemsten Sessel der gesamten Anlage sitze und einige Aufmerksamkeit auf mich lenke. Schon kommt eine äußerst Hübsche und fragt mich, ob ich etwas trinken wolle. Ich verneine dämlicherweise. Dann schwebt die nächste an mir vorbei - sie tragen alle eine dunkle Art Uniform - und grüßt mich freundlich.

Inzwischen beobachte ich die durch den Eingang hereinschwebenden Kundinnen. Da ist eine, die ihre Massen durch dunkle Kleidung geschickt zu verbergen versteht. Dann sehe ich eine, die eher verwohnt als verwöhnt ausschaut und jetzt kommt eine Dame, deren hochmodische Stöckelabsätze das Gruseln lehren. Wie kann man, und warum muss man, auf solchen Absätzen daherkommen? Wird die Männerwelt ihr es jeh danken? Die Augenbrauen von Cath sind tatsächlich durch eine niedliche und total hübsche Türkin nach 20 Minuten zu Hochform aufgelaufen.

Hier gibt es nichts zu verbessern.

Die wenigen Männer, die hier Schönheitsdienste leisten, sind ausgesprochen "goodlooking". Sie müssen ja das Verkäufercasting erfolgreich überstanden haben. Wie kleine Hähne im Korb hasten sie elegant durch die Halle. Das zieht bei Frauen. Was sie verkaufen, hat sich mir noch nicht erschlossen. Burkaträgerinnen, so sagt man mir, kommen ganz scheu eher gegen Abend. Was man an ihrer unsichtbaren Schönheit noch verbessern kann, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Ihre Männer werden wissen, wofür sie ihr Geld hinlegen.

Noch etwas: am Graben (oder war es am Stephansplatz?) steckt mir jemand einen recht religiösen Flyer auf Deutsch, Englisch und Französisch zu. Ich lese (viel zu spät für meine Begriffe): "8.12. Maria Immaculata. Die kath. Kirche feiert heute das Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria". Ich bin gerührt und stelle mir vor: Maria kehrt bei Dior oder Estée Lauder ein und lässt sich in Sachen Lippenstift beraten. Dabei findet sie auch ein passendes Haargel für den Joseph und eine Bodylotion für den lütten Jesus. Haben wir es nicht sehr weit gebracht? Wir können über unsere eigene Schönheit bestimmen. Das hat uns noch gefehlt.



Donnerstag, 9. Januar 2014

Igittigit - Frauen, Männer

Da outet sich einer und alle jubeln. Thomas Hitzlsperger, alle kennen ihn plötzlich, obwohl ich zugeben muss, dass VfB Stuttgart und Fussball allgemein nicht meine Aufmerksamkeit haben. Alle Achtung, Thomas (ich darf doch Thomas sagen?), das hast du gut gemacht. Es soll ja immer noch Männer geben, die so hetero sind, dass sie alles Schwule weit von sich weisen. Solche Berührungsängste haben Frauen im Allgemeinen nicht. Ich persönlich darf von mir annehmen, dass ich nicht schwul bin. Oder doch? Oder doch nicht? Wen juxt's?


Wenn Frauen als Sexbomben auftreten, vermutet jeder, dass sie heterosexuell sind? Sind sie das immer? Wer hat eigentlich das Märchen aufgebracht, dass Männer und Frauen unter allen Umständen das andere Geschlecht bevorzugen müssen? Also, wenn es um die eigentliche Sache geht, ist mir das sehr recht. Aber, muss ich um jeden Preis so tun, als würde mich das eigene Geschlecht überhaupt nicht interessieren? Ich interessiere mich für beide. Das scheint mir normal und ausgewogen. Und was Mann mit Mann und Frau mit Frau im Bett treiben mag ja ganz aufregend sein, aber das Geschehen hinter geschlossenen Türen bleibt hoffentlich auch weiterhin Privatsache. Wir haben schon genug Outing mit dem Geschnüffle der Geheimdienste, die sich erfrechen, ihre Nasen in anderer Leute Angelegenheiten zu stecken. Igittigit! Und das Internet überschreitet auch ohne Hemmungen die Grenzen.

So gesehen, hat sich Thomas nur gewehrt, gegen eine dümmliche Vereinfachung. Die privaten Neigungen der Menschen gehen nur diejenigen etwas an, die eng miteinander zu tun haben. Mit Moral hat dies nichts zu tun. Und wenn Liebe zwei Männer (oder Frauen) miteinander verbindet, ist das auf alle Fälle etwas Schönes, denn die meisten Zeitgenossen lieben ohnehin nur sich selbst. Eine Veranlagung zum Schwulsein gibt es nun einmal. Wessen Schuld soll das denn sein? Mut zum Sosein oder Anderssein dagegen ist einfach Mut. Davor zieht man am besten den Hut. Oder sind uns die Machomänner und -Frauen lieber, die anderen rücksichtslos an die Wäsche gehen, um sich zu befriedigen? Es gibt drei Sorten von Männern: Schwule, nicht schwule und solche, von denen man nichts weiß. Und das ist gut so.




Wiener G'schichten - Zeit zum Meckern

Es gibt sicher Gründe, einen Geländewagen zu fahren: Gelände, Platz, Eindruckschinden? Letzteres kann man auch anders: Persönlichkeit des Halters, Mut zur Bescheidenheit, Understatement. Es gibt noch andere Fragwürdigkeiten, die mit dem Auto zusammenhängen: Jaguar, S-Klasse, Carrera usw. Statussymbole sind eben fragwürdig. Jeep in Island: aber, ja. Dort kann das normale Autöchen zur Gefahr werden. Afrika: da, wo es genügend Gelände gibt. Alpen: Unter Umständen. In Wien: reiner Blödsinn. Das denke ich, wenn ich sehe, wie unnötig so ein Gefährt sein kann. Wenn es dann noch falsch parkt, dann denke ich was ich denke.

Genug Gelände!

Mit der Bescheidenheit ist es so: eine falsche solche geht nach hinten los. Nur die ehrliche Bescheidenheit kann überzeugen. Das sollte vor allem Würdenträger, Amtsvorstände und selbsternannte Autoritätspersonen interessieren. Das ist Bestandteil der verlorenen Achtung vor Möchtegerngrößen. Der neidlose, aber auch der neidische Beobachter der Szene, mag dieses Gehabe nicht. Es ist wie mit dem Doktortitel und dem Magistertitel. Wer zu oft damit herumwedelt, macht sich bestrafbar, zumindest aber als ehrsüchtiger Gockel verdächtig.

Hastu nich n Euro füa mich?

Um einem Tippelbruder oder einem Stadtbettler, auch wenn er wie ein Alkoholiker aussieht, diskret einen Euro zuzustecken, benötigt man keinen Geländewagen und keinen Doktortitel. Nur etwas Menschenfreundlichkeit. Das verträgt sich, so glaube ich, nur wenig mit Geländewagen, Doktortiteln und sonstigem Brimborium.

Samstag, 4. Januar 2014

Ich, ein schlimmer Finger???

Irgendwas ist immer dran. Bei einem Gerücht. Bei einem schlimmen Finger weiß man nicht so recht, woran man ist. Mit dem Alter kommen ohnehin die Wehwehchen. In meinem Fall gab es Anlass, mein chirurgisches Töchterchen anzurufen. "Vater, was du hast, ist ein schnellender Finger. Ruf mich an, wenn du Zeit hast, und ich mache dir das ambulant in der Klinik. Nach einer Stunde kannst du wieder nach Hause", tönte es aus ihrem wohlwollenden Munde. Nichts tat ich und litt ein wenig. Der linke Ringfinger schnellte unerwartet zusammen, und ich hatte Schwierigkeiten, ihn wieder zurückzuklappen. Tat weh, sagte ich das schon?

Schlimme Finger

Einen Finger kann man nicht aussitzen, wie Seehofers Mautgebrabbel (Angela, du schaffst es schon), man massiert ihn ein wenig, und mit etwas Glück begibt er sich wieder in eine erträgliche Lage. Dieser Finger tat es, aber beschwerdefrei wurde ich dadurch nicht, denn jetzt begann der rechte Zeigefinger, Fissematenten zu machen, während der linke sich wieder ordentlich benahm. Er schnellte. Und schnellte. Nach unserem Umzug in die österreichische Hauptstadt fanden wir dann heraus, dass Klaus, ein Kollege meiner knochensägenden Tochter, sich in Klosterneuburg niedergelassen hatte, wo er, ganz nahe bei Wien, auch Handchirurgie betreibt, berufsmäßig und kompetent. Es gibt Zufälle, denen man gerne die Hände küsst.

Der Termin war am Morgen im Landesklinikum von Klosterneuburg. Klaus wartete schon, doch die Anmeldung war noch nicht erledigt. Geburtsdatum? Vorstrafen? Nein, Vorgeschichte, an Operationen Allergien, Gebrechen jeder Art. Tragen sie eine Zahn- oder andere Prothese? Nein. Rauchen sie? Nein! Trinken sie? Jawohl. Viel? Ja, aber in Grenzen. Wer sind ihre nächsten Verwandten? Telefonnummer? Adresse? Nach alledem wurde ich in ein Krankenzimmer gebracht, bekam eines jener Hemdchen verpasst, die hinten offen sind. Meine Wertsachen, bestehend aus Brille, Geldbeutel und Armbanduhr, wurden sicher weggeschlossen.

Dann kam ein junger Pfleger, machte sich an meinem Bett zu schaffen, und wir fuhren los. Über ausgedehnte Krankenhauslandschaften steuerte er das Bett geschickt um die Ecken, doch musste ich ihn ermahnen, die Geschwindigkeitsbegrenzung für Betten einzuhalten. Eine Maut wurde nicht erhoben, sondern wir landeten in einer unübersichtlichen OP, direkt unter einer  Scheinwerferanlage, deren dreigeteilte krakenartige Schwenkeinrichtung das Richtige für eine Fingeroperation waren. Gelassen machten mich mehrere Schwestern klinisch zurecht: Ich bekam ein Namensarmband, eine Blutentnahmevorrichtung am linken Oberarm. Ein strenges Band zum Blutstoppen. Eine grünliche Duschhaube, die meinen schönen Kopf total verunstaltete. Zum wievielten Mal wurde ich gefragt welcher Finger an welcher Hand es eigentlich sei?

Kopf ab, Finger dran?
Den chirurgischen Vorgang möchte ich nicht überkommentiern. Er war sachlich, Vertrauen erweckend und länger als ich dachte. Die rechte Hand wurde vor meinen ängstlichen Blicken geschützt, und beruhigende Bemerkungen fielen allenthalben. Klaus konnte sich nicht enthalten, zu bemerken: "Wie eiskalt ist dein Händchen". Puccini? Wer gern Auto fährt, fährt auch gerne Betten. Ich wurde, diesmal von einem anderen Fahrer, wieder in mein ursprüngliches Zimmer zurückgefahren, ein irgendwie angenehmer, aber viel zu kurzer Zeitvertreib. Vergessen habe ich, zu betonen, dass, abgesehen von den Stichen, die mit der Lokalanästesie zusammenhingen und die sauweh taten, nichts Schlimmes geschah. Der Operateur waltete seines Amtes, das allem Anschein nach ein kniffeliges war, und entließ mich mit beiderseitiger Erleichterung. In meinem Ruhebett konnte ich dann 1 gute Stunde dösen, die örtliche Betäubung überwinden und ein gar leckeres Gemüsesüppchen essen. Dann wurde ich mit Klausens und seiner Helfer guten Wünschen nach Hause geschickt.

Operation gelungen, Patient: hungrig, denn das alles musste nüchtern durchgeführt werden, und es war Nachmittag. Zu Hause hörte ich mir als erstes Gustav Mahlers Neunte an, vom Gewandhausorchester göttlich gespielt. Debussy, der oft ein wenig virulant ist, hätte es nicht geschafft, mich in kurzer Zeit wieder in eine Normallage zu bringen. Jetzt darf ich mich darauf freuen, dass Klaus mir in einer Woche die Fäden zieht. Die Flasche Wein, um das Ganze zu begießen, werde ICH aufbringen müssen, denn ein kaltes Händchen wäscht das andere.






Donnerstag, 2. Januar 2014

Das Land mit den kecken Hütchen

Weihnachten in England, oder wie der Purist sagt: Großbritannien. Da kommt allerhand zusammen: Familie, Merry Christmas, der ewige Jux im Fernsehen, der Glitzerlämpchenwahn an den Fenstern. Beschaulichkeit auf die feine englische Art. Mit einem gehörigen Schuss an Sentimentalität, Gelächter und Kommerz.


Dem Weihnachtstrubel in Österreich, wo, wie in Deutschland, die Uhren immer noch anders gehen, sind wir entkommen: Also, dem Kommerz und der verhaltenen Humorlosigkeit. Einerseits, Stille Nacht, Heilige Nacht, oder andererseits: die Masche mit dem total verjuxten Fest, wo beim Essen Papierbonbons von je 2 Menschen auseinandergezogen werden. Dann macht es blubb, und ein Zettel mit weisen Sprüchen kommt heraus, den du vorliest, und dann bekommst du ein äußerst mageres Papierkrönchen aufgesetzt. Warum, weiß keiner. Die Queen würde sich ekeln. Oder, deutscherseits: der falsch verstandene Ernst, weil auf dem europäischen Kontinent Jesus arm geboren wurde, wobei die historische Geburt im Juni stattgefunden haben soll. Hier, Betroffenheit wegen der Armut in der Krippe, unverständliche Fröhlichkeit, da. Und viel Alkohol hier und da, und Heidentum.


Was sollen wir mit einem solchen Restfest noch anfangen? Überall riecht es nach Lebkuchen, in Österreich dazu noch nach Vanillekipferln. Wir sollten dieses Fest schleunigst an Ungläubige weiterverkaufen. Damit eventuell dessen Sinn wieder entdeckt wird. Lasst uns dann damit beginnen: nichts essen, nichts trinken, die Feiertage jedoch behalten und schöne Gespräche führen. Oh, Tannenbaum!

Mittwoch, 1. Januar 2014

Das Jahr - Vorbei ist vorbei!

Es hilft nichts, das Jahr ist vorbei. Des regrets, il y en avait. Des retrouvailles il y en avait aussi. Wir zogen im Februar aus dem Schwarzwald weg. Erkältet, beide, und unfroh. Nach Wien. Der Trubel des Stephansplatzes hielt uns seitdem im Bann. Cath reiste viel: Washington, Warschau, Brüssel, Genf, Zagreb, Straßburg, Reykjavik, Kiew, Istanbul, um nur einige Plätze, ohne Reihenfolge, zu nennen. Ich musste Abschied nehmen von Freunden. Für immer. Das schmerzt. Der abrupte Abschied ist eine ständige Bedrohung geworden.


Höhepunkte? Viele hat es gegeben. Lange Spaziergänge und Schwimmen auf der 21 km langen Donauinsel, als die Temperaturen auf über 30° kletterten. Der große Ball in der Hofburg, wo ich einen Frack tragen musste? Die mächtigen Wasserfälle in Island, oder das hemmungslose Hummerschwanzessen auf den Westmännerinseln, bei Thordurs jüngster Tochter? Ich bin kein Erbsenzähler. Es war fast alles schön. Auch die Besuche in England. Oder die verschwiegenen Entspann-Essen irgendwo in Wien. Oder die Nussernte in unserem geliebten Tiergarten, back home for 3 days. Das Wiedersehen mit Freunden und Familie. Leider verpufft mein Dank immer irgendwo im All.

Marcel Reich-Ranicki und Dieter Hildebrandt sind für immer von uns gegangen. Ein öffentlicher Verlust. In diesem Jahr 2013 ist vieles geschehen. Es gibt keinen Anspruch auf Glück. Es gibt nur die Hoffnung. Und regelmäßiges Anklopfen bei Ärzten. Doch das muss unser Leben nicht bestimmen. Willy Brandt wäre im November 100 Jahre alt geworden. Ein schwieriges, kluges, Politikerleben. Wo ist der Willy Brandt von heute, der auf die Knie geht, und die Welt bewegt?


Es hat heftig gekracht, letzte Nacht. Schon lange vor Mitternacht zeigten sie am Fernseher den Jahreswechsel in Australien. Das kam mir vor wie unverdienter Vorschuss. Verrückte Welt. Heute schreiben wir 2014. Draußen ist es unheimlich ruhig. Erst nach dem Frühstück räumen wir die Sektgläser weg. Es war eine Flasche Taittinger. Die Veuve Clicquot kommt etwas später dran, wenn wieder einer jener Höhepunkte naht.

                                                           Prosit Neujahr!