Irgendwas ist immer dran. Bei einem Gerücht. Bei einem schlimmen Finger weiß man nicht so recht, woran man ist. Mit dem Alter kommen ohnehin die Wehwehchen. In meinem Fall gab es Anlass, mein chirurgisches Töchterchen anzurufen. "Vater, was du hast, ist ein schnellender Finger. Ruf mich an, wenn du Zeit hast, und ich mache dir das ambulant in der Klinik. Nach einer Stunde kannst du wieder nach Hause", tönte es aus ihrem wohlwollenden Munde. Nichts tat ich und litt ein wenig. Der linke Ringfinger schnellte unerwartet zusammen, und ich hatte Schwierigkeiten, ihn wieder zurückzuklappen. Tat weh, sagte ich das schon?
Einen Finger kann man nicht aussitzen, wie Seehofers Mautgebrabbel (Angela, du schaffst es schon), man massiert ihn ein wenig, und mit etwas Glück begibt er sich wieder in eine erträgliche Lage. Dieser Finger tat es, aber beschwerdefrei wurde ich dadurch nicht, denn jetzt begann der rechte Zeigefinger, Fissematenten zu machen, während der linke sich wieder ordentlich benahm. Er schnellte. Und schnellte. Nach unserem Umzug in die österreichische Hauptstadt fanden wir dann heraus, dass Klaus, ein Kollege meiner knochensägenden Tochter, sich in Klosterneuburg niedergelassen hatte, wo er, ganz nahe bei Wien, auch Handchirurgie betreibt, berufsmäßig und kompetent. Es gibt Zufälle, denen man gerne die Hände küsst.
Der Termin war am Morgen im Landesklinikum von Klosterneuburg. Klaus wartete schon, doch die Anmeldung war noch nicht erledigt. Geburtsdatum? Vorstrafen? Nein, Vorgeschichte, an Operationen Allergien, Gebrechen jeder Art. Tragen sie eine Zahn- oder andere Prothese? Nein. Rauchen sie? Nein! Trinken sie? Jawohl. Viel? Ja, aber in Grenzen. Wer sind ihre nächsten Verwandten? Telefonnummer? Adresse? Nach alledem wurde ich in ein Krankenzimmer gebracht, bekam eines jener Hemdchen verpasst, die hinten offen sind. Meine Wertsachen, bestehend aus Brille, Geldbeutel und Armbanduhr, wurden sicher weggeschlossen.
Dann kam ein junger Pfleger, machte sich an meinem Bett zu schaffen, und wir fuhren los. Über ausgedehnte Krankenhauslandschaften steuerte er das Bett geschickt um die Ecken, doch musste ich ihn ermahnen, die Geschwindigkeitsbegrenzung für Betten einzuhalten. Eine Maut wurde nicht erhoben, sondern wir landeten in einer unübersichtlichen OP, direkt unter einer Scheinwerferanlage, deren dreigeteilte krakenartige Schwenkeinrichtung das Richtige für eine Fingeroperation waren. Gelassen machten mich mehrere Schwestern klinisch zurecht: Ich bekam ein Namensarmband, eine Blutentnahmevorrichtung am linken Oberarm. Ein strenges Band zum Blutstoppen. Eine grünliche Duschhaube, die meinen schönen Kopf total verunstaltete. Zum wievielten Mal wurde ich gefragt welcher Finger an welcher Hand es eigentlich sei?
Den chirurgischen Vorgang möchte ich nicht überkommentiern. Er war sachlich, Vertrauen erweckend und länger als ich dachte. Die rechte Hand wurde vor meinen ängstlichen Blicken geschützt, und beruhigende Bemerkungen fielen allenthalben. Klaus konnte sich nicht enthalten, zu bemerken: "Wie eiskalt ist dein Händchen". Puccini? Wer gern Auto fährt, fährt auch gerne Betten. Ich wurde, diesmal von einem anderen Fahrer, wieder in mein ursprüngliches Zimmer zurückgefahren, ein irgendwie angenehmer, aber viel zu kurzer Zeitvertreib. Vergessen habe ich, zu betonen, dass, abgesehen von den Stichen, die mit der Lokalanästesie zusammenhingen und die sauweh taten, nichts Schlimmes geschah. Der Operateur waltete seines Amtes, das allem Anschein nach ein kniffeliges war, und entließ mich mit beiderseitiger Erleichterung. In meinem Ruhebett konnte ich dann 1 gute Stunde dösen, die örtliche Betäubung überwinden und ein gar leckeres Gemüsesüppchen essen. Dann wurde ich mit Klausens und seiner Helfer guten Wünschen nach Hause geschickt.
Operation gelungen, Patient: hungrig, denn das alles musste nüchtern durchgeführt werden, und es war Nachmittag. Zu Hause hörte ich mir als erstes Gustav Mahlers Neunte an, vom Gewandhausorchester göttlich gespielt. Debussy, der oft ein wenig virulant ist, hätte es nicht geschafft, mich in kurzer Zeit wieder in eine Normallage zu bringen. Jetzt darf ich mich darauf freuen, dass Klaus mir in einer Woche die Fäden zieht. Die Flasche Wein, um das Ganze zu begießen, werde ICH aufbringen müssen, denn ein kaltes Händchen wäscht das andere.
Schlimme Finger |
Einen Finger kann man nicht aussitzen, wie Seehofers Mautgebrabbel (Angela, du schaffst es schon), man massiert ihn ein wenig, und mit etwas Glück begibt er sich wieder in eine erträgliche Lage. Dieser Finger tat es, aber beschwerdefrei wurde ich dadurch nicht, denn jetzt begann der rechte Zeigefinger, Fissematenten zu machen, während der linke sich wieder ordentlich benahm. Er schnellte. Und schnellte. Nach unserem Umzug in die österreichische Hauptstadt fanden wir dann heraus, dass Klaus, ein Kollege meiner knochensägenden Tochter, sich in Klosterneuburg niedergelassen hatte, wo er, ganz nahe bei Wien, auch Handchirurgie betreibt, berufsmäßig und kompetent. Es gibt Zufälle, denen man gerne die Hände küsst.
Der Termin war am Morgen im Landesklinikum von Klosterneuburg. Klaus wartete schon, doch die Anmeldung war noch nicht erledigt. Geburtsdatum? Vorstrafen? Nein, Vorgeschichte, an Operationen Allergien, Gebrechen jeder Art. Tragen sie eine Zahn- oder andere Prothese? Nein. Rauchen sie? Nein! Trinken sie? Jawohl. Viel? Ja, aber in Grenzen. Wer sind ihre nächsten Verwandten? Telefonnummer? Adresse? Nach alledem wurde ich in ein Krankenzimmer gebracht, bekam eines jener Hemdchen verpasst, die hinten offen sind. Meine Wertsachen, bestehend aus Brille, Geldbeutel und Armbanduhr, wurden sicher weggeschlossen.
Dann kam ein junger Pfleger, machte sich an meinem Bett zu schaffen, und wir fuhren los. Über ausgedehnte Krankenhauslandschaften steuerte er das Bett geschickt um die Ecken, doch musste ich ihn ermahnen, die Geschwindigkeitsbegrenzung für Betten einzuhalten. Eine Maut wurde nicht erhoben, sondern wir landeten in einer unübersichtlichen OP, direkt unter einer Scheinwerferanlage, deren dreigeteilte krakenartige Schwenkeinrichtung das Richtige für eine Fingeroperation waren. Gelassen machten mich mehrere Schwestern klinisch zurecht: Ich bekam ein Namensarmband, eine Blutentnahmevorrichtung am linken Oberarm. Ein strenges Band zum Blutstoppen. Eine grünliche Duschhaube, die meinen schönen Kopf total verunstaltete. Zum wievielten Mal wurde ich gefragt welcher Finger an welcher Hand es eigentlich sei?
Kopf ab, Finger dran? |
Operation gelungen, Patient: hungrig, denn das alles musste nüchtern durchgeführt werden, und es war Nachmittag. Zu Hause hörte ich mir als erstes Gustav Mahlers Neunte an, vom Gewandhausorchester göttlich gespielt. Debussy, der oft ein wenig virulant ist, hätte es nicht geschafft, mich in kurzer Zeit wieder in eine Normallage zu bringen. Jetzt darf ich mich darauf freuen, dass Klaus mir in einer Woche die Fäden zieht. Die Flasche Wein, um das Ganze zu begießen, werde ICH aufbringen müssen, denn ein kaltes Händchen wäscht das andere.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen