Sonntag, 30. September 2012

Sexueller Missbrauch - die Dunkelziffer

Die britische Zeitung "The Guardian" gehört zu den besten Tageszeitungen der Welt, ein Ehrentitel , den ich auch gerne unserer "Süddeutschen" verleihen möchte. Das bedeutet nicht, dass jeder Skandal, jede Geschmacklosigkeit dort Erwähnung finden müssen. Guardian heißt Hüter, Wächter, und Guardian angel ist der Schutzengel, von dem man hofft, er möge über unsere Kinder wachen und sie vor Unheil schützen. Wir sagen: "der" Schutzengel, meinen jedoch wahrscheinlich ein geschlechtsloses geistiges Wesen, auf das man sich nicht automatisch verlassen darf.


Vor ein paar Tagen las ich einen Artikel im Guardian, der mich zum Weinen gebracht hat, denn er hat mich tief erschüttert. Amelia Hill ist die Autorin, der Titel ihres Aufsatzes "Ich wünschte, jemand hätte mir gesagt, dass ich nie eine Schuld trug".  Er bezog sich auf das Verschwinden eines englischen Lehrers mit einem minderjährigen Mädchen. Die beiden wurden in Frankreich aufgestöbert, der Lehrer verhaftet. Amelia Hill beschreibt dann einen ähnlichen Fall, der, wie so oft, erst nach Jahren publik wurde, als das Opfer endlich den Mut hatte, auszupacken.

Der Fall ist klassisch-kriminell, wobei das Unrechtsbewusstsein viel zu langsam zu wachsen scheint: ein Lehrer (das könnte auch jede andere Autorität und jeder Erziehungsberechtigte sein) macht sich an ein heranwachsendes Mädchen heran, nutzt seine Autorität, vielleicht auch seine Attraktivität, um sich das Opfer sexuell hörig zu machen. Einzelheiten kann man sich ersparen, denn wir alle kennen solche Fälle. Dass bei den Missbrauchten das Gefühl der Schuld ins Ungeheuerliche steigt, vor allem, wenn das Opfer sich nicht an die Eltern oder andere Vertrauenspersonen wenden kann, ist klar. Dass die Sexualität gerade bei einem besonders hübschen Mädchen durch diesen Missbrauch für das ganze Leben zerstört sein kann, ist auch klar. Das Gefühl, ein wertloses und machtloses Objekt zu sein, kann jedes Talent, jede Initiative, jede Kraft, das Leben zu meistern, für immer zerstören.


Erst nach vielen Jahren, wenn alles gut geht, können solche Opfer beginnen, die Folgen dieses Verbrechens zu überwinden. Und, wie so oft, geschieht dies nicht, weil der Mut fehlt, es öffentlich zu machen und sehr viel Zeit verstrichen ist. Wissen die Täter eigentlich, was sie angerichtet haben? Hoffen sie immer noch, dass sich alles unter den Teppich kehren lässt? Ich kenne jetzt viele solche Fälle und schäme mich manchmal, zu diesem triebgesteuerten Geschlecht zu gehören. Deshalb habe ich mir vorgenommen, auch bei fraglichen Auffälligkeiten in meiner unmittelbaren Umgebung tätig zu werden, wenn ich das für notwendig halte. Denn jedes Kind hat einen Schutzengel verdient.


Samstag, 29. September 2012

Es kanzlert mal wieder

Meist stehen Wahlen vor der Tür, wenn publikumsträchtige Begegnungen inszeniert werden, wie der Auftritt, am 27. September,  von Altbundeskanzler Helmut Kohl. Er ist ein schönes Wrack. So groß und mächtig er als Kanzler auch war, jetzt sitzt er im Rollstuhl und spricht noch undeutlicher als zuvor. Schade. Sein Mädchen Angela hatte die Begegnung gewollt. Vielleicht verspricht sie sich sogar Inspiration, oder einen kräftigen Schub beim bevorstehenden Wahlkampf. Zehn Jahre hatte es keine Berührung gegeben zwischen dem Riesen, der über die Spendenaffäre stolperte und dem Mädchen aus dem Osten, das keinerlei Solidarität mit Kohl zeigte. Doch jetzt, wo es wieder um die Wurst geht, müssen wir alles mobilisieren, was sich noch bewegt. Wir müssen Mehrheiten beschaffen, wenn es sein muss, auch mit den schwächlichen und unzuverlässigen Liberalen. Wie sehr habe ich immer die klare Sprache von Helmut Schmidt geschätzt, der in einer ganz anderen Liga spielte. Das merkte man vor allem am ungeheuren Respekt, den die Welt in Ost und West Helmut Schmidt immer noch entgegen bringt. Kohl dagegen wurde eher wegen seines massiven physischen Erscheinungsbildes beachtet. Seine Aussagen waren kaum weltbewegend oder visionär. Das hat er mit Angie gemeinsam. Sie kann zwar küssen und  umarmen, aber mehr als harmlose Nettigkeiten verbreitet sie kaum. Doch Kohl hat die schnelle Wiedervereinigung herbeigeführt. Das wollen wir nicht vergessen.

Wer macht das Rennen?

Jetzt haben auch die Herren von der SPD ihre Vorwahl getroffen. Zu früh, für den Start in die Zielgerade, an deren Ende vielleicht die Kanzlerschaft steht? Er ist ein Finanzfachmann, was mir in der aktuellen Lage als dringend notwendig erscheint. Bankenkrise und Eurorettung sind ohne Zweifel bei Steinbrück in guten Händen. Er neigt nicht dazu, mit Allgemeinplätzchen herumzuhantieren. Die etwas überstürzte Klärung der K-Frage durch die SPD war ohne schmutzige Grabenkämpfe verlaufen. Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier haben sich zunächst mal hintan gestellt. Damit hat unsere Angela einen ernstzunehmenden Gegner, dem Flunkern und Schwafeln fremd sind. Schön wäre es für sie, wenn sie Helmut Schmidts Unterstützung hätte. Die gehört natürlich dem SPD-Mann, von dem der Altkanzler vor kurzem sagte, "er kann können" oder so.

Lasset uns beten!

Interessant, wie unser konservatives ZDF reagierte. Man konnte die Pinzette richtig sehen, mit der die CDU-freundliche Wahl-Augurin Bettina Schausten den linken Kandidaten anfasste. Auch der liberal daherkommende Theo Koll hat gleich seinen Beitrag zur Kandidatenkür der SPD in kritisches Zähneblöken verpackt. Man weiß eben bei diesem Sender schnell, wohin mit dem zweiten Auge geschielt wird. Dabei hält er sich in Parteisachen für äußerst raffiniert. Für den Wähler ergibt sich bei den nächsten Bundestagswahlen eine andere Frage, die er selbst lösen muss: Bin ich so blöd, für wie manche mich halten, oder klug genug, um  fast alles zu durchschauen? Die Medien spielen da immer eine große Rolle. Besonders das CDF, das den konservativen Kreisen im Land verpflichtet ist. Schön wäre es, wenn es auch mal eine Medienwende gäbe. Doch das kann man vergessen, und die Privaten kennt man, und Zeitungen bleiben meist in ihren traditionellen Löchern sitzen.






Donnerstag, 27. September 2012

In eigener Sache: es ist zu Ende!

So sahen sie am ersten Tag aus

Über drei Wochen haben sie stolz ihren Dienst getan, die herrlichen Blumen von Kate und Rob aus Yorkshire. Zum Glück wurden sie bei der Ankunft fotografiert. Schön haben sie ausgesehen und Freude haben sie gemacht.

Nach einer Woche, immer noch cool
Die zweite Woche begann mit niedrigen Erwartungen: ein alternder Strauß, nur einmal mit frischen Wasser versorgt. Respekt!


Man sieht ihnen die Müdigkeit an

Die dritte Woche ging zu Ende. Ein wenig Trauer legt sich über das Gebinde. Ermüdungserscheinungen sind nicht mehr zu übersehen. Auch wir welken einmal dahin und hoffen, dass wir eine schöne Erinnerung bleiben.

Die Sehnsucht nach ewiger Schönheit










Dienstag, 25. September 2012

Rote Rosen - ein Ladenhüter?


Das gibt es nicht im Supermarkt
Eigentlich meide ich den Laden. Einer ihrer Kassenwarte hatte mich aufgefordert, das nächste Mal den Einkaufswagen zu nehmen, anstatt mit meiner eigenen Tasche herumzulaufen. Als König Kunde, der in mir manchmal noch durch durchschimmert, regte ich mich auf. Man stelle sich vor, das gebrechliche Mütterlein wird von der Aldi-Polizei mit eine Handtasche erwischt, obwohl sie alles brav aufs Förderband gelegt hat. Nicht auszudenken. Das mit dem Einkaufswagen passierte vor mindestens zwei Jahren. Seitdem habe ich den Laden, der sich gerne Markt, gar Supermarkt nennt, nicht mehr betreten. Aber auch anderswo hat der Kunde als König es immer schwerer, sein Krönchen aufzubehalten.

Die gibt es da auch nicht

Nun zu den Blumen: Premiumrosen (jawoll!), Schnittblumen (ei, gucke da: geschnitten?), Decoblumen,  handgebunden (ich werde wahnsinnig. Dass ich das noch erleben durfte!). Werden Blumen auch zu anderen Zwecken als zur Dekoration benutzt? Was sind Premiumrosen? Hat das Premiumgequatsche jetzt auch die Blume als solche erwischt? Und, wer von uns kennt die Standardpreise dieses handgeschnittenen und fussgebundenen Premiumdekogemüses nicht? € 1.99 wie überall, wie immer. Mir tun nur die Leute (Kinder?) leid, die für solches Zeug und den entsprechenden Hungerlohn premiumschuften müssen. Will der König Kunde so etwas? 

Freitag, 21. September 2012

Die Warteschleife



Ich weiß, ich muss bedacht vorgehen, denn die mir näherstehenden Freunde und Verwandten, die Ärzte sind, möchte ich nicht vergraulen. Dennoch: die Wartefrage stellt sich vehement, wenn man vorhat, einen Arzt aufzusuchen. Dabei ist der Weißkittel als solcher nicht das Problem, sondern allzu oft die säuselnde Hilfe, die Termine macht, und die dann sagt: "Sie dürfen mal Platz nehmen, es könnte noch ein wenig dauern. Heute ist viel los, wie sie sehen". Ich sehe. Der Herr Doktor könnte natürlich auch etwas mehr Luft zwischen die Patienten packen. Was könnte es schaden, gelegentlich ein paar Minuten in die Auslegware im Wartezimmer zu schauen, um zu sehen, ob die Lektüre noch zeitgemäß ist? Obwohl, bei meiner Hausärztin finde ich interessante Lektüre. Und sie lässt Patienten ungerne warten. Ärztliche Frauen sind wohl unpompöser als Männer, die sich als rastlose Kämpfer an der Krankenfront wähnen. Von der Warte eines zahlenden Patienten aus kenne ich kein anderes Gewerbe, wo man im Schnitt so lange hingehalten wird.

Sonst könnte es leicht zu spät sein

Man sitzt also in einem Wartesaal, der vornehm Zimmer genannt wird, greift sich etwas zum Lesen und vermeidet den Blickkontakt zu den anderen. Und, woher nimmt man die Vermutung, der Patient hätte nichts besseres zu tun als engelsgeduldig auf meist schlechten Stühlen herumzusitzen? Für mich sieht die Gesundheitsreform anders aus: statt 10 € Patientengebühr, erhält der Patient ein Warte- oder Stuhlgeld in Höhe von 20 €, und zwar, für jede angefangene halbe Stunde. Solange diese Reform nicht verabschiedet ist, erlaube ich mir die Frage: "Wie lange muss ich wohl noch warten?". "Das ist schwer zu sagen, denn heute ist viel los". Ich, dann "Gut. Ich gehe jetzt bummeln und bin in genau 30 Minuten zurück. Bitten sie den Doktor, etwas Geduld zu haben, wenn ich mich verspäte". Gesagt, gegangen.

Nachtrag: Gerade komme ich von meiner Ärztin. Ich hatte kaum Zeit, die ausgelegten Gesundheitsinfos zu studieren, als ich zu ihr gebeten wurde. Rekordzeit: 6 1/2 Minuten und ein kleines Schwätzchen mit der Dame am Empfang. Gesundheit!


Christl Schneider-Götz - bei Durchsicht meiner Unterlagen...

So beginnt manch bedrohliches Schreiben: "bei Durchsicht meiner Unterlagen ergeben sich - wie aus dem Anhang ersichtlich - noch offenstehende Beträge in Höhe von...". Eine unangenehme Vorstellung, dabei hat das Wort Durchsicht etwas mit Sehen zu tun, genau wie das Wort Ansicht. Sehen wir, mit etwas Umsicht, von der Aussicht auf mehr Einsicht einmal ab (=Absicht), dann rückt es in den Mittelpunkt: das Auge, das an all diesen Sichten beteiligt ist. Dies mag albern oder flapsig klingen, was reine Ansichtssache ist. Jedenfalls merken wir so, dass das Sehen eine komplexe, ja existenzielle, Beschäftigung des Menschen ist. Wer grundsätzlich wegsieht, will nichts und hat schon.

Durchblick 2 (Ausschnitt)

Bei der Kunstausstellung von Christl Schneider-Götz in der Mühle von Oberteuringen (Bodensee) erhält das Auge einen zentralen Platz: "AnsichtsSache" folgt in diesem Jahr auf die schon erfolgreiche Ausstellung in Ravensburg namens "BlickKontakt". Schon damals waren es die Augen, ging es Christl ums Hinblicken oder Wegblicken. Jetzt erschließt sich noch eindringlicher, worum es der Künstlerin geht: Die akribische, oder soll man sagen, die ambivalente Kraft des Sehens und, vielleicht, des Gesehenwerdens? Ein Auge von bezaubernder Genauigkeit ziert diesmal das Plakat, das den Einblick in die Ausstellung bereits gewährt. Dort ist es dann im Original zu sehen. Wer mit so viel Liebe und
Intensität das Detail Auge ins Visier nimmt, hat seine eigene Sehensweise. Dies wird immer wieder in
der diesjährigen Ausstellung sichtbar.

Durchblick 1 (Ausschnitt, Format 120x100cm)
Dass bei Christl Schneider-Götz auch hintergründiger Humor im Spiel ist, lässt sich an den übrigen Bildern leichter erkennen. "Positive Thinking" nennt die Pädagogin, die eigentlich Kunst studieren wollte, ironisch das Porträt eines schwer zu ortenden Jünglings mit roten Brillengläsern. Was da nicht alles hineinzusehen ist, obwohl das "Positive" an diesem Gesicht eher eine gewisse Blindheit verrät.


Auch die "Boca baciata", man errät es: der geküsste Mund, wölbt sich unter der Herrschaft verwunderter Augen. AnsichtsSache?




"Sichtschutz", wer denkt da nicht an das kleine verängstigte Mädchen aus Vietnam? Oder das    Kätzchen, das sich vor der Gefahr versteckt? Nüchtern betrachtet, ist der Sichtschutz allerdings so   etwas wie ein Paravent, hinter dem man sich auszieht. AnsichtsSache?

Sichtschutz (50x60)

Es gäbe noch viele Fragen an die Künstlerin. Doch befindet sie sich viel zu sehr auf eigener Entdeckungsreise, um allzu genaue Fragen über ihren Werdegang zuzulassen. Vielleicht birgt Christl hinter ihrem Sichtschutz noch weitere Geheimnisse, die in Gestalt von neuen Ideen und Darstellungen ihren Weg an die Öffentlichkeit finden. AnsichtsSache, BlickKontakt, Durchblick und AusSicht: das sind zur Zeit ihre Themen. Noch bis zum 7. Oktober in Oberteuringen in der Galerie Kunsthaus Mühle anzuSehen.





Hilfe, sie sind schon wieder da!

Vor einem Jahr entstand der Gedanke, im oberen Stockwerk unseres Hauses eine Dachgaube bauen zu lassen, um das Bad zu erneuern, zu vergrößern und das angrenzende Schlafzimmer mit einem zusätzlichen Fenster nach Westen zu versehen. Gut, der Rote Punkt war eine Sache für sich. Es dauerte und dauerte, bis die Baugenehmigung eintraf. Einzelheiten bedürfen hier keiner Würdigung. Also wurde der Plan auf 2012 verschoben.

Heute Morgen kamen sie an. Drei Mann hoch. Dazu ein LKW voller Baumaterial. Um 7 Uhr 30 sollten sie kommen. Wir hatten inständig gehofft, dass es ein paar Minuten später geschehen würde. Aber nein, viertel nach sieben machten sie sich schon vor der Haustüre zu schaffen. Also musste ich sie einlassen. Jetzt toben sie schon seit 2 Stunden im oberen Stockwerk. Balken werden zersägt, Ziegel gestapelt, die herbstliche Kälte zieht durchs ganze Haus. Ich bringe ein Tablett mit Kaffee und Gebäck (nicht Gebälk!) nach oben. In zwei Tagen wollen die Zimmerleute das neue Gaubendach regenfest gezimmert haben. Wie ich die Dinge sehe, besteht daran kein Zweifel, denn das Wetter ist gut, und die Mannschaft werkelt wie ein Uhrwerk. Allmählich stellt sich bei mir die Vorfreude ein.


Wenn Cath heute Abend nach Hause kommt, wird man den ersten Bauabschnitt sehen können. Viel Staub liegt schon herum. Wahrscheinlich haben wir keine Lust, im geliebten Wintergarten zu Abend zu essen. Wir gehen aus und besprechen die Lage. Der Rote Punkt wacht derweilen über das verlassene Haus. Auch Anrufe werden dann nicht beantwortet. In einem Monat, hoffen wir, abgeklärt wie wir sind, dass wir das obere Bad wieder beziehen können, denn dann werden auch Dusche, Wanne, Waschbecken, Toilette, Heizkörper und Beleuchtung montiert sein. Höchste Zeit, denn der Winter kommt bestimmt. Inschallah! 

Donnerstag, 20. September 2012

Catherine Deneuve - wir wundern uns!

Catherine, aber nicht Deneuve!

Ist sie nicht schön, die coole, erotische Schönheit von der Seine. Die Bestimmungsversuche hinsichtlich ihres Alters schlagen dramatisch fehl, denn die Schauspielerin war mit vielen (Ehe)Männern zusammen, die allein schon auf ein langes Leben hindeuten: Roger Vadim, Regisseur und Schauspieler, David Bailey, der britische Fotograph, Marcello Mastroianni, der italienische Herzensbrecher, Clint Eastwood, nur kurz, Francois Truffaut, nur kurz, undsoweiter. Die vierfache (??) Großmutter hat in über 100 Filmen mitgewirkt, als Star natürlich, darunter "Belle de Jour" von Luis Bunuel. Und sie raucht immer noch, genau wie Helmut Schmidt, mit dem sie sich in gebrochenem Deutsch unterhalten könnte. Jetzt mal ehrlich: diese Dame sieht immer noch makellos aus. Schon als Jungmann gefiel mir diese kühle Blonde. Wie gut hat sie sich gehalten.

Manchmal denke ich, es sei ein Segen, wenn ein Promi nicht mehr lebt, denn dann spielt das Alter keine große Rolle mehr. Jopi Heesters, den schon in den Dreißiger Jahren fast alle Frauen anhimmelten, als wäre er ein kommender Kennedy, fing erst richtig an, interessant zu werden, als er auf die Hundert zuging. Da gab es keine Zeitung oder Zeitschrift mehr, die nicht in Klammern sein Alter gesetzt hätte. Johannes Heesters (1o5) wird demnächst seinen 106. Geburtstag feiern. Das hat er geschafft, aber viel weiter ist der Vielbewunderte dann nicht mehr gekommen. Warum müssen heute die Ortsbestimmungen von Persönlichkeiten immer mit der Altersangabe behaftet sein? Bei Heesters kann man es verstehen. Wer über hundert ist, verdient eine besondere Erwähnung, obwohl dieser Geburtstag immer häufiger vorkommt. Im 18. Jahrhundert lag in Deutschland die durchschnittliche Lebenserwartung, auch wegen der noch sehr hohen Kindersterblichkeit, bei knapp über dreißig. Da waren Leute über 50 fast eine Seltenheit.


Dank der teuren aber effizienten Kosmetik unserer Tage können Frauen (und Männer) auch mit 50 oder 60 noch sehr attraktiv aussehen. Bei manchen grenzt dieses adrette Aussehen sogar an ein Wunder. Wäre es da nicht höflicher und mitfühliger, wenn die Medien ihre Altersangaben etwas reduzieren könnten? Schließlich ist auch die BILDzeitung schon 60, sieht aber ganz verschrumpelt aus, wenn sie (hoffentlich) unlgelesen aus dem Fenster geworfen wird. Das Alter dieses Blattes spielt nun wirklich keine Rolle. Und Catherine Deneuve, die nächstes Jahr 70 wird, wird dann immer noch der Traum vieler Männer und Frauen sein, bei denen Jahre heute nicht mehr so schwer wiegen.





Sudoku - was für Doofe?

Ich muss gestehen, dass mich irgendwann der Sudokuteufel geritten hat. Erst wunderte ich mich über einen Freund, der unerklärliche Zeichen auf ein Blatt kritzelte. Dann radierte er wieder etwas weg und korrigierte die Kritzelei. Seine Frau blickte resigniert in seine Richtung, sagte jedoch nichts. Dann siegte meine Neugier: "Sudoku. Ich mache Sudokus. Das ist etwas Japanisches und heißt: Sudoku". damit wusste ich nicht viel mehr, als, dass es sich um ein Rätsel handelt, das auf Zahlen aufgebaut ist, die teilweise in einen Block mit insgesamt 81 Häuschen eingetragen werden müssen. Es ist ganz einfach: der Block hat 9 waagrechte und 9 senkrechte Reihen von quadratischen Häuschen. In einigen befinden sich Zahlen zwischen 1 und 9. Die leerstehenden Häuschen müssen so aufgefüllt werden, dass in keiner Reihe eine Zahl zweimal vorkommt. Dazu benötigt man eine gewisse Zeit. Wer ganz schnell ist, kann an Wettbewerben teilnehmen. Manche Sudokus sind leicht, mittel oder sehr schwer. Ein Sudoku nennt sich gar Killersudoku.


Wie der ganze weltweite Sudokurummel begann? Irgendwann in den Achtziger Jahren hat ein japanischer Puzzle-Verein namens Nikoli zum erstenmal ein Sudoku veröffentlicht. Dann, gegen 2005, wurde das Spiel ein Hit. Jede Zeitung oder Zeitschrift, die sich respektiert, bietet heute solche Sudokus an, denn ein Sudoku soll neben dem Freizeitwert auch einen gesundheitlichen haben: das Sudoku trainiert das Hirn. Jung und alt scheinen daran Gefallen zu finden. Sudoku macht vielleicht auch süchtig. Das merke ich daran, dass ich panische Zustände kriege, wenn ein Sudoku-Heft fast vollgekritzelt ist und ich dann in ein Geschäft gehen muss um nach neuen Sudoku-Heften zu suchen. Die kosten dann zwischen 2,00 und 3,5o €. Ein Riesengeschäft, aus verlegerischer Sicht. Die Sucht äußert sich darin, dass man auf jeden Fall ein Sudoku-Heft dabei haben muss, wenn man auf die Toilette oder in den Stadtgarten geht. Ich habe vergessen, meinen Freund zu fragen, ob er noch sudokut oder ob er wieder davon losgekommen ist.


Mit der Zeit habe ich eine unglaubliche Routine erlangt. Ich ziehe jetzt die schwierigeren vor: die Zwölfer und die Sechzehner. 16 mal 16 Häuschen zum Ausfüllen. Das geht manchmal schief, und am Ende stimmt das Ganze nicht mehr. Ärgerlich! Doch jetzt stelle ich fest, dass in den meisten Läden, die solche Sudoku-Heftchen verkaufen, nur noch die 9x9er angeboten werden. Es würde zur Landschaft der gezielten politischen, kulturellen, gesundheitlichen und intellektuellen Verarmung unserer Gesellschaft passen, dass nur noch die anspruchsloseren Sudokus gefragt werden. Täusche ich mich da?
.

Montag, 17. September 2012

Wo bleibt der gesunde Menschenverstand?



Es könnte sein, dass die Engländer diesem Begriff des "common sense" zu einer universalen Bedeutung verholfen haben. Common sense ist das, was zum nüchternen Abwägen des Für und Wider einer konfliktreichen Situation führt. In normalen Fällen kann ich selbst entscheiden, was ich will: trage ich Lederhoden in New York, einen Pyjama am Picadilly Circus, oder beidseitig herunter hängende Löckchen in einem orthodoxen Viertel, irgendwo auf der Welt? Bin ich total verschleiert, wenn die meisten in dem Land, in dem ich lebe, wie gottlose Evastöchter herumrennen? Habe ich da Anpassungsschwierigkeiten? Und, erlaubt mir meine Religion lebensfähige Kompromisse? Kopftuch im stillen Kämmerlein? Lederhose nur zwischen Hamburg und München? Orthodoxes Verhalten, nur wenn es niemand stört? Allahverehrung als stilles, unagressives Gebet? Jeder hat ein Recht, so zu sein wie er ist.


Aber, woher kommen dann diese täglichen Irritationen? Heute höre ich im Radio: "Wenn der Prophet beleidigt wird, sind wir bereit, zu sterben". Meine erste Reaktion ist: Unsinn. Meine zweite: immer noch, Unsinn oder Schwachsinn. Der Prophet will das nicht! Natürlich muss man nach den Gründen für solche Reaktionen fragen. Übergroße Intelligenz ist mit solchen Reaktionen nicht verbunden, denn Allah/Gott/Jehova/Manitu/DerdaOben hat das Leben geschaffen, warum sollte er (sollte er ein Mann sein und nicht eine Frau) es dann auf solch trotzige Art wieder nehmen wollen? Der gesunde Menschenverstand sagt: Lebe und lasse leben. Wir haben Rechtssysteme erfunden und durchgesetzt, damit jeder eine gleiche Chance kriegt, sein Leben zu meistern. Nicht in ständiger Demut und Zurückgesetztheit, sondern, genau wie die Vögel am Himmel, die, im Frühling ihres Lebens, laut tirilieren und eine ungetrübte Freude daran haben, auf der Welt zu sein.

Aber der Ursachen für schwachsinnige Ausbrüche von Gewalt sind viele. Die meisten schwelen unter der Oberfläche oder sind längst vergessen: Kriege, Gewalt, Kolonialismus, Sklaverei, Rassismus und Habgier. Viele dieser vermeintlich überwundenen Ursachen überschneiden sich. Die Satanischen Verse Salman Rushdies, die keiner gelesen hat, stehen als lebensbedrohende Irritation immer noch im Raum. So wie die Sieger nach einem Krieg sich auf die Verlierer stürzen, um sie zu vernichten, auszurauben und/oder zu unterjochen, geraten im Zeitalter der allgemeinen Menschenrechte die scheinbar Unterdrückten in Wut, wenn ein kleiner Anlass wieder einmal den Sturm im Wasserglas veranlasst. Warum?


Gerade geht es um einen dämlichen Film, den keiner sehen möchte. Weder die an Mohammed Uninteressierten (Jawohl, die gibt es auch!), als auch die, die eigentlich gute Muslime sind oder sein wollen. Also nutzt man wieder einmal einen Vorwand, um mit einem Gemisch aus Hass, Gewalt, Missverständnis und Aggression auf den Falschen herumzuhacken. Da reicht der Terror von Somali, mit seiner seeräuberischen Armut, bis in die USA, wo Rassismus, Kolonialismus und rücksichtsloser Kommerz sowohl im Land selbst als auch überall auf der Welt noch immer spürbar sind: Irak, Iran, Vietnam, Korea, Kuba usw. Dass wir Deutsche bei unseren Einschätzungen überaus zurückhaltend sein müssen, haben wir den Rassisten und Kriegsverbrechern von 1933 bis 1945 zu verdanken. Russland ist auch noch nicht fertig mit seiner Vergangenheit. Für Japan ist die Altschuld damit verbunden, dass über 20 Millionen Chinesen durch die japanische Invasion ihr Leben ließen und keine offizielle Anerkennung dieser Schuld die Lage normalisiert hätte. Dafür macht Japan mit China Riesengeschäfte und wundert sich, dass jetzt ein Gezänke um ein paar unbewohnte Inseln losbricht.


Die Ärmsten haben natürlich zuerst kapiert, dass bei Kriegen ungeheure Werte zerstört werden, die - nicht von den Kriegsgewinnlern, sondern von den Opfern -  wieder erbracht werden müssen. Vielleicht ist das die eigentliche Ursache für das Aufwallen von sinnlosen Konflikten und die Anwendung von Gewalt, egal, wo. Dabei werden wir in wenigen Jahren ganz andere Kriegsschauplätze haben: Wo soll die Nahrung herkommen für über 8 Milliarden Menschen? Das Trinkwasser? Die Rohstoffe? Toleranz heißt vor allem: Irritationen vermeiden, lächeln, auch wenn man sich nicht danach fühlt, und nicht immer auf das hohe Ross sitzen, wenn es anders geht. Mit anderen Worten: der gesunde Menschenverstand gilt für alle. Sogar für die, denen eine Reihe von Gründen und ein Gemisch von Argumenten zu Gebote stehen, sich lauthals zu empören.



Freitag, 14. September 2012

Das Buch, vergriffen oder verludert?

Ein Buch kümmert sich in der Regel einen Dreck darum, ob und von wem es gelesen wird. Einmal gedruckt, liegt es herum, entweder im Verlag, oder in der Auslage, oder, wenn es Glück hat, auf dem Nachttisch, bei guter Beleuchtung. Der Autor kann dabei getrost vergessen werden. Namen werden alle wieder zu Schall und Rauch. Was gibt es da für Spinner: der eine schreibt über das Liebesleben von anderen, manchmal auch über sein eigenes. Der andere sieht nur Leichen herumliegen und versucht, durch an den Haaren herbeigezogene Schlussfolgerungen dem Mörder auf die Spur zu kommen. Spannend sollte ein Buch natürlich schon sein. So gesehen, ist auch der "Kampf um Rom", der intrigengeschwängerte Historienschinken von Felix Dahn, gute Unterhaltung.

Das isländische Telefonbuch

Das Sachbuch interessiert andererseits doch nur, wenn der Titel etwa so lautet: "Das Liebesleben der südwestdeutschen Ameise, unter Berücksichtigung des Klimawandels". Oder "Der menschliche Körper und seine Funktionen". Meine kleine Schwester und ich wussten ganz genau, wo im Bücherschrank unserer Eltern das schwere Buch stand. Wir nannten es das "Doktorbuch". Sobald Papa und Mama das Haus verlassen hatten, machten wir uns ans Werk. Mit Wohllust und Schaudern betrachtete ich den (nackten) weiblichen Körper und stellte mir allerhand darunter vor. Aufklärung kam ja erst mit Oswald Kolle.

Der nackte Mann - ein Roman

Die Faszination des Entdeckens. Das ist es, was Kinder und Jugendliche zum Lesen bringt. Karl May unter der Bettdecke, mit einer  absolut augenverderbenden Taschenlampe, die in den letzten Zügen lag. Ich konnte in dieser Zeit einen sechshundertseitigen Reisser von Karl May in einer Nacht lesen und ging dann am Morgen zur Schule, als wäre nichts geschehen. Bald danach wurde ich Brillenträger. Aber, das passt ja zur übertriebenen Lektüre. Auch Liebesromane wurden verschlungen. Je kitschiger, desto besser.


In der U-Bahn von Berlin, genau wie in der von Tokio, New York, Paris, Madrid oder London kann man sie sehen. Sie ergattern vielleicht einen Sitzplatz, oder auch nicht, das Buch ist unter den Arm geklemmt oder wird aus der Jackentasche gezogen, und schon geht es los. Dabei spielt es kaum eine Rolle, wieviele Stationen man abwarten muss. Der Körper spürt es, wenn er aussteigen muss. Oft gibt es dann keine Gelegenheit mehr, das angefangene Kapitel zu Ende zu lesen. Erst wieder, wenn das Bett als Ruhepol auf Lesen eingestellt ist.


Science Fiction war mal eine Literaturgattung, die viele nur so verschlangen. Der menschlichen Fantasie waren da keine Grenzen gesetzt. Heute leben wir in der SF-Welt, wo man den Rechner aufmacht, sich ein einklickt, um dann irgend einen Blödsinn aufgetürmt zu bekommen. Bevor man das eigentliche Leseziel erreicht, kommen Werbung, Hinweise, Geblinke und Gestottere. Ist es das, was wir wollen? Macht uns das intelligenter? Der Neuigkeitswert des da Gesagten und Geschriebenen kommt jedoch nie an das Gedruckte von einst heran.  "Bob Dylan beschimpft Kritiker", "Mutterliebe unter Walen", "Schluss mit Riesensoftdrinks", "Löw: es läuft nicht alles rund". So lauten die Schlagzeilen der Verdummung, denen wir täglich im Internet ausgesetzt sind. Wie schön sind doch die Gedichte von Herta Müller!





Donnerstag, 13. September 2012

Hildegard von Dinkel - die Heiligsprechung

Wir können auf diese fromme Dame stolz sein. Sie hat zwar den Muckefuck nicht erfunden, das war Pfarrer Sebastian Kneipp, der gerösteten Dinkel als Kaffeeersatz einführte, aber ein Rezept für Dinkelsuppe hat Hildegard von Bingen, die demnächst in einem etwas bürokratisch verspäteten Kirchenakt heilig gesprochen werden soll, sehr wohl verfasst. Dafür muss der alten Dame aus dem 12. Jahrhundert Bewunderung gezollt werden. Dass sie auf die Existenz des weiblichen Orgasmus aufmerksam gemacht haben soll, wird sich bei der Heiligsprechung hoffentlich nicht gegen sie stellen. Es wäre schade. Schließlich hat sie in ihrem gottgeweihten Leben jede Menge Interessantes zustande gebracht.


Dinkel ist eine urdeutsche Angelegenheit: Emmer und Zwergweizen hießen die Urweizensorten, aus denen der Dinkel als Kreuzung hervorging. Wegen seiner schmackhaften Art wurde er schon im Mittelalter in Baden-Württemberg, Franken, Tirol und der Schweiz angebaut. Schon in der Bronzezeit war der Dinkel in Mitteleuropa beliebt. Heute liegen Dinkelprodukte wieder voll im Trend. Das hängt natürlich damit zusammen, dass Menschen oft eine Weizenunverträglichkeit verspüren, die ihnen rote Tupfer auf der Haut und allgemeine Übelkeit bescheren.



Die Brotindustrie in Deutschland ist seit einiger Zeit voll auf der Dinkelschine abgefahren. Man kann dies an den gesalzenen Preisen für Dinkelbrot erkennen. Inzwischen gibt es auch Dinkelspaghetti, Dinkelpizza, Dinkelbrezeln usw. Allergiker freuen sich darüber und meckern ein wenig, wenn diese Produkte nicht besonders schmecken. Doch gibt es bei Brot schon mehrere Arten, die genießbar sind. Das Dinkelvollkornbrot mit Sonnenblumenkernen gilt bereits als würzig und schmackhaft. Die Sonnenblumenkerndinkelvollkornbrotidee hat lange gebraucht, um nach der totalen Vergessenheit wieder ganz normales Brot zu werden.

Die Dinkelbrezel
Jetzt muss ich erkennen, dass es in Großbritannien auch Marcel's Grandmother's Spelt Bread gibt. Kein Wunder, dass der hohe Gehalt an Kieselsäure sich auch in England auf das Denkvermögen, die Konzentrationsfähigkeit und die Gesundheit von Haut und Haaren wohlwollend auswirken kann. Oh, Hildegard!

Island exportiert Fisch, aber auch Yrsa!





Was wir oft nicht kennen, ist das Herkunftsland des Fisches, den wir auf dem Teller haben. Bei Island bin ich mir ziemlich sicher, dass der Fisch den Hauptanteil am Export hat. Wir anderen Europäer genießen diesen Vorteil. Doch gibt es auch das Island, das ganz diskret und meist unsichtbar, unternehmungslustige Isländer- und -Innen in die ganze Welt verschickt. Oft verlieren sich ihre Spuren in der Ferne, denn sie passen sich gerne dem Land an, das sie ausgewählt haben. Ist es das Vikingerblut, das in ihren Adern fließt? Oder der Drang, in der dunklen Jahreszeit, die jetzt dort wieder beginnt, das sonnige Weite zu suchen? In der hellen Jahreszeit ist es dort wunderschön. Da fällt mir ein, dass Island auch gute Krimis und Fussballer exportiert, die das Herz ihrer Bewunderer höher schlagen lassen.

Die Kirchengemeinde von St Matthieu in Straßburg wartet auf Yrsa

Es ist jetzt das erste Mal, dass eine Kirchengemeinde in Frankreich, das heißt, im teils protestantischen Elsaß, eine isländische Pastorin offiziell ins Amt einführt. Bis auf den letzten Platz war die Kirche gefüllt, als es geschah. Hohe Würdenträger und Mitpastoren und -Pastorinnen waren am 2. September zur feierlichen Einführung von Yrsa Thordardottir anwesend. Dazu kamen auch, von weit her, ihre drei Schwestern Dalla, Eilin und Thjodhildur, sowie die Eltern aus Reykjavik. Kann sie gut genug französisch? Gibt es nicht genug elsäßischen Pastorennachwuchs? Hat sie uns etwas zu sagen? Yrsa kann, denn sie ging in der Elsaßmetropole zur Schule, und in Island hat sie ihren theologischen Abschluss gemacht und sich mit Carlos und Töchterchen Marta auf den Weg in die französische Wahlheimat gemacht. Ihre Einstandspredigt in fehlerfreiem Französisch war bemerkenswert. Eine Isländerin wird wie selbstverständlich als geistliche Führerin in den Kreis einer traditionsbewussten Kirchengemeinde aufgenommen. Das erstaunt.


Gleichzeitig müssen wir sehen, wie Sinti und Roma, Asylbewerber und Flüchtlinge abgeschoben werden, manchmal mit rüden Methoden, oder, sie werden erst gar nicht aufgenommen. So erfreulich das eine, so traurig und kriminell ist das andere. Wie weit müssen wir noch gehen, um eine menschlich verträgliche Gesellschaft zu werden?



Dienstag, 11. September 2012

In eigener Sache: der Strauß hält sich wacker

So kam er bei uns an

Erste Woche gut überstanden

Jetzt kränkelt er ein wenig
Fortsetzung folgt!

Badischer Wein - jetzt kommt der neue

Im Herbst sind die Winzer in Alarmbereitschaft. Die Lese kann jeden Augenblick beginnen. Dann wird eine neue Ernte eingeholt, während die vergorenen Säfte des Vorjahres auf den neugierigen Trinker warten und auf den Markt drängen. Hat der vom letzten Jahr sich gut entwickelt? Frisch abgefüllt, schmeckte er schon beachtlich. Mit der Zeit erhält er seine Reife. Dieses Jahr sind die Erwartungen, vor allem an den Südwesthängen des Schwarzwaldes wieder hoch. Die Ortenau wird bekanntlich von der Sonne verwöhnt. Sie ist ein bezauberndes Land, mit einer Vielfalt an Weinen, die jedes Herz höher schlagen lassen.

Ganz schön rüstig, dieser alte Herr!

Ich gehöre zu jenen, die sich ein Leben lang durch unterschiedliche Lagen durchgetrunken haben. Auf der Suche nach dem ultimativen Getränk, neben meinem geliebten Gin'n'Tonic. Bier kam da nie infrage. Die Suche fing im Süden an, in Rioja, Spanien. Dann Bordeaux, Burgund und Elsaß. Moselwein habe ich immer mit einem blinden Auge gestraft, obwohl er das nicht verdient. Manchen schweizer und österreichischen Weinen begegne ich mit großer Hochachtung, vor allem den roten. Doch viele gute Tropfen müssen unerwähnt bleiben. Genau wie die oft genial dazu passenden Speisen, die dem Wein ihre Einmaligkeit verleihen.

Seit ein paar Jahren streifen Cath und ich nun durch Teile Badens, wobei wir immer neue Weine entdecken. Schwerpunkt ist jetzt die Gegend, in der wir uns niedergelassen haben. Die Ortenau, mit ihren landschaftlichen Reizen und herrlichen Anbaugebieten. Um es genauer zu sagen: wir leben am Fuße der sogenannten Ullenburg, die es schon lange nicht mehr gibt. Aber den Ullenburger Spätburgunder gibt es, trocken und, nein, ich zögere: "lieblich". Lieber sage ich "untrocken" oder mild. Dieser Wein, dessen Vorgänger bereits ausverkauft ist, strahlt auch 2011 schon eine wohltuende Freundlichkeit aus. Er ist überaus preiswert und trinkt sich leicht und ohne Folgen. Allein dieses ist ein himmlischer Grund, in dem Dörfchen Tiergarten zu wohnen, das zu Oberkirch gehört. An Absatzschwierigkeiten scheint dieser Ullenburg nicht zu leiden. Eher vielleicht an der nötigen Berühmtheit, denn die badische Lebensart erlaubt es nicht, viel Trara um einen guten Wein zu machen. Dafür trinken die Dörfler lieber ein Schlückchen mehr vom eigenen.

Weingut Ullenburg in Oberkirch-Tiergarten

Um dem Ullenburger Spätburgunder auf den Grund zu gehen, sollte man jedoch ein Kenner sein, damit man diesem Getränk gerecht wird und die Sprache der Geschmacksnerven richtig versteht. Winzer Martin Kimmig, der mit seiner Frau Angelika dieses Weingut betreibt, ist ein solcher Kenner. Doch er ist in der Ritterstube kaum anzutreffen. Wir warten auf eine Gelegenheit....



.....die sich wohl so schnell nicht ergibt.


Also muss ich improvisieren, meinem eigenen Instinkt und der eher begrenzten Erfahrung folgen. Ich muss mich da auf den Jahrgang 2010 verlassen, der in seiner Kabinettversion ein echtes Kind der Ortenau ist: An steilen Hängen gewachsen, die gut temperierte Feuchtigkeit der Burgundischen Pforte mit ihren milden Windströmen einatmend. Charakter und Eleganz lagen dem 2010er schon in der Wiege. Aber ob es sich um verwitterte Granitböden, vielleicht auch Porphyr- oder Gneisböden handelt, auf denen er wächst, weiß nur der Kenner, der ich nicht bin. Was ich weiß, ist, dass der Ullenburger Spätburgunder gerne in großen Zügen über die Lippen geht, nicht in zu kleinen Schlückchen, denn sein Auftakt ist fruchtig (mit dem Duft von Zwetschge, Zimt und Kirsche). Man merkt sofort, wer er ist: ein samtiger, würziger und leichter Wein, der seine Gerbsäure nicht verleugnet und sehr unkompliziert daherkommt. Dafür lieben ihn Cath und ich. Er geht auch zu Meeresfisch, wenn der passende Weißwein gerade nicht parat ist.


Dabei haben wir noch nicht über Riesling und Pinot Noir-Blanc de Noir, oder den Rosé, gesprochen, die vom Weingut Ullenburg ebenfalls angebaut werden, und die als Weißweine ebenso spritzig wie süffig sind. Davon ein andermal. (www.ullenburger-weingut.de)

Sonntag, 9. September 2012

In eigener Sache: Bin immer noch schön.


So kam er an vor einer Woche: Frisch, üppig, schön. Kate und Rob waren es, die uns nach einem Besuch mit diesem Fleurop-Gebinde beschenkten. Ein herrlicher Strauß, der uns seit einer Woche täglich Freude schenkt. Durch die Blume gesagt, ist keine Lebensart der Neuzeit mehr, sollte man meinen. Doch, wenn Blumen sprechen, wird vieles gesagt. Dankeschön nach Nord-Yorkshire. Wie hat er es geschafft, so lange so frisch und schön zu bleiben?

Denn heute sieht er noch immer wie neu aus. Gut, ein paar Blumenfältchen sind schon da. Aber im Großen und Ganzen kann man damit hoch zufrieden sein. Mach weiter so!

Bin also immer noch schön

Freitag, 7. September 2012

Nacht - wo bleibt der Schlaf?






Draußen ist es Nacht, ein Hauch
Von Kühle dringt nach innen.
Durch das schwarze Fenster
Klafft der Mond aufs Linnen.
Einsam ist er auch,
Fürchtet die Gespenster.

Müde legt der Kopf sich hin,
Hat genug vom Walten,
Grüßt ein letztes Mal die Nacht
Und die Traumgestalten,
Deren  dunkler Abersinn
Wieder keinen Schlaf gebracht.



Die Briten, ein Volk mit Behinderung?




Jeder weiß, dass die Nazis die Konzentrationslager nicht erfunden haben. Das macht sie nicht weniger kriminell. Die Briten waren es, sagt man, die "concentration camps" in Südafrika zum erstenmal zum Einsatz brachten. Das stimmt so nicht: die USA hatten schon 1838 solche Lager zur zwangsweisen Umsiedlung der Cherokesen. Im kubanischen Unabhängigkeitskrieg (1868-1898) waren es die Spanier, die "aufständische" Greise, Frauen und Kinder internierten, von denen mehr als ein Drittel verhungerten. Dann kommen die Briten: in Südafrika, beim zweiten Burenkrieg (1899-1902), wurden die Frauen und Kinder der Buren und Afrikaner in "concentration camps" zusammengefasst. Auch in der ehemaligen  deutschen Kolonie Deutsch-Südwestafrika wurde in Lagern Völkermord an den Herero und Nama betrieben, diesmal von den Deutschen.


Weiß jedoch noch jemand von den KZs zur Abschiebung von osteuropäischen Juden, Sinti und Roma, etwa, in Burg Stargard (heute Mecklenburg-Vorpommern), die 1923 erst auf Proteste hin abgeschafft wurden? Wegen Unmenschlichkeit. Die Nazis haben also nichts auf diesem Gebiet erfunden. Und Behinderte wurden neben Juden, Dissidenten, Zeugen Jehovas und anderen ebenso eiskalt umgebracht. Die Liste dieser Vernichtungslager kann nur die Spitze des Eisberges sein, der an der Unschuld der meisten Länder zweifeln lässt. Die Nazis waren die schlimmsten. Die Briten waren als Kolonialmacht und Welteroberer auch nicht sehr zimperlich. Die Frage ist, wie Großbritannien mit diesen Altlasten aus seiner Geschichte heute umgeht.

Es erstaunt mich immer wieder, wie in diesem Land, das in einer schwer zu überwindenden Traditionslast befangen ist, solche heikle Themen der Vergangenheit behandelt werden. Das historische London hat alle Grausamkeiten einer Metropole gekannt: Pest, Raub, Mord, Betrug, Diskriminierung, Sklaverei. Wie man damit heute dazu steht, ist die interessante Frage. Gerade höre ich im Radio, eine deutsche Zeitung habe es abgelehnt, auf der Titelseite ein Foto mit einem Paralympic-Sieger mit nur einem Bein zu zeigen. Vor Jahren gab es berechtigte Empörung, weil ein deutscher Hotelgast in seiner Herberge keine
Körperversehrten sehen wollte. Warum ändert sich hier nichts?


Bei den Paralympics in London zeigt sich wieder einmal, wozu die Briten fähig sind: ohne ihre nicht sehr unschuldige Vergangenheit zu leugnen, lernen sie konsequent aus
den Geboten der Zeit. Sie wissen, dass ihr Land keine Weltmacht mehr ist. Sie wissen, dass sie die reichsten nicht mehr sind. Sie wissen auch, dass es in ihrem Land unzählige ethnische Gruppen und Minderheiten gibt, denen man mit Respekt begegnen muss. Und sie wissen auch, dass sie jetzt zu den besten Olympioniken gehören, sowohl auf der unversehrten, als auch auf der versehrten Seite. Bei der gegenwärtigen Begeisterung für die 2. Olympischen Spiele dieses Jahres, die in London stattfinden, kann  man verstehen, dass behinderte Menschen in diesem Land ganz anders angesprochen werden als in Deutschland, das sich vor allem den Vorsprung durch Technik auf die Fahnen geschrieben hat. Fast würde ich nach diesen Spielen einen neuen Begriff prägen wollen: die "olympische Mitmenschlichkeit" Großbritanniens. Schließlich ist die Königin dieses Landes dafür aus dem Hubschrauber gesprungen.