Meist stehen Wahlen vor der Tür, wenn publikumsträchtige Begegnungen inszeniert werden, wie der Auftritt, am 27. September, von Altbundeskanzler Helmut Kohl. Er ist ein schönes Wrack. So groß und mächtig er als Kanzler auch war, jetzt sitzt er im Rollstuhl und spricht noch undeutlicher als zuvor. Schade. Sein Mädchen Angela hatte die Begegnung gewollt. Vielleicht verspricht sie sich sogar Inspiration, oder einen kräftigen Schub beim bevorstehenden Wahlkampf. Zehn Jahre hatte es keine Berührung gegeben zwischen dem Riesen, der über die Spendenaffäre stolperte und dem Mädchen aus dem Osten, das keinerlei Solidarität mit Kohl zeigte. Doch jetzt, wo es wieder um die Wurst geht, müssen wir alles mobilisieren, was sich noch bewegt. Wir müssen Mehrheiten beschaffen, wenn es sein muss, auch mit den schwächlichen und unzuverlässigen Liberalen. Wie sehr habe ich immer die klare Sprache von Helmut Schmidt geschätzt, der in einer ganz anderen Liga spielte. Das merkte man vor allem am ungeheuren Respekt, den die Welt in Ost und West Helmut Schmidt immer noch entgegen bringt. Kohl dagegen wurde eher wegen seines massiven physischen Erscheinungsbildes beachtet. Seine Aussagen waren kaum weltbewegend oder visionär. Das hat er mit Angie gemeinsam. Sie kann zwar küssen und umarmen, aber mehr als harmlose Nettigkeiten verbreitet sie kaum. Doch Kohl hat die schnelle Wiedervereinigung herbeigeführt. Das wollen wir nicht vergessen.
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Wer macht das Rennen? |
Jetzt haben auch die Herren von der SPD ihre Vorwahl getroffen. Zu früh, für den Start in die Zielgerade, an deren Ende vielleicht die Kanzlerschaft steht? Er ist ein Finanzfachmann, was mir in der aktuellen Lage als dringend notwendig erscheint. Bankenkrise und Eurorettung sind ohne Zweifel bei Steinbrück in guten Händen. Er neigt nicht dazu, mit Allgemeinplätzchen herumzuhantieren. Die etwas überstürzte Klärung der K-Frage durch die SPD war ohne schmutzige Grabenkämpfe verlaufen. Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier haben sich zunächst mal hintan gestellt. Damit hat unsere Angela einen ernstzunehmenden Gegner, dem Flunkern und Schwafeln fremd sind. Schön wäre es für sie, wenn sie Helmut Schmidts Unterstützung hätte. Die gehört natürlich dem SPD-Mann, von dem der Altkanzler vor kurzem sagte, "er kann können" oder so.
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Lasset uns beten! |
Interessant, wie unser konservatives ZDF reagierte. Man konnte die Pinzette richtig sehen, mit der die CDU-freundliche Wahl-Augurin Bettina Schausten den linken Kandidaten anfasste. Auch der liberal daherkommende Theo Koll hat gleich seinen Beitrag zur Kandidatenkür der SPD in kritisches Zähneblöken verpackt. Man weiß eben bei diesem Sender schnell, wohin mit dem zweiten Auge geschielt wird. Dabei hält er sich in Parteisachen für äußerst raffiniert. Für den Wähler ergibt sich bei den nächsten Bundestagswahlen eine andere Frage, die er selbst lösen muss: Bin ich so blöd, für wie manche mich halten, oder klug genug, um fast alles zu durchschauen? Die Medien spielen da immer eine große Rolle. Besonders das CDF, das den konservativen Kreisen im Land verpflichtet ist. Schön wäre es, wenn es auch mal eine Medienwende gäbe. Doch das kann man vergessen, und die Privaten kennt man, und Zeitungen bleiben meist in ihren traditionellen Löchern sitzen.
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