Freitag, 21. September 2012

Die Warteschleife



Ich weiß, ich muss bedacht vorgehen, denn die mir näherstehenden Freunde und Verwandten, die Ärzte sind, möchte ich nicht vergraulen. Dennoch: die Wartefrage stellt sich vehement, wenn man vorhat, einen Arzt aufzusuchen. Dabei ist der Weißkittel als solcher nicht das Problem, sondern allzu oft die säuselnde Hilfe, die Termine macht, und die dann sagt: "Sie dürfen mal Platz nehmen, es könnte noch ein wenig dauern. Heute ist viel los, wie sie sehen". Ich sehe. Der Herr Doktor könnte natürlich auch etwas mehr Luft zwischen die Patienten packen. Was könnte es schaden, gelegentlich ein paar Minuten in die Auslegware im Wartezimmer zu schauen, um zu sehen, ob die Lektüre noch zeitgemäß ist? Obwohl, bei meiner Hausärztin finde ich interessante Lektüre. Und sie lässt Patienten ungerne warten. Ärztliche Frauen sind wohl unpompöser als Männer, die sich als rastlose Kämpfer an der Krankenfront wähnen. Von der Warte eines zahlenden Patienten aus kenne ich kein anderes Gewerbe, wo man im Schnitt so lange hingehalten wird.

Sonst könnte es leicht zu spät sein

Man sitzt also in einem Wartesaal, der vornehm Zimmer genannt wird, greift sich etwas zum Lesen und vermeidet den Blickkontakt zu den anderen. Und, woher nimmt man die Vermutung, der Patient hätte nichts besseres zu tun als engelsgeduldig auf meist schlechten Stühlen herumzusitzen? Für mich sieht die Gesundheitsreform anders aus: statt 10 € Patientengebühr, erhält der Patient ein Warte- oder Stuhlgeld in Höhe von 20 €, und zwar, für jede angefangene halbe Stunde. Solange diese Reform nicht verabschiedet ist, erlaube ich mir die Frage: "Wie lange muss ich wohl noch warten?". "Das ist schwer zu sagen, denn heute ist viel los". Ich, dann "Gut. Ich gehe jetzt bummeln und bin in genau 30 Minuten zurück. Bitten sie den Doktor, etwas Geduld zu haben, wenn ich mich verspäte". Gesagt, gegangen.

Nachtrag: Gerade komme ich von meiner Ärztin. Ich hatte kaum Zeit, die ausgelegten Gesundheitsinfos zu studieren, als ich zu ihr gebeten wurde. Rekordzeit: 6 1/2 Minuten und ein kleines Schwätzchen mit der Dame am Empfang. Gesundheit!


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