Dienstag, 31. Mai 2016

Finde mir einen guten Titel.

Besser gesagt als getan. Wofür möchtest du einen Titel? "Ich schreibe Bücher, und mein Verlag brummt mir die unmöglichsten Titel auf. Was immer ich auch vorschlage, der Verlag will es nicht und erfindet irgend etwas, das ich nicht haben will". OK, mein Lieber, du sagst mir zuerst, worüber du schreibst, und ich werde dir einen Titel basteln, der sich gewaschen hat.



Ich muss noch hinzufügen, dass Titel, die aus einem Wort bestehen, fantasielos sind. Darauf gehe ich nicht ein. Etwa: Winnetou, oder Kirchenglocken, oder Todesahnung. Ein Titel muss etwas aussagen, darf aber nichts verraten. Auch folgendes Titel-Beispiel könnte leicht daneben geraten, wegen Überlänge: Als ich aus dem Sarg kroch, hörte ich wie die Bienen summten. Das geht gar nicht, denn das passt nicht auf einen Buchdeckel, der auch noch den Autor (etwa: Mijnheer Willem van Ardabellenbosch) und/oder den Verlag (etwa: Waisen-Kinderbuchverlag) benennen möchte.


Ich bin feige 
 Wir haben es hier mit einem echten Dilemma zu tun. Kreativ soll er sein, der Titel, vielsagend und unverwechselbar. Leicht aussprechbar. Gut in andere Sprachen übersetzbar. Vielleicht ein wenig sexy? Kein Trittbretttitel, der an etwas anderes erinnert. Etwa: Doktor Schiwago. Das war mein Leben. Jetzt hab' ich's: lakonisch soll er sein. Modisch und vielsagend. Ich weiß, dass du etwas über dein Liebesleben schreiben möchtest, ohne allzu viel preiszugeben. Weißt du, was? Ich muss nachdenken. Gib mir ein paar Wochen Zeit. Dann werde ich dir einen Titel verpassen, dass dir die Ohren schlackern.

Nichts ist unmöglich! Das ist nicht mein Titel, sondern der Grund meiner Verwirrung. Wie wäre es mit: Als ich aus dem Sarg kroch, hörte ich wie die Bienen......

  




Yorkshire Pudding - Yorkshire Stolz.

Es ist unmöglich, den Yorkshire Pudding mit der Badischen Dampfnudel zu vergleichen. Über den Y.P. gibt es kaum Literatur. Der Guardian, das renommierte britische Blatt, das sich in alles einmischt, hat auch schon zum Y.P. Stellung genommen. Lobend natürlich. Das ist jetzt literarisch ab- und eingesegnet, denn eine Elaine Lemm hat der Welt einziges Buch über den Yorkshire Pudding geschrieben und dabei vielleicht den Mund ein wenig vollgenommen. Der Y.P. sei weltweit und national bekannt und geschätzt. Etwa wie die Spätzle, die außer den Süddeutschen nur noch die Elsässer kennen? Und trotzdem eine wahre Delikatesse sind?


Badische Dampfnudel 
Selbstverständlich ist der Yorkshire Pudding kein Pudding im deutschen Sinne. Er wackelt nicht, enthält keine Mandeln, kann aber als Nachtisch durchaus mit Süßem kombiniert, ja, sogar mit Cointreau flambiert werden, obwohl ich das noch nie erlebt habe. Es ist schwierig genug, wenn es um den berühmten englischen Sonntagsbraten geht, ihn mit Yorkshire Pudding serviert zu bekommen. Geheimnisse waberten eh und je um dieses braune Gebäck, das, dem deutschen Pudding unähnlich, auch nichts mit dem französischen "Rôti de porc" zu tun hat. Doch ein Engländer lässt nichts darauf kommen.

Der Y.P. sieht eigentlich ganz witzig aus: entweder wird er in kleinen Förmchen mundgerecht gebacken, oder er kommt aus einer Art Kuchenblech mit entsprechend hohem essbarem Rand. Nur der richtige Kenner weiß das zu schätzen. Heute wurde ich, nach Jahren der Ehe mit einer Britin, völlig aus dem Blauen heraus mit einem Yorkshire Pudding überrascht. Eine echte Premiere. Gekostet hatte ich Y.P. schon zuvor, doch nicht mit Tapioka statt Weizenmehl zubereitet. Cath verträgt Weizenmehl nicht, und das Rezept von Elaine lässt die Mehlart offen. Alles ist möglich.


So oder ähnlich... 
Wenn ich jetzt versuchen würde, etwa einer deutschen oder österreichischen Hausfrau das Rezept zu vermitteln, würde ich wahrscheinlich Schiffbruch erleiden. Doch Elaine Lemm ist optimistisch und meint, nichts könne schiefgehen. Also:

4 große frische Eier, geschlagen.
Die vergleichbare Menge an Milch (oder auch Wasser).
Die gleiche Menge an Mehl, wenn nötig auch Tapioka.
Eine Prise Salz. Es muss kein Himalajasalz sein. Ein Esslöffel Rinderfett oder Pflanzenöl.


Die andere Hälfte ist gegessen. 
Dazu ein gestrichenes Maß an Talent, Einfühlungsvermögen und Mut, denn die geschlagene Masse muss in ein eingeöltes Backblech oder auch in kleinere Förmchen gegeben und für ca. 20 Minuten im vorgeheizten (etwa 200°???) Ofen gebacken werden. Sollte daraus tatsächlich ein Yorkshire Pudding entstehen, kann eine schmackhafte Soße mit Braten hinzugefügt werden. Was Cath für mich heute geleistet hat, schmeckte jammi jammi und kann als gastronomische Pionierleistung gepriesen werden. Thank you so much, dearest Cath. You made me happy.







Montag, 30. Mai 2016

Bradford und sein deutsches Viertel.

Welche Überraschung. Cath und ich melden uns bei einer literarischen Woche an der Universität von Bradford/Yorkshire an und geraten in eine Reihe von Vorträgen. Einer davon befasste sich nicht etwa mit Little Britain (der bekannten Lach-Serie), auch nicht mit Great Britain, sondern mit Little Germany. Das war nicht gemeint als ideologische  Verkleinerung von Groß-Deutschland, sondern als die Beschreibung und Geschichte eines Stadtviertels von Bradford, das den Namen "Little Germany" trägt, "A History of Bradford's Germans".



Susan Duxbury-Neumann hat dieses Buch verfasst, das 2015 erschienen ist und das wir sofort gekauft haben. Die Autorin hielt einen Vortrag darüber. Wir wollten uns das nicht entgehen lassen. Äußerst interessant und lehrreich war das. Wie es dazu kam, dass Deutsche nach Großbritannien zogen und sich an der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert beteiligten. Bradford war damals das Weltzentrum der Wolle verarbeitenden Industrie. Die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Großbritannien bestanden schon lange. Auch der Adel der beiden Länder war eng miteinander verbunden. So schien es normal, dass Tausende deutscher Geschäftsleute auch nach Bradford kamen, sich dort niederließen, produzierten und Handel betrieben. Es entstand ein deutsches Viertel, das man als Little Germany bezeichnete.


Unter den Deutschen waren viele jüdische Familien, aber auch christliche, wie zum Beispiel Fleischer, die Schweinefleisch verarbeiteten und die Bradforder "Wurstkultur" schufen. Namen wie Neumann, Moser, Behrens, Eurich und Delius waren Typisch für die Zuwanderer. Ein Beispiel von vielen: Jacob Moser, dessen Familienname ursprünglich Moses war, wurde sogar Lord Mayor von Bradford. Er war der erste Einwanderer jüdischer Herkunft, der hier Oberbürgermeister wurde. Als sehr erfolgreicher Textilkaufmann betrieb er zusammen mit seinem Partner Victor Edelstein den weltweiten Export von Textilien und unterhielt als überzeugter Zionist auch Verbindungen mit Tel Aviv und Jerusalem, sowie mit seinem Herkunftsort Kappeln in Schleswig-Holstein.


Jacob Moser war auch als Philantrop sehr aktiv, zusammen mit Gleichgesinnten, denn Unternehmer jener Zeit hatten viel Sinn für die weniger erfolgreichen Mitbürger, mit denen sie sich verbunden fühlten. Kapitalismus, Judentum und Deutschtum schienen sich nahtlos mit dem "being British, and being successful" zu vermählen, der später aufkommende Nationalismus und Antisemitismus in Deutschland hatte noch keinen Einfluss auf die Beziehungen der beiden Länder. Mit dem Ersten Weltkrieg änderte sich das, wobei Little Germany in Bradford jedoch nicht zum Feindbild der Briten wurde. Vielleicht war es  die Nachbarschaft der jüdisch-deutschen Kultur, die das verhindern konnte. Allerdings waren Anpassungen nötig. So wurde aus der Metzgerei Johann Schmidt mit seinen Delikatessen plötzlich John Smith. Andere passten ihre Namen ebenfalls an. Allerdings waren die Zeiten für die Deutschstämmigen schwer. Manche mussten im Herkunftsland zum Militärdienst, die im Land Gebliebenen durften kein Telefon und Auto besitzen und die Stadt nicht ohne polizeiliche Genehmigung verlassen. Seit dem allgemeinen Niedergang der Textilindustrie in Bradford geht es auch dem Klein-Deutschland-Viertel wirtschaftlich nicht sehr gut. Dabei gibt es hier immer noch ein großes Potenzial.


Susan Duxbury-Neumann hat so vieles angesprochen, das sowohl bei Briten als auch Deutschen nicht vergessen werden darf. Das friedliche, sehr natürliche Nebeneinander von Minoritäten verschiedener Herkunft, wie wir es heute schon in vielen Ländern kennen. Frederick Delius, der Sohn eines  erfolgreichen Kaufmannes aus Bielefeld, mag ein Beispiel dafür sein, wie die Kulturen sich gegenseitig durchdrangen. Seine Musik ist britisch und sehr europäisch zugleich. So auch die typische Architektur von Little Germany.  





      

Freitag, 27. Mai 2016

Heldenverehrung ja, aber mit äußerster Vorsicht!

Man erfährt viel, wenn man nach den Helden einer Nation fragt, doch selten herrscht dabei Einigkeit. Wie könnte es sonst sein, dass Napoleon und Hitler zu den zehn wichtigsten, nicht Helden aber Personen aller Zeiten gehören, noch vor Stalin und Mao. Bei den US-Informatikern Steven Siena und Charles Ward, die per Wikipedia, Google Ranking und Nachrichten-Zulauf herausfinden wollten, wer die wichtigsten Personen der Geschichte waren, waren selbst Zweifel an ihrem Tun gekommen. Selbst ein ungebildeter Provinzler und Nationalist muss da die Augenbrauen heben: unter den Top Ten drei US-Präsidenten, Jefferson, Washington und Lincoln, dazu 2 Religionsstifter, Jesus und Mohammed, sowie Alexander der Große und sein Lehrer Aristoteles. Dann: Adolf Hitler und Napoleon. Und liebevoll darunter gemischt: William Shakespeare, auf den wir noch zurückkommen werden.


Zugegebenermaßen haben die beiden Autoren im englischsprachigen Wikipedia und den Google-Ranglisten gewühlt, sonst hätten nicht drei US-Präsidenten gleichzeitig in diesem Ranking Platz gefunden. Napoleon und Hitler figurieren in dieser Liste wie Irrläufer. Sie spielen halt immer noch eine Rolle, der eine als machtgieriger Megalo, der andere als Schreckgespenst der Geschichte. Man kann es sich aussuchen, wer wer ist.

Bei Nationalhelden haben wir es einfacher. In Kasachstan gehören zu den 10 Größten Sagadat Numagambetov, Toktar Aubakirov und Talgat Musabayev. Schon von ihnen gehört? Sie wurden von ihren Oberen ernannt. Von besonderen Verdiensten (womöglich an der Menschheit) ist nichts bekannt. Aber das können wir so stehen lassen.

Ein übergeschnappter Geografielehrer hatte mich kurz vor dem Abitur als großherzige Geste über die Osterfeiertage mit der Hausaufgabe betraut, einen Vortrag über die kulturellen Leistungen Deutschlands auszuarbeiten. Mein Vater sah mich bei der unmöglichen Arbeit und sagte: dieser Kerl ist größenwahnsinnig und gemeingefährlich.  Ich konnte ihm zustimmen. Mein Referat wurde eine sinnlose Auflistung, die unsere amerikanischen Autoren wahrscheinlich mit Bewunderung erfüllt hätte.



Nun zu Shakespeare: Im Mai vor genau 400 Jahren ist er gestorben. Er benötigt kein Ranking, denn seine Werke werden nicht nur in England, sondern auf der ganzen Welt aufgeführt. Vielleicht ziert sich Kasachstan ein wenig, den Hamlet aufzuführen, wegen der großen Zahl an eigenen Nationalhelden. Warum aber keine Frau es bisher in dieses Weltranking geschafft hat, ist ein Rätsel. Katharina  die Zweite, die Große, Zarin von Russland, mit ihrem Verschleiß an (21) Liebhabern, kommt da in den Sinn. Und was machen wir mit Mutter Teresa und Angela Merkel? Das ist zwar etwas selbstsüchtig, aber immerhin wird Angie als die mächtigste Frau der Welt bezeichnet. Von wem, weiß man nicht, und wenn Hillary Clinton den Präsidentensessel erklimmt, ist es wohl Schluss damit. Meine Bewunderung hat immer schon Hildegard von Bingen gegolten, die die Dinkelsuppe erfand und den weiblichen Orgasmus entdeckte und sonst noch eine große weibliche Persönlichkeit (heute sogar im Heiligenstand) war.



Unter den Briten käme wohl auch Königin Viktoria infrage und Virginia Woolf. Bei Lady Chatterley aber hätte ich so meine Zweifel. Worin die Briten großartig sind, ist die warmherzige Verehrung ihrer "Helden". Die Deutschen, die auf Leute wie Martin Luther, Karl den Großen, Beethoven, Brahms und Wilhelm Busch mehr als stolz sein könnten, schämen sich lieber wegen Adolf Hitler, Heinrich Himmler und Joseph Göbbels. Recht geschieht uns, doch sollten wir über den dunklen Zeiten nicht unsere wahren Helden vergessen.

Donnerstag, 26. Mai 2016

Yorkshire Tagebuch - 9 - Dog Fouling.

Übers Wetter wollen wir nicht mehr reden. Sobald man damit anfängt, wird man eines besseren belehrt. Ich am Telefon mit Freund im Schwarzwald: "Es ist gräßlich draußen. Wieder so ein regnerischer, windiger Tag und kalt". Ich schaue aus dem Fenster: strahlende Sonne. Dann sehe ich einen recht großen braunen Vogel mit gelbem Schnabel. Ich denke an etwas Exotisches. Cath erklärt mir, dass in Yorkshire die Amseln nicht schwarz, sondern rostbraun sind. So lernt man dazu.


Vor einigen Tagen haben wir Lewis' Asche abgeholt. Seit seiner Bestattung wartete sie im Krematorium um von uns entgegen genommen zu werden. Ein eigenartiges und einzigartiges Erlebnis. Cath und ich holten die Urne ab. Unterwegs auf einer Anhöhe mit grandiosem Blick hielten wir an und vertrauten einen Teil der Asche dem Wind an. Lewis hatte diesen Ort besonders geliebt. Dann brachten wir einen Teil der Asche ins Yorkshire Moor, wo Lewis und Margaret oft wanderten. Schließlich brachten wir noch eine Handvoll in das Blumenbeet vor Margarets Pflegeheim. Der letzte Teil wird von Lewis' Kindern und Schwiegerkindern im häuslichen Garten verteilt. Liebendes Gedenken ist die Idee und die Wirklichkeit.


Asche zu Asche 
Lewis ist somit bei uns immer gegenwärtig.



Gestern ging es an den Garten. Unsere holländisch-stämmige Gärtnerin Karen bereitete unter Mühen ein Beet vor, auf dem ich hoffe, in einiger Zeit Stangenbohnen sprießen zu sehen. Das alles ist sehr fraglich, weil in diesem Garten immer alles nass ist. Ich würde den Boden als speckig bezeichnen. Doch die guten Absichten sind da. Wenn es keine Bohnen gibt, werden wir widerspenstig auf die Supermärkte zurückgreifen müssen.

Wer einmal an einem Rhönradrennen teilgenommen hat, kann sich das bizarre Verhalten im Straßenverkehr lebhaft vorstellen. Ich nenne das Rhönrad als ein typisch deutsches und in der Welt weitgehend unbekanntes Sportgerät, das hier zwar Anklang finden könnte (so skurril sind manche in diesem Land), das einem Kontinentaleuropäer aber das Gefühl vermittelt, man müsse nicht überall alles versuchen. Ich bin ein gewiefter Autofahrer mit Linksverkehr-Erfahrung, vor allem in Zypern, wo ich nie einen Unfall verursacht habe. Dieses vielleicht gesegnete Land jenseits des Ärmelkanals hat durch den Linksverkehr, den Kreisverkehr und den Stehverkehr jede Urlust des Autofahrens ausgemerzt. Alle 20 Meter wird man aufgefordert, zu bremsen (SLOW DOWN), die Geschwindigkeit wird in Meilen angegeben, und alle paarhundert Meter drohen Speed Cameras mit eingebautem Blitzlicht. Kein Wunder, dass der Brite dazu neigt, als Autofahrer keinen Schluck Alkohol zu trinken, damit er aus diesem chaotischen Straßenverkehr heil wieder herauskommt. So viel Disziplin, wie auf englischen Straßen, sieht man nur noch in Nordkorea, wo man fast frei von Autos ist. Wie man aus einem größeren Kreisverkehr mit mehreren Abfahrten unbeschadet wieder herauskommt, gehört zu den Rätseln dieses Landes.


Wild werden die freundlichen Bewohner des Vereinigten Königreiches erst, wenn sie einen Hund sehen, der sein Häufchen macht. Wild, vor allem, wenn Herrchen oder Frauchen so tun als hätten sie nichts gesehen. Ich glaube, die Strafe für dog fouling bewegt sich um die 1000 Pfund Sterling, für die man vor 100 Jahren noch ein kleines Haus hätte kaufen können. Ich habe Hundeschiss auch in Pariser Straßen erlebt. Da ging man bei Einbruch der Dunkelheit hinaus und ließ den Köter sein Ding auf dem Gehsteig machen: la crotte de schien, heißt das Ding. Dabei sind - wegen der Aufzüge und des allgemeinen Platzmangels - die Hunde heute auch noch rattenklein. Mein Berner Sennenhund - der Hundegott hab' ihn selig - hätte sich echt geschämt,  so offen herumzukoten, wie manche es hier tun. Deshalb liest man an vielen gefährdeten Ecken: No dog fouling please.



Mittwoch, 25. Mai 2016

Hosen runter und Zähne zeigen!

Musste es so weit kommen, dass friedliche Menschen, mit etwas (Herzens)Bildung, auf die Straße gehen, um für das einzutreten, was eine gesetzlich verbriefte Selbstverständlichkeit sein sollte? Ja, es ist soweit. Überall werden unsere - zugegebenermaßen - dusseligen Demokratien an den Pranger gestellt. Sie funktionieren nicht mehr. Die herkömmlichen politischen Parteien liegen mit dem Kapital und seiner Macht im Bett. Mahnungen werden nicht mehr ernst genommen. Gesetze umgangen, durch immer einflussreicher werdende Machtgebilde wie Lobbys, Rechtsbewegungen, laut schreiende Populisten, undsoweiter. Man gewinnt den Eindruck, der durch Nationenzusammenschlüsse und internationale Zusammenarbeit entstandene Zustand des Friedens in Europa sei permanent bedroht.


Kein Wunder, denn die Produktion und der Export von Waffen floriert, Banken entziehen sich der Kontrolle, operieren international, und Großkonzerne wollen immer größer werden, um ihre Gesetze diktieren zu können. Bayer-Monsanto ist nur das neueste Beispiel, das zeigt wie es geht. Milliarden werden in solche "Ehen" investiert, egal was der Bürger darüber denkt und Experten dazu sagen. Für jeden Experten mit Sachverstand gibt es einen Gegenexperten, der käuflich ist. Das klare Ziel: mehr Geld, mehr Macht.

Finanzkrisen, Energiekrisen, Verlust der politischen Mitte, Klimawandel, das Auseinanderklaffen von Haben und Nichthaben, die wachsende Akzeptanz von Verbrechen, Betrug und Tatenlosigkeit. Das alles scheint unabwendbar. Wirklichkeit und Wahnvorstellung sind schwer auseinander zu halten. Die Glaubwürdigkeit, sogar von Einrichtungen wie die katholische Kirche, Behörden, Politik, Wahlen usw. ist herabgesunken und kann heute von jedem angespuckt werden, der seinem Zorn Luft machen will.

Die Rechtsbewegungen in unseren Ländern bringen es auf den Punkt. Nicht etwa, um den moralischen Zeigefinger zu erheben oder etwas zu verbessern, sondern um auch an die Töpfe der Demokratie zu gelangen. Wo sich ein Vakuum auftut, finden die Aasgeier unserer Zeit ihren wohl erstänkerten Platz. Die Zeit scheint für sie gekommen, die Hälse zu recken, nachdem sie sich zu lange geduckt haben. Jetzt haben sie ein Konzept: Finger auf Wunden legen, Wahlen gewinnen und das bisschen Fortschritt (EU, Euro, Integration etc.) zunichte zu machen.



Beispiele gibt es genug. Sie ähneln sich. In Deutschland die sogenannte Alternative für Deutschland. In Frankreich das Le Pen-Ungeheuer. Ungarn kennt diesen Orban, und Polen versucht gerade, den Schwangerschaftsabbruch bei krankem Embryo oder bei Vergewaltigung wieder rückgängig zu machen. Unverhohlener Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Homophonie. Die Türkei ist einem Minidiktator aufgesessen, der mit seiner Flüchtlingspolitik ganz Europa erpresst. Großbritannien versucht eine etwas mildere Art der Erpressung, wobei die Motive unklar bleiben. Warum wollen sie raus aus der EU? Populismus und Unwissen und links und rechts? Und alles was rechts ist, scheint kleinkariert, egoistisch, rechthaberisch und propagandistisch-verlogen.


Christlich muslimische Wertegemeinschaft 

Das beste Anschauungsmaterial liefert die AfD, die zwar keine intellektuelle Bedeutung hat, aber all diejenigen zu bündeln scheint, die den großen Katalog der Unzufriedenheit durchgelesen haben: Flüchtlinge = Gefahr, Schmarotzer, sexuelle Bedrohung. Islam = Fanatismus, Diskriminierung, Fremdkörper. Gleichgeschlechtlichkeit = Sodom und Gomorrha, familienfeindlich, wertezerstörerisch. Haben wir etwas vergessen? Ach ja, Adolf Hitler, der Gute, ist wieder auferstanden mit seinen glasklaren Ansichten und Absichten. Pst!, Feind hört mit. Die Juden müssen aber in Ruhe gelassen werden! Obwohl, wenn man sieht, was gerade in Israel passiert: auch dort  eine rechtsradikale Regierung, die wirklich nicht unterstützt werden sollte. Sie ist genauso mies wie die zuerst erwähnten. Hat nicht Frau Merkel einmal gesagt, wir seien eine christlich-jüdische Wertegemeinschaft?  Was denn nun?

Es deutet alles darauf hin, dass wir so nicht mehr weitermachen können, wenn wir verhindern wollen, dass man uns für immer das Heft aus der Hand nimmt. Wir, die eher Bedachten, den Gefahren- ausweichen-wollenden, die Kompromiss- Verständnis- und Hilfsbereiten, wir müssen jetzt die Schaufel in die Hand nehmen. Laut und deutlich hinausrufen, dass wir den anderen nicht das Feld überlassen. MUT ZUR GEGENREDE. Dann werden wir sehen, dass die andere Seite feige und verlogen ist. Hosen runter und Zähne zeigen, sonst kommen jene Veränderungen, die keiner will.
  










Dienstag, 24. Mai 2016

Auf Ge-Day und Verderb. Die Tages-Schau.

Ich denke nicht daran, jetzt alle Welttage abzuklappern, um einen besonders hübschen zu finden. Der Muttertag ist schlimm genug. Der deutsche Vatertag ein wenig fragwürdig, aber immerhin mit Strohhut und einer guten Maß Bier. Irgendwie hat man das Gefühl, dass man täglich mit irgend einem nationalen oder internationalen Gedenk-oder Aktionstag belämmert wird. Wenn den Medien nichts mehr einfällt, kramen sie einen Gedenktag aus, oder etwas anderes. Heute, zum Beispiel, ist der Internationale Schildkrötentag. Man kann sich oft nicht schnell genug vorstellen, worauf man dabei hinaus will.



Anders ist es mit dem D-Day, der uns Deutsche besonders betrifft, begann doch damit die alliierte Landung in der Normandie, die das Ende des Dritten Reiches einleitete. Dieser Tag dauerte einige Wochen. Er begann am 6. Juni 1944. Das D steht für Dawn, Morgendämmerung. Tausende Soldaten gingen damals an Land. Die deutschen Truppen waren nicht auf die Landung vorbereitet. D-Day wird auch heute noch ausgiebig international gefeiert.

Wenn man die Vielfalt und Verrücktheit solcher Tage, nationaler, regionaler und internationaler Provenienz genauer betrachtet, merkt man, dass man in ein Wespennest gestochen hat. Doch den Tag der Wespe muss man erst einführen. Viele Tage haben mit der Gesundheit zu tun. Das ist verständlich. Der Welt-Asthma-Tag ist ein solcher. Oder der Welttag für Handhygiene. Der Deutsche Kopfschmerztag, der Weltstottertag (International Stuttering Awareness Day), Tag der Rückengesundheit, der Weltschlaftag oder der Internationale Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung. Der Tag der Eisbären gehört nicht dazu. Ebensowenig der Tag des Unkrautes (Weed Appreciation Day), oder der Tag der Eltern-Kind-Entfremdung.

Der Weltglückstag und der Tag des Deutschen Bieres gehören in eine andere Kategorie. Aber welche? Kommen wir zum Tag der Deutschen Sprache, der eher etwas sprachlos macht, wobei der Tag des Deutschen Butterbrotes in eine ganz andere Richtung weist. Auch der Towel Day, der Tag des Handtuchs, ist international angesiedelt und nicht nur für spanische Strändebesetzungen durch deutsche Touristen gedacht.


Wolkenkratzer in Wien 

Noch einige ziemlich bedenkliche Tage: der internationale Tag der Witwen. Der internationale Wolkenkratzertag, der Tag des Kusses (in Großbritannien ins Leben gerufen) und der australische National Sorry Day. Was wir mit dem Internationalen Tag der Migranten anfangen sollen, ist mir nicht ganz klar. Wenn das nur nicht die AfD mitbekommt, die geradezu geil auf solche intellektuellen Anstöße ist. Haben wir schon vom Tag der Homophobie gesprochen? Auch das könnte die Herrschaften der AfD oder auch des Vatikans erzürnen. Diesen Tag gibt es aber. Ebenso den Internationalen Tag der Seifenblasen und den bescheiden daher kommenden Weltnudeltag. Der Tag für Autoren hinter Gittern könnte für mich irgendwann aktuell werden, genau wie der Wolfgangtag, der für den 31. Oktober von der katholischen Kirche eingerichtet wurde.

Der Welthurentag und der World Smiley Day liegen zeitlich nicht weit auseinander. Was mir besonders gefällt ist der Kauf-Nix-Tag. Da sollten wir einsteigen.  Vielleicht auch der Tag des weißen Stockes, den unsere blinden Mitmenschen besonders schätzen, obwohl auch ganze Regierungskreise davon betroffen sind. Dass Nordkorea seinen eigenen Kram macht, ist klar: Tag der Sonne und Tag des strahlenden Sterns. Da kann man nicht meckern. Was bleibt ist die Frage: warum gibt es keinen Tag der Nächte? Wäre ganz schön raffiniert. Kann ja noch kommen.

Montag, 23. Mai 2016

Die Hühnersuppe - eine Sternstunde der Kochkunst.

Ich weiß nicht, warum ich mich so über meine Hühnersuppe freue. Vielleicht ist es auch die Tatsache, dass dieser Rechtspopulist in Österreich das Präsidentenamt nicht gewonnen hat. Manchmal haben Wahlen doch einen Sinn. Man stelle sich vor, die Haidersippschaft hätte es geschafft, die ohnehin gebeutelte Demokratie wieder mal erröten zu lassen. Marine Le Pen kann jetzt nur noch Trost sprechen. En bon francais, bien sur. Vielleicht kriegt auch der Präsidialsüchtige in den USA bald eins auf den Hut. Dann müssen wir nur noch die rechte Bedenkenträgerin Frauke-Frauke in Deutschland loswerden. Der Himmel über Europa wäre dann etwas aufgeklärter.



Zu meiner Suppe: Cath wollte heute einen "fast day" machen. Also kein umfangreiches, dafür aber schmackhaftes Leichtessen.  Mein Vorschlag: die Hühnersuppe. Ich muss hinzufügen, dass in mir immer schon ein Talent für einfältige Mahlzeiten schlummerte. Ich kann das kochen. Hier mein Rezept: Ein paar frische Hühnerbrüste, nicht aus der deutschen Hühnerwüste. Ein großer Topf Wasser. Eine fein geraspelte Schalottenzwiebel. 1 Knofizehe. Eine kleingeschälte Pastinake (Cath nennt das parsnips). 1 Karotte vom Bund. Kleingehackte Courgette. Pfeffer/Salz, und an Kräutern: Thymian (kl. Menge), Salbei, Liebstöckel, Petersilie. Das Ganze ca. 1 Stunde köcheln. Abschmecken. 1-2 Würfel klare Brühe, falls notwendig. Den Sud abschöpfen. Die Haut von den Hühnerbrüsten ablösen und das Fleisch zerschneiden. Anrichten. Die Frau bricht in Lobesstürme aus. Als Mann kann man sich dabei durchaus sehen lassen.



Man kann sagen, wer eine gute Hühnerbrühe macht, hat auch ein klares Urteil in  politischen Dingen. Rechtslastig geht dabei gar nichts. Linksneigung, doch mit ein wenig Vorsicht. Dann dürften solche Ausrutscher wie die AfD einer ist, eigentlich nicht passieren. Während eine gute Hühnersuppe auch in England direkt in den Himmel führen kann, haben wir es hier in Yorkshire ebenfalls mit einer Drohung zu tun, die hoffentlich am 23. Juni vorbei sein wird. Wenn die Briten per Referendum beschließen, NICHT aus der EU hinaus zu wollen, dann hat der Common Sense wieder einen kleinen, herzhaften Sprung nach links gemacht. Ich freue mich schon darauf.


Wie kam ich eigentlich von der Hühnersuppe auf die Politik? Ist ja egal. Hauptsache, unsere Suppe schmeckt uns, wir müssen sie ja selbst auslöffeln.
  

Sonntag, 22. Mai 2016

Ich küsse, also bin ich.

Ich hatte die Liebe noch nicht bewusst erlebt. Wir waren 5, unsere große Welt war der Kindergarten. Ich erinnere mich, dass ihre Eltern eine Metzgerei hatten. Auf ihren Namen komme ich nicht mehr, aber sie küsste mich plötzlich auf den Mund. Feucht und zart war dieser Kuss. Ein paar Tage später starb sie. Ich durfte sie, gleich hinter den Eltern, zum Friedhof begleiten. Ich weinte, denn hielt sie für meine Frau.

Von ihm ist er, der Kuss. 
Dann habe ich, Jahrzehnte danach, den Kuss von Gustav Klimt in der Wiener Belvedere Sammlung gesehen. Prächtig und innig. Er ist derjenige, der die Initiative ergreift. Beides ist normal. Zu meiner Identität gehört es, dass ich leidenschaftlich gerne küsse. Oder mich küssen lasse. Er, der Kuss, ist für mich das, was Liebe ist. Eine kusslose Welt wäre für mich unerträglich.

Natürlich gibt es Menschen, die mit klein gespitztem Mündchen, einmal links und eimal rechts, Kussandeutungen machen. Das kann man vergessen. Für die einen ist es eine Beleidigung, für die anderen eine Abstandsbezeugung oder allenfalls ein allzu leiser Annäherungsversuch. Doch der Kuss von Auguste Rodin ist ein waschechter Liebeskuss. Kein Bussi-bussi-Gedöhns.

Man möchte gerne wissen, woher das Geschmatze eigentlich kommt. Von der Sandale wissen wir, dass der Erfinder oder die Erfinderin die dornigen und steinigen Wegverhältnisse in Vorzeiten im Auge hatte. Die Sandale, ein bequemer Weg, um den Fuß geschlungen und permanent verbesserungsfähig. Sozusagen eine tragbare Straße. Vom Kuss wissen wir, dass unsere tierischen Vorfahren sich gerne am Hinterteil beschnüffelten, wohl um möglichst viel voneinander heraus zu bekommen. Auch heute noch kann der Intimkuss kinderleicht das Parfüm oder den Raucherduft eines Partners entschlüsseln. Spätestens als wir vom Vierfüßler zum Zweibeiner mutierten, Gott weiß, wann das passierte, wanderte die Beschnüffelung hinauf  zum Mund. Que bonitos ojos tienes, labios de rubí. Deine Lippen, die küssen so heiß...

Der Lippenstift, die unnötigste Sache der Welt. Doch, Achtung! Oft führt er zum Wesentlichen, dem liebevollen Kuss, gefolgt von noch innigerem Ichweißnichtwas. Dann ist alles in Ordnung. Die Engel fangen an zu singen und die Welt dreht sich wieder als wäre nichts geschehen.  

Samstag, 21. Mai 2016

Englischer Wein! Wo sind wir hier?

In Großbritannien hergestellter Wein stellt gerade mal 1% des heimischen Marktes. Der Rest besteht aus Importen aus verschiedenen Ländern. Natürlich ist Franzosenwein darunter, Wein aus Italien, Chile, Kalifornien, Australien, Südafrika und Neuseeland. Neben einem italienischen Pinot Grigio bleibt auch die Blaue Nonne, die Blue Nun, von der Mosel auf dem Programm, ohne, dass man hier darüber  in Verzückung gerät. Man mag es inzwischen auch eher "trocken", doch das Süßliche hat immer noch seinen Platz im Lande.



Während die televisionsgesteuerte Kocherei das Land schon lange fest im Griff hat und man erstaunliche gastronomische Hochleistungen vorfinden kann, ist das Angebot an britischen Weinen eher zum Lachen, also kaum vorhanden. Doch das Rad dreht sich beständig: schon lange gehören die Riojas und Navarras aus Spanien zu den weltweit anerkannten Weinen. Ebenso die Weine aus dem kalifornischen Napa Valley. Auch das Vereinigte Königreich nippt vollmundig an diesen Gläsern mit.


Die Franzosen haben sich mit wenig seriösen Rankingspielchen durch Michelin und Gault et Millau, sowie eine hemmungslose Überproduktion von Bordeaux-und Burgunder-Weinen weltweit als Weinkenner hervorgetan. Doch das System "Preise rauf, Qualität runter" hat auch weltweit für das gallische Land seine Folgen gehabt. So hat der Champagner als erste Schaumweinklasse weltweit fast ausgedient, während Sparkling Wines, Sekte und Perlweine mit bester Auswahl von Qualitätsweinen überall Anerkennung finden, trotz mancher fragwürdigen Sonderangebote. Ich spreche von Qualität, nicht von den über 50 Millionen Hektolitern an Rebensaft, die in la douce France jährlich hergestellt werden.

In Deutschland dürften es etwa 5 Millionen hl sein, in England weit weniger als 1 Million. In der Höhle des französischen Löwen ist nun folgendes passiert: bei einer Verkostung von britischen "Schaumweinen" vor einer hochkarätigen Testergruppe wurden in Paris solche Weine flaschengegärtem Schampus aus Frankreich gegenübergestellt. Eine Blindverkostung also. Von 9 französischen Jurymitgliedern haben 5 bei dem englischen "Nyetimber" aus West Sussex einen französischen Champagner vermutet, weil er ihnen besser schmeckte.

Wenn das nicht ein unverhoffter Triumph für eine - weinmäßig - unbeachtete Nation ist. Haben wir es jetzt also mit einem aufgehenden Stern der Weinbranche zu tun? Immerhin hielten die Hälfte der geeichten Blindverkosteter den 2011er Gusborne Rosé für einen erheblich teureren französischen Billecart Salmon Grand Cru. 2013 hat dieses neue Weinland bei Wettbewerben bereits 25 Goldmedaillen eingeheimst. 2014 waren es schon 46. Statt Brexit also Exit, der Abgang eines guten Weines. Man lernt immer gerne dazu.



Mittwoch, 18. Mai 2016

To Brexit or Not to Brexit - das Referendum

Wer mit dummen Hühnern zu tun hat, kann schon mal ins Eiern kommen. In der britischen Politik wird zur Zeit ganz schön herumgeeiert. Sollen wir in Europa bleiben oder nicht, ist die vitale Frage, die sich jeder bis zum 23. Juni stellen  muss. Die Verkürzung auf Europa passt den Briten, obwohl sie kaum daran denken, dass sie geografisch genauso Europäer sind und bleiben wie die Zyprer oder die Isländer. Doch die Engländer sind alles andere als dumme Hühner. Und sie lieben es geradezu, unterschätzt zu werden.

Doch alles ist so unklar wie Hühnerbrühe. Zahlen wir mehr in die EU als wir zurück kriegen? Geht es unserer Wirtschaft drinnen oder draußen besser? Können wir uns in den Auseinandersetzungen mit den anderen EU-Ländern durchsetzen, und wie können wir den Laden so reformieren, dass für uns mehr heraus kommt? In Anlehnung an ein mögliches Grexit, den Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone bzw. aus der EU, wurde schnell ein Brexit gezimmert, wohl um allen Unentschlossenen die Angst über den Rücken zu jagen. Auch die von Angela Merkel etwas überzogene  Aufnahmebreitschaft für die vielen Flüchtlinge, hat eine Welle der Desolidarisierung in Europa ausgelöst.

Jetzt fiebert alles dem 23. Juni entgegen. Die Bleibenwollenden bekennen sich zur Kampagne "Britain Stronger in Europe", die anderen scharen sich um Neinsager wie den gerade ausgeschiedenen ehemaligen Londoner OB, Boris Johnson, eine schillernde Figur mit einem fragwürdigen Ego. Andererseits ist es unlogisch, dass gerade der für den Verbleib eintretende David Cameron das Referendum erst möglich gemacht hat. Das Herumeiern scheint inzwischen hoffähig geworden zu sein. Auch das Verbreiten von Unwissen und gar Lügen ist an der Tagesordnung.

Was wir bereits zur Genüge kennen, ist die kritische Haltung der Schotten gegenüber London. Auch Wales und Nordirland könnten sich miteinander solidarisieren, um London unter Druck zu setzen. Dabei werden allerhand faule Eier herumgereicht. Der sprichwörtliche gesunde Menschenverstand der Briten wird zur Zeit derart in Frage gestellt, dass man daran zweifeln könnte.


Ich glaube, dass die Hühnersuppe am 23. Juni nicht so heiß gegessen werden wird wie sie zur Zeit gekocht wird. Manche fragen sich jetzt schon, was an Europa eigentlich so schlecht sein soll. Kleinstaaterei hatten wir doch über Jahrhunderte hinweg. Doch nur die Einigkeit macht stark. Das gilt auch für das British Empire.  

Dienstag, 17. Mai 2016

Angelhaken für Dumpfbacken - Gleichgeschlecht

Ich habe mir lange überlegt, wie ich politically correct vorgehen soll. Viele Jahre, eigentlich immer schon, habe ich mit Frauen herumgemacht. Ich fühlte mich einfach zu ihnen hingezogen. Niemand hat sich daran gestört. Nicht einmal meine schwulen Freunde. Aber, das ist nicht alles. Beruflich fuhr ich gelegentlich in Länder, in denen mehrheitlich Muslime leben. Auch verschleierte Frauen waren dort zu sehen. Als Mann hatte man lediglich Zugang zu den westlich orientierten Menschen.


Die Welt muss sich inzwischen geändert haben. Es gab eine Zeit, da galt der blonde Mensch noch etwas. Auch Körperbehinderte schien es weniger zu geben. Ich erinnere mich an Eugen, einen jungen Mann aus unserer Nachbarschaft. Er sagte kaum etwas, lief im Gesicht blau an,  wenn er husten musste, und er war kein Soldat wie alle anderen. Dafür kam er zu uns und spaltete das Holz in unserem Hof. Mama brachte ihm immer etwas zu essen, und ich schaute ihm bei der Arbeit zu. Ich war 5, er vielleicht 20 Jahre alt. Wir waren Freunde, glaube ich.


Schon vergessen? 
Eugens Mutter kam eines Morgens zu meiner Mutter und erzählte etwas mir Unverständliches, nämlich, dass mein Freund in der Nacht von zwei Männern in Ledermänteln mit einem Auto abgeholt wurde. Er solle in ein Heim kommen, wo man sich um ihn kümmern würde. Eugens Mutter kam kurze Zeit danach und zeigte meiner Mutter eine Postkarte, auf der stand, dass Sohn Eugen an einem Herzversagen gestorben sei. Das schien alles sehr legal, doch warum war Eugens Mutter so wütend? Ich weiß, was sie mit ihm gemacht haben, rief sie wütend und verzweifelt. Ich verstand gar nichts mehr.

Warum kann ich es nicht ernst nehmen, wenn ich heute lesen muss, dass immer mehr Menschen über den Zulauf von Flüchtlingen beunruhigt sind, dass unser Land kein muslimisches ist? Sind wir etwa katholisch, protestantisch, jüdisch oder gar ungläubig? Waren wir früher alle Nazis? Sind wir heute "das Volk"? Millionen von unblonden Untermenschen sind in unser Land und nach Europa gekommen. Zuerst waren sie Bittsteller, arm und verzweifelt. Allein 1945/1946 waren es in Westdeutschland, dem heruntergekommenen Hoffnungsträger, mehr als 8 Millionen Flüchtlinge.


Flüchtlinge? 
Jetzt müssen wir es uns gefallen lassen, dass in unserem Land eine Horde von Bedenkenträgern für uns sprechen möchte und im Namen aller Deutschen den Untergang verkündet. Hätte man dies nicht schon in den Dreißigerjahren tun können? Dort wurde im Namen des Volkes gemordet (allein 7 Millionen Juden), während in der NS-Gesetzgebung alles rechtens schien. Der Faschismus kam angeschlichen und machte sich breit. Dann war es zu spät.


Allah ist groß! 
Geschichte wiederholt sich zwar nicht, aber, es können neue Entwicklungen eintreten, denen man entgegen treten muss. Menschen, die aus Angst und Hunger ihre Länder verlassen müssen, sollen nicht aufgenommen werden? Hat nach der Inquisition und all den anderen christlichen Verirrungen ein Muslim nicht das Recht, ein Muslim zu sein? Was machen wir mit Nonnentrachten und bayrischen Lederhosen? Eine Zumutung gegenüber den kopftuchtragenden Frauen aus fremden Ländern? Vielleicht. Alles war einmal tabu und wurde dann überwunden. Was normal ist, bestimmt die Welt und nicht die kleine Provinz Deutschland. Lasst die Dinge sich verändern. Wir schaffen es nicht, dagegen anzugehen.

Noch kauen manche Gesellschaften an dem Problem der gleichgeschlechtlichen Beziehungen. Dabei geht es sie einen Scheißdreck an, ob man verschleiert ist, sein Geschlecht ändert, oder jemanden des gleichen Geschlechts liebt. Bedenkenträger aller Länder, vereinigt euch! Das klappt niemals, denn wenn die Rechte in Frankreich (Fräulein Le Pen) und die Rechte in Deutschland (Fräulein Petry) einen Bund eingehen, wie es zur Zeit offensichtlich angestrebt wird,  hält das unmöglich. Die Rechte  will immer ihr eigenes Süppchen kochen.


Wer wird denn gleich geschlechtlich? 
Also, lasst uns vernünftig sein: wir brauchen keine Dumpfbacken. Die Nazis haben uns damals ganz schön vor sich hergetrieben. Ich werde nach all den Jahren der Normalität mit meinem Koran unter dem Arm eine gleichgeschlechtliche Beziehung eingehen und dabei die Vorzüge Adolf Hitlers preisen. Vielleicht habe ich damit auch Erfolg. Mein Angelhaken für Dumpfbacken  (AfD?) ist damit ausgeworfen.




Harewood House - irgendwo zwischen Leeds und Harrogate




Irgendwo zwischen Leeds und Harrogate findet man es. Geöffnet zwischen dem 25. März und 30. Oktober. Was dort  sonst noch gemacht wird, können wir nicht verraten. Könnte es sein, dass die 7000 jährlichen Kinderbesuche, zusammen mit den unzähligen Erwachsenen, dieses Herrenhaus und seine großzügigen Parkanlagen bei ihren Besuchen so zerstören, dass die "Ruhezeit" für Instandsetzungen genutzt werden muss? Oder, will die Besitzerfamilie, falls es sie gibt,  in den Karenzmonaten einfach ihre adelige Ruhe haben?


Cath und ich schauten uns das an. Es hat sich gelohnt.   Harewood House wird von einem wohltätigen "Trust", einer Art Stiftung verwaltet und für Bildungsziele eingesetzt. Man kann


viel lernen und dabei die Kunst der Gestaltung durch den bekanntesten englischen Landschaftsarchitekten, Lancelot "Capability" Brown, kennenlernen.


Vor genau 300 Jahren wurde  er geboren. 1758 sah er zum ersten Mal das riesige Anwesen. Da er als "Capability" Brown bekannt war, als "Fähigkeits-Brown", ließ man diesen Landschaftsgärtner zum Wohle des Volkes schalten und walten, weil man ihn für dazu fähig hielt. Dass dabei Barrockes, Grandioses und Klassisches herauskam, muss nicht verwundern. Brown baute künstliche Seen, Vogelhäuser, Bibliotheken, Terrassen, Himalaya-Gärten und vieles mehr.


Harewood gehört zu den vielen, eher versteckten Schönheiten des Landes, die man erst entdeckt, wenn man mit Eingeborenen zu tun hat. Auch Briten neigen da gerne zur Untertreibung. Es gibt hunderte solcher Herrensitze, die heute der Öffentlichkeit zugänglich sind. Bei den vielen Werken von Lancelot "Capability" Brown kann man dabei unschwer seine typische Handschrift erkennen.


                                          Manchmal ist auch etwas Pomp darin verwickelt.

Montag, 16. Mai 2016

Haworth - Paradies für Alt-Nazis?

Nazi-Paradies? Mitnichten! Das kleine Städtchen in West-Yorkshire, unser neues Zuhause (verstehe es wer es wolle), ist nicht nur berühmt als Heimatort der Bronte-Schwestern, sondern auch dafür, dass dort jedes Jahr ein Wochenende der Erinnerung an die Vierzigerjahre stattfindet. Dabei werden nicht nur die Schrecken des Zweiten Weltkrieges ins Gedächtnis gerufen, sondern vor allem der erfolgreiche Kampf gegen Nazi-Deutschland und die Art und Weise, wie man in den Vierzigern lebte, was man dachte und wie man gekleidet war. Das lässt alles offen für nostalgische Rückerinnerung, zumal es ja noch Menschen gibt, die diese Zeit erlebt haben.


Es traten auch ein paar Mutige in Nazi-Uniformen auf, wohl zur Abschreckung, oder, weil der britische Humor vor der Rotzbremse Adolf Hitlers noch nie Halt gemacht hat. Sie defilierten zusammen mit uniformierten Veteranen und Krankenschwestern durch die Hauptstraße von Haworth. Auch Widerstand leistende Französinnen, US-amerikanische und andere Alliierte waren dabei. Und die normale Hausfrau trug einen für die Zeit typischen Kopfputz mit Tollenfrisur, was den Reiz des Wochenendes noch kräftig steigerte.


Viel Selbstgemachtes war auf Plakaten zu lesen,  wie etwa: Pst, Feind hört mit. Eine gute Gelegenheit für die lokale Bevölkerung, Dampf abzulassen. Doch nichts Anti-Deutsches, nichts gegen Ausländer, Muslime, Homosexuelle, Kopftuchtragende usw. war zu sehen. Für die AfD eine herrliche Gelegenheit, etwas Hass abzulassen. Doch nach Haworth hätte sie sich nicht getraut. Sie wäre mit ihren unterschwelligen Parolen nur verlacht worden.

Obwohl die Straßen und Kneipen von Haworth total verstopft waren, gab es bei diesem 1940 Weekend nur fröhliche Gesichter. Dabei wurde ich im Beisein meiner Yorksherischen Frau mit einer Waffe angegriffen. Sie verkörperte die französische Résistence, zog plötzlich einen Revolver aus ihrer Manteltasche und legte auf mich an, als sie erfuhr, dass ich Deutscher bin. Ich regelte die Auseinandersetzung mit ihr auf Französisch, was sie kaum verstand, worauf wir Freunde wurden, wenn wir das nicht vorher schon waren.



Dann flog ein britisches Kampfflugzeug aus dem Weltkrieg mit gefährlichen Schlieren über unsere Köpfe hinweg. Der Friede war gesichert. 

Samstag, 14. Mai 2016

Beiß ihn zuerst in die linke Hand!

Immer diese späten Entdeckungen! Als ich in die Schule kam sagte Fräulein Ditmar: Nimm die schöne Hand und geh an die Tafel, nimm die Kreide und schreibe ein "a". Leider wusste ich noch nicht, was die schöne Hand war. Ich ergriff mit beiden Händen 2 Kreidestücke und malte gleichzeitig 2 mal ein a. Ich liebte Fräulein Ditmar, eine ganz alte Lehrerin und Freundin meiner Eltern. Sie erklärte mir, was eine schöne und gute Hand ist. Dann beschloss ich, beidhändig zu werden. Doch meine Zigaretten, als ich erwachsen war, rauchte ich mit der linken Hand.


Dann kam der Ernst des Lebens, den ich überwiegend als Linkshänder bestritt. Ich bemerkte, dass sogar Präsidenten und Meisterköche mit der Linken arbeiten. Die Linke hatte sich als (fast) gleichberechtigt durchgesetzt. Nun musste ich vor ein paar Tagen erfahren, dass Polarbären alle Linkshänder sind. Links-Pfoter oder Links-Tatzer, sozusagen. Das müsste nichts bedeuten, wenn es nicht die Erdrotation gäbe, die zum Nachdenken Anlass gibt. Fragen über Fragen.


Beidhändig 
Hat zum Beispiel eine Polarbärengeburt in der Nähe des Nordpols durch die konstante Erdumdrehung  zur Linkshändigkeit geführt? Hat es irgendjemand schon in früheren Zeiten bemerkt? Haben wir Menschen, die wir gerne etwas entfernt von den Polen aufwachsen,  unsere Händigkeit jeweils nach der geografischen Lage auf dem Globus entwickelt? Über Generationen hinweg? Und die Beidhändigkeit? Haben diese Vorfahren in gemäßigten Zonen gewohnt, sind womöglich als Nomaden von links nach rechts und umgekehrt gezogen? Sind sie den Polarbären damals schon aus dem Weg gegangen?

Mit diesen Fragen ist nicht zu scherzen. Schließlich haben wir hier in Yorkshire, aber nicht nur, einen Straßenverkehr, der zurecht mit links zu erklären ist. Es ist offensichtlich, dass die Briten näher am Erdpol wohnen. Doch was machen wir mit den Australiern? den Zyprern? Die Schweden haben allerdings den Linksverkehr abgeschafft, als sie merkten, dass sie mit dem Auto  lieber nach Süden zum Sonnetanken fahren wollten.  Österreich, andererseits, hat das Linksfahren verboten, als ein Landsmann mit Nachdruck den Anschluss an das deutsche Reich befahl, das auch schon vor 1938 gerne rechts fuhr.

(An)Schluss mit links, als der Führer kam. 

Kehren wir zum Polarbären zurück. Ihn aussterben lassen ist keine Lösung. Ihn zuerst in die linke Pfote  zu beißen, kann nur für Bärenkollegen infrage kommen. Ein Mensch beißt anders. Und wenn es nicht mehr geht, muss er zum Zahnarzt. Also lasst uns aufpassen, dass der linkspfötige Polarbewohner weiterhin da glücklich leben kann, wo es ihm Spaß macht. Es sind schon viel zu viele Linkshänder verloren gegangen.







Donnerstag, 12. Mai 2016

Cathie's Birds Day and Wolfie's Birthday on a Thursday

It happened because a birthday happens and nobody can change it. Last Thursday was my Birthday. And Cath took me to The Coniston Spa, "a place where empowered health and holistic healing live in harmony". It also became Cathie's Birds Day. And that desserves explanation. Trying to avoid longwinded and maybe boring story telling about how one can celebrate an old boy's birthday, I would love to summarize what I have to say.


Yes, the Coniston Spa Hotel was great: lovely country style, gorgeous rooms, beautiful premises, excellent breakfast and dinner. Situated in a generously shaped landscape near Skipton/North Yorkshire, around Coniston Lake, the hotel offers so many attractions that we had to chose amongst them: massages, shooting ground, falconry, swimming pool, archery and golf, and: a Victorian Ice House we never saw. Cath was the maître de plaisir, I - the happy victim.


So, what we did, apart from swimming and resting,  was a nice walk to the Falconry where Mark showed us his birds. Owls and other prey birds. We learned a lot, not only, that an ostrich's eye is bigger than its brain, but also that polar bears are left handed, like me. We also underwent a lovely and tender massage experience, both relaxing and therapeutic (the girls doing it were awsome). By the way, the spa is a mobile phone and smoke free zone.  Nobody could reach us by phone. Thank you, Coniston Hotel and thank you, dear friends and family for having tried.



To reach the Spa, if you are tempted: call 01756 748080. Message to Cath: don't do it again. It was overwhelmingly fantastic. Cok cok merci. The cushion she gave me as an additional and totally unnecessary present proclaimed the following:

ROYAL BOROUGH OF GORGEOUSNESS (then follows a crown)  DEVILISHLY HANDSOME (that's me) OVER EDUCATED GENTLEMAN (that's me again) lives here (who's that?).

                                                           Thanx, Cath!