Freitag, 31. Mai 2013

Frühstück bei Tiffany

Darauf kommen wir noch zurück. Moon River, wer erinnert sich nicht daran, wie schön Frank Sinatra das gesungen hat. Sie starb an Darmkrebs und wurde am Genfer See bestattet. Ihr Vater war Joseph Victor Anthony Ruston, ein englischer Bankier. Die Mutter: Baroness Ella van Heemstra, eine Niederländerin, die aus erster Ehe noch zwei Söhne mitbrachte: Jonkheer Arnoud Robert Alexander Quarles van Ufford und Jonkheer Ian Edgar Bruce Quarles van Ufford. So fürs Leben ausgestattet, konnte sie später nur Sonderbotschafterin für UNICEF werden.


Sie war nicht das berühmte kleine Mädchen aus dem Volk, sondern eine etwas knochige, absolut hübsche Persönlichkeit, von der Billy Wilder, der Regisseur einmal gesagt haben soll: "Das Mädchen wird den Busen noch völlig aus der Mode bringen". Im Gegensatz zur Zeitgenossin Gina Lollobrigida war Audrey Hepburn kein Busenwunder, die Zahl ihrer Bewunderer überstieg die der Lollo (mit ihren Busenbewunderern) aber erheblich, will man meinen.


Ihre UNICEF-Tätigkeit zehrte an ihren Kräften. Sie reiste viel, um auf die Not der Kinder in aller Welt hinzuweisen. Das Filmen hatte sie fast aufgegeben, obwohl viele ihrer Filme, mit großen Stars gedreht, unvergesslich geblieben sind. "Frühstück bei Tiffany" eine rührende Geschichte, von Truman Capote geschrieben, enthält auch die Erkennungsmelodie "Moon River", die für Audrey Hepburn eigens komponiert wurde. Viele Trophäen erhielt sie. Sie machte einen Modetrend, was auch nicht selbstverständlich ist. Ich habe immer ihren leicht schmollenden Mund geliebt und ihre erstaunt blickenden Augen. Schwer, Audrey Hepburn zu beschreiben. Sie starb 1993 mit 64 Jahren. Ich hätte sie auch noch mit über 90 verehrt.





Donnerstag, 30. Mai 2013

Wiener G'schichten - es nieselt

Der Salzburger Schnürlregen, eine Art Zirimiri, wie der Baske sagt, ist auf Dauerbenässung angelegt. Dass so etwas auch im sonnigen Wien vorkommt, schlägt bei mir wie eine Bombe ein. Nach dem qualvollen Winter mit den Tonnen Schnee, war endlich der Frühling eingezogen, und jetzt das: Seit heute Morgen nieselt es. Ich schaue nicht aus dem Fenster. Doch ich höre das Zischen der nassen Reifen, unten in der Singerstrasse. Wien ist unwirtlich geworden. Mein Trost: Cath meldet aus Brüssel ebenfalls Regen. Salzburg interessiert mich zur Zeit nicht. Aber Wien ist eine einzige Nasszelle.

Auch die Staatsoper, Wiens Herzeigebaulichkeit, trieft vor Nässe. Dazu ist noch Feiertag: Fronleichnam. Einfach zum Heulen. Zum Glück ist Wien auch bei Regen die Stadt des Malers Gustav Klimt. Dieser hat nicht nur zahllose Souvenirläden hinterlassen, sondern vor allem Regenschirme, die den nassen Straßen etwas Glanz verleihen.

Der allbekannte Klimtschirm
Als die Oper 1869 fertiggebaut war, haben sich die Architekten aus dem Staub gemacht, der eine, Eduard van der Nüll, durch Suizid, der andere, August Siccardsburg, durch einen Herzschlag. Trotzdem haben sie für Wien das eigentliche Herzstück erbaut. Der jährliche Opernball ist das gesellschaftliche Ereignis der Wiener Schickeria.






Mittwoch, 29. Mai 2013

Ich war in der Hitlerjugend

Nicht nur sagt das alles über mein Alter aus, sondern auch über meine Gesinnung. Meine Mutter war nicht glücklich darüber, als ich ihr mit fünf erklärte, ich würde in die HJ eintreten. Meine Gründe waren nicht von Pappe: ich wollte das blecherne Edelweis, das man beim Eintritt erhielt, um es an meine Mütze stecken zu können. Ich erhielt es und musste am Sonntagmorgen auf den Schulhof zum Appell. Da ich der Kleinste war, durfte ich ganz rechts in der Reihe stehen und beim Ausrufen meiner Nummer Eins den Kopf mutig nach links werfen, damit der nächste mit der Nummer Zwei dasselbe tun konnte. Als Mama nach zwei Wochen meine aufkommende Langeweile richtig interpretiert hatte, schlug sie vor, diesen Verein wieder zu verlassen. Ich war da immer noch fünf Jahre alt.

Max Ernst, leicht entartet

Muss ich mich jetzt schämen? Immerhin hat Mama verhindert, dass ich ein Nazi wurde. Erst vor kurzem erfuhr ich, dass man erst mit 10 Jahren Mitglied der HJ werden konnte. Wo war ich also? Das Attentat auf Adolf Hitler habe ich auch mitbekommen, obwohl man einem Kind nichts erklärte. Wir waren im Garten. Da kam Herr Löffler (der Name wurde nicht geändert!) und rief Mama zu: "Heute wurde auf unseren Führer ein Attentat verübt. Der Führer ist am Arm verletzt". Etwas Schlimmes muss geschehen sein, und niemand machte sich die Mühe, mir zu erklären was ein Attentat war.

Dafür verstand ich, was ein älterer Herr zu einer Frau sagte, die ich nicht kannte. "Die Polinnen sind hübsch aber dreckig". Natürlich wusste ich nicht, was eine Polin war. Aber viel später fand ich heraus, dass Polinnen auch sauber sein können, nicht nur hübsch. Man lebt selbstverständlich glücklicher mit Fehlinformationen und Vorurteilen. Die Wirkung auf kleine Kinder bleibt nie aus. Vielleicht hat der Führer deshalb so viel Wert auf seine Baby-Hitler-Jugend gelegt, weil das der sicherste Weg war, die kleinen Dinger zu strammen Parteigängern zu machen. Das ist allerdings auch bei den Jungpionieren in der DDR letztendlich schief gelaufen.








Montag, 27. Mai 2013

Ja, ich bin ein Verlierer!

Meine Vorstellung war, mit 40 nicht mehr zu leben. Ich war davon überzeugt. Es klappte nicht. Ich bin immer noch da. Mit etwas mehr Überzeugung. Glück gehabt. Ich hatte auch Erfolge im Leben: Mit 5, im Kindergarten, küsste sie mich, sehr zart und feucht. Dann starb sie. Später, ein Lehrer, der mich nicht mochte, versuchte, mir das Leben schwer zu machen. Er wanderte ins Gefängnis, wegen einer ganz anderen Sache. Glück gehabt. Dann der Beruf: ich konnte meine Familie ernähren, meine Eltern konnten ein wenig stolz sein. Die Schicksalsschläge, einer nach dem anderen. Sie haben mich auf das vorbereitet, was noch kommen wird.

Sein Sofa kann Wunder wirken!

Was ich nicht geschafft habe, ist folgendes: ich wurde kein berühmter Schriftsteller. Auch als Politiker hätte ich zu nichts getaugt. Eine Ehe ging in die Brüche, wahrscheinlich, weil ich immer noch nicht wusste, wer ich war. Trotzdem hörte ich nicht auf, zu träumen. Und im Traum konnte ich fliegen, schon als Kind feindliche Spione unschädlich machen, und viel später die Liebe meines Lebens finden. Mein Beruf war undefinierbar, aber irgendwie großartig. Kein Überflieger, aber ich tat es gerne. Wenn ich aufwachte, war jemand schon wach und lächelte mich an. Mitleidig oder liebevoll? Wer weiß! Glück gehabt.

Glück gehabt!

Heute ist alles anders: ich bin ich. Und ich schäme mich nicht, es zu sein. Als Verlierer sage ich mir, dass man auch verlieren können muss. Ich bin wie ich bin. Ich erkenne mich jetzt sogar, wenn ich in den Spiegel schaue und mag mich ein wenig. Ich verliere gerne, weil mir das ein Gefühl der Überlegenheit gibt. Oder, sollte ich Porsche fahren? Von allen Seiten um Autogramme angemacht werden? Brauche ich einen Orden um meinen Hals? Muss mir jemand sagen, dass ich für mein Alter noch toll aussehe? Alle diese Schlachten habe ich verloren. Ich bin also ein Verlierer. Glück gehabt.







Sonntag, 26. Mai 2013

Es zählt das Erlebnis, nicht das Ergebnis!

Ja, es gibt sie noch, die Freunde des Fussballes, die das Spiel in London nicht angeschaut haben. Mich hatte die Angst gepackt, die aufgeputschte Stimmung, der Endspielstress der Spieler, die allzeit brüllenden Zuschauer könnten zu einem brutalen Massaker führen, bei dem mehr rote Karten verteilt würden als Siegerfähnchen. Dann, was man zu hören bekam, war, dass das Spiel fair war. Auch das Ergebnis kann nicht als Schlachtfest gewertet werden. Die Merkel war da. Franz Joseph Strauss hätte sich das auch nicht entgehen lassen. So, what?

Schiedsrichter, Telefon!

Was mich hinterher berührte, war das stille Weinen derer, die das Spiel tapfer verloren haben. Verlieren können kann auch in Triumpf enden, denn die Dortmunder waren eigentlich die bescheideneren, die, denen man als Fussballbanause eher den Sieg gegönnt hätte. FC Bayern besteht meist aus Zugereisten, die bei vergleichbarer Entlöhnung auch für die Borussen die Tore geschossen hätten. Söldnerarmeen werden im allgemeinen nicht als die besten bezeichnet.

Was die Medien veranstaltet haben, wird noch zu analysieren sein. Wie kann man ein solches Fussballspiel so hochjubeln? Haben wirklich über 80 Millionen Deutsche gezittert? Warum? Der Sieger konnte nur eine deutsche Mannschaft sein. Was geschah mit den Meldungen, Nachrichten, Sensationen, die sonst die Sendezeit in Anspruch nehmen? Sie fanden einfach mal nicht statt. Wo bleibt das Abwägen, das Ermessen? Der gesunde Menschenverstand? Ist unser Leben inzwischen so verarmt, dass eine Kanzlerin das Gejuble, gerade noch vor den nächsten Wahlen mit ihrer Anwesenheit untermalen muss? Die Einführung einer Frauenquote und einer Mindestgage im Fussball wäre jedoch ebenso ratsam, wie ein Migrantenstopp und ein Verbot der Steuermauschelei. Vielleicht verfüge ich nicht über den nötigen Ernst.

                     Da war mal ein Kicker aus Dortmund,                               
                     der flog mit der Lufthansa fort und,                                     
                     - ein seltener Fall -                                                                 
                     er kickte den Ball,                                                               
                     das macht' er beim Fliegen an Bord kund.




Samstag, 25. Mai 2013

Österreich fiebert mit - Champions League im Wembleystadion

Wer gewinnt, ist eigentlich egal. Das macht den Reiz aus. Österreich hat zudem entdeckt, dass ein Landsmann in der Münchner Mannschaft mitspielt. Das konservativ-dusselige ZDF zeigt automatisch die verbleibende Zeit bis zum Anpfiff an. Dämlicher geht's nicht. Muss man uns mit solchen Kinkerlitzchen zeigen, für wie bedarft man uns immer wieder hält?

Vom Graben zur Hofburg

Auf dem Stephansplatz geht es um ganz andere Dinge: Da ich nicht mehr alles fotografiere, kann ich nicht zeigen, wie einer auf einem Drahtseil über dem Dom tanzt. Alle starren hinauf und sind fasziniert. Dann halten am Graben einige mit übergestülpten schwarzweissen Masken ihre Köpfe in die gezückten Kameras. Eine Botschaft scheint davon nicht auszugehen. Ach, ja, irgendwo steht einer unbeweglich herum und sammelt Geld: Er ist ganz in Gold gekleidet. Auch sein Gesicht. Als es zu regnen beginnt, hält er plötzlich einen goldenen Regenschirm über sich. Wie ist das passiert? Die Menschen gehen weiter.

Soll ich, oder soll ich nicht? Weiß der Hugo, was heute Abend hier am Steffel los ist, wenn das Jahrhundertspiel in England angepfiffen wird. Vielleicht schlendere ich einfach bis zur Pestsäule und schaue mir die Leute an. Vielleicht werde ich auch versuchen, beim Spiel Bayern München - Borussia Dortmund den Österreicher zu erkennen, der erste und einzige, der je an einem Champions-League-End-Spiel teilgenommen hat, wenn ihm nicht im letzten Augenblick ein Missgeschick passiert und er seinen Flug verpasst. Von Public Viewing habe ich hier noch nichts gehört, und das ist gut so. Der Österreicher spielt bei den Bayern. Dialektprobleme gibt es da sicher nicht. A Sackerl is a Sackerl.


Freitag, 24. Mai 2013

Champion's Sieg - wir schaffen es!

Der eine - ich will jetzt keine Namen nennen - war als Zehnjähriger Bettnässer. Der andere hat mit 15 eine Frau geküsst, die seine Mutter hätte sein können. Einige sind bei ihren Großmüttern aufgewachsen, andere im afrikanischen Ausland. Auch ein ehemaliger Kiffer ist darunter. Manche können Bayrisch. Viele sogar Hochdeutsch. Ruhrpott ist auch eine Sprache. Der Eurovision Song Contest ist kräftig in die Hose gegangen. Aber, was jetzt als 44 stramme Wadeln aus etwa 22 Hosen ragt, kann nur gewinnen. Dafür sorgen diese Jungs, die im Land des Fussballs den anderen zeigen, wie rund der Ball ist. Und sie sind großartige Kicker.

Männersport - Sportmänner

Bayern Dortmund gegen Borussia München. So sehe ich das. Die Medien sind dabei, daraus einen Sporttsunami zu machen. Man kann nicht anders: man muss es zur Kenntnis nehmen. Dabei ist es ganz einfach: die einen lieben den Fussball, die anderen lieben etwas anderes. Ich zum Beispiel, liebe Fussball nur gelegentlich. Ich schaue auch nicht regelmäßig den Wetterbericht an. Im Fernsehen gab es eine Zeit, da wurde intensiv Tennis gezeigt. Tennis hier, Tennis da. Man konnte alles über Tennis erfahren. Es hat sich schon längst ausgetennist.

Zum Glück müssen wir diesmal nicht zittern. Egal, wer gewinnt, es sind entweder die Borussen, oder die Bayern. Welch großartige Gelegenheit, auch den Gegner als einen Freund zu sehen, der halt Pech hatte und auf jeden Fall der 2. Sieger sein wird. Ein gerührtes Dankeschön könnte bei dieser Gelegenheit an die weniger glückliche Fussballnation Großbritannien gehen, die diesen Fusssport erfunden hat. Es hätte schlimmer kommen können, denn dort wurde auch Cricket erfunden. Für mich etwas total Unverständliches. Dann lieber Rhönrad. Das dreht sich wenigstens um die eigene Achse. Wann ist der Anpfiff?






Donnerstag, 23. Mai 2013

Eurovision Song Contest 2012, 2013

Eigentlich gehöre ich zu denen, die immer hämisch lachen, wenn hochgepäppelte Singtalente versuchen, einen Wettbewerb dieser Art zu gewinnen. Ich schaue seit Jahren weg, wenn dieses Gezirpe beginnt, denn ich glaube nicht daran, dass die teilnehmenden Länder einfach so einen Song aus dem Hut zaubern, und die Talente nur so sprießen. Auch das Auswahlverfahren ist zu dämlich. Dass eine Nation wie Deutschland wegen alten Feindschaften nie auf einen grünen Zweig kommt, ist sonnenklar. Dafür sorgen schon Problemteilnehmer wie Israel, Griechenland, Frankreich und all die anderen, die das Gesinge ohnehin wie ein internationales Lalala empfinden. Aber auch Großbritannien scheint wenig beliebt zu sein. Wir teilen uns die Schlusslichter. Dann das Ganze meist noch auf Englisch. Wo bleibt da der kulturelle Pfiff, den ein Land wenigstens andeutungsweise mit Folkloreeinlagen bestreiten könnte? Neugier brachte mich wieder dazu, wenigstens diesen Sopransänger aus Rumänien herunterzuladen. Grotesk. Chancenlos, natürlich, und der deutsche Beitrag brüllte mir zu laut. Hätte ich alles gesehen oder gehört, ich könnte mich sicher an nichts mehr erinnern.

Nächstes Jahr singe ich!
Letztes Jahr in Baku, Aserbaidschan, waren die Dinge plötzlich anders. Durch eine Verkettung unglücklicher Umsände saßen Cath und ich - die Neugier des Bösen muss uns gepackt haben - vor dem Fernseher und "watchten" den Eurovisionszirkus von A bis Zet. Für uns standen die Sieger von Anfang an fest: die russischen Babuschkas, 6 oder 7 Omas in bunten Kleidern, von denen man zuerst vermutete, der KGB hätte sie geschickt, um den Song Contest ein für alle Mal so richtig aufzumischen. Doch Galina Konewa mit ihren 74 Jahren, Dorfkindergärtnerin, und ihre Kolleginnen, die als Putzfrau, Melkerin und Köchin tätig sind oder waren, sorgten für eine angenehme Sensation. Sie hätten den Sieg verdient, wurden jedoch nur zweite. Ihre Muttersprache ist Utmurdisch. Gibt es einen schöneren Beweis dafür, dass jede/jeder so singen sollte, wie ihr/ihm der Schnabel gewachsen ist. Eine Dänin soll diesmal gewonnen haben. Oder war es eine Schwedin? Wir wissen es nicht. Aber die russischen Omis wird so schnell keiner vergessen.

Freitag, 17. Mai 2013

Wiener G'schichten - kurz vor Pfingsten

Pfingsten steht vor der Tür. Man merkt es daran, dass die Preise für Obst und Gemüse in den Supermärkten gnadenlos nach oben tendieren. Auch die unsäglichen Radieschen, als Lockvögel (sie schimmern rot) tun was sie können. Frisch ist dann am Pfingstdienstag wieder alles, was bis Samstag nicht verkauft wurde. Die ersten Kirschen, hier in Wien: 1,99 € oder so, für 250 Gramm oder so. Ich gehe in meiner Straße an einem Uhrengeschäft vorbei. Der Ladeneingang ist geschlossen. Bitte, läuten, steht da. Ich entscheide mich dagegen, denn vor ein paar Wochen habe ich für eine Ersatzbatterie von Cathies Uhr 12 € gelöhnt, was mir, selbst für die Innenstadt etwas wucherisch erschien. Da ich in die Mariahilferstraße fahre (U-Bahn Linie 3), versuche ich es dort nocheinmal: 6 € war mir die neue Batterie für meine Uhr dort gerne wert.


Warum war das Uhrengeschäft in der Singerstraße geschlossen? Wohl aus Sicherheitsgründen. Wenn das Läuten Früchte trägt, gehen zunächst die Überwachungskameras an. Dann kann nichts mehr passieren. Überhaupt fällt mir auf, dass überall im Zentrum schwarz gekleidete Gestalten vor den Luxusläden (Prada, Rolex, Cartier, Breitling etc.) herumhängen, die scheinbar nichts zu tun haben. Ihr Blick ist gelangweilt, manchmal bedrohlich. Nie lässt er auf einen hohen IQ schließen. Security ist das Zauberwort. Ob sich mehrere Firmen solche Sicherheitsgurus gemeinam leisten? Es ist anzunehmen. Die Videoüberwachung tut ein Übriges, um die Abschreckung friedlicher  Spaziergänger auf die Spitze zu treiben. Aber, vielleicht sind gerade die Schreckhaften am gefährlichsten.

Ich grapsche mir das Klatschblatt "Heute" in der U-Bahn und blättere. 92% der Österreicher greifen regelmäßig zu Bio. Hauptliferanten: Supermärkte (79%). Dazu passt der gleich daneben stehende "Inflations-Schmäh": Preissteigerungen seit April 2012: Zwiebeln +25%, Kartoffeln +22%, Frischfisch +18% usw. Darf man das alles glauben? Wir wundern uns weiter: Drastischer Protest: Asylbewerber nähte sich den Mund zu. Die Erotik-Anzeigen (entgeltlich oder unentgeltlich) überfliege ich mal. Auch das Pinup des Tages, eine fast ausgezogene graue Maus, überspringe ich. So etwas von unattraktiv! Es lohnt sich nicht. Der Heilige Geist mag endlich mit etwas Besserem aufwarten. Pfingsten ist ja schließlich kein Trauerfest.

Donnerstag, 16. Mai 2013

Bin ich Promi?

Ganz am Endes dieses Blogs werde ich verraten, warum ich jetzt prominent bin. Als Kind wollte ich berühmt werden: Lokführer vielleicht? Präsident? Nein, ich wollte in die Organisation Todt. Was ich als Dreikäsehoch nicht wusste - weil es mir niemand sagte - war, dass diese Organisation auch mit Kriegsgefangenen und KZ-Häftlingen arbeitete. Sie baute auch die Abschussrampen für die V 1 und die V 2 Raketen. Seitdem habe ich vergeblich versucht, berühmt zu werden.

So ein Stuhl kann helfen

Vielleicht hätte eine kriminelle Karriere geholfen. Serienmorde machen berühmt-berüchtigt, vor allem, wenn man erwischt wird. Will man das? Ein großer Sportler, auch eine  Möglichkeit, war ich nie. Obwohl: ich gewann mal einen Fünfkampf. Da war ich 10 und bekam eine gelbe Tasse und eine Brezel als Preis. Die Tasse war blitzhässlich. Mein Sieg geriet schnell in Vergessenheit. Durch harte Arbeit bekannt zu werden, ist auch schwer. Man muss in Zeitungen erwähnt werden, vielleicht selbst schreiben. Dann, heutzutage, im Fernsehen gesehen werden. Auch das hat seine Grenzen.

Den Umgang mit Prominenten sollte man womöglich pflegen. Ich bin alt genug, um (durch Fotos belegt) Pablo Picasso noch getroffen zu haben. Das war in Cannes. Es war heiß. Ich durfte sein hellblaues Wolljäckchen halten, während Pablo ein Interview gab. Er dankte mir freundlich und nahm das Jäckchen wieder mit. Rudi Carrell, Julio Iglesias, Sting, Eduard Schewardnadse und endlos viele andere Promis habe ich nutzen können, um mich in deren Sonne zu aalen, wenn auch nur für kurze Zeit. Auch die englische Königin war darunter (zweimal!). Es hat bisher alles nichts genutzt.

Wer ist prominent? Einer, hinter dem getuschelt wird, wenn er irgendwo vorbeigeht? Der von Paparazzi verfolgt wird? Der Bittbriefe von Unbekannten erhält? Der sein eigenes Porträt in Form eines Riesenfotos an einer Hauswand sieht? Einer der in Lexika und Geschichtsbüchern erwähnt wird? All das ist mir zwar nicht passiert, jedoch ist mir aufgefallen, dass manche mich grüßen, wenn ich sie scharf anblicke, obwohl sie mich nicht kennen.

Kein Kommentar




Doch jetzt habe ich den Durchbruch geschafft: vor einigen Tagen öffnete ich meinen Rechner, um die elektronische Post zu sichten. "Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag" strahlte mir da entgegen. Dass gerade ich, der ich nur einer von 1,3 Milliarden Internetnutzern bin, für einen solchen Glückwunsch ausgesucht wurde, zeugt von wahrer Prominenz. Jetzt bin ich Promi. Hoffentlich hält das.









Mittwoch, 15. Mai 2013

Krankhaft, ja, das ist er, der Geiz

Wir müssen eine Unterscheidung vornehmen: Genügsamkeit ist die Angst, sich zu verausgaben, die Angst, einmal ohne alles dazustehen. Kluge Vorsicht. Oft wird das mit dem eigentlichen Geiz verwechselt. Geiz kann nicht nur nicht hergeben, Geiz will raffen. Die Milliardäre haben ihren Besitz nicht durch Geiz erworben, obwohl sie Musterbeispiele des Geizes sein können. Pathologisch eben. Sie nehmen weg. Das haben auch Königshäuser getan, bis sie genug hatten. Dann saß das Krönchen auf dem Haupt. Abgegeben davon haben sie nur an Ihresgleichen.

Zahnloses Raubtier?

Ich brauchte Jahre, um bei mir nahestehenden Menschen den Geiz zu erkennen. Sie können, je nach IQ, meisterhaft vertuschen, was ihre Krankheit ist. Ein Freund, der sein Leben lang für hübsche Blondinen schwärmte, hatte immer viele Gründe, um den entscheidenden Schritt nicht zu tun: sein Leben und sein Einkommen mit einem anderen Menschen zu teilen. Manche können sogar mit ihrem Körper geizen. Das ist ganz schlimm. Jahrelang habe ich alle Spielchen mitgemacht, ohne die treibende Kraft dahinter zu erkennen. Ich wurde einmal um ein Papiertaschentuch gebeten, mit der Bemerkung, "ich gebe es dir wieder". Unglaublich.

Weiter: man sitzt mit einem Freund im Gasthaus und sagt: "Herr Ober, zahlen". Nur mit einem echten Geizling wird diese Situation peinlich. Er drückt sich, oder, bei geteilter Rechnung, fehlt ihm immer seine Hälfte des Trinkgeldes. Schon mal gemerkt? Beim Geld hört die Freundschaft auf, sagt man. Das muss die Sympathie für den eventuellen Geizkragen nicht schmälern. Man fühlt sich nur ein wenig erniedrigt, weil man nicht mit gleicher Münze zurückzahlen kann. Wer hat, der hat, wer nicht, hat schon gehabt. Es ist ein schwierig Ding. Wie schön sind doch Hingabe und Verschwendung.


Montag, 13. Mai 2013

Versuch über die Mütter

Eine liebende Mutter ist etwas Normales, denkt man. Ein liebender Sohn, etwas Schönes. Klischeedenken? Es gibt auch herrliche Mutter-Tochter-Beziehungen. Doch für mich, Sohn, ist der klassische Fall: Mutter-Sohn. Warum habe ich sie schon als Kind angehimmelt, wenn es badische Dampfnudeln gab? Weil ich Dampfnudeln liebe? Da war mehr. Zur Mutter konnte man gehen, wenn man sich die neue Hose zerrissen hatte. Vater schlug nie auf uns ein. Er hat mir liebevoll das Ohrläppchen geknabbert wenn er in Schmuselaune war. Aber, er war Papa. So etwas wie eine Respektsperson. Wenn es um Sonne, Mond und Sterne ging, kam er groß raus. Er wusste alles. Mama verstand alles.
Vater und Tochter

Letzte Nacht träumte ich von Mama. Ich war ein Heranwachsender, hatte mir einen Traum (im Traum) erfüllt und kam mit einem großen Auto nach Hause, um Mama zu einer Reise abzuholen. Dann wusste ich nicht mehr, wohin wir fahren wollten. Die Wirklichkeit brach über mich herein: Mama lebt schon lange nicht mehr. Diese Leere tut oft noch weh. Aber zum Muttertag erhielt sie immer einen selbst gepflückten Blumenstrauß. Sie liebte Blumen und war darüber sehr glücklich. Mein Dank an meine Mama hat nie aufgehört. Sie hat mir das Leben geschenkt, das ich heute führe.


Gibt es auch schlechte Mütter? Ich kannte nur Mütter, die vor Mutterliebe platzten. Dazu gehörten auch Omas, ältere und sehr alte Freundinnen, Tanten und Großtanten. Sie waren in ihrer Liebe alle voll emanzipiert. Ein Muttertag, einmal im Jahr, war dafür nicht ausreichend. Ein Blumenstrauß auch nicht. War ich ein guter Sohn? Blumen auf dem Grab kommen mir vor wie ein erschlichenes Alibi. Mütter warten nicht auf Gestecke und Blumensträuße. Sie müssen rechtzeitig etwas von dem zurückbekommen, was sie gegeben haben. Nur so werden aus Söhnen gute Söhne.

Samstag, 11. Mai 2013

OSZE: Wien - Istanbul, neue Impulse?

Wenn die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa ins Grübeln kommt, darf man etwas erwarten. Die Gespräche, am 2. Mai, im Goethe-Institut in Istanbul, werden am Wiener Sitz der OSZE ihre Wirkung nicht verfehlen. Davon waren die Teilnehmer aus verschiedenen Ländern überzeugt. Vorsichtige Ansätze für neue Definitionen wurden da gemacht: wie soll die OSZE ihre kommenden Aufgaben in einer neuen digitalen Welt wahrnehmen? Kultur und Diplomatie, zwei eher schillernde Begriffe, sowie sanfte Macht, kommen offiziell in den Selbstdarstellungen der Organisation kaum vor. Was dies alles beinhalten kann, wurde in Istanbul mit viel Geschick auf die globale Aussagekraft hin durchleuchtet. Schließlich arbeitet die aus der Schlussakte von Helsinki (1975) hervorgegangene OSZE weltweit. 57 Länder sind Mitglied (in Nordamerika, Europa und Asien), aber auch andere Länder, wie Ägypten, Israel, Japan, Korea und Marokko, haben mit der OSZE eine Partnerschaft der Zusammenarbeit, insgesamt 11 Länder. Zusammen mit anderen Organisationen wird an der Eindämmung von Konflikten gearbeitet. Ein ständiger und vielfältiger Kraftakt.






Da muss auch darauf geachtet werden, dass sowohl in den alten, also auch in den neuen Medien mehr Sichtbarbeit hergestellt wird. Darum ging es in Istanbul. Sind Kultur und Diplomatie die sanfte Macht, mit der man Krisen dauerhaft beseitigen kann? Namhafte Sprecher waren angetreten, um Gegenstand und Ziel der "Kulturdiplomatie" zu erörtern, bzw. Kultur als Trennungs- oder Bindefaktor:


- John Brown, ein Brite, der an der Georgetown University in den USA lehrt, mit Erfahrung in Zentral- und Osteuropa, Spezialist für Presse und  Kulturbelange. Sein Thema: Regierungen und Kulturdiplomatie - müssen heiße Kartoffeln finanziert werden? Wie sanft ist sanfte Macht am anderen Ende?
- Tatiana Zonova lehrt an der Moskauer Staatsuniversität für Internationale Beziehungen, u.a. wissenschaftlicher Beirat der Rivista di Studi Politici Internazionali in Italien. Ihr Thema: Russische Kulturdiplomatie als sanfte Macht in den Beziehungen zur EU.
- Oleksandr Lytvynenko, politische Wissenschaften, angewandte Mathematik und Jura (Moskau und Kiew), Ukraine, zur Zeit in Großbritannien, dessen Thema so lautete: Russland, der West(en) und der Rest: die sanfte Macht nach außen, von der Ukraine aus betrachtet.
-  Christopher Midura, vertritt die USA bei der OSZE in Wien, hat als Diplomat u.a. im Kosovo, der Tschechei, El Salvador, Guatemala und Washington gearbeitet. Thema: Sinn und Aufgabe von Kulturbeauftragten.
- Vielfältige Erfahrungen als politischer Berater hat Botschafter Andrew Tesoriere in mehreren Ländern erworben. Er moderierte den Morgen des 2. Mai und fasste mit Vorsicht zusammen.

Dabei werden natürlich Fragen aufgeworfen, die man nicht pauschal beantworten kann: ist Kulturdiplomatie eher etwas Gutes oder bloß ein ungeschickter Versuch? Gibt es hier ein Potenzial für Synergien? Kann eine Organisation wie die OSZE, solche Herausforderungen überhaupt stemmen, in Anbetracht der vielen Möglichkeiten, die sich bieten?

Einig war man sich demnach, dass Regierungen mehr im Hintergrund bleiben, sich jedoch stärker in der Kulturdiplomatie engagieren sollten. Auch die anwesenden türkischen Studenten machten zu dieser Debatte interessante Beiträge. Am Nachmittag folgten ebenfalls originelle Debatten, die vielleicht später noch zu beleuchten sind.
Wien - Istanbul: für die OSZE eine gute Idee, sich in einem Mitgliedsland zu zeigen und gleichzeitig  grundsätzliche Gedanken über die eigenen Zielsetzungen anzustellen.










Freitag, 10. Mai 2013

Wien: Kein Morgen ohne Heute

Warum werde ich mit zunehmendem Alter immer radikaler? Kategorischer? Anklägerischer? Ich nehme mir die Banken vor, die Fernsehanstalten, die Supermärkte und Apotheken. Überall finde ich Abzocke, Betrug, Beutelschneiderei und Lüge. Die Spargeln, die als frisch deklariert waren, aus (diesmal) ungarischen Landen, waren unter aller Kanone. Mit den unteren Extremitäten im undurchsichtigen Versteck sahen sie noch ordentlich aus. Als ich sie auspackte, traf mich der Schlag: an den hölzernen Hinterteilen hätte man sich den Bauch aufschlitzen können.

Veronika, der Spargel wächst!
Und wird schamlos als frisch verkauft!

Beim Verlassen der U-bahn schnappte ich mir noch eine Boulevardzeitung, die hier kostenlos ausliegt. Eine richtige Mischung aus Sex, Crime, News, RedCarpet (sic!), Wirtschaft und Sport. Das meiste ist noch auf Deutsch, auch wenn das Blatt "HEUTE", wie gesagt, es kostet nichts, keine Gelegenheit auslässt, so richtig englisch-kosmopolitisch um sich zu schlagen. Untertitel: "No Tomorrow without Today" Quatsch! Kein Morgen ohne Heute, heißt es da noch.


Nur für kurze Zeit!

Wer seine Radionachrichten am Morgen gehört hat, weiß natürlich bescheid. Da kommt auch von HEUTE nichts mehr. Dafür auf der Titelseite: Finanzamt will von Lehrling 29 Mio. Euro. Auflösung auf Seite 14: Das Finanzamt bedauert den technischen Fehler. Seite gegenüber: PENNY-Werbung: FRISCHFLEISCH IN AKTION. 41% billiger! Kein Pferd? Ja, auch Politik kann man da lesen: "78% sagen: EU hat zu viel Einfluss auf unser Leben".  Oder: "Zu teuer! Rote zerpflücken schwarzes Familien-Paket". Dann: "Mobbing (was auf Englisch bullying heißt): 14-jährige sticht Schüler nieder", "Tankschock für Koch: 7.100 Euro für 1 Liter Benzin. Gleiche Seite: Werbung von Hofer (der österreichische Aldi): Schwarzwälder Kirschtorte (aus dem Kühlregal), nur für kurze Zeit erhältlich! Ich staune.

Auch der ganz alltägliche Unsinn erhält seine Überdosis: "Hoppla! Sterilisierter Löwe plötzlich vierfacher Vater". Wir wussten es immer. "Hochsitz brach mit Jägern ein". "NS-Vergangenheit: 60 Straßen droht Umbenennung".  Auch der Herbert-von-Karajan-Platz im Wiener Zentrum ist von dieser Drohung betroffen. Aus der Szene: "Kruzifix schützt Knackpopo". Ich dachte immer, die Polizei ist zum Schützen da.

Noch Unverständlicher: Biko-Shake im Teppichparadies. Frau stöckelt jetzt in der Signalfarbe Rot. Lächeln: Radar knipst Bieber sechs Mal in Folge. Mein Horoskop für HEUTE: Melden Sie sich bei einem alten Freund. Er kann Ihnen eventuell in einer schwierigen Angelegenheit helfen, die Sie bereits seit einiger Zeit belastet. Dafür sind Freunde ja da! Jetzt ist das Maß voll: ich muss mir die Hände waschen und das rührige Blatt entsorgen, denn Morgen gibt es wieder ein neues.

Entsorgung von Blättern

Ich will nicht unnötig meckern, aber mit dieser Art Lektüre, wenn dann noch miese Spargel hinzukommen, und der Erotiktreff (entgeltlich) auch nicht so richtig klappt, könnte man depressiv werden. Sexlüsterne Hausfrau (unentgeltlich) lese ich da schnell, und: Belausche heimlich, Tel. Nr. .........(0,04 Cent/Min.), Sexfreudiges Luder, Vollbusiges Lustweib, Immergeiles Flittchen, usw. Die Welt ist voller Schnäppchen. Am besten hat mir der sterilisierte Löwenvater gefallen. Ob es auch einen Löwenmuttertag gibt?









Donnerstag, 9. Mai 2013

Istanbul - Wien - Orient - Mitteleuropa



Große Siedlungen der Menschheit sind beide: unmüßig, zu fragen, welche Metropole die ältere ist. Beide haben Völkergemische angezogen und wieder ausgespuckt. Beide sind Horte des kulturellen Lebens, beide versüßen den Aufenthalt mit raffinierten zuckerbäckerischen Höchstleistungen. Lokum und Baklava hier, Krapfen und Mozartkugel dort. Doch ist dies zu kurz gesprungen. Beide haben unendlich viel mehr zu bieten, auch an Schleckereien.


Kommen wir zur Musik: Istanbul ist voller Schreihälse. Ich meine jedoch diese orientalische Sehnsucht nach Liebe, nach der Liebsten, dem Geliebten, Ausdruck einsamen Schmerzes. Wien ist voller Klassiker. Schon sehr früh am Morgen beginnt die Flut instrumentaler Höchstleistungen. Und ein vergoldeter Walzerkönig steht mitten im Stadtpark. Morgenland versus Abendland. Dazwischen Mitteleuropa. Impulse in der Türkei kommen meist aus Istanbul, das nicht (mehr) die Hauptstadt der Türkei ist.





Wien kann für Österreich und die westliche Welt Ähnliches von sich behaupten. Vielleicht wurde deshalb das Osmanische Reich von Mitteleuropa angezogen, wo man den Kaffee noch nicht kannte. Und auch die Wasserpfeife nicht. Dafür aber Wein und Bier. Istanbul hingegen war näher an den exotischen Gewürzen und dem endlosen asiatischen Raum. Man könnte die Vergleiche ins Unendliche fortsetzen.



Wenn ich am Posphorus sitze, und zahllose Schiffe, große und kleine, an mir vorbeiziehen sehe, denke ich auch an das ferne Wien, wo wir wohnen, an die Donau, so blau. Dann verbinde ich mich in Gedanken mit dem Trubel am Stephansdom. Ich lasse dann ein Schiffchen die Donau hinunter ins Schwarze Meer, und, siehe da, es taucht hier bei mir auf, zieht durch das Marmarameer am Topkapi und der Hagia Sophia vorbei, und setzt seine Fahrt bis nach Triest fort, das auch einmal zum österreichischen Reich gehörte. Wie klein doch die Welt ist!



Mittwoch, 8. Mai 2013

Die Burschen schafften so allerhand: Wien, Heldenplatz

In meinem ersten Semester Jura in Heidelberg traf ich den Sohn eines Freundes meines Vaters. Er "keilte" einen Unwissenden, denn mein Vater hatte mir nichts über die Burschenschaften erzählt, und ich fand es interessant, den damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer als Alten Herrn in meiner Verbindung zu haben. Durch das national-konservative Verhalten der deutschen Burschenschaften, um sie nicht gleich Burschen-Seilschaften zu nennen, war das einst glorreiche, ja, revolutionäre Verhalten dieser studentischen Verbindungen schwer in Verruf geraten.

Patriotische Kraftmeierei
Nach dem 2. Weltkrieg waren in Deutschland und Österreich Demokratisierungsprozesse in Gang gekommen, die dem elitären und nachpubertären Treiben solcher Verbände nicht gewogen waren. Also wurde verstärkt gekeilt, das heißt, rekrutiert oder angeworben, denn nur etwa 6 % der damaligen Studentenschaft waren Mitglieder einer Verbindung. Dusselig und naiv, wie man mit 20 ist, lässt man sich verführen: eine Villa als Verbindungshaus lockte, doch das alte Argument, dass junge Herren in einer Verbindung Manieren lernen und - weg von Zuhause - auch das eigene Bett zu machen, zogen bei mir nicht. Meine Mutter hatte da vorgesorgt. Blieb also nur das Argument, in Alte-Herren-Kreise aufgenommen zu werden und nach dem Studium Förderung zu erlangen.

Wien, Heldenplatz, besetzt

"Liebchen, weißt, warum die Brust mir schmückt ein blau-weiß-blaues Band", oder so, wurde geschmettert. Die feierliche "Rezeption" mehrerer "Füchse"wurde in Mannheim durchgeführt, mit viel Latein, das nur ich verstand, denn ich war ein helles Köpfchen. Was ich nicht leiden konnte, waren die Versuche einiger, mich schon am ersten Tag besoffen zu machen. Bier verabscheute ich damals noch. Heute "beiße ich gerne einen geziemenden Streifen aus der Kanne", wie man pompöserweise zum Trinken gesagt hat, doch liebe ich es immer noch, selbst zu entscheiden.


Da ich das Tragen der "Farben" (eines Bandes um die Schultern und einer schwarzblauen Mütze) verweigerte, wurde ich vom "Fuchsmajor, einem 16. Zahnsemester, schnell getadelt. Als er mich auch noch rügte, weil ich um 8 Uhr morgens in eine Vorlesung gehen mochte, statt im Garten des Verbindungshauses Unkraut zu jäten, war das Maß voll. "Für mich kommt zuerst die Uni, dann erst die Verbindung", stieß ich aus. Ich verließ den KdStV Arminia im CV schon nach 2 Monaten, ohne es je zu bereuen. Heute, am 8. Mai 2013, sollte die traditionelle Totenwache der österreichischen Burschenschaften vor der Krypta am Heldenplatz, wie immer, stattfinden. Doch heuer (sagt der Österreicher) kam das Bundesheer, um den ganzen Tag eine Mahnwache zu halten, und die Wiener Symphoniker geben am Heldenplatz ein Gratiskonzert.  Für die Burschen ist da kein Platz, am Heldenplatz, um die Toten des 2. Weltkrieges zu betrauern. Dafür kann man heute der Befreiung vom Faschismus gedenken, was nicht in den Verdacht gerät, rechtslastig zu sein. Das war der Heldenplatz, als Adolf Hitler 1938 an seine Landsleute seine Rede zum Anschluss Österreichs ans Deutsche Reich hielt. Die Kapitulation des Reiches hatte am 8. Mai 45 stattgefunden. Eine Woche vorher war der große Führer in Berlin über die Wupper gegangen.







Dienstag, 7. Mai 2013

OSZE: Sitz in Wien - Versuch einer Sinngebung in Istanbul.

Es ist ungewöhnlich, dass eine Organisation, die schon fast 40 Jahre international erfolgreich tätig ist, jetzt den Versuch unternimmt, sich in der Öffentlichkeit neu darzustellen. Dabei kann mit Fug und Recht gesagt werden, dass nicht die vielfältigen Aufgaben dieser "Feuerwehr der Konfliktbekämpfung" sich wesentlich geändert hätten, sondern, dass es notwendig geworden scheint, die Arbeit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa in der Weltöffentlichkeit durch intensivere Nutzung der Medien, vor allem der sozialen, verständlicher zu machen.

Die OSZE begann ihre Mission damals als KSZE in den Siebziger Jahren, als erste Verhandlungen über kulturelle Zusammenarbeit zwischen Ost und West begannen. Vielen ist die sogenannte Schlussakte der Helsinkikonferenz von 1975 noch gut in Erinnerung. Dialog und Verhandlung als feste Einrichtung waren gefragt, als der Kalte Krieg noch wütete und die Gefahr eines weiteren Weltkrieges die Menschheit ständig bedrohte. Da ging es nicht nur um Europa, denn Nord-Amerika war in diese Arbeit ebenso eingebunden, wie Asien. Heute gehören 57 Länder zur OSZE, dazu eine Reihe Partnerländer wie Afghanistan, Japan und Korea, Australien, Ägypten, Israel und Marokko. Dieses weltweit operierende Gremium, das Frieden, Demokratie und Stabilität als permanentes Ziel auf seine Fahnen geschrieben hat, muss natürlich daran interessiert sein, verständlich zu bleiben.

Der Bosphorus trennt Europa und Asien nicht mehr!

Mit der Verbreitung neuer Medien im Internet, Twitter, Facebook, Blogging usw. hat sich auch die Aufgabenstellung verändert. "Gut platziert ist halb gewonnen", heißt es heute. Internationale Organisationen haben es da schwer. Nicht ihre Mission hat sich erledigt, sondern oft ihr Stil, der dringend der Erneuerung bedarf. In der internationalen Politik hat dieser Stil sich schon lange geändert: Als Michail Gorbatschov sich erstmals an Westeuropa wandte, kündigte er an, die Sowjetunion würde auf die Anwendung von Propaganda verzichten. Da war man noch skeptisch. In seiner berühmten Rede vor dem Europarat, im Juli 1989, also einige Monate vor dem Fall der Berliner Mauer und der Öffnung des Eisernen Vorhanges, sagte Gorbatschov, man wolle internationalen Abkommen beitreten, etwa der Europäischen Menschenrechtskonvention, und "unser gemeinsames Haus Europa" bewahren. Noch wollte niemand daran glauben. Heute sind viele Länder dem ehemaligen sowjetischen Präsidenten dankbar für diese Öffnung und für seine Perestroika. Sie hat die Welt verändert.

Die neuen Medien haben dies auch nachhaltig getan. Etwa 1,3 Milliarden Menschen sind heute dem Worldwide Web angeschlossen. Sie können rund um den Globus miteinander kommunizieren, vorausgesetzt, sie finden eine gemeinsame Sprache. Wie ein Gewitter, oder wie ein Tsunami können Nachrichten und Meinungen sich heute über die Welt verbreiten. Darauf müssen sich noch viele einstellen. Auch die Regierungen versuchen sich in den neuen Medien. Wegen der oft bürokratischen oder undemokratischen Ansätze bleibt der Erfolg jedoch oft aus. Internationale Organisationen wie die UNO, die EU, die OSZE, der Europarat und die NATO, können nur tätig sein, wenn ihre Mitgliedsländer es wollen. Dabei ist jede Art von Medienarbeit mehr als notwendig. Sogar überlebensnotwendig, denn diese Organisationen kosten auch Geld.

Goethe-Institut auf Englisch

Istanbul, mit weit über 10 Millionen Einwohnern eine der Drehscheiben zwischen Ost und West, Nord und Süd, schien ein idealer Ort, Kräfte zu bündeln und über den Sinn von Kultur und Diplomatie (culture and diplomacy) als "Schmiermittel" der Konfliktbewältigung nachzudenken. Kultur kann subversiv, aber auch bürokratisch sein, Diplomatie nationalistisch und kolonialistisch, oder auch das Gegenteil davon. Der Weltfriede hängt davon ab. Der OSZE ist es zu verdanken, dass diese Fragen in Istanbul, in einer deutschen Kultureinrichtung, dem Goethe-Institut, mit Experten aus den USA, der Türkei, Russlands, der Ukraine (die in der OSZE gerade den Vorsitz führt), selbstkritisch aufgeworfen wurden. Dabei spielte die internationale Erfahrung der Teilnehmer eine wesentliche Rolle. Diplomatische Vertretungen bei der OSZE (USA, Ukraine, Deutschland, Irland) sponserten dieses Ereignis, das Goethe-Institut in Istanbul war der Gastgeber. Auch die Sprecherin des OSZE-Generalsekretärs war gekommen, und ein interessiertes Publikum, das Fragen stellte.


Es wäre vermessen, einfach irgendwelche Ergebnisse dieses Denkprozesses aufzuzählen, denn nicht der Konsens war das Ziel, sondern der Austausch über die Möglichkeiten, Zielgruppen, die akademische Welt und die Jugend, ganz allgemein, anzusprechen und das ursprüngliche Ziel der Schlussakte von Helsinki aufzuarbeiten: Kulturaustausch und Zusammenarbeit zur besseren Völkerverständigung und zur nachhaltigen Verständigung unter den Staaten. Das klingt zwar sehr abstrakt, weil es sich auf viele unterschiedliche Situationen auf der Welt bezieht, Konfliktzonen, die wir alle kennen: Tschetschenien, Israel, Nordkorea, Zypern, Nord-Irland, Berg-Karabach undsoweiter. Der eigentliche Held der Veranstaltung, man muss es sagen, war der Moderator, dem die Hauptaufgabe zufiel, nämlich, die verschiedenen Beiträge der Teilnehmer zusammenzufassen, ohne selbst daraus die Schlüsse zu ziehen: Botschafter Andrew Tesoriere (GB), der schon viele internationale Aufgaben und Missionen innehatte. Als Beobachter dieses intellektuellen Unternehmens, das als Beginn einer Reihe am 2. Mai stattfand, kann man nur vor ihm den Hut ziehen und auf eine konkrete Umsetzung und Fortsetzung dieses Experiments hoffen, das unter dem Titel: "Kulturdiplomatie im globalen digitalen Zeitalter" stattfand. Es wird wohl noch mehr über dieses Ereignis zu berichten sein.



























Montag, 6. Mai 2013

Istanbul, unmöglich, was du da treibst!

Die Galatabrücke hochgezogen

Wir kommen am 30. April in der Metropole am Bosphorus an. Die Riesenstadt ist für den ersten Mai gerüstet, also bis an die Zähne bewaffnet. Wir wollen zum Taksimplatz, zum Hotel. Ein Taxi fährt uns vom Flughafen dorthin. Der Verkehr ist mehr als dicht. Als wir oben am Taksimplatz ankommen, schaffen wir es gerade noch, durch eine Lücke in der Absperrung zu kommen. Der erste Mai steht vor der Tür. Das Polizeiaufgebot ist beängstigend. Junge Kerle in schwarzen Uniformen und mit Schlagstöcken in der Hand stehen herum. Fußgänger drücken sich durch die aufgestellten Barrieren. Hubschrauber kreisen am Himmel. Morgen ist erster Mai auf türkische Art.

Die Polizei parkt ihre Fahrzeuge ganz ordentlich

Der Mai ist gekommen. Wir müssen zu einer Besprechung, zum Glück nur etwa 2 km vom Hotel entfernt. Kein Taxi fährt, kein Bus, keine Straßenbahn. Wir gehen zu Fuß. Es riecht geradezu nach Testosteron. Wir fragen einen der Männer, der "Polis" auf seiner Uniform trägt, nach dem Weg. Er kann kein Englisch, läuft aber hilfsbereit zu einem, der es kann, und schon gehen wir weiter. Ein herrliches Gefühl, in einer sonst mit hupenden Autos lebensgefährlich vollgestopften Stadt einfach mitten auf der Straße zu gehen, neugierig beobachtet von Polizisten, die auf die große Provokation warten, denn am ersten Mai wird traditionsgemäß Rabatz gemacht. Jugendliche können da gewalttätig werden. Die Ordnungsmacht ist bereit: die testosterongeladenen Gruppen stehen sich abwartend gegenüber. Dann: es geschieht nicht viel. Es gibt ein paar Verletzte. Und am 2. Mai hängen Polizei und Barrieren immer noch drohend herum.

Hier fahren sonst Autos
Als der Spuk vorbei war, besuchten wir eine Freundin, die über einer Moschee, direkt am Bosporus wohnt. Der Blick auf die asiatische Seite ist grandios. Die Schiffe stoßen Warnschreie aus, denn bei großem Dunst, können sie zusammenstoßen.

Bei Sonne

Dolmabahce Moschee bei Nebel.
Bei Nacht und......
.....Necla
Wir haben es genossen, im Stadtteil Beyoglu zu sein, fern des historischen Zentrums, mit der Hagia Sophia, der Blauen Moschee und dem Bazar. Istanbul hat viele Gesichter. Für einige Tage dort eintauchen, ist mehr als reizvoll. Auch die Süßigkeiten, überall, ganz wie in Wien, nur eben anders.