Dienstag, 7. Mai 2013

OSZE: Sitz in Wien - Versuch einer Sinngebung in Istanbul.

Es ist ungewöhnlich, dass eine Organisation, die schon fast 40 Jahre international erfolgreich tätig ist, jetzt den Versuch unternimmt, sich in der Öffentlichkeit neu darzustellen. Dabei kann mit Fug und Recht gesagt werden, dass nicht die vielfältigen Aufgaben dieser "Feuerwehr der Konfliktbekämpfung" sich wesentlich geändert hätten, sondern, dass es notwendig geworden scheint, die Arbeit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa in der Weltöffentlichkeit durch intensivere Nutzung der Medien, vor allem der sozialen, verständlicher zu machen.

Die OSZE begann ihre Mission damals als KSZE in den Siebziger Jahren, als erste Verhandlungen über kulturelle Zusammenarbeit zwischen Ost und West begannen. Vielen ist die sogenannte Schlussakte der Helsinkikonferenz von 1975 noch gut in Erinnerung. Dialog und Verhandlung als feste Einrichtung waren gefragt, als der Kalte Krieg noch wütete und die Gefahr eines weiteren Weltkrieges die Menschheit ständig bedrohte. Da ging es nicht nur um Europa, denn Nord-Amerika war in diese Arbeit ebenso eingebunden, wie Asien. Heute gehören 57 Länder zur OSZE, dazu eine Reihe Partnerländer wie Afghanistan, Japan und Korea, Australien, Ägypten, Israel und Marokko. Dieses weltweit operierende Gremium, das Frieden, Demokratie und Stabilität als permanentes Ziel auf seine Fahnen geschrieben hat, muss natürlich daran interessiert sein, verständlich zu bleiben.

Der Bosphorus trennt Europa und Asien nicht mehr!

Mit der Verbreitung neuer Medien im Internet, Twitter, Facebook, Blogging usw. hat sich auch die Aufgabenstellung verändert. "Gut platziert ist halb gewonnen", heißt es heute. Internationale Organisationen haben es da schwer. Nicht ihre Mission hat sich erledigt, sondern oft ihr Stil, der dringend der Erneuerung bedarf. In der internationalen Politik hat dieser Stil sich schon lange geändert: Als Michail Gorbatschov sich erstmals an Westeuropa wandte, kündigte er an, die Sowjetunion würde auf die Anwendung von Propaganda verzichten. Da war man noch skeptisch. In seiner berühmten Rede vor dem Europarat, im Juli 1989, also einige Monate vor dem Fall der Berliner Mauer und der Öffnung des Eisernen Vorhanges, sagte Gorbatschov, man wolle internationalen Abkommen beitreten, etwa der Europäischen Menschenrechtskonvention, und "unser gemeinsames Haus Europa" bewahren. Noch wollte niemand daran glauben. Heute sind viele Länder dem ehemaligen sowjetischen Präsidenten dankbar für diese Öffnung und für seine Perestroika. Sie hat die Welt verändert.

Die neuen Medien haben dies auch nachhaltig getan. Etwa 1,3 Milliarden Menschen sind heute dem Worldwide Web angeschlossen. Sie können rund um den Globus miteinander kommunizieren, vorausgesetzt, sie finden eine gemeinsame Sprache. Wie ein Gewitter, oder wie ein Tsunami können Nachrichten und Meinungen sich heute über die Welt verbreiten. Darauf müssen sich noch viele einstellen. Auch die Regierungen versuchen sich in den neuen Medien. Wegen der oft bürokratischen oder undemokratischen Ansätze bleibt der Erfolg jedoch oft aus. Internationale Organisationen wie die UNO, die EU, die OSZE, der Europarat und die NATO, können nur tätig sein, wenn ihre Mitgliedsländer es wollen. Dabei ist jede Art von Medienarbeit mehr als notwendig. Sogar überlebensnotwendig, denn diese Organisationen kosten auch Geld.

Goethe-Institut auf Englisch

Istanbul, mit weit über 10 Millionen Einwohnern eine der Drehscheiben zwischen Ost und West, Nord und Süd, schien ein idealer Ort, Kräfte zu bündeln und über den Sinn von Kultur und Diplomatie (culture and diplomacy) als "Schmiermittel" der Konfliktbewältigung nachzudenken. Kultur kann subversiv, aber auch bürokratisch sein, Diplomatie nationalistisch und kolonialistisch, oder auch das Gegenteil davon. Der Weltfriede hängt davon ab. Der OSZE ist es zu verdanken, dass diese Fragen in Istanbul, in einer deutschen Kultureinrichtung, dem Goethe-Institut, mit Experten aus den USA, der Türkei, Russlands, der Ukraine (die in der OSZE gerade den Vorsitz führt), selbstkritisch aufgeworfen wurden. Dabei spielte die internationale Erfahrung der Teilnehmer eine wesentliche Rolle. Diplomatische Vertretungen bei der OSZE (USA, Ukraine, Deutschland, Irland) sponserten dieses Ereignis, das Goethe-Institut in Istanbul war der Gastgeber. Auch die Sprecherin des OSZE-Generalsekretärs war gekommen, und ein interessiertes Publikum, das Fragen stellte.


Es wäre vermessen, einfach irgendwelche Ergebnisse dieses Denkprozesses aufzuzählen, denn nicht der Konsens war das Ziel, sondern der Austausch über die Möglichkeiten, Zielgruppen, die akademische Welt und die Jugend, ganz allgemein, anzusprechen und das ursprüngliche Ziel der Schlussakte von Helsinki aufzuarbeiten: Kulturaustausch und Zusammenarbeit zur besseren Völkerverständigung und zur nachhaltigen Verständigung unter den Staaten. Das klingt zwar sehr abstrakt, weil es sich auf viele unterschiedliche Situationen auf der Welt bezieht, Konfliktzonen, die wir alle kennen: Tschetschenien, Israel, Nordkorea, Zypern, Nord-Irland, Berg-Karabach undsoweiter. Der eigentliche Held der Veranstaltung, man muss es sagen, war der Moderator, dem die Hauptaufgabe zufiel, nämlich, die verschiedenen Beiträge der Teilnehmer zusammenzufassen, ohne selbst daraus die Schlüsse zu ziehen: Botschafter Andrew Tesoriere (GB), der schon viele internationale Aufgaben und Missionen innehatte. Als Beobachter dieses intellektuellen Unternehmens, das als Beginn einer Reihe am 2. Mai stattfand, kann man nur vor ihm den Hut ziehen und auf eine konkrete Umsetzung und Fortsetzung dieses Experiments hoffen, das unter dem Titel: "Kulturdiplomatie im globalen digitalen Zeitalter" stattfand. Es wird wohl noch mehr über dieses Ereignis zu berichten sein.



























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