Montag, 30. Juni 2014

Prag: der Besuch hat stattgefunden

Ich denke an Jiri Dienstbier, den Vater, der nicht mehr lebt. Er war damals schon Außenminister in der Tschechoslowakei und bemühte sich, sein Land in die Zusammenarbeit mit den anderen westlichen Staaten einzubinden. Man merkte, dass er im Gefängnis saß (als Oppositioneller), dass er als einfacher Arbeiter sein Geld verdienen musste, obwohl er schon ein erfahrener Journalist war. Als Abgesandter aus dem Westen, der ich in jungen Jahren das Land schon einmal besucht hatte, fand ich während einer Ministerkonferenz, 1991 (?) in Prag sofort freundschaftlichen Zugang zu diesem aufgeschlossenen, welterfahrenen Mann. Mit einem Bier in der Hand unterhielten wir uns in den Pausen über alles mögliche, nur nicht über Politik.

Grand Hotel (Mittel)Europa

Jetzt, gerade zurück aus Prag, ist mein Kopf ebenso voll mit Erinnerungen und Eindrücken, wie zur Zeit des vorprager Frühlings und dann kurz nach dem Verschwinden des Eisernen Vorhanges. Prag ist als Hauptstadt wieder eine würdige Vertreterin des altbekannten Mitteleuropa wie es in der Literatur noch auftaucht. Mit allen Bedenken, die die Vergangenheit geschaffen hatte: die mitteleuropäische Denkweise, der slawisch jüdische Humor, die verschiedenen Identitäten, die recht friedlich nebeneinader her lebten.

Alte jüdische Gräber

Meine Freunde aus Amerika und Berlin und ich schlossen uns einer Führung an durch das alte Judenviertel, mit den herrlichen Synagogen unterschiedlicher Baustile. Es gibt leider nur noch etwa 2000 Juden in Prag. Viele wurden durch die Nazis umgebracht oder sie wanderten aus und kamen nicht mehr zurück. Zeuge der Zeit der Juden, als sie noch im Ghetto leben mussten, ist der Friedhof, in dem Tausende Gräber zusammengepfercht stehen. Touristen gehen daran vorbei und sind erschüttert. An den Wänden einer Synagoge sind tausende Namen angeschrieben, sehr viele klingen sehr deutsch, und alle waren Opfer des Naziterrors.

Die Spanische Synagoge
Prag, so kann man sagen, muss den Beweis nicht liefern, eine moderne, dynamische und lebenlustige Stadt mit großer Vergangenheit zu sein. Und europäisch, ja mitteleuropäisch ist die Stadt auch.


Dienstag, 24. Juni 2014

Mozart auf der Reise nach Prag

Total frei erfunden. Ja, er war in Prag. Mit seiner Konstanze. Jedoch nicht mit dar Bahn, gar den Mozart-Reisen. Und er wohnte, hier in Wien, ein paar Schritte von uns, in der Domgasse. Auch ich heiße Wolfgang und bin auf dem Weg nach Prag. Sieht da jemand einen Zusammenhang? Ich werde May, Bing und Dieter am Hauptbahnhof treffen und mit ihnen zum Hotel fahren. Mehr kann ich davon vielleicht später erzählen....

 Bing und May and me!

Meine erste Berührung mit Prag: Franz Kafka. Er hat mich in jungen Jahren mit seinem Stil und seiner dunklen Fantasie beunruhigt. Später erfuhr ich durch einen Kenner Prags, dass diese Vorzeigestadt des ehemaligen Mitteleuropas immer aus drei Hälften bestand: der tschechischen, der deutschen und der jüdischen. Was mich dabei interessierte, war, wie ein normaler Mensch mit drei Hälften leben kann. Älteste deutsche Universität, aber nicht nur. Feines jüdisches Bürgertum, aber nicht nur. Tschechische Heimeligkeit, aber nicht nur. Das war weitgehend schon vorbei, als Hitler es kaputt machte.

Ich kam in den Sechzigerjahren konspirativ nach Prag, um dort Freunde aus der DDR heimlich zu treffen. Was für ein Schnippchen wir damit der Deutschen Demokratischen Republik geschlagen haben. Es machte Freude und war auch für unsere Freunde aus Sachsen ein unvergessenes Erlebnis. Wir tauschten eins zu fünf (eine DM gegen 5 Tschechenkronen), auf dem Schwarzmarkt und konnten uns das "Palace" am Wenzelsplatz leisten, wo die Kellner im Frack herumliefen und zu siebt am Tisch das Essen auftrugen. Ich zahlte etwa 35 DM für ein Luxusessen für 4 Personen.

Prag, Kafka-Denkmal  

Später, beruflich, nach der Wende, lernte ich den ersten tschechoslowakischen Außenminister kennen, Jiri Dienstbier. Was für ein lieber Mensch! Wir rauchten mehrere Zigaretten zusammen und tranken Bier. Vaclav Havel war dann schon Präsident und gleich ein politisches Großformat. Einer seiner Nachfolger, auch ein Vaclav, war weniger angenehm. Ein Zusammenstoß mit ihm war unvermeidlich. Auch er ist weg. Das Verhältnis zu Prag ist immer noch etwas ungenau. Es ist noch zu viel Heidrich im Spiel, und Flüchtlingspolitik. Ein wenig Restsozialismus und eine Hinwendung zum Westen, die nicht ganz offenarmig ist. Wir müssen gemeinsam daran noch arbeiten.

Dieter aus Berlin  

Ich sitze bald im Mozart nach Prag. Treffe dort Freunde aus den USA, die mit Dieter aus Berlin kommen. Ein kontinentales Treffen, nach vielen Jahren. Ich muss darüber berichten. Wenn es dann stattgefunden hat.

Sonntag, 22. Juni 2014

Schönheit ist so eine Sache...

Hier in Wien ist man von Schönheitssalons geradezu umstellt. In Paris hält man sich für wahrlich professionell auf diesem Gebiet, aber jede andere Stadt, die etwas auf sich hält, kann diesen Schönheitsmetropolen das Riech-Wasser reichen. Die großen Namen sind bekannt, die Vermarktung geschieht global. Man wundere sich nicht, dass auch in Nordkorea für die Reichen gesorgt ist. Unter Adolf Hitler hieß es noch: eine deutsche Frau schminkt sich nicht. Die Madamen in London liefen da schon ungeniert mit der Zigarette im Mund auf der Straße herum und waren sichtbar geschminkt und gepudert.
Der Mann an sich

Die nächste Phase traf den Mann: Einer, der zu stark nach Parfüm roch, geriet in den Verdacht, ein schwuchtelmäßiger Hallodri zu sein. Der Mann an sich ließ höchstens ein Rasierwasser an sich heran. Das musste auch noch penetrant auf sich aufmerksam machen. In Spanien hatte jedoch der männliche Mann schon seine Lieblingsseife, die herrlich männlich roch und keine Zweifel an der jeweiligen Virilität ließ. Was ist aus ihr geworden, der Lieblingsseife? Ich habe sie in den einschlägigen Salons nicht mehr gefunden.

Über die Frauen müssen wir jetzt nicht reden. Sie haben ihre Geheimnisse und hüten diese auch geflissentlich. Da dringt höchstens mal durch, dass man/frau auf ein neues Riechwasser umgestiegen ist. "Wie findest du das?", wird man so nebenbei gefragt. "Es ist etwas teuer, aber es hat mir gleich gut gefallen". Der Mann hat darauf keinen Einfluss. Das Revolutionäre an unserem Zeitalter ist jedoch, dass auch der Mann schon längst mitwirkendes Opfer der internationalen Kosmetikindustrie ist. Dass er jedoch ein Facelifting über sich ergehen lässt, bleibt der Dunkelheit von Katakomben vorbehalten. Darüber redet man nicht.
Das kann aus dir werden!

Wer eine Frau hat, die kosmetisch an ihren Mann herangeht, sollte sich vorsehen. Allzuschnell sitzt auf dem gealterten Gesicht eine dunkelgraue Schicht, etwa die reinigende Schlamm-Maske, the Purifying Mud Mask, aus dem Hause KEDEM, mit Mineralien vom Toten Meer, herübergeschickt aus Israel. Ich muss irgendwann die Unachtsamkeit begangen haben, ihr zu erzählen, dass ich im Toten Meer gebadet habe. Das Arrogante an dieser Sache ist, dass diese Produkte englisch oder französisch vernebelt werden, sodass der Mann erst recht keine Ahnung hat, worauf er sich da einlässt. Frauen habe dafür ihre Intuition. Da ist auch schnell eine "mineral moisturising cream" von BLUE LAGOON in Island zur Hand, oder ein Cleansing Foam von SHISEIDO, Japan, das allerdings aus Amerika kommt und auch auf Deutsch bekennt: ich bin ein luxuriöser Reinigungsschaum.


Oder das!

Wir wissen, dass Schönheit relativ ist. Wir wissen auch, dass Schönheit leiden muss. Daraus ergibt sich die Regel für Männer: kümmert euch eher um die Schönheit eurer Frauen als um die eigene, denn sonst leidet ihr. Um es kurz zu machen: die dunkelgraubraune Schicht auf meinem Gesicht ist nicht auf meinem Mist gewachsen. Nachdem alles vorbei war - und jetzt merkt auf, ihr Männer - fühlte ich mich recht gut. Sie sagte, meine Gesichtshaut ähnele jetzt einem pfirsichsanften Kinderpo.
Danke, ganz herzlich. Was fange ich jetzt mit einem Kinderpo im Gesicht an? Aber Herrenparfüm nehme ich immer noch nicht.





Freitag, 20. Juni 2014

Wein aus der Ortenau - der Rioja aus Tiergarten

Man kann mir nicht vorwerfen, ich hätte mich nicht bemüht. Zur Zeit lese ich einen Krimi, der ein Verbrechen in einem Rioja-Weingut zum Inhalt hat. "Rioja für den Matador" ist ein erstaunliches Werk. Nur wer diesem spanischen Wein hilflos verfallen ist, kann soviel Wissen in einen Krimi packen, wie der Autor, Paul Grote. Vor Jahren hatte ich in dreitägiger Aktion mit einem Freund aus der Region 1200 Flaschen gekauft und nach Deutschland verfrachten lassen. Ein wahrer Schnäppchenkrimi. Der Wein war ein Crianza vom Gut Heredad Ugarte. Mindestens 12 Monate im Barrique, in der Rioja damals garantiert ein jungfäuliches Eichenfass aus Amerika. Ich sah diese Fässer, ich trank diesen herrlichen Wein und weiß doch nicht genug, um mich als Rioja-Kenner auszugeben. Der Preis war erstaunlich niedrig.

Isländer beim Genuss von Tiergärtner Weinen

Der Weintrinker, wenn er älter wird, hat vieles probiert. Ich musste feststellen, dass Weine aus Australien, Südafrika, Chile und Kalifornien durchaus etwas Ehrenwertes haben. Manche sind sogar sehr gut. Deshalb haben sie sich auch in den Wein-nicht-anbauenden Ländern am ehesten durchgesetzt. Das heißt aber noch lange nicht: Ha, ich möchte einen Shiraz, oder einen Chardonnay aus Sonundso trinken. Man weiß nicht einmal, ob er in Matallbehältern oder schon abgefüllt die weiten Wege nach Europa hinter sich gebracht hat. Und der Weißwein aus Golconda in Indien ist zwar auch gut, wird es jedoch nie zu Weltruhm bringen, weil allein 10% der indischen Bevölkerung ihn in wenigen Tagen wegtrinken könnte.
This is stuff from Tiergarten!

Im fernen Wien sehne ich mich manchmal nach einem Stück Heimat. Das könnte Tiergarten in der Ortenau sein, eine Region in Mittelbaden/Süddeutschland. Tiergarten ist ein Weinparadies, das die meisten Weine in die Kooperative nach Oberkirch abgibt. Nur das Weingut Ullenburg ist mir bekannt, das seinen Wein selbst ausbaut (teilweise im Barrique) und vermarktet. Als wir nach Österreich umzogen, kam ich zu einem Abschiedstrunk in die Ritterstube der Kimmigs. Meine Geschmacksnerven fingen an, freudig zu tanzen, als ich den neuen Ullenburg Spätburgunder von 2011 vorgesetzt bekam. Ein göttlicher Wein, der inzwischen auch durch eine Goldmedaille gekrönt wurde. Leider blieb keine Zeit mehr und im Flugzeug kein Platz, um wenigstens eine Flasche mit nach Wien zu nehmen. Ich freue mich deshalb, in wenigen Tagen das nachholen zu können.

Das ist er, der Kimmigwein

Es ist Ende Juni, und Angelika ließ mich wissen, dass die Rebblüte vorbei sei. Auch sei der Traubenansatz bestens, "wenn uns denn kein Unwetter heimsucht, verspricht es, eine gute Ernte zu werden". Sie rechne mit dem Beginn der Weinlese schon Mitte September. "Dann bleibt danach auch mehr Zeit, den schönen Herbst zu genießen, wenn die Blätter sich färben und die Tage kürzer werden". Das schrieb mir Angelika aus dem tiergärtner Rebland.


Wir leben in Wien. Nicht schlecht, aber fern jeder Natur, gleich hinter dem Stephansdom. Die Trauben auf unserer Terrasse in Tiergarten reifen vor sich hin. Die Vögel werden sie ernten. Wenn Ruhe im Berg einkehrt (so, Angelika), werden wir nach Grienzing ins Wiener Rebland gehen und von der Ortenau träumen. Uns auf den Ullenburg Spätburgunder freuen, oder den herrlich fruchtigen Riesling und Pinot Noir, blanc de noir. Wie schön, dass es noch Dinge gibt, die für sich selbst sprechen und nicht in den Händen von Werbefuzzis landen, die aus einer roten Brühe ein Schmuckstück für den Konsumenten fabrizieren können. Denn guter Wein - das ist wie gutes Essen - braucht keine Lobhudeleien, sondern Liebhaber, die Qualität von Masse und Individualität von Nullachtfünfzehn unterscheiden können. Bei Angelika und Martin Kimmig werden wir wieder flüssige Heimat tanken und - in Flaschen gefüllt - mit uns nehmen.






Donnerstag, 19. Juni 2014

NSA/CIA/BND/GCHQ: die Farbe meiner Unterhosen

Nur meine geliebte Frau kennt sie: die beiden zitronengelben findet sie besonders..... das sage ich jetzt nicht, denn sie hat vielleicht etwas dagegen. Natürlich wäre es für euch einfacher, if I would call them "nickers". The colour of my nickers. Wenn ihr Spione bei C&A oder Marks&Spencer's habt, wisst ihr es vielleicht schon. Dieses Wissen ist besonders wertvoll, denn es sagt über den Träger viel aus. Einer, der gelbe, ja zitronengelbe Unterhosen trägt, hat (hoffentlich, oh, hoffentlich) etwas zu verbergen. Besonders die hauptamtlich angestellten Spione, überall in der Welt, benutzen die color list (color mit o, nicht mit ou, denn es ist eine amerikanische Liste), die ihnen mit gewisser Sicherheit verrät, warum ich so etwas trage. Und die anderen Farben? Nur so viel: ich bin ein Muffel. Außer den gelben habe ich an Farben nur noch Schwarz und Weiß. Beerdigung und Hochzeit. Was sie mit den einschlägigen Erkenntnissen aus Merkel und Co. anfangen, weiß ich selbst nicht. Da müsst ihr andere fragen. Ich habe mich noch nie für die Farben der Unterhosen anderer interessiert. Aber, wenn man schnüffelt, erfährt man so manches. Ich rege mich darüber (noch) nicht auf. Sollte jedoch in Bälde eine Art Shitstorm entstehen, so etwas wie ein Zunami, der dieses ganze Schnüffelgesockse ad absurdum führt und die gesetzliche Normallage wieder herstellt, bin ich dabei.

 Ich trage keine! 
Einer, der es gut mit euch meint.

Mittwoch, 18. Juni 2014

NSA - wo bleibt die Selbstanzeige?

Als ob wir nicht schon genug Probleme hätten: In Syrien ist der Teufel los. Im Irak geht es drunter und drüber. Afghanistan, ein einziges Chaos. Und die Ukraine schwebt zwischen Bankrott und Vernichtung. Habe ich etwas ausgelassen? Überall sind die Amerikaner maßgeblich beteiligt. Sobald einer aus Washington auftaucht, bekommt der Rest der Welt gesagt, dass er sich finanziell und militärisch stärker beteilgen soll. An was denn? Wo sind die Lösungen, die die USA so selbstherrlich ankündigen? Dann ist der US-Senat wieder dagegen, oder Ölinteressen sind im Spiel.


Eine kriminelle Vereinigung ist ein Verein, der gegen die Gesetze verstößt. Gesetze werden in demokratischen Ländern vom Parlament verabschiedet, um dann auch eingehalten zu werden. Das ist jedoch graue Theorie. Steuerbetrug steht unter Strafe. Unterschlagung ist Diebstahl. Bankentätigkeiten können außerhalb des Gesetzes vollzogen werden und Regierungen können - auch das ist kriminell - Milliarden an Steuergeldern in den Sand setzen, bevor sie wieder abgewählt werden. Alle versuchen, zu vertuschen, wo es nur geht. Herunterzuspielen. Den Bürger in die Irre zu führen, indem man falsche Behauptungen aufstellt. Bei der Entsorgung nuklearer Abfälle ist das so, und bei den bekannten Bankenmanipulationen. Wir Bürger haben nicht die Kompetenz, dies alles zu durchschauen. Die parlamentarischen Kontrollorgane schlafen oft oder trauen sich nicht. Und das Auge des Gesetzes ist oft getrübt. Wen wundert's, dass Spionagevereine  wie die NSA sebstgefällig, und im Einklang mit ihren Aliierten, ungebremst weitermachen können.
PST! Feind hört mit!  

Alle, denen eine gewisse Freiheit und Unabhängigkeit wichtig ist, sind aufgeschreckt durch die Enthüllungen eines Edward Snowden. In Griesheim, Hessen, scheint laut Nachrichtenmagazin Der Spiegel die Europazentrale der NSA zu sein. Dort werden europäische und afrikanische Daten abgeschöpft. Weitere solche Horchstellen gibt es in Deutschland. Nicht nur Merkel und Terroristen sind davon betroffen. Wir alle sind es. Dabei wissen wir, dass Spionage gesetzlich verboten ist. Es gibt immer noch Länder, die entdeckte Schnüffler einfach exekutieren. Wir erfahren nur, dass alles nicht so schlimm ist. Dass es Fahndungserfolge gibt (wo?, welche?). Dass solches Tun irgendwie gerechtfertigt sei, weil es alle tun. Warum nennen wir das Kind nicht beim Namen? Die NSA und andere sind nichts anderes als kriminelle Vereinigungen. Diese Herde des Verbrechens werden nichts tun. Wir müssen einen Weg finden, diesem Spuk ein Ende zu bereiten.




Dienstag, 17. Juni 2014

Der Apfel - ein Wunderding mit Biß!

Ich war von klein auf ein fanatischer Obstesser, ja, Apfelesser. Es ist auch heute nicht selten, dass ich am Tag 5-6 dieser saftigen Kugeln verzehre, ohne auf den Anstieg meiner Magensäure zu achten. Mein Zahnarzt meint, die Gründe für meinen recht erfreulichen Zahnbestand im Apfelessen und Milchtrinken zu finden. Sagt doch der Engländer: An apple a day keeps the doctor away. So weit wollen wir Apfelfreunde nicht gehen, denn, wer möchte schon dadurch die heilende Ärzteschaft loswerden, zumal sie ja auch, rein theoretisch, irgendwie am Apfelessen beteiligt ist. Als Knabe im Lesealter versteckte ich mich mit meinem Buch auf einem komfortablen Klo, das fast nie benutzt wurde, und aß, ohne aufzublicken, aus einer großen Schüssel die vorgefertigten Apfelstückchen, Stück für Stück. Ich hatte das oft noch unreife Fallobst aufgelesen und mit dem Messer von Schalen, Gehäusen und Würmern gesäubert und wegen der allgemeinen Säure noch kräftig Zucker darüber gestreut.

Die wichtigsten Apfelsorten waren mir natürlich vertraut: die Goldparmäne, der König der Äpfel. Der Gravensteiner, sein vornehmer Vetter. Der Jakob Löbel. Der Boskoop. Der Rheinische Bohnapfel. Die Renette. Undsoweiter. Es gibt weltweit über 30000 Sorten davon. Man wusste als Kind auch schon, dass der Zankapfel, der Adamsapfel, Apfelschimmel und der Reichsapfel nicht zu dieser Kategorie gehörten. Dass der von Eva Angebotene einen gefährlichen Biß verursachen konnte. Durch die Schlange? Man weiß es nicht. Dass der Golden Delicious und die Granny Smith mit der heimischen Apfelkultur nicht viel zu tun haben.

 Zankapfel
Das Apfeldisaster fing wohl mit dem Verordnungswahn der Brüsseler Kollegen an, die auch die Krümmung von Gurke und Banane verhindern wollten. So nach und nach verschwanden die Goldparmänen und all die anderen Kameraden. Jetzt haben wir europaweit: Braeburn, Elstar, Gala, Idared und Jonagold. Und natürlich Golden D. und Granny S. Wer alt genug is(s)t und noch Geschmackserinnerungen hat, weiß, dass früher ein Apfel einfach besser war. Dafür war die Apfelsaison mit dem Bratapfel nach Weihnachten meist vorbei, bis der Klarapfel im Frühsommer wieder den Anfang machte.


Heute haben wir wurmfreie, hagelresistente, rotgelbe Früchte, knackig, saftig und das ganze Jahr über. Dafür kommen die Wunderdinger aus Südafrika, Chile, Kalifornien und aus den heimischen Kühlhäusern, wo ihre Reife hinausgezogen und ihre Verrottung verhindert wird. Fortschritt? Als leidenschaftlicher Apfelesser bin ich geteilter Meinung. Alles sollte seine Zeit haben. Aber so ein Cox Orange oder Elstar, Mitte Mai, bevor die Kirschen dran sind, muss auch akzeptiert werden. Hat also der Geschäftssinn, der Fortschritt oder der weltweite Unsinn die Oberhand? Rund um das Jahr in einen Apfel beißen zu können, ist verführerisch. Doch die alten, uns noch bekannten Sorten, waren viel besser. Da beißt keine Maus einen Faden ab. Ich pfeife auf Pflückreife und Genußreife bei Äpfeln, die fast den gleichen Geschmack haben. Nur der mit Wurm ist heute noch interessant.










Samstag, 14. Juni 2014

Pariser G'schichten: Die Queen und der komische Vogel

Wer über Jahre hinweg die französische Politik und die Berichterstattung darüber verfolgt hat, wundert sich schon manchmal. Da gab es eine Zeit, als Franzosen und Engländer sich nicht riechen konnten. Jeder fühlte sich dem anderen über/bzw/unterlegen, je nachdem. Ich als Deutscher, Abkömmling aus der NachNaziZeit, hatte einige Monate in der besetzten und von deutschen Truppen gequälten Normandie verbracht (1958), ohne irgendeine Feindseligkeit verspürt zu haben. Und 70 Jahre nach der Landung der Aliierten in der Normandie, ein Grund zum Feiern, kamen sie alle, auch Angela Merkel. Fast 20 Staats-und Regierungsschefs wurden erwartet, dazu 12000 Polizisten, Militärs und Feuerwehrleute, etwa 1800 über neunzigjährige Veteranen und Tausende Touristen und Neugierige, die den Straßen Verstopfung brachten.


Die Medien haben sich überschlagen. Das Ereignis hat alles in den Schatten gestellt. Außer ein paar Gedanken hinüber in die Ukraine (Putin und Obama waren ja auch da) war nichts anderes zu vernehmen. Und dann kam sie. Ich konnte ihre Ankunft nur an einem Nachrichtenkanal mitverfolgen. Demnach war ganz Frankreich aus dem Häuschen: La Reine Elizabeth, die hochbetagte Monarchin aus Großbritannien. Die Hofberichterstattung war vollständig und strotzte nur so von Wiederholungen, denn die Ankunft mit dem Eurostar aus London hatte sich in die Länge gezogen. Bemerkenswert war eine politische Diskussion, die parallel im Fernsehen stattfand. Da gehörte es zum guten Ton, sich systematisch ins Wort zu fallen, damit das Ende des Satzes eines Kontrahenten nicht mehr verstanden wurde. Das ist leider Teil der französiscen Diskussionskultur. Dagegen sagte man auf dem Queenskanal, dass man die Königin nicht unterbrechen durfte, ja nicht einmal ungefragt ansprechen, dass man sie nicht berühren durfte und dass sie Gänseleber zum großen Diner haben wollte. Andererseits wurde sie einhellig als frankophil bezeichnet, die sogar hervorragend französisch spreche, und ihre Hüte wurden über den grünen Klee gelobt.


Dann kam sie in der Gare du Nord an, ein hübsches Mädchen überreichte einen Blumenstrauß, ab ging die Fahrt im Rolls Royce in die britische Botschaft. Sie trug ein weiß-gelbliches Kleid mit passendem Hut.Etwas später, die alte Dame hatte sich frisch gemacht und trug jetzt ein rosa Kleid mit abgestimmtem Hut, stand sie mit Präsident Hollande am Arc de Triomphe, beim Mahnmal des Unbekannten Soldaten. Wie dem auch sei. Wenn sonst nichts viel in der Welt passiert, werden eben diese Sachen in den Vordergrund gerückt. Dann kam das Gerücht auf, Großbritannien erwäge, den Import von Camembert aus Frankreich zu verbieten. Der tapfere Prinz Charles, unterstützt durch Camilla, hat dem sofort eien Riegel vorgeschoben indem er protestierte. Die große englisch-
französische Völkerverbundenheit knistert dann doch immer wieder ein wenig. Und ein ehemaliger Präsident hat den Medienrummel genutzt, um sich wieder ins Gespräch zu bringen. Trotz bekannt gewordener Finanzmanipulationen erhofft er sich - das hat er angekündigt - wieder in den Elyséepalast einziehen zu können. Manche kriegen eben nie genug, n'est-ce pas, Monsieur Sarkozy? Ein Land mit allerhand Paradiesvögeln.

Bewunderung verdient jedoch die Königin, denn sie bringt solch protokollarische Anstrengungen mit Gelasseneheit hinter sich. Inzwischen feiert sie schon wieder in London: ihren sommerlichen Schönwettergeburtstag. Happy Birthday, Ma'am.

Ulrich-Zasius-Bande wieder tätig

Es ist schon erstaunlich, wie Gerüchte sich halten können. Die zu unrühmlicher Bekanntheit gelangte Bande ehemaliger Studiosi der Freiburger Universität will sich in Himmelreich, am Eingang zum Schwarzwälder Höllental, vom 4. Juli an wieder treffen. Die WM in Brasilien wird diese Begegnung zwar überschatten, aber die Betagten des Ulrich-Zasius-Hauses werden dennoch für Aufsehen sorgen, denn das Aufgebot an Ehemaligen ist zwar nicht groß aber beachtlich.

Alte Bekannte.....

Zwar hat Ulrich Zäsy, der große Humanist, der sich später auch Huldrichus Zasius nannte, schon 1535 das Zeitliche gesegnet, aber er lebt in der Erinnerung weiter, und Erasmus von Rotterdam hat über ihn geschrieben: "Ich habe in Deutschland noch nichts gesehen, was ich so bewundert hätte wie den Charakter des Ulrich Zasius. Dieser Mann verdient Unsterblichkeit".  Von den Fußballern in Brasilien kann dies nicht als selbstverständlich angenommen werden.

Jünger gehts nicht. Neben Heinrich: der Rest von Pit.
Das humanistische Erbe des Ulrich Z. (ich darf doch Ulrich zu dir sagen?) hat die sich in seinem Namen Treffenden zu friedlichen Zusagen geführt. Es soll diesmal keine Randale geben. Frau Stuzmann und ihre Leute vom Hotel Gut Himmelreich werden dies mit Erleichterung  entgegen nehmen. Neben den üblichen Verdächtigen (Fam. Becker, Hagenmaier, West und Riefenstahl, Pit, Klaus, Marianne, Wolfgang) werden liebe Freunde aus den USA dabei sein: Bing und May. Weitere Überraschungen können, vor allem für das Schnupperabendessen am Freitag, den 4. Juli, nicht ausgeschlossen werden.

Wolfgang und Cath ODER Christian und Christel?

Aber auch ohne das liebevolle Gedenken an die Zeit im Ulrich-Zasius-Haus kann es zu einer gemütlichen Begegnung kommen, denn die fehlende Cath (Wolfgangs Wirbelwind), die diesmal verhindert ist, könnte durch sein Töchterlein Maus ersetzt werden. Weitere Überraschungsgäste sind nicht auszuschließen. Vielleicht das Einhorn, das wir vor wenigen Tagen in Paris gesichtet haben? Ob die WM da mithalten kann?
Das war nicht unsere Schuld, Winfried!

Donnerstag, 12. Juni 2014

Pariser G'schichten - die 2 CV und ihre Folgen

Philippe Legionnet und sein Freund Yves, sie waren gerade mal 16 Jahre alt, tauchten bei uns zuhause in Pforzheim auf, von einer Anhaltertour, ein total ausgehungertes Freundespaar, dessen schleunige Ernährung meine Mutter mit Hilfe zweier mit Schnitten überhäufter Platten in Angriff nahm. Mit meiner tatkräftigen Unterstützung waren die Platten in Windeseile kahlgefressen. Unsere Freundschaft zog sich hin. Eigentlich wurde sie nie beendet. Jahre später, ich hatte gerade den Führerschein gemacht und war an der Uni in Freiburg eingetragen, zog es mich wieder einmal nach Paris, wo ich bei Maman Guibert und GéGé in Levallois wohnen durfte. GéGé hatte sich gerade eine holländische DAF gekauft, ein unelegantes Gefährt mit automatischem Getriebe, das für eine Pariserin und den Wahnsinnsverkehr wie geschaffen schien.


GéGés 2 CV, eine graue Maus aus den Fünfzigerjahren, war etwas müde geworden, ein gefundenes Fressen für einen fast mittellosen Studenten, der glatte 1200 französische Francs hinblätterte, um diese Moppel nach Deutschland zu entführen. Hurra, ich hatte ein Auto mit einer Fliehkupplung, konnte im ersten Gang bleiben, wenn ich vor der Ampel stand und dann einfach aufs Gas treten, um loszufahren. Trotz immer wieder auftretender erheblicher Mängel habe ich meine 2 CV geliebt  und übrigens kein einziges Mal gewaschen. Grau ist grau. Dafür hatte meine Moppel hinten eine Art Buckel, die das Unterbringen riesiger Transportstücke ermöglichte. Natürlich wirkte sich das fatal auf die Geschwindigkeit aus, vor allem, wenn es den Berg hinauf ging.

Die Rückreise musste ich nicht alleine antreten, denn Philippe hatte beschlossen, mit einer metallenen Truhe (Kofferraum!!!), die all seine Habseligkeiten enthielt, mit nach Freiburg zu kommen, um dort zu studieren. Er war an der deutschen Sprache interessiert und wollte so nebenbei Die Buddenbrooks von Thomas Mann ins Französische übersetzen. Ich hatte eine Art Wohngemeinschaft gegründet, im oberen Teil eines herrlichen Schwarzwaldhauses im Süden Freiburgs. Da war Platz für Bing (ein Mediziner aus Indonesien), Dieter (noch ein Mediziner), Philippe und mich. Jeder hatte sein eigenes Reich, gekocht und gegessen wurde im Wohnraum, wenn möglich, gemeinsam. Wer auch noch mitkam, war ein junges Fräulein aus Freiburg, Ulrike. Sie war überaus reizend und musste noch das Abitur machen. Ihr Aufenthalt in Paris diente der Aufpeppung ihrer Französischkenntnisse.


Wenn ich die Kurve zum letzten Wochenende noch kriegen will, muss ich jetzt vieles überspringen. Nur soviel: die 2 CV brachte uns langsam aber sicher nach Freiburg. Philippe schien bei der Ankunft etwas verwirrt, denn er hatte sich im Sturzverfahren in Ulrike verliebt. Es ging nicht anders, sie wurden ein Paar und leben seit Jahren in Paris, die beiden Töchter hat es woandershin verschlagen. Gelegentlich gab es ein Lebenszeichen, dann war freundliche Stille.

Nachdem meine Cath in Paris zu tun hatte und ich sie dorthin begleiten wollte,  wagte ich es, eine uralte Telefonnummer auszuprobieren, ohne an ihre Funktionstüchtigkeit zu glauben. Ich hatte Ulrike am Apparat, dann Philippe. Wir trafen uns zum Essen im Quartier Latin und waren überglücklich, dass wir uns nach einem halben Leben wieder gefunden hatten. Dass die englische Königin an diesem Wochenende auch in Paris weilte, hat uns nicht gestört.













Mittwoch, 11. Juni 2014

Wiener-Pariser G'schichten - Ramiro und Niní

Das Leben ist voller Geschichten. Manchmal kommen auch Zweifel auf, ob sie stimmen, vor allem, wenn sie Jahre zurückliegen. Wieviele Mythen halten der Nachprüfung nicht stand. Die Sache mit der Herrenrasse ist hoffentlich für immer erledigt. Wahrheiten können sehr weh tun. Manchmal bekommt man lediglich die Spitze des Eisberges zu sehen. Mit meinen zwanzig Jahren wusste ich natürlich, was der Name Auschwitz bedeutete. Allein daran zu zweifeln, ist ein Verbrechen. Dann traf ich Menschen, die diese und ähnliche Höllen überlebt haben.

Ramiro und Niní, mit Sohn Patrick

Ramiro und Niní Santisteban (warum sollte ich diesen Namen ändern?) waren Nachbarn von Maman Guibert und GéGé, die eigentlich Genevieve Guibert hieß. Des "voisins de pallier" sagt der Franzose. Wohnungsnachbarn. Jung, dumm und unschuldig wie man ist, wenn man 20 ist, nahm ich alles als sebstverständlich hin. Die Gastfreundschaft von Maman Guibert und GéGé, der gelegentliche Besuch, gegenüber,  bei Ramiro und Niní. Liebe Nachbarn und Freunde, von Anfang an. Dann erfuhr ich, dass Ramiro in jungen Jahren Häftling in Österreich war. Mauthausen hieß der Ort, von dem er so gut wie nie etwas erzählte.

Die Jahre vergingen. Ich hatte die Santistebans aus den Augen verloren und nicht mehr damit gerechnet, dass ich sie irgendwo lebend wiederfinden würde. Dann stieß ich auf einen Patrick Santisteban im Facebook, von dem ich sofort wusste: es kann nur der einzige Sohn der Santistebans sein. Dann erfuhr ich, dass die Santistebans, hochbetagt, in Mauthausen und in Wien waren, zusammen mit ihrem Sohn, um an einer Gedächtnisreise in das bekannte Konzentrationslager teilzunehmen. Da wir gerade eine Reise nach Paris planten, nahm ich Kontakt mit Patrick auf. Die Santistebans hatte ich zuletzt bei GéGés Beerdigung in Paris gesehen, Ende der Neunzigerjahre.


Das Wiedersehen mit Ramiro, Niní, Patrick und seiner Frau war erschütternd. Das Glück, diese Freunde noch einmal im Leben wiederzusehen, blieb nicht ohne Tränen. Wir hatten ein Glas Champagner und aßen zusammen, ganz wie in alten Zeiten. Über Mauthausen wurde kaum gesprochen. Was ich wusste, war, dass Ramiro als Spanier das Franco-Spanien verlassen musste und dann, im Asyl in Frankreich, von den Nazis deportiert wurde. Fünf Jahre hat Ramiro in Mauthausen überlebt. Jetzt lese ich (mühsam) ein Buch (350 Seiten), das mir die Santistebans geschenkt haben: "Amanece en París", geschrieben von einer spanischen Journalistin (Paloma Sanz) die von Ramiros Geschichte erfuhr. Fünf Jahre seines 18 Jahre jungen Lebens war Ramiro Häftling in diesem Todeslager, in dem allein über 7000 Spanier umgekommen sind. Niní (die Französin) und ihr liebendes Verständnis haben Ramiro über allen Hass hinweg geholfen. Doch vergessen kann man so etwas nie.

Ramiro und Niní

Obwohl mein Spanisch nicht sehr gut ist, verstehe ich genug, um mir immer wieder entsetzt an den Kopf zu fassen. Doch das Leben hat Ramiro und Niní nicht nur einen lieben Sohn geschenkt ( den wieder zu treffen eine übergroße Freude für mich war), sondern viele Jahre der Erfüllung, bis ins hohe Alter. Die große Veränderung in ihrem Leben seither ist, dass sie in ihrem geliebten Viertel von Levallois nur ein Haus weitergezogen sind, in eine größere, schönere Wohnung mit Terrasse. Das Wochenende mit den überraschenden Wiederbegegnungen war damit noch nicht vorbei. Davon später. Der Kreis wird sich irgendwann schließen, wenn wir dazu bereit sind.

Der Ball ist rund - ich bitte um Verzeihung!

Vielleicht war ich 10 Jahre alt, als mein Papa mir vorschlug, ein Top-Fussballspiel zwischen dem 1. FC Nürnberg und dem 1. FC (?) Pforzheim anzuschauen, ging ich mit ihm, fing aber bald an, mich zu langweilen. Warum, weiß ich nicht mehr. Dann kamen die Jahre im Gymnasium. Natürlich wollte ich nicht nur Fussball spielen, sondern überhaupt mitspielen, wenn die Klassenmannschaft gegen eine andere Klasse antrat. Nur als letzter wurde ich ausgewählt, wenn die Mannschaft zusammengestellt wurde, wohl, weil ich Linkskicker war, offensichtlich eine Rarität unter den Kickern. Dann, der gelegentliche Erfolg: ich schoss ein Tor. Meine innere Uhr jedoch sagte mir, dass ich nie ein bemerkenswerter Fussballer werden würde. Damit muss man leben können.

Der Fuss-Ball, eine runde Sache?

Das habe ich dann auch getan. Jedoch, wenn die Welt begann, von der nächsten WM zu träumen, begann ich, mich etwas doof zu fühlen. Oft habe ich bei den WMs nur das Endspiel angeschaut. Ein gutes Stück Unterhaltung. Aber so ein richtiger FFF (fanatischer Fussball Fan) bin ich nie geworden. Die WM in Brasilien, die jetzt beginnen soll, geht mir jetzt schon am Knie vorbei. Darum bitte ich alle um Verzeihung, wenn sie sich dadurch verletzt fühlen. Ich kann das einfach nicht mitmachen. Spiele nach Mitternacht anschauen. Mit geröteten Augen dann morgens zum Bäcker latschen. Fette Snacks, Bier und die Aufregung, so lese ich, führen dazu, dass Fans auch nach dem Abpfiff nicht ein- oder durchschlafen können. Wie war das? Mir geht es am Knie vorbei. Ich muss mich dafür entschuldigen. Aber anderen den Spaß zu gönnen, dazu bin ich hundertprozentig in der Lage. Nur, bitte, kein Aushängen von Nationalflaggen. Das führt zu nichts. Über 1 Milliarde Zuschauer für das erste Spiel? Eine Milliarde weniger 1!

Pariser G'schichten - Wiener Charme?

Man fragt sich unwillkürlich, was Paris und Wien gemeinsam haben. Haben sie überhaupt etwas? Was hat Paris, was Wien nicht hat? Unser Blitzbesuch hatte wieder einmal mit Cathie's Arbeit zu tun. Für mich ergab sich die Gelegenheit, uralte Telefonnummern auszuprobieren und schüchtern zu hauchen: C'est moi. Je suis à Paris. Peut-on se voir? Mit anderen Worten: ich lebe noch. Können wir uns sehen? Es war ein solcher Volltreffer, dass ich davon berichten muss.

Notre Reine?

Zuerst war "Fillibbele" dran. Ein "alter" Freund, jedoch nicht alt, der eigentlich Philippe heißt und Wurzeln im geliebten Elsaß und im heißgeliebten Korsika hat. Ich traf ihn in seinem Reich, dem Pariser Büro des Europarates. Wir gingen zusammen in ein Restaurant, zum Mittagessen. Nicht ohne vorher, in der gekonnten Art, unflätige, leicht lästernde, unglaublich witzige Meinungen aufgefrischt zu haben. Dann stieß Cath zu uns, wir hatten ein herrliches Essen, in alter Pariser Manier, freuten uns tierisch und versprachen, uns in Wien wieder zu sehen. Ce saloppard de Philippe, dieses Schwein, hat mir, dem älteren von uns beiden, nicht erlaubt, die Rechnung zu begleichen. Der Rache meinerseits wird er nicht entkommen.

Filibbele, notre Philippe!

Und was haben Wien und Paris gemeinsam? Da war das wundervoll heiße Sommerwetter. Dann die allgegenwärtige Metro. In Wien haben wir DIE zentrale U-Bahnstation am Stephansplatz vor der Tür. Die vielen Menschen. Überall. Die vollen U-Bahnen. Die Konditoreien mit den bunten Makaronen. Was Paris natürlich nicht hat, ist die Sachertorte. Zu vergleichen mit dem Pariser Champagnerkult. Was Paris auch hat: die zahllosen Asiaten, die wie selbstverständlich die Prachtstraßen durchwaten, als hätten sie immer schon da gelebt. Um etwas Gerechtigkeit in die Sache zu bringen: in Tokio gibt es auch eine U-Bahn. Von den Massen, die sie benutzen, will ich nicht reden. Und die vielen Prominenten in beiden Hauptstädten. Neben uns, war auch noch die englische Königin in Paris. Conchita Wurst ist nichts dagegen. Über den Queenbesuch muss noch gesprochen werden. Aber nicht hier!



Pariser G'schichten - irgendwann tut man es

Paris gehört zu den Orten der Welt, die eine gewisse Ewigkeit ausstrahlen. Man stellt sich vor, dass hier immer schon Menschen gelebt haben. Das haben sie auch, und wie jede Stadt, die etwas Magisches hat, ist hier viel Geschichte passiert. Die Französische Revolution. Aber auch viel mehr, das in Vergessenheit gerät, sobald es vollbracht ist. Die Huren der Stadt wateten im Dreck, denn das alte Paris kannte keine sauberen Straßen. Nur Prachtstraßen, wie jede Weltstadt die etwas auf sich hält. Die Herren, die eigentlich keine waren, stiegen nicht aus ihren Kutschen, um einer Liebedienerin zu helfen, in den Wagen zu springen. Die Damen hatten Dreck an den Füßen, weil die Bürger ihre Nachttöpfe noch entleerten, indem sie sie einfach aus dem Fenster kippten. Wer unten stand, konnte eine Ladung abbekommen. Häuser mit Erkern erlaubten dann wenigstens eine Entsorgung, wenn gerade niemand unter dem Fenster stand. Denn man sah, was man tat. Mit der Zeit wussten sich die Dirnen zu helfen, indem sie Schuhe mit hohen Absätzen trugen. Daher der schicke High Heel der Neuzeit.
Ich zeige hier gerne die Place Vendôme, nicht den Eiffelturm

Heute schleicht sich die Hundemama bei Dunkelheit auf die Straße, um ihren geliebten Köter diskret koten zu lassen. Das ist einfacher, als mit Plastiksäckchen dem Vierbeiner hinterher zu laufen, um die Katastrophe zu beseitigen. Wie oft habe ich mich, wie viele andere, über diese städtische Hinterhältigkeit geärgert. Meine Zeit in Paris, als ich jung war, war oft durch solche Empörung überschattet. Die Stadt der Liebe schockte mich auch, als ich zum erstenmal ein nicht mehr ganz junges Paar beim Küssen auf der Straße beobachtete. Ich war der Meinung, dass man sich nicht öffentlich küsst, wenn man über 20 ist. Natürlich lag mir damals viel am Küssen. Auch heute noch bin ich ein leidenschaftlicher Küsser. Die NSA, Amerikas National Security Agency, darf das ruhig wissen.

Andererseits, welch aufregendes Erlebnis, gegen Mitternacht in einer fast leeren U-Bahn zu sitzen und die letzten Stationen vor dem Zuhause mitzuzählen: Für mich war das die Metrostationen Gare Saint-Lazare, Villiers, Porte de Champerret, Louise Michel und Anatole France. Dann ging ich noch ein paar hundert Meter und war zuhause: Rue Marius Aufan. Dort wohnte ich, als ich in Neuilly arbeitete. Dort, in Levallois, wohnten auch die meisten meiner Freunde. Wie kommt es, dass man Levallois, das jahrelang ein kommunistisches Rathaus und einen herrlichen Wochenmarkt hatte, in 15 Jahren kein einziges Mal mehr aufsuchte? Meine späteren Besuche in Paris waren sporadisch und beruflich bedingt. Es blieb meist keine Zeit. Maman Guibert war schon eine Weile tot. Dann starb auch GéGé, ihre Tochter. Ein tiefer Schmerz. Zur Beerdigung waren wir alle gekommen: Renée und Jacky, Fanfan, Denise, Ramiro und Nini, und Sohn Patrick. Dann war alles, so schien es, zu Ende. Ein Lebensabschnitt für immer versiegelt. Über die wiedergefundenen Freunde wird noch zu reden sein.
Und das Café de la Paix

Auch ich war einmal verliebt. Wir trafen uns im Café de la Paix, Boulevard des Capucines, gegenüber der Opéra. Denn unser erstes Rendezvous war schief gegangen. Unschuldig wie wir waren, dachten wir, es gäbe nur ein Café Dupont in Paris. Es gab aber 5 davon, und wir warteten in verschiedenen Duponts aufeinander. Heute fängt man schon mit 5 an, auf dem Handy herumzugeigen. Zur falschen Zeit am falschen Ort ist nicht mehr möglich. Und der Hundekot ist weniger geworden. Paris hat sich den Zeiten etwas angepasst.

Mittwoch, 4. Juni 2014

Vater werden kann auch ganz schwer sein.

Wenn man bedenkt, wie anspruchsvoll manche Frauen heute sind. Da gibt es eine Menge alleinerziehende Väter, obwohl die alleinstehenden Mütter in der Überzahl sind. Aber auch Väter können ihre Kleinen knuddeln, obwohl im Umgang mit ihnen der Ton wahrscheinlich etwas rauher ist. Jetzt ist Vatertag. Wer den erfunden hat, ist nicht ganz klar. Ableitung aus dem Muttertag? Gerechtigkeitsbemühung? Es ist eine weltweite Bewegung, die auch Liechtenstein erfasst hat. Es ist dort allerdings der Josefstag, also der 19. März. Vermutlich etwas Frommes. Die Schweiz hingegen hat sich erst 2007 dafür entschieden, vor allem um auf das Vater-Kind-Verhältnis einzuwirken. Die schweizer Männerbewegung stand dahinter. Ja, auch Männer bewegen sich manchmal.

 Vatertag 

Im glücklichen Österreich ist es der 2. Sonntag im Juni. Seit 2009 weiß man, dass die Umsätze an diesem Vatertag bereits 2 Drittel der Ausgaben für den Muttertag ausmachen. Es geht also aufwärts. Meist werden Blumen und Schokolade angeboten.

Bleibt als traditionelles Vatertagsfeierland Deutschland, wo der Vatertag Ende des 19. Jahrhunderts irgendwie aus Berlin hervorgegangen ist. Heute kann man sagen, dass, rein statistisch, die meisten Verkehrsunfälle am Vatertag passieren. Warum? Wer die fröhlichen, Strohhüte und Spazierstöcke schwingenden Herren auf ihren Bollerwagen hocken sieht, meist mit einem vollen Glas in der anderen Hand, singend und lärmend, der kann sich kaum vorstellen, dass am Vatertag auch noch Auto gefahren wird. Allerdings organisieren die Deutschen diesen Austag schon an Christi Himmelfahrt.

Muttertag  

Was kann man seinen Söhnen als Vater mit ins Leben geben? Trinkt wie eure Väter aus Stein den Wein, oder so? Liebe Söhne: es gibt so vieles im Leben. Der Vatertag ist nur eine laue Entschädigung für all die Mühe, die sie haben, wenn sie, wie die Mütter, zum Wickeln, Füttern und auch sonst ihren Mann stehen müssen. Die Lebensfreude sitzt für Männer nicht auf dem Bollerwagen, einmal im Jahr, sondern auch, wenn der Rausch verrauscht ist, im liebevollen Zusammensein mit dem anderen Geschlecht, das dann wieder den Muttertag feiert, als wäre nichts geschehen.

Montag, 2. Juni 2014

Madame S., eine Bemutmaßung

Sie war Elsäßerin und arbeitete als meine Sekretärin. Wenn eine Elsäßerin in Frankreich für einen Deutschen arbeitet,  spricht sie natürlich Französisch. Das ist gut so. Doch gelegentlich stellte sie auch  ein Gespräch auf Deutsch durch. Elsäßer hatten immer schon ein besonderes Verhältnis zum gesprochenen Wort. Einerseits wurde erwartet, dass ein Elsäßer, nach allem was im 2. Weltkrieg passiert ist, kein deutsches Wort mehr in den Mund  nimmt. Paris hat darauf großen Wert gelegt.

Das Telefon von Frau S.  

Andererseits ist Deutsch, genau wie Chinesisch, ein Kommunikationsmittel. Hauptsache, man kann sich verständigen. Frau S. war eine Meisterin der elsäßischen Befindlichkeit. Wenn ihr etwas zu viel wurde, sagte sie, "das ist eine Bemutmaßung". Was sie damit meinte war wohl: Zumutung. Sie hatte einen komplexfreien Umgang mit den Sprachen. Von ihr lernte ich, dass man 5 verschiedene Sprachen sprechen kann, je nachdem, mit wem man spricht.

Mit den Parisern sprach sie distanziert französisch, aber ohne jeden Akzent. Sie wäre glatt als Pariserin durchgegangen. Französisch sprach sie mit den meisten Elsäßern, aber mit einer eindeutigen elsäßischen Intonation, um ja keinen Zweifel daran aufkommen zu lassen, dass sie selbst dazu gehörte. Dann wiederum, konnte sie in ihr vertrautes Elsäßisch verfallen, gespickt mit Französischvokabeln. Nur ein echter Elsäßer konnte das verstehen. Ihr Hochdeutsch, allerdings,  war ebenfalls impeccable, fast mit einem rheinischen Akzent. Dann hatte sie noch eine Version drauf, sozusagen für deutsche Romantiker: sie sprach dann Deutsch mit einem schweren französischen Akzent, sodass der deutsche Zuhörer vor Dankbarkeit dahinschmolz. Ich lernte viel von ihr. Sie war ein Sprachtalent, das aus zwei Sprachen fünf machen konnte. Ich bin ihr ewig dafür dankbar.

Montag, wie vielversprechend!

Die Nacht zum Montag war immer kritisch, solange man sich noch im Arbeitsalter befand. Man schlief nicht ein, sondern sortierte im Kopf, was die neue Woche bringen würde. Gerädert wachte man dann auf und machte sich Mut, wenn die Nacht wieder vorbei war. Ein frischer Abschnitt, die Woche eben, wurde in Angriff genommen. Wie schnell war sie dann wieder vorbei. Thank God, it's Friday, hieß es wieder, und das über Jahre hinweg. Das endlos scheinende Wochenende lockte wieder mit seinen Angeboten.


Wie gut ich letzte Nacht geschlafen habe! Der Deutschlandfunk sitzt mir schon im Ohr, um die Sechsuhrnachrichten zu verkünden. Die Sache mit Jean-Claude Juncker ist noch nicht ausgestanden, sagen sie. Cameron fürchtet ihn wegen seines klaren EU-Engagements. Martin Schulz, den anderen Kandidaten für den Job des Kommissionsvorsitzes, mag er auch nicht. Er versucht's mit Erpressung. Der politische Alltag hat begonnen. Also neue Probleme, neue Katastrophen.

Nun das Wetter: ich brauche die Vorhersage nicht. Aus dem Fenster blicke ich, und die Sonne scheint vielversprechend. Der Mai ist gerade vorbeigegangen. Wir befinden uns schon im Juni. Alles scheint aufwärts zu gehen. Lassen wir es eine Weile dabei. Montag früh, was für ein Tag.

Sonntag, 1. Juni 2014

Wiener G'schichten - das Glockenspiel

Man erwarte jetzt nicht, dass ich eine Hasstirade gegen das sonn- und sonsttägliche Geläute von Kirchenglocken lostrete. Glockenverteidiger würden sofort zurückschlagen. Die poetische Fassung dieser Geräuschquelle ist mir allerdings lieber, und ich werde auch gerne sagen, warum. Also, das Glockenspiel, weiß Gott, wer das erfunden hat, trifft den Nagel auf den Kopf: es muss gespielt werden, obwohl ich mich nicht wundern würde, wenn es auch auf Knopfdruck spielen würde, elektrisch sozusagen. Und es klingt nett. Friedrich Schiller, nicht der von der Schillerlocke, sondern der, der die Glocke gedichtet hat, also die Schillerglocke, wusste, warum er dem Guss der Glocke so viel Aufmerksamkeit schenkte (heute muss die Glocke werden). Die Glocke ist ein akustisches Signal, das weit hinaus in die Lande verkünden soll, dass etwas los ist. Nichts anderes macht der Muezzin, wenn er vom Minarett herunter die Gläubigen aufruft. Heute meist auch elektrisch, und, warum nicht, mitten in der Nacht? Als es noch keine Uhren gab, musste zum Kirchgang geläutet werden. Und als es keine Feuermelder gab, war der Glockenalarm lebensnotwendig.


Wir kennen das, wenn wir irgendwo in Europa aufgewachsen sind. In den USA, die mir aus vielen anderen Gründen verdächtig sind, hört man kaum Glockengeläute. Höchstens in der Nähe der neugotischen St. Patrick's Kathedrale, die mitten in New York steht, wo es auf den Lärm sowieso nicht mehr ankommt. Es gibt auch Menschen, die sich etwas Verständnis für das Geläute erhalten haben, trotz der Tatsache, dass sie sonntags nicht in die Kirche gerufen werden wollen, und weil sie von der Arbeit total erschöpft darnieder liegen. Andere arbeiten die ganze Woche in der Nähe von Maschinen und können am Sonntag dann nur noch Stille ertragen. Hochzeits- und Totenglocken einmal außen vor gelassen. Wobei mich besonders aufregt, dass heiratende Horden mit Autogehupe durch die Straßen drängeln müssen, um aller Welt zu verkünden, dass die spätere Trennung des Paares in aller Stille stattfinden wird. Das hat mit Hochzeitsgeläute nichts mehr zu tun.


Schillers Glocke steht meines Wissens heute nicht mehr auf dem Lehrplan. Wir Kleinen mussten die endlosen Verse noch auswendig lernen: "Frisch gemauert in der Erden steht die Form aus Ton gebrannt. Heute muss die Glocke werden...." Das war ein gutes Gedächtnistraining. Meine Glocke hängt oben im Stephansdom. Daneben gibt es noch jede Menge anderer Glocken, die mit dieser freundschaftlich verbunden sind. Wenn sie alle gleichzeitig loslegen, und das geschieht oft, hört man nicht einmal mehr die Polizeisirenen. Warum ich manchmal verzagt gen Himmel blicke? Und nicht immer beim Gebimmel nicke? Weil ich so nahe am Stephansdom wohne, dass mich das Geläute in Angst und Schrecken versetzt. Kann man das nicht ändern?????