Sie war Elsäßerin und arbeitete als meine Sekretärin. Wenn eine Elsäßerin in Frankreich für einen Deutschen arbeitet, spricht sie natürlich Französisch. Das ist gut so. Doch gelegentlich stellte sie auch ein Gespräch auf Deutsch durch. Elsäßer hatten immer schon ein besonderes Verhältnis zum gesprochenen Wort. Einerseits wurde erwartet, dass ein Elsäßer, nach allem was im 2. Weltkrieg passiert ist, kein deutsches Wort mehr in den Mund nimmt. Paris hat darauf großen Wert gelegt.
Andererseits ist Deutsch, genau wie Chinesisch, ein Kommunikationsmittel. Hauptsache, man kann sich verständigen. Frau S. war eine Meisterin der elsäßischen Befindlichkeit. Wenn ihr etwas zu viel wurde, sagte sie, "das ist eine Bemutmaßung". Was sie damit meinte war wohl: Zumutung. Sie hatte einen komplexfreien Umgang mit den Sprachen. Von ihr lernte ich, dass man 5 verschiedene Sprachen sprechen kann, je nachdem, mit wem man spricht.
Mit den Parisern sprach sie distanziert französisch, aber ohne jeden Akzent. Sie wäre glatt als Pariserin durchgegangen. Französisch sprach sie mit den meisten Elsäßern, aber mit einer eindeutigen elsäßischen Intonation, um ja keinen Zweifel daran aufkommen zu lassen, dass sie selbst dazu gehörte. Dann wiederum, konnte sie in ihr vertrautes Elsäßisch verfallen, gespickt mit Französischvokabeln. Nur ein echter Elsäßer konnte das verstehen. Ihr Hochdeutsch, allerdings, war ebenfalls impeccable, fast mit einem rheinischen Akzent. Dann hatte sie noch eine Version drauf, sozusagen für deutsche Romantiker: sie sprach dann Deutsch mit einem schweren französischen Akzent, sodass der deutsche Zuhörer vor Dankbarkeit dahinschmolz. Ich lernte viel von ihr. Sie war ein Sprachtalent, das aus zwei Sprachen fünf machen konnte. Ich bin ihr ewig dafür dankbar.
Das Telefon von Frau S. |
Andererseits ist Deutsch, genau wie Chinesisch, ein Kommunikationsmittel. Hauptsache, man kann sich verständigen. Frau S. war eine Meisterin der elsäßischen Befindlichkeit. Wenn ihr etwas zu viel wurde, sagte sie, "das ist eine Bemutmaßung". Was sie damit meinte war wohl: Zumutung. Sie hatte einen komplexfreien Umgang mit den Sprachen. Von ihr lernte ich, dass man 5 verschiedene Sprachen sprechen kann, je nachdem, mit wem man spricht.
Mit den Parisern sprach sie distanziert französisch, aber ohne jeden Akzent. Sie wäre glatt als Pariserin durchgegangen. Französisch sprach sie mit den meisten Elsäßern, aber mit einer eindeutigen elsäßischen Intonation, um ja keinen Zweifel daran aufkommen zu lassen, dass sie selbst dazu gehörte. Dann wiederum, konnte sie in ihr vertrautes Elsäßisch verfallen, gespickt mit Französischvokabeln. Nur ein echter Elsäßer konnte das verstehen. Ihr Hochdeutsch, allerdings, war ebenfalls impeccable, fast mit einem rheinischen Akzent. Dann hatte sie noch eine Version drauf, sozusagen für deutsche Romantiker: sie sprach dann Deutsch mit einem schweren französischen Akzent, sodass der deutsche Zuhörer vor Dankbarkeit dahinschmolz. Ich lernte viel von ihr. Sie war ein Sprachtalent, das aus zwei Sprachen fünf machen konnte. Ich bin ihr ewig dafür dankbar.
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