Mittwoch, 31. August 2016

Vermintes Feld: die Frauen meines Lebens

Ich habe nie behauptet, dass ich mit diesem Thema je zuende kommen würde. Den Anfang mache ich problemlos. Kann ein Junge mit 5 Jahren schon wissen was er tut? Sie war auch fünf, behaupte ich jetzt mal frech. Wir haben nicht übers Alter gesprochen. Ich kann mich überhaupt nicht erinnern, etwas gesagt zu haben. Sie kam einfach auf mich zu und küsste mich auf den Mund. Weich, zart und feucht war ihr Kuss. Die Nonnen im Kindergarten scheinen nichts bemerkt zu haben. Dann starb sie, und ich begleitete ihren kleinen weißen Sarg und weinte. Ihre Eltern, neben denen ich herlief ließen es geschehen. Gehört es zu den Rohheiten der Männer, dass sie sich nicht an den Namen der ersten Geliebten erinnern?

Und ewig lockt das Weib 
Wenig Zeit verging, als ich mich in Rosele verliebte. Diese Liebe fand im Wesentlichen unter den Tischen eines Gartenlokales statt, in der Nähe eines Flughafens. Sie dauerte nur einen Nachmittag. Dann wurden wir brutal auseinandergerissen. Wir sahen uns nie wieder. Aber es war so etwas wie Liebe. Oder nicht? Meine dritte Frau war - gerade fällt mir der Name nicht ein. Ich muss Geduld aufbringen und auf die Rückkehr ihres schönen Namens warten. An mein Alter erinnere ich mich. Ich war sechs und gerade in die Schule gekommen. Sie war unendlich schüchtern und redete nicht mit mir. Ihre Mama muss es ihr verboten haben. Ich weiß noch, dass sie evangelisch war und ich eher zur katholischen Seite neigte. Sehr schnell verschwand sie aus meinem Gesichtskreis.*

Muss ich jetzt alles aufzählen?  Es gab einige Frauen, die ich auch heute noch verehren würde, wenn ich wüsste, wo sie gelandet sind und ob sie noch leben. Fräulein Dahl war so eine. Heute wäre sie schätzungsweise 110 Jahre alt. Als sie meine Englischlehrerin wurde, wusste ich, dass ein neues Zeitalter angebrochen war. Wie gerne hätte ich mich 20 Jahre älter gewünscht. Sie war hübsch, ungebunden, hatte ein immer freundliches Lächeln auf, und ihr Englisch war taufrisch. Ich lernte mit Eifer und wurde auch zum Klassensprecher ernannt, was mir das Privileg auferlegte, eine Klassenkasse zu gründen, Gelder einzutreiben, und eine Klassenfahrt mit dem Bus vorzubereiten. Zwölf Jahre war ich alt, und Fräulein Dahl spielte gerne mit ihren silbernen Armreifen, am Pult sitzend. Das musste einmal schiefgehen. Fräulein Dahl vergass, ihre Reifen in die Pause mitzunehmen. Ich nahm die Armringe an mich und bot ihr beim nächsten Erscheinen ihren Schmuck an, natürlich gegen eine Gebühr für die Klassenkasse. Das Wort Erpressung kannte ich damals noch nicht. Meisterhaft schaffte sie es, ihre Silberreifen entgegen zu nehmen, mir den Obulus für die Busfahrt zu überreichen und auch noch ein dankbares, leicht schuldbewusstes Lächeln aufzusetzen. In diesem Augenblick hätte ich sie auf der Stelle geheiratet.


Fräulein Dahl? Pustekuchen! 

Als ich 11 war, muss ich mich schon sehr erwachsen gefühlt haben. Fräulein Dahl (sie trat etwas später in mein Leben) war natürlich nicht mein einziger Schwarm. Da war noch Karin von Davidsohn. Sie kam von irgendwo her in meine Klasse, sprach ein lupenreines Hochdeutsch. Ich verliebte mich sofort in sie, doch ihre grenzenlose Schüchternheit war der meinen ebenbürtig, und sie unternahm nichts, uns einander näher zu bringen. Sie hatte dunkelbraunes glattes Haar und konnte - wenn sie wollte - hinreißend lächeln, was aber so gut wie nie vorkam. Zu Berührungen kam es auch nie. Sie ist für immer verschollen.

Ein kleines Wesen mit blonden Zöpfen hätte ich fast vergessen, obwohl sie unvergesslich war. In meinen inneren Annalen hieß sie bis heute Doris Eisele, Apothekertöchterlein, nicht weit weg von meinem Realgymnasium in Karlsruhe-Durlach. Sie war wirklich sehr klein. Wenn meine Oma mir ein Rezept in die Hand drückte und mir auftrug, nach der Schule in die Einhorn-Apotheke zu gehen, wo Oma mit einer Angestellten bekannt war (jetzt kommt die Erinnerung: Frau Stiegele), freute ich mich den ganzen Morgen schon darauf. Ich sollte Frau Stiegele grüßen und das Medikament abholen.
Bei meiner frühmorgendlichen Googeltätigkeit machte ich gerade seltsame Entdeckungen. Doris hieß Dorle, ihr Vater hieß Eisinger. Also hatten sich jahrzehntelang in mein Gedächtnis falsche Namen eingegraben. Wenn ich durch den Einhorn-Eingang trat, stand das süße Dorle hinter dem Tresen, neben ihrem Vater oder neben Frau Stiegele. Man sah sie kaum, weil die Verkaufstheke zu hoch war. Aber ihre großen runden Augen blitzten hervor und sprachen Bände. Sie erkannte mich, sagte aber kein Wort. Für mich war der Tag gerettet. Dieser Augenkontakt blieb unser Geheimnis. Genau, wie die ergoogelte Geschichte der Apotheke, die eine der ältesten Deutschlands war und 2005 aufgelöst wurde.


Gedächtnislücken? 

Die Reihe meiner Gespielinnen würde ich gerne fortsetzen, zumal der häufige Schulwechsel mich in immer neue Gefilde entführte und ich mich immer neu verlieben musste. Doch zunächst muss ich eine Selbsthilfegruppe für Gedächtnisgeschädigte aufsuchen, denn die Namen von geliebten Wesen sollten eigentlich wie Feuer im Oberstübchen brennen und für immer erhalten bleiben.

*Hurra, sie hieß Sonja. Wie konnte ich das vergessen?


Montag, 29. August 2016

Ulrich-Zasius-Freunde aller Länder...

Wenn Studierende zusammenkommen geht es familiär zu. Man duzt sich in Ländern, wo das Siezen noch Gang und Gäbe ist. In einem Land, in dem mehr und mehr über den hohen Ausländeranteil geklagt wird, allerdings meist unter solchen, die eher den Mund halten sollten, gibt es natürlich auch Reste von Gastfreundschaft. Die haben wir im Ulrich-Zasius-Haus erlebt, einem Studentenheim in Freiburg, das immer noch zu funktionieren scheint. Von den 120 Bewohnern des UZH waren schon in den Sechzigerjahren mindestens 20 % Ausländer. Was heißt hier Ausländer? Wir wurden alle sehr schnell Freunde und lernten viel über andere Länder, Kulturen und Befindlichkeiten.


Ulrich Zasius gab seinen Namen 
Sehr schnell gewöhnten wir uns an Namen wie Ezawa, Sa'an Sankhawasi, Mtuteli Xuma, George Norby und andere. Namen, die mir immer noch sehr vertraut sind, weil sie, wie ich selbst im 7. Stock zuhause waren und weil sie im Oktober wieder in unserem Treff-Zuhause in Himmelreich auftauchen werden: West, Riefenstahl, Hagenmaier, Schwaibold, Bosecker, Digel, Sick, sowie die lieben Freunde Lucile und Rüdiger und, nicht zu vergessen, meine Cath. Fast jährlich machen wir uns auf, gemeinsam ein Wochenende im Hofgut und Hotel Himmelreich, gleich am Anfang des Höllentales im Schwarzwald, zu verbringen.



Studentenzeit ist nie ein Spaziergang durchs Paradies. Deshalb gab uns das UZH etwas Geborgenheit, während Martin Heidegger an der Uni gelegentlich noch über 'Sein und Zeit' philosophierte, ein Grundsatz beschwörendes Fossil aus alten Zeiten, sozusagen, 'der Satz vom Grund'. Alexander Kresling gab den Heimleiter, wobei ihm sein Russischer Chor wohl etwas lieber war. Maria Gronau, die später Ärztin wurde, jobbte im Sekretariat und war immer zu einem netten Gespräch aufgelegt. Der große Feind aller Studenten (dieser Vorzeit unseres späteren beruflichen Lebens) war ein Herr Fletschinger, Leiter des Studentenwerks, eine Art verlängerter Arm der universitären Bürokratie.


Die Alma Mater in Freiburg 
Jetzt gehören wir zu den Überlebenden einer Zeit, als Freiburg noch der Ausgangspunkt für Raubzüge in den Kaisersthl war. Kirschenklauen und Kaiserstühler trinken kann aus unreifen Menschen ganz ordentliche Zeitgenossen machen. Ich denke, das haben wir geschafft. Unser nächstes Treffen in Himmelreich werden wir auch noch schaffen. Frau Stuzmann und ihre lieben Kollegen warten sicher schon ungeduldig auf uns. Alle, die uns dort treffen wollen, sind herzlich eingeladen, zwischen dem 7. und 9. Oktober dort aufzutauchen. Dixit Wolfgang.

Sonntag, 28. August 2016

1000 und eine Nacht. Die Himmelsmacht.

Ich habe hiermit den Blog Nummer 1001 geschafft. Weltweit und teilweise auf Englisch. Doch noch bin ich nicht fertig. Das habe ich mit Scheherazade gemeinsam: Wir kommen nur langsam zu Pott. Wir werden mit dem Erzählen nicht fertig. Das/die Opfer unserer Erzählungen ist/sind bereits eingeschlafen. Auch bei Scheherazade stimmt vieles nicht. Bei mir selbst erhoffe ich in Sachen Genauigkeit nur das Beste. Bei Scheherazades Erzählungen zum Beispiel, weiß man nicht, wer ihre Geschichte aus welcher Sprache übersetzt hat. Persisch? Arabisch? Doch dafür gibt es Spezialisten. Einer davon ist der Orientalist, Autor, Dichter, Diplomat, Entdecker, Militär, Linguist und Ethnologe Sir Richard Burton, ein Engländer des Jahrganges 1821, der 1890 in Triest an einem Herzschlag verschieden ist. Mehr zu Sir Richard später.


Arabische Nächte 

Erwartungsgemäß schrieb er als Orientalist The Arabic Nights, was mit Arabische Nächte am besten übersetzt ist. Meist kennt man von 1001 Nacht nur die musikalische Erzählung von Rimsky-Korsakov. Eine verträumte Ballade, sehnsuchtgeschwängert, mit unendlichen Hinhaltungen. Wenn von den Wiener Philharmonikern bei den Salzburger Festspielen zelebriert, könnte Valery Gergiev als Dirigent dahinter stecken. Doch er arbeitet heute als ganz Großer überall. Ich vermute, dass ich ihn in Baden-Baden als Mahler-Dirigent gesehen habe. Der Russe und Ossetier wirkt leidenschaftlich und ein wenig schuldbewusst, als hätte er etwas gestohlen. Doch auch 1000 und 1 Nacht ist harte Arbeit.


Scheherazade von Sophie Anderson 

König Shahyar wurde von seiner Frau betrogen. Als Rache hat er sich ausgedacht, sich jeden Tag eine Jungfrau zu nehmen und, damit sie keine Gelegenheit erhält, in zu betrügen, sie köpfen zu lassen. Tausend Jungfrauen hatte er bereits hinter sich ge- und schließlich umgebracht, als ihm das Töchterlein seines Wesirs vorgesellt wurde. Als gütiger Vater warnte er seine Tochter vor dieser fatalen 1001. Nacht mit dem König. Wie so oft bei Töchtern, wurde nicht auf den Vater gehört. Doch Scheherazade war nicht nur höflich und angenehm, sondern auch klug und witzig und vor allem sehr belesen. Sie kannte fast alle Geschichten und Märchen, und der König wollte ihr eine Chance geben. Er ließ sie eine Geschichte erzählen, als die Nacht hereingebrochen war.


Morgendämmerung? 
Alsbald kam die Morgendämmerung, der Moment, wo das Erzählen ein Ende haben sollte. Doch Scheherazade hatte bereits ein neues spannendes Märchen begonnen, und Shahyar erlaubte ihr, am kommenden Abend die Geschichte zu beenden. Klug wie sie war, beendete Scheherazade ihre Geschichte vor dem Morgengrauen.und begann eine neue. Da der König wieder nicht einschlafen konnte, hatte die Erzählerin schon wieder eine neue spannende Geschichte begonnen, die der König natürlich zu Ende hören wollte. Scheherazade erreichte etwas übermüdet die jeweilige rettende Morgendämmerung. Tausend Nächte hatten die beiden ohne Betrügereien überstanden. Das sind zwei Jahre, 8 Monate und 260 Nächte, wenn ich richtig gerechnet habe. Genug Arbeit für Scheherazade, in die sich der König verliebte, als sie keine neue Geschichte mehr auf Lager hatte. Sie wurde dann wegen ihrer erzählerischen Verdienste vom König geheiratet. Ich hätte die Erzählerei schon nach der 50. Nacht überzeugt abgebrochen.


Sir Richard Burton 
Damit hatte das Enthaupten ein Ende und wir ein faszinierendes Märchen. Die Liebe ist also doch eine Himmelsmacht, wobei bei Königen auch ein Himmelbett mit im Spiel ist. Mit Sir Richard Burton habe ich folgendes gemeinsam: ein Richard Burton ist mein Schwager. Es fehlt ihm allerdings der "Sir", was ohnehin zu familiären Peinlichkeiten führen würde. Der orientalische Sir beherrschte 29 Sprachen, darunter auch Dialekte, wobei es bei seinen Übersetztngen nicht immer leicht ist zu sagen aus welcher Sprache er ins Englische übersetzte. Sein Kama Sutra soll er aus dem Französischen entnommen haben. Auf seiner Suche nach den Nilquellen stieß er unter anderem auch auf den afrikanischen Tanganjikasee, der sechstgrößte der Erde und der zweittiefste.




Samstag, 27. August 2016

My 1000 blogs. So what?

Today is the day. I knew it would happen. Now it did. It's now a thousand times that I have opened my computer in the morning to start a new blog, writing in German for the first years.

 The first ever was in 2010. We - Cath and I -  had come home from a holiday in the Bavarian Alps. Oberammergau is famous for its Oberammergau Passion Play, attracting thausends of visitors and performed by the village people every ten years.  The first was in 1634 and the next will take place in 2020 if everything goes well. It  is meant to be an everlasting "Thank you" to the Lord who saved the Oberammergauers from the plague.


Not far from Oberammergau 
Actually, I'm lying... my 8 page Oberammergau blog was in reality my third blog, far too long and not very much to the point. I described our holiday and was surprised by the enthusiasm this endless blog has caused. Then I found out, how attractive  historical flashbacks, curiosity in general, my sex mindedness and my interest in exotic cooking must be.  Friends told me also, that they liked my writing style and, rather unexpectedly, my pictures which I selected carefully in order to be as relevant as possible.


Full Moon over Yorkshire.

A new dimension for me came with my unmitigated rejection of every right wing attempt to impose fanatic thoughts and to express hatred. I can be quite outspoken and never fail to put my finger on certain manipulators who are not ashamed to intoxicate the atmosphere. People like Le Pen (father and daughter), Nigel Farage, Frauke Petry and Beatrix von Storch (both being German neonazis), as well as an American Republican who wants to become the new President of the USA. Donald Trump or so, a living example of a political simpleton with an admirable degree of shamelessness. Also frequently mentioned: Adolf Hitler, Napoleon, Putin, NSA, Merkel, the Queen, the weather and my Yorkshire girl.


Dommage, Farage, Garage, Fromage! 
So, passion, love and curiosity makes my day and gets pored into my blogs. No theme or aspect is boring enough to be ignored. Blogging seems to be a rather discrete art which does not necessarily trigger of passionate reactions. This is why I try to find out more about readers who seem to be  mainly from Germany, UK, USA,  Russia, France, Austria but also many other countries. Yesterday I saw that someone from Barbados wanted to see a blog of mine. My conclusion is, that blogging has become a typical exercise for global minded authors who do not seek a publisher but are happy when they can create a little community of readers. In my case, I am told that almost 400 000 read something I wrote.


She is the one! 
Can I boast of having an average of 400 readers per blog? Is that realistic? If I write in English and German, I would need my beloved Cath to see the English blog to make sure that I am not writing nonsense. Thank you so so much, dearest Cath. I know you have other things to do. But I also am aware that you want to make me happy. I look forward to the next 1000 blogs! One calls that optimism. Champagne!!!!!



Freitag, 26. August 2016

Voulez-vous coucher avec moi? YES!

This is my 999th blog. I try to be particularly original. Starting with a silly French question nobody ever asked me, whereas during my 30 years of working in France, I had plenty of opportunities to also find sleep in a most satisfactory way. Would I say more? NO.


My point is: how can one celebrate doing one's 999th blog? I never met anyone who wrote as much as 2000 pages divided into little bits and pieces. Provided this rare bird of a writing soandso does really exist and speakes one of my languages (German, French, English, Spanish and some Italian, Austrian, Alsatian, Schwitzerdütsch, Turkish, Flemish and Dutch) I would be happy to communicate with him/her. The above question (voulez-vous coucher avec moi?) would not be put to him/her since I just woke up and, to my horror, remembered that I had to do my 999th blog today.


My serious inferiority complex as regards my command of English continues to exist. On my way to full emancipation of my weak personality, having to cope with a lousily defined IQ (which can only be too low), I have to struggle for more recognition as a medium sized intellectual, who's wife happens to be British. I am afraid, I must have lost my thread now. What was it about? Oh, yes, I would flatly refuse to shake hands with a certain Nigel Farage, of whose many silly speeches I followed during the Brexit Campaign the most obnoxious was the one on Europe, devant le Parlement Européen.


A propos foreigners: me live here in Yorkshire. Me love a British wive. Me having enough income from Europe, not needing any support, except when crossing road on wrong side. Me happy here, Nigel. Why you not emigrate to Europe, Fromage? You German wife? Then go to Merkelland! I stay. I must have lost it again, my thread. What was I about to announce? Oh, yes, my 999th blog. Would you like to dream with me?

Donnerstag, 25. August 2016

Ich bin ain Bealina - Vorsicht, Falle!

Da zitiert man einen amerikanischen Präsidenten und wird vom Enkel gefragt: wie alt warst du da, als  Präsident Kennedy gesagt hat "Ich bin ein Berliner"? Schon sitzt man in der Falle, weil keiner sich an etwas erinnern kann,  das vor 53 Jahren gesagt wurde, wenn er selbst, sagen wir, noch nicht 60 ist. Die Falle schnappt zu, wenn du hinzugfügst, dass im selben Jahr Walter Ubricht, der Staatsratsvorsitzende der DDR, vor sich hinsächselte: Niemand had de Absischd eine Maua zu errischden. Jeder, der seine Mathestunde nicht verschlafen hat, weiß dann, dass der Zeitzeuge 70 oder älter sein kann.

Sie ging als älteste Frau der Welt. Und war stolz.


Bei historischen Aussagen wie Auch du mein Sohn Brutus kann lediglich geschlossen werden, dass der Zitator seine Geschichtsstunde nicht geschwänzt hat. Sagst du aber, Das schlägt dem Fass den Boden aus, bewegst du dich auf sicherem Grund. Es sei denn, der Spruch mit dem Fass sei inzwischen in Vergessenheit geraten, was auch etwas über dein Alter aussagen kann

Ich hinterfrage einfach mal, warum das Wort Anti-Ageing gerade Konjunktur hat. Oder, warum Königsberger Klopse nicht mehr so häufig gegessen werden. Man möchte nicht wie ein alter Idiot dastehen, wenn die Bedienung fragt, was das sei. Das gilt auch für Danziger Goldwasser. Sagt jetzt bitte nicht, die Goldwasserflaschen sind weiß und vierkantig. Schon schnappt sie wieder zu, die Falle. Bei über 90.


Unmerklich gealtert
Solltest du das Glück haben, in ein weibliches Ohr flüstern zu können: erinnerst du dich noch an Tantes neunzigsten Geburtstag, wo wir wie verrückt gefeiert haben und ich dich zum erstenmal ungefragt küsste? Dann verschwanden wir im Hinterzimmer, und Tantchen ging noch ohne fremde Hilfe ins Bett? Bei dieser rhetorischen Frage ist es egal, wieviele Jahre du auf dem Buckel hast.

Das Schöne am Alter ist, wenn man in einen großen Spiegel schauen kann, vielleicht sogar splitternackt, und sich die Frage beantworten, ob die Falten, Runzeln, Krähenfüße alle ehrlich verdient sind und sich die Scham für die hohe Zahl an Jahren in Grenzen hält.

Whitby, Graf Dracula, oder der Schrei der Möwe

Wer sich, nicht etwa wegen hohen Alters, an die gespensterhafte Ankunft von Nosferatu, auf einem Schiff, frühmorgens, in Wismar erinnert, hat das meiste schon begriffen. Die langen Fingernägel, das (film)stumme Grauen einer feucht-nebligen Stadt am Meer, die abstehenden Ohren, gruseliger geht es fast nicht mehr. Graf Orlok, von Max Schreck gespielt, ist der Ausbund dieser Symphonie des Grauens von 1922. Dieser Drakulafilm war nur einer von über 30 Verfilmungen eines Stoffes, der von einem Iren, Bram Stoker, schon 1897 unter dem Titel "Dracula" veröffentlicht wurde. 1890 hatte der Autor Whitby besucht. Die Stimmung dort musste das entsprechende Grauen verursacht haben, um diesen Vampir in dieser Hafenstadt anzusiedeln.


Dennoch war es Friedrich Murnaus Stummfilm, der zwar ohne Genehmigung, mit veränderten Namen und Orten, teilweise in Wismar gedreht, zu Weltruhm gelangte. Er wird heute noch zu den 10 weltbesten Filmwerken gezählt. Auch Klaus Kinski, unser Gruselspezialist, hat diesen Nosferatu meisterhaft gespielt. Die Fassung von 1922 kann zwar ein wenig Gruseln erwecken, doch das Grauen ist bei heutgen Maßstäben eher rührend.


Es wird nicht erwartet, dass man dieses bergige, wasserumschlossene Nest im Norden von Yorkshire wirklich kennt. Wir wohnen etwa 2 Autostunden entfernt und haben Whitby im letzten Jahr schon einmal besucht. Es liegt an der nördlichen Ostküste von England, nicht weit von der Grenze nach Schottland. Die Möwen sind in Whitby besonders frech. Sie schreien herum und sitzen auf jedem Laternenpfahl oder Schornstein. Es wird sehr empfohlen, sie nicht auch noch zu füttern. Doch sonst ist Whitby richtig interessant. Die Stadt als Fischerdorf zu unterschätzen, wäre ein fataler Irrtum.


Whitby war auch einmal groß im Schiffbau und im Walfang. Das erfolgreichste Waljahr war 1814, wo 8 Walfänger 172 Wale nach Hause brachten, woraus unzählige Tonnen Öl erzeugt wurden.


Der Seefahrer und Entdecker, James Cook, hat in Whitby gewohnt und seine ersten Erfahrungen mit Schiffen hier gemacht. Mit der HSM Endeavour brach er 1869 für drei Jahre in den Pazifik auf, entdeckte Australien und Neuseeland, viele Inseln und Völker und brachte die Kunde von den Tattoos mit, die bei den Maoris gefunden wurden. Wenn man bedenkt, wieviele meist junge Menschen heute ihren Körper mit Tattoos verziert haben, versteht man den historischen Schock dieses Mitbringsels. In Whitby sahen wir ein hauchdünnes Mädchen, das von einer schlangestehenden Menge Kinder umringt war, die alle eine kleine Tätowierung haben wollten. Käptn Cook hat also nicht umsonst gelebt.



Den frommen Anfang von Whitby hat jedoch Prinzessin Hilda gemacht. Im Jahr 657 wurde eine Doppelabtei gegründet, für Nonnen und Mönche. Hilda wird heute die Heilige genannt, denn sie war die erste Äbtissin dieses Klosters. Dies erinnert an "unsere" Hildegard von Bingen, auch eine Heilige, die mit dem gleichen Namen einige Jahrhunderte später von sich reden machte.


Whitby ist für uns noch lange nicht erledigt. Im kommenden Herbst haben wir vor, Cath und ich, zu einem Drakulawochenende dort zu sein, vorausgesetzt, wir fürchten uns nicht zu sehr und finden noch eine Übernachtungsmöglichkeit.

Montag, 22. August 2016

Du pain pour Nickel! - Pumpernickel.

Wir wissen oft nicht, ob wir verhöhnt werden, wenn wir Germanen, etwas hinterhältig, Pumpernickel genannt werden. Dabei ist Westfalen nicht das einzige Land, das dieses herrliche Brot herstellt. Auch andere Länder haben sich daran versucht. Der polnische Pumpernickel wird zwar mit Malz verdunkelt, kommt aber in Aussehen und Qualität dem deutschen am nächsten. Der amerikanische ist ein typischer neuzeitlicher Verschnitt. Er trägt zwar den Namen Pumpernickel, wird jedoch mit Kaffee, Cacao, Melasse oder Schokolade aufgedunkelt und entsprechend in kurzer Zeit gebacken. Wie dieses Zeug schmeckt, hat sich mir noch nicht erschlossen. Lassen wir ihnen ihren amerikanischen Traum.


American Pumpernickel 
Der westfälische Pumpernickel ist eine Brotdelikatesse aus Roggenvollkornschrot mit Rübensirup, Malzextrakt (Gerste), Sauerteig oder Hefe. Der feine süßliche Geschmack entsteht durch die lange Backzeit von bis zu 24 Stunden. Auch die dunkle Farbe stammt daher. Konservierungsstoffe sind nicht vorgesehen. Als jugendlicher Süddeutscher war mir der Pumpernickel nur vertraut, weil es einen eingewanderten amerikanischen Sänger und Fernsehunterhalter dieses Namens gab. Gelegentlich wurde ich auch von einer alleinsthenden Freundin meiner Tante zum sonntäglichen Frühstück eingeladen. Sie war über 70, sprach hochdeutsch und machte einen herrlichen Kaffee. Dazu gab es immer: Pumpernickel, Butter und Tannenhonig. Einen silbernen Kaffeelöffel und ein silbernes Messer. Ich liebe das heute noch.


Gerade habe ich zwei Scheiben Pumpernickel gegessen, in einem Land, das den Pumpernickel nicht vermarktet, es sei denn, Lidl oder Aldi hätte diesen im Angebot. Dort habe ich noch nie eingekauft. In West-Yorkshire hat man wahrlich wichtigeres zu tun. Einen Artikel zu lesen, zum Beispiel, von Alison Spiegel, die "food writer", also Ess-Autorin ist und einen ihrer letzten Artikel unter dem Stichwort "taste" - Geschmack - folgendermaßen betitelt hat: So, Pumpernickel Bread Was Named After A Farting Devil. Für alle, die noch nicht genug Pumpernickel in ihrem Leben verkostet haben und deren Englisch etwas rostig ist: Also, Pumpernickelbrot wurde nach einem furzenden Teufel benannt. Das schlägt meines Erachtens dem Fass den Boden aus. Woher will sie das wissen?


Dinkelbrot, auch nicht von Pappe! 
Alison behauptet, dass das Wort pumpern im Deutschen so etwas wie flatulieren bedeutet, während Nickel eine Verballhornung bzw. Weiterentwicklung des Wortes Nicholas - Nickel sei. Gegen diese Darstellung möchte ich mich verwahren, wenn auch nur ganz milde, denn man kann nie wissen. Also, die Briten haben ihren bekannt mageren Brotkorb mit etwas aufgefüllt, das sie gar nicht kennen.
Schlimmer ist jedoch die historisch ebenso falsche Auslegung, wonach der etwas größenwahnsinnige Kaiser Napoleon verächtlich gesagt haben soll, als er zur Besetzung von Westfalen Pumpernickel vorgesetzt bekam: C'est bon pour Nickel (Variante: du pain pour Nickel). Das geht jedoch garnicht. Der gute Bonaparte war schon geboren, als sein Pferd des Namens Nickel (gab es das überhaupt?) ihn auf seinen Raubzügen begleiten durfte. Das Wort Pumpernickel, das deutscheste, das man sich vorstellen kann, wurde in den Annalen der deutschen Brotesser schon Jahrhunderte vor Napoleon geführt.


Du pain pour Nickel! 
Noch ein kleiner Tiefschlag für die französische Baguette, die ich von Herzen liebe: das weiße Stangenbrot schmeckt zwar herrlich, wenn es frisch gebacken ist, der Pumpernickel hingegen hat eine erheblich längere Lebensdauer. Es lebe der Pumpernickel, die brotgewordene Flatulenz, der man auch (zurecht?) nachsagt, sie sei schwer verdaulich. Sollte das stimmen, hätte auch Napoleons Pferd damit seine Probleme gehabt.


Mr. Pumpernickel 
Und wie steht es mit der Alternative für Deutschland? Ich könnte mir denken, dass das deutscheste aller Brote so etwas wie einen inneren Reichsparteitag auslöst, wenn einer dieser Biodeutschen der AfD in den Supermarkt geht, um diese braune Ikone zu erwerben. Meine vielen ausländischen Freunde haben unseren weltweiten Vorsprung in Sachen Pumpernickel immer äußerst wohlgefällig anerkannt. Also kein Grund, eventuelle nichtdeutsche Mitmenschen in Sippenhaft zu nehmen.



Samstag, 20. August 2016

Der Hang zum Orgasmus: Hilde und Isabel.

Im Rahmen meiner (Nach)Forschungen stieß ich soeben auf Unerhörtes. Ich wollte endlich auf Englisch meinen Bewunderern in aller Welt meine Hochachtung vor einer Reihe von außergewöhnlichen Frauen unserer Kulturgeschichte zum Ausdruck bringen. Dazu wären mir Hildegard von Bingen, eine deutsche Heilige, Margaret Sanger, eine Amerikanerin, die die Geburtenkontrolle hoffähig machte, und Marie Stopes, eine Britin , die die Abtreibung propagierte und eine Chilenin/Amerikanerin, Isabel Allende, eine hocherotische Dame, gerade die Richtigen gewesen.


Hildegard, unser Frauenstar aus uralten Zeiten. 
Ich hatte mit Hildegard begonnen: "She was a nun and a Saint, very learned and creative...." , dann wollte ich weiterfahren, indem ich beschreibe, wie sie in ihrem Leben alles unter einen Hut brachte, nämlich das Schreiben, Philosophieren, als Mystikerin das Lehren und Komponieren. Ganz davon zu schweigen, dass sie auch noch eine Dinkelsuppe erschuf und wohl als erste Ärztin den weiblichen Ogasmus beschrieben hat. Kein Wunder, dass es heute eine International Society of Hildegard of Bingen Studies gibt, die das Nachdenken über unsere Hildegard ganz schön auf Trab hält. Vor allem in den USA wird sie als mittelalterliche Dame Nummer 1 eingestuft und verehrt.

Gleich danach hätte ich gerne etwas über eine berühmte Amerikanerin geschrieben, von der ich wusste, dass sie süffisant "Our Lady of Birth Control" genannt wurde. Margaret Sanger, von der ich eigentlich nur das Geburtsdatum ergoogeln wollte. Sie machte mir selbst einen kleinen Strich durch die Rechnung. Ich sah ein Foto, auf dem sie vor dem Ku-Klux-Klan eine zündende Rede hielt. Dann ein Zitat von Hillary Clinton über sie: "I admire Margaret Sanger enormously, her courage, her tenacity, her visions". Das sind alles lobenswerte Eigenschaften, die Hillary in ihrem zähen Kampf gegen den Herausforderer Donald Trump (um mal einen Mann zu nennen) gut gebrauchen kann. Ihre berühmte Familienplanung (die der Sanger) von 1916 war dann doch etwas zu viel für mich: sie plante minderwertige Rassen wie "Orientals, Jews and Blacks" durch Geburtenkontrolle auszurotten und nannte sie "human weeds" = menschliches Unkraut. Adolf Hitler muss von dieser Megäre weiblichen Geschlechts gehört haben.


Kommen wir zu Marie Stopes. Auch sie hatte ich etwas bewundert, weil sie die Vorreiterin der Geburtenkontrolle war. Angesichts der 1,4 Milliarden Chinesen und 1,1 Mrd. Inder, ganz zu schweigen von dem übrigen Rest der sich wie die Stallhasen vermehrenden Menschheit, hätte ich selbst für mäßigende Schritte plädiert. Nur China hatte dann das 1-Kinderprogramm aufgelegt. Auch Stope war eher Radikal und kommt für mich als Frauengröße nicht mehr in Betracht. Obwohl, so leicht soll man es sich nicht machen. Sie hat sich für sichere Abtreibungen eingesetzt und für den coitus interruptus. Die Marie Stopes  International wurde zwar 1976 gegründet und betreibt heute "sichere" Abtreibungskliniken in 38 Ländern, doch Marie, die auch in München Botanik studiert hatte, vertrat auch stark den Euthanasiegedanken. Damit kam sie in beträchtliche Nähe des Führers, der vor ihrem Tod, 1958, schon Millionen von Menschen, meist Juden, hatte umbringen lassen. Um ihr ein wenig gerecht zu werden, sollen noch zwei Dinge erwähnt werden: Ihr Bestseller von 1918 "Married Love or Love in Marriage" wo sie als Eheberaterin mutig ihr Bestes gab, und ein Gedicht, in dem sie folgendes behauptete: Catholic, Prussians,
                                                     The Jews and the Russians,
                                                     All are a curse,
                                                     Or something worse.
Sie alle sind ein Fluch, behauptete sie, und sandte einen kurzen Brief mit dem Poem an Adolf Hitler, dem die englische Fassung wahrscheinlich höchst missfiel. Dear Herr Hitler usw..... Und noch etwas: sie wollte eine gesetzliche Regelung für die Sterilisation, die vor allem Behinderte und "Idioten" betraf. Das kann aus heutiger Sicht nur als Fluch gewertet werden. Aber Mut hatte diese Streiterin, die für vieles auch Gründe hatte.


Marie Stopes: Falsche Richtung! 
Meine Damensicht muss etwas aus dem Ruder gelaufen sein. Eigentlich wollte ich Hildegard von Bingen, die bewundernswerte Frau aus dem deutschen Mittelalter, mehreren anderen Frauen gegenüberstellen, um diese Sicht etwas zu erweitern. Das ist und bleibt bei Frauen schwierig. Mit der chilenisch-amerikanischen Schriftstellerin Isabel Allende fahre ich deshalb recht gut. Sie lebt noch und erfreut sich hoffentlich ihrer hocherotischen Talente, was Männer und auch die Welt betrifft.


Ach, Isabel! 
Über eventuelle Aussagen zum weiblichen Orgasmus weiß ich nicht viel. Sie soll geschrieben haben:
"Writing is like making love. Don't worry about the orgasm, just concentrate on the process!"  Das kann man so stehen lassen. Über ihre Romane will ich nicht viel sagen. Ihr Besteller "Das Geisterhaus" wurde in über 40 Sprachen übersetzt und auch hochkarätig verfilmt. Meine schwache persönliche Verbindung zu Isabel: einer der Hauptdarsteller, Joost-Jürgen Siedhoff, als Priester in diesem Film (früher der Sohn in der Serie Familie Hesselbach), hat vor dem Isabelwerk mit mir auf einer Bühne gestanden. Ich war der Statist, und er der Held, der in Cocteaus Stück "Bacchus" die Hauptrolle spielte. Ich als Statist durfte ihn auf der Bühne verhaften. Das würde ich heute noch tun, wenn es das Drehbuch verlangte.



Freitag, 19. August 2016

Gesichter - gesichtslos.

Nur relativ wenige Gesichter haben es geschafft, in die visuellen Gedächtnisse der Menschen einzudringen und dort für immer verhaftet zu bleiben. Jesus von Nazareth auf der einen Seite, Adolf Hitler, Stalin, Napoleon, George Washington, Churchill, Johann Sebastian Bach, Donald Trump, Angela Merkel und Brigitte Bardot auf der anderen. Warum dieses Chaos von Bildern? Weil unzählige Porträts dazwischen liegen, die ebenfalls unmöglich einzuordnen sind. Julius Cäsar, Johannes Heesters, le Général de Gaulle, Nigel Farage und Wolfgang Amadeus Mozart. Manche der Gesichter können sogar als Ohrfeigengesichter in die Geschichte eingehen.


Brigitte Bardot heute. 
Die Frage ist doch, was wir in Gesichter hineinlesen können und welche Visagen so offensichtlich übel sind, dass man mit dem Handrücken auf sie losgehen möchte. Bei allem Hass auf die Nazis, Adolf Hitler's Gesicht hält diesen Test locker aus. Aber, was ist mit Nigel Farage, der erst in letzter Zeit durch sein blödes Grinsen und seine EU-Ausstiegskampagne etwas bekannt wurde? Doch vielleicht kann er nichts dafür.


Dann hat es - zum Glück? - die Kunst der Kosmetik immer schon gegeben. Der Sonnenkönig, Ludwig XIV, soll eine Talgschicht von einem Zentimeter (1 cm) auf dem Gesicht getragen haben. Soll ihn das schöner gemacht haben? Königin Elisabeth sieht jedoch bedeutend jünger aus als ihre 90 Jahre. Gute Arbeit oder friedliches Altern? Langsam kommen wir mit unseren Betrachtungen in die Gegenwart.


Ein Gesicht, das täglich im Fernsehen gezeigt wird, bietet viele Aspekte: man kann sehen wie es altert, wie es aufgehübsch wird, oder auch ohne Körpersprache sprechen kann. Wenn ein Gesicht auch spricht, soweit man seine Sprache versteht, kommt viel mehr rüber, Gutes oder Ungutes. Deshalb sind wohl Politiker in der Regel nicht so beliebt. Was aus ihren Mündern purzelt ist oft unverständlich bis unappetitlich.


Auf eine klassische Schönheit des französischen Films, die auch schon mal für Chanel Werbung gemacht hat, will ich nicht verzichten. Catherine Deneuve ist heute um die 73, was man ihr nicht vorwerfen kann. Sie konnte ihr häufig sichtbares, kühles Gesicht erstaunlich lange und kosmetisch einwandfrei auf der Höhe halten, genau wie unser Jopi Heesters, den der Schöpfer mit 107 Jahren zu sich holte.


Die Brigitte Bardot von einst. 
Aus den meisten Gesichtern kann man ihr Leben ablesen, zumal die Schminke nicht alles verdecken kann. Ich versuche immer, hinter dem Gesicht noch etwas mehr herauszulesen. Mehr als erlaubt ist. Die Undurch(ge)sichtigen sind allerdings schwer zu durchschauen. Gerne gehen sie in die Politik oder Wirtschaft, denn dort können sie ihr (wahres) Gesicht leichter wahren.


Flüchtlingskind 
Doch gibt es nichts Schöneres auf der Welt, als in ein ehrliches, vom Lächeln umspieltes Gesicht hinein zu schauen. Bei einem Kind ist das selbstverständlich, bei älteren Leuten freut man sich besonders, wenn man ein offenes Gesicht zu sehen bekommt.









Fountains Abbey - viel zu mächtig!


Nie hatte ich etwas davon gehört, bevor Cath mich auf eine weitere Entdeckungsreise nach Nord-Yorkshire mitnahm, um Fountains Abbey zu besuchen. Hier haben 13 Mönche im Jahr 1032 ein Kloster gegründet, nachdem sie im Aufruhr ihr Benediktinerkloster in York verlassen hatten. Unter dem Schutz des Yorker Erzbischofs besiedelten sie Land und bauten das Kloster, das zu einer der größten Klosteranlagen in England wurde.



1033 gab es einen kalten Winter, der die Mönche veranlasste, in den Zisterzienserorden einzutreten. Über 400 Jahre später wurde das Kloster aufgelöst. König Heinrich VIII hatte mit der Kirche in Rom gebrochen. Die offizielle Kirche wurde anglikanisch. Und ist es heute noch.


Das Cellarium, die Vorratskammer der Mönche 
Die Klosteranlage liegt seitdem in Ruinen, was den Anblick für Besucher nicht weniger spektakulär macht. Vor allem, die parkähnliche Anlage um das Kloster, der Studley Royal Park mit dem Flüsschen Skell, gehören ebenfalls zum Weltkulturerbe der UNESCO.


Dieser Ort verdient, mehr als einmal besucht zu werden, zumal in der näheren Umgebung noch etliche Naturschönheiten warten, die auch zu bestaunen sind. Zum Beispiel die Brimham Rocks mit ihren sensationellen Formen, die an den Gran Canyon und an die Bastei im Elbsandsteingebirge erinnern.


Donnerstag, 18. August 2016

Diesmal in Skipton/Yorkshire.


Skipton Castle 
Um das Hinterland kennen zu lernen, was tut man da nicht alles? Zuerst überwindet man die zögerliche Angst mit dem Wetter. Wird, oder wird es nicht regnen? Diese Frage ist völlig daneben, denn, natürlich wird es, oder auch nicht. Die Wetterberichte in diesem Land sind deshalb so professionell, weil niemand daran glaubt. Clouds, spells of sun, or otherwise. Who cares?  Nachdem man diese Frage etwas frivol abgehakt hat, macht man sich auf. Wir wollten Skipton entdecken, ein Ort mit 14.623 Einwohnern und einem Schloss, dem Skipton Castle. Die Einwohnerzahl wurde 2011 ermittelt. Wenn Nigel Farage richtig liegt (und politisch hoffentlich nicht mehr aufsteht), haben illegal Zuwandernde inzwischen ein halbe Million erreicht. Sicher ist das jedoch nicht.


Mit Cath in Skipton 
Skipton hat das Privileg, schon 1086 im Domesday Book erwähnt worden zu sein. Diese inhaltlich unveränderbare Chronik wurde von dem Normannen Wilhelm, dem Eroberer, angeregt. Schon 1090 wurde von einem normannischen Baumeister das Skipton Castle erbaut, heute noch eine eindrucksvolle Festung, die den Marktflecken dominiert. Eine alte Mühle, ein schiffbarer Kanal und der Fluss Aire bestimmen den Ort, der vom Moor von Skipton umgeben ist.


Ein Stück Skipton Moor 
Jetzt wäre fast alles gesagt, hätten wir nicht in einem netten Café etwas getrunken und dabei einen Bummel durchs Zentrum gemacht. Unglaublich, wie originell und gut hier Getränke sein können.


Karotten-Orange & Apfel-Ingwer 
Das sonnige Wetter hat wieder einmal den Wetterberichten getrotzt, und die Politesse, die gefährlich nahe an unser geparktes Auto herangekommen war, verpasste uns um Sekunden. Der Strafzettel hätte uns 90 Pfund Sterling gekostet, die wir dem schönen Skipton nicht gönnen wollten. Als es dunkel wurde, überfiel uns ein Vollmond, der in jedes Bilderbuch gepasst hätte.

Besuch in der Kolonie Deutsch-Yorkshire.

In einem Land, das Jahrhunderte lang davon lebte, Kolonien in der ganzen Welt zu schaffen, sie auch ein bisschen auszurauben und ihnen dann nach und nach die Freiheit wieder zu geben, mag es reizvoll sein (oder auch nicht),  den Spieß einmal umzudrehen. Nicht Deutsch Südwest, sondern Deutsch Nord Englisch. In der Tat, es leben heute etwa 130.000 Deutsche, oder etwas Ähnliches, in Großbritannien, das gerade dabei ist, Europa zu verlassen (Genauigkeit war noch nie meine Stärke). Auch die schöne Provinz Yorkshire muss dann mit, in der Cath und ich seit Anfang 2016 leben.


Koloniaherrschaften. 
Soweit so gut. Ich werde hier freundlich als Yorkshire kraut bezeichnet und bin ein wenig stolz darauf. Meine Frau ist eine Eingeborene, die aber gelernt hat, gutes deutsches Brot zu essen. Deshalb bin ich alle paar Tage gezwungen, deutsch zu backen. Brot natürlich. Drum ist ein Besuch aus der alten Heimat nicht nur schön, sondern auch notwendig, wenn man bedenkt, dass hier so vieles anders ist, und Gäste immer etwas mitbringen. Anders: der Wein, das Brot, der Kaffee, die Kondensmilch, die Straßenseite auf der man fährt und das Staatsoberhaupt, das in Old Germany nie länger als 50 Jahre Oberhaupt sein dürfte. Dear Old Elizabeth, schon über 90, schafft das mit links und wird auch bei den Krauts dafür bewundert.


Rarität Kondensmilch. 
Wir hatten gerade Besuch von meiner Enkelin Maura (mein Gogel) mit Freund Max. Das Auto war voll beladen mit Köstlichkeiten aus der deutschen Heimat: Brot, Zwetschgen (reif und wurmfrei), Mirabellen, ein Apfel, reife Feigen aus Mami Mausens Garten, Bärenmarke (reichlich), Kaffee (Tonnen). Etwas vergessen? Sicher. So what? Nigel Farage, der nazifreundliche Gründer der UKIP (UK Independent Party), der mit einer Deutschen verheiratet sein soll, die sich (verständlicherweise) nicht in die Öffentlichkeit traut, würde sich bei diesem Import aus einem EU-Land im Grabe herumdrehen, wenn er schon drinläge.


Also, es war eine große Freude, die beiden wenn auch nur für ein paar Tage bei uns zu haben. Sie zogen dann weiter nach Schottland, nachdem sie hier in Oxenhope noch ein Dampfbähnlein der antiken Art erforschen durften. Wir haben nichts mehr von ihnen gehört, aber den Kaffee mit der Bärenmarke genießen wir noch lange. Auch den Besuch von Maura und Max. Danke, Maus, Glückwunsch, Sieglinde.