Montag, 22. August 2016

Du pain pour Nickel! - Pumpernickel.

Wir wissen oft nicht, ob wir verhöhnt werden, wenn wir Germanen, etwas hinterhältig, Pumpernickel genannt werden. Dabei ist Westfalen nicht das einzige Land, das dieses herrliche Brot herstellt. Auch andere Länder haben sich daran versucht. Der polnische Pumpernickel wird zwar mit Malz verdunkelt, kommt aber in Aussehen und Qualität dem deutschen am nächsten. Der amerikanische ist ein typischer neuzeitlicher Verschnitt. Er trägt zwar den Namen Pumpernickel, wird jedoch mit Kaffee, Cacao, Melasse oder Schokolade aufgedunkelt und entsprechend in kurzer Zeit gebacken. Wie dieses Zeug schmeckt, hat sich mir noch nicht erschlossen. Lassen wir ihnen ihren amerikanischen Traum.


American Pumpernickel 
Der westfälische Pumpernickel ist eine Brotdelikatesse aus Roggenvollkornschrot mit Rübensirup, Malzextrakt (Gerste), Sauerteig oder Hefe. Der feine süßliche Geschmack entsteht durch die lange Backzeit von bis zu 24 Stunden. Auch die dunkle Farbe stammt daher. Konservierungsstoffe sind nicht vorgesehen. Als jugendlicher Süddeutscher war mir der Pumpernickel nur vertraut, weil es einen eingewanderten amerikanischen Sänger und Fernsehunterhalter dieses Namens gab. Gelegentlich wurde ich auch von einer alleinsthenden Freundin meiner Tante zum sonntäglichen Frühstück eingeladen. Sie war über 70, sprach hochdeutsch und machte einen herrlichen Kaffee. Dazu gab es immer: Pumpernickel, Butter und Tannenhonig. Einen silbernen Kaffeelöffel und ein silbernes Messer. Ich liebe das heute noch.


Gerade habe ich zwei Scheiben Pumpernickel gegessen, in einem Land, das den Pumpernickel nicht vermarktet, es sei denn, Lidl oder Aldi hätte diesen im Angebot. Dort habe ich noch nie eingekauft. In West-Yorkshire hat man wahrlich wichtigeres zu tun. Einen Artikel zu lesen, zum Beispiel, von Alison Spiegel, die "food writer", also Ess-Autorin ist und einen ihrer letzten Artikel unter dem Stichwort "taste" - Geschmack - folgendermaßen betitelt hat: So, Pumpernickel Bread Was Named After A Farting Devil. Für alle, die noch nicht genug Pumpernickel in ihrem Leben verkostet haben und deren Englisch etwas rostig ist: Also, Pumpernickelbrot wurde nach einem furzenden Teufel benannt. Das schlägt meines Erachtens dem Fass den Boden aus. Woher will sie das wissen?


Dinkelbrot, auch nicht von Pappe! 
Alison behauptet, dass das Wort pumpern im Deutschen so etwas wie flatulieren bedeutet, während Nickel eine Verballhornung bzw. Weiterentwicklung des Wortes Nicholas - Nickel sei. Gegen diese Darstellung möchte ich mich verwahren, wenn auch nur ganz milde, denn man kann nie wissen. Also, die Briten haben ihren bekannt mageren Brotkorb mit etwas aufgefüllt, das sie gar nicht kennen.
Schlimmer ist jedoch die historisch ebenso falsche Auslegung, wonach der etwas größenwahnsinnige Kaiser Napoleon verächtlich gesagt haben soll, als er zur Besetzung von Westfalen Pumpernickel vorgesetzt bekam: C'est bon pour Nickel (Variante: du pain pour Nickel). Das geht jedoch garnicht. Der gute Bonaparte war schon geboren, als sein Pferd des Namens Nickel (gab es das überhaupt?) ihn auf seinen Raubzügen begleiten durfte. Das Wort Pumpernickel, das deutscheste, das man sich vorstellen kann, wurde in den Annalen der deutschen Brotesser schon Jahrhunderte vor Napoleon geführt.


Du pain pour Nickel! 
Noch ein kleiner Tiefschlag für die französische Baguette, die ich von Herzen liebe: das weiße Stangenbrot schmeckt zwar herrlich, wenn es frisch gebacken ist, der Pumpernickel hingegen hat eine erheblich längere Lebensdauer. Es lebe der Pumpernickel, die brotgewordene Flatulenz, der man auch (zurecht?) nachsagt, sie sei schwer verdaulich. Sollte das stimmen, hätte auch Napoleons Pferd damit seine Probleme gehabt.


Mr. Pumpernickel 
Und wie steht es mit der Alternative für Deutschland? Ich könnte mir denken, dass das deutscheste aller Brote so etwas wie einen inneren Reichsparteitag auslöst, wenn einer dieser Biodeutschen der AfD in den Supermarkt geht, um diese braune Ikone zu erwerben. Meine vielen ausländischen Freunde haben unseren weltweiten Vorsprung in Sachen Pumpernickel immer äußerst wohlgefällig anerkannt. Also kein Grund, eventuelle nichtdeutsche Mitmenschen in Sippenhaft zu nehmen.



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