Mittwoch, 7. März 2018

Russland, gerade jetzt.

Nach Frankreich gehen manche, um gestopfte Gänseleber zu essen. Oder "des galettes de pommes de terre"(Kartoffelpuffer). Andere lieben den grandiosen Anblick der Champs Elysées und geraten ins Träumen. Nach Bella Italia, weil dort das Wetter so schön ist, und nach Deutschland, weil man da überall auch an Untaten erinnert wird, nicht nur an Heldentaten. Aber Russland, das muss man sich gut überlegen.


Ein Riesenreich, für das wir Verachtung und, nicht nur wegen Kathrina der Großen, auch ehrliche Freundschaftsgefühle hatten. Dann kamen die Weltkriege. Beim Ersten ging die russische Monarchie flöten. Unendliche Armut trat zutage. Beim Zweiten Weltkrieg bebte die Erde. Und der Kommunismus wurde als politisches System weltweit hoffähig, ohne, dass das rechte Gedankengut verschwunden wäre. Väterchen Stalin, der eigentlich Georgier war, errichtete seine Terrorherrschaft, und das Bild, das man sich vom Riesenreich machte, war eher entsetzlich.


Heute scheint ein Herr Wladimir Putin zu herrschen, eine Art Diktator, der sich bemüht, den matten Glanz der Weltmacht immer wieder durchscheinen zu lassen. Viele schreckliche Erinnerungen all derer, die aus der Sowjetunion flohen, sind geblieben. Bilder des Grauens. Doch die russische Seele ist nicht ganz verschwunden. Groß ist der vielfältige musikalische Ausdruck, der sich über die Welt gebreitet hat. Bolschoi, Tschaikowsky, Schwanensee. Ist das trotz allem nicht stärker, präsenter als alle Schauer-Errinnerungen an den Totalitarismus?


Ich versuche, Russland, das sich unberechenbar und willkürlich gibt, das Positive abzugewinnen. Es dauert immer zu lange, bis die Menschen für ein Umdenken bereit sind. Dann kommt ein Eistanzpärchen oder ein begnadeter Sänger und stellt alles auf den Kopf. Das Leben - das gilt auch für die Putins und Trumps dieser Welt - ist viel zu wichtig, um es den Egomanen zu überlassen. Meine Bewunderung für Russland hat nichts mit dem System zu tun, sondern mit den Menschen. Worauf hoffen sie, von was träumen sie? Das wäre für mich das Gemeinsame, das uns vereint.


Versuchen wir, auf allen Seiten unsere Altlasten abzuwerfen. Mit den Amerikanern kann man sich schwer tun. Was will dieser Trump? Was denkt der Ami von der Straße? Müssen sie so sein wie die Europäer? Haben wir genug Toleranzpotenzial, um dem klischeebehafteten Trottel in unseren Reihen Paroli bieten zu können? Eine gute Übung zur Überwindung von Vorurteilen ist die kühle Betrachtung, nicht das ängstliche Wegschauen. Wer mehr sieht, versteht auch mehr. Das ist seltsamerweise gerade bei Kleinkindern so.










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