Dienstag, 6. März 2018

Alte Freunde anrufen...

Ich habe zwei beidseitig beschriebene Zettel, auf denen etwa 100 Telefonnummern aufgeschrieben sind. Natürlich besitze ich einen Rechner, dem ich kinderleicht diese Telefonnummern, auch noch alphabethisch, oder nach Ländern geordnet, anvertrauen könnte. Tu ich aber nicht. Mein vorgerücktes Alter erlaubt mir, auch Nummern stehen zu lassen, deren Besitzer das Zeitliche gesegnet haben. Dann kommt gelegentlich der Moment, wo ich beschließe, zu telefonieren.


Erste Priorität: Geburtstage. Es hat wenig Sinn, zu warten, bis ein Geburtstag vorbei ist. Nächste Priorität: eine geliebte Telefonnummer befindet sich im Krankenhaus und hat gerade die Intensivstation verlassen. Dann kommt das Handy voll zum Einsatz. Es tut, und der Angeklingelte antwortet freudig, als hätte er/sie darauf gewartet.


Sollte man im Lotto gewonnen haben und einem Freund schon seit Jahren 1000 € schulden, ist überhaupt keine Eile geboten. Entweder hat er die Leihgabe längst vergessen, oder du hast seine Nummer verlegt. Priorität: keine. Und überhaupt: gute Freunde wissen was sie zu tun haben. Und beim Gelde hört die Freundschaft NICHT auf, wie man so schön sagt. Eines Tages bat mich ein solcher Freund um einen hohen Betrag. Es war dringend. Ich glaube, es ging um 25.000.- französische Francs. Ich hatte es geschafft, Freund zu bleiben und diese auch für mich recht hohe Summe irgendwie innerlich abzuschreiben.


Die Freundschaft war jedoch eine echte. Deshalb nahm ich seine Einladung zum Mittagessen in einem bescheidenen Lokal an. Wie plauderten, aßen und tranken. Als es ans Zahlen ging, nahm mein Freund die Rechnung und bezahlte sie. Dann sagte er zu mir: Ich habe nur einen Grund, dich heute einzuladen und reichte mir einen gefüllten Umschlag. Tut mir leid, dass du so lange warten musstest, sagte er noch. Ich steckte das Geld ein und dachte nicht einmal daran, nachzuzählen. Bei dieser Freundschaft stimmte alles. Deshalb gibt es sie heute noch.

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