Montag, 1. Januar 2018

Rudolf Nurejew - Erinnerungen.

Man kann nicht behaupten, er sei ein schöner Mann gewesen. Seine Beine waren ihm wichtiger. Für mich war Nurejew der größte Tänzer aller Zeiten. Neben Nijinski kannte man ohnehin keine Namen von Tänzern. Doch Nurejew, das Tatarenkind, ist in den Sechzigerjahren zum Weltstar des Balletts aufgestiegen. Seine Traumpartnerin: Margot Fonteyn. Als Junge war ich am Ballett genauso interessiert wie am Tanz in den Mai, nämlich garnicht. Allerdings verliebte ich mich einmal in eine Ballettratte, als ich in meinem Gymnasiastenleben auf ein Miniballett mit 4 Tänzerinnen stieß. Ich war nebenbei als Statist am Stadttheater Pforzheim "tätig" und verdiente pro Auftritt DM 6.-. Da musste ich mich verlieben.

Nurejew-Körper 
Wie kommt man von einem unschuldigen Ballett in einer Provinzstadt zum großen Meister Rudolf, der übrigens nicht nur mit Männern, sondern gelegentlich auch mit Frauen verbandelt war? Nicht über den Tanz. Außerdem hatte ich Nurejew logischerweise nie auf einer Bühne gesehen. Doch habe ich mir sagen lassen, dass er über ungeheures Charisma verfügte. Und, seine betont männliche Ausbuchtung an den zu eng anliegenden Hosen war oft eine Erwähnung in den Medien wert. Schließlich war er der einzige bekannte Weltstar des Tanzes, schon bevor er  in den Sechzigerjahren (1961?) in Paris auftauchte.



Meine Erinnerungen an den begabten Tänzer, der erkrankt und unglücklich an Aids starb, kann auf ganze fünf Minuten reduziert werden. Ich war gerade dabei, in Istanbul den berühmten Topkapi-Palast zu besichtigen, wo 400 Jahre lang die Sultane mit ihren Familien, Haremsdamen und Bediensteten wohnten. Interessiert hatte mich damals besonders der Harem. So viele hübsche Frauen, malerisch drapiert auf den sofa-ähnlichen Liegekissen: wer träumt nicht gelegentlich ganz orientalisch davon?



Da stand er plötzlich im Harem, ganz der Weltstar, mit gelbbraunen Halbstiefeln, in Begleitung zweier Damen. Nein, ich machte kein Foto und ich bat nicht um ein Autogramm. Solches habe ich nie getan. Sonst hätte ich vielleicht heute auch eine Unterschrift von Prinz Charles, der immer noch nicht König ist und es womöglich nicht mehr werden wird. Natürlich hätte ich kinderleicht auch ein Autogramm von Prinz Louis-Ferdinand von Preußen, dem Kaiserenkel, haben können. Das gemeinsame Mittagessen auf der Hohenzollernburg in Hechingen hätte mir dazu Gelegenheit gegeben. Nurejew hatte eine majestätische Haltung. Er schritt wie (ein Storch im Salat?) ein selbstbewusster Megastar.


Dann starb er und wurde bestattet, wo ich später gewohnt habe: in Levallois-Perret, im Norden von Paris. Ein hochbegabter Traumtänzer wie ihn heute keiner mehr kennt.

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