Es wäre schön und beruhigend, könnten wir sagen, dass zwischen dem Ende des Ersten sogenannten Weltkrieges und dem gerade begonnenen, noch friedlichen Jahr ein Jahrhundert des Friedens stattgefunden hätte. Dem war nicht so. Was wir schon vermuten können, ist, dass die Zahlen 1918/2018 schon längst keine rein europäischen Zahlen mehr sind. Die große Welt hat einen Teil unserer Alten Welt zurückgeholt.
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Schöne Alte Welt |
Großbritannien macht gerade eine internationale Verzwergung durch, obwohl Theresa May, Boris Johnson und Nigel Farage sich auf ihre eigene Weise heftig dagegen auflehnen. Spätfolgen eines Niedergangs, der schon lange stattgefunden hat. Die Kolonialmacht Frankreich, mit ihren Eroberungen (Martinique, Guadeloupe, Französisch-Guyana?) und den größeren Brocken wie Algerien, Sahara, Quebec, alles Überreste aus einer Zeit des kolonialen Raffens, ist ebenfalls zur Unkenntlichkeit geschrumpft. Andere europäische Mächte sind, eine nach der anderen, auf ihre heutigen Dimensionen zusammengeschnurrt: Österreich, Spanien, Holland, Belgien, Dänemark, Deutschland, Italien: es hat sie alle irgendwann erwischt.
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Schluss mit Indien |
Wenn man genauer hinschaut, waren alle geografischen und politischen Veränderungen durch grausame Konflikte verursacht worden. Statt durch Hinzugewinne, zerbröselte alles immer mehr. Wir Europäer hatten immer wieder gerade noch genug Zeit, uns irgendwie anzupassen. Das gelang nicht immer. So blieben "unerledigte Aufgaben", an denen wir als "noch nicht Europäer" zu kauen haben. Dass Russland die Krim an sich gerissen hat, ist ein Beispiel kleineuropäischer Schwäche. Dass die Deutschen trotz ihres Reichtums Ostpreußen nicht zurückkaufen können, ein anderes. Es sieht so aus, müssten wir mit dem Ungemach, für das wir selbst verantwortlich sind, weiterleben.
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Little Britain |
Europa, ein Kontinent der Friedhöfe und Denkmäler. Unser Fazit: wir müssen uns zu neuen Ufern zwingen. Aber wie? Die alles erschütternde Wahrheit ist, dass die Welt etwas von Europa erwartet, das es (noch?) nicht geben kann: Verabschiedung von Althergebrachtem, mutiges Vorwärtsschreiten zu einer neuen globalen Sichtweite. Die Gesellschaft funktioniert nur schwer. China, Indien, Brasilien laufen Europa schon längst den Rang ab. Als Merkel sagte, wir seien eine christlich-jüdische Wertegemeinschaft, hat sie gewiss nicht richtig getickt. Die Werte haben sich verändert: das Christliche ist am Verblassen, das Jüdische ist schwer einzuordnen, das Muslimische muss jetzt auch seinen Platz einnehmen, und unsere Gesellschaft muss sich öffnen können für neue Werte und Taten.
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Das Neue |
Das Annähern an wertneutrale sexuelle Verhaltensweisen, homo-lesb-bi-un-sexuell, scheint jetzt angesagt, ohne, dass dramatische Stürme enstehen müssen. Das Sexempfinden anderer sollte total tabu sein. Der religiöse Bereich ebenso. Und ob nun jemand SPD, CDU oder liberal wählt, kann vergessen werden. Wo aber die Augenbraue unbedingt nach oben muss - das ist eine Charaktersache - ist bei rechtsanstößigem Gedankengut (AfD, CSU). Hier sind keine Scherze mehr möglich. Wertegemeinschaft, ja, Frau Merkel, aber lasst uns darüber friedlich streiten. Beleidugung bleibt Beleidigung.
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