Montag, 8. Mai 2017

Manchester - der Lustschrei.

Die Anreise von Haworth nach Manchester war umständlich: der Bus brachte uns an den Bahnhof von Hebden Bridge. Dann, sofort, der Zug nach Manchester und mit dem Taxi zum Hotel. Wir hatten schon im letzten Jahr ein paar Tage in diesem Hotel verbracht, das im bunten Schwulenviertel der Stadt liegt, wo echt viel los ist.


Wir trafen Cathies Neffen Calum, seines Zeichens Student in Manchester. Wir gingen ins Theater und sahen ein Stück von Shakespeare von 1601, Was ihr wollt (Twelfth Night), eine Verwirrungskommödie, bei der man am Ende nicht mehr weiß ob man Männlein oder Weiblein ist.


Das Wetter war milde gestimmt, obwohl die Temperaturen getrost um einige Grade hätte höher sein können. Die Kinder hatten ihr reines Vergnügen, auch in voller Kleidung durch die Fontänen zu springen. Calum und Cath vergnügten sich anderweitig, indem sie sich in viktorianischer Verkleidung unter die Menge mischten. England ist für mich das einzige Land, in dem man nach Lust und Liebe verkleidet herumlaufen kann. Steam Punk nennen sie das. Eine Art, aus der eigenen Haut zu schlüpfen und eine andere Persönlichkeit anzunehmen. Der Rheinische Karneval könnte diese Erscheinung etwas verständlicher machen.

Cath und Calum im Steam Punk.

Unser Hotel, dessen Namen ich hier aus bestimmten Gründen nicht nennen kann, war ausgesucht gemütlich. Man hatte an alles gedacht. Bei unserem ersten Besuch hatte man uns einen romantischen Abend in der doppelsitzigen Badewanne mit Kerzenbeleuchtung, Musik, Schleckereien und Champagner vorgeschlagen. Dieses Mal wurden wir als ganz normale Gäste angesehen. Vor dem Hotel standen junge Leute herum, bei denen die Geschlechtsbestimmung nicht sofort eindeutig ausfiel. Die liberale Szene in diesem Viertel erlaubte es, ein zweimetergroßes Wesen auf Stöckelschuhen zu bewundern, wobei ich vorher noch nie Absätze von dieser Höhe gesehen hatte. Wie man sich so elegant auf den Beinen halten konnte, wird für mich ein ewiges Rätsel bleiben. Oben, in der Kopfgegend, konnte man nicht eindeutig ausmachen, auf welche Seite der Geschlechterdeutung das überlange Ding neigte. Muss das denn eine Rolle spielen?


Bei geöffneten Fenstern konnte man in der Freitagnacht bis in den frühen Morgen die Stimmen hunderter Nachtschwärmer hören. Das Gelächter und Gescherze, das uns  - wie seltsam - in keiner Weise zu belästigen schien. Die letzte Nacht war etwas ruhiger. Die Fenster waren geschlossen. Über unserem Zimmer waren Geräusche, und aus Gründen der Bewahrung der Intimsphäre wird der Name unseres Hotels nicht genannt. Fasziniert lauschten wir den Schreien einer jungen Frau, die wohl einen unendlich langen Orgasmus erlebte. Was hätten wir denn sonst tun sollen? Manchester hat es in sich. 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen