Dienstag, 13. September 2016

Erich Kästner - der Unterleib

Treffende Sprüche findet man bei Erich Kästner so sicher wie das Amen in der Kirche. Der Satiriker, Dichter und Schriftsteller aus Dresden fehlt uns heute. Für die rechtsgerichteten Besserwisser von heute hätte er einen Spruch nach dem anderen auf Lager. Ich würde Fräulein Petry von der Alternative für Deutschland vorschlagen: Es gibt nichts Gutes, außer, man tut es. Das sitzt und reimt sich während man sich auf AfD keinen Reim machen kann.


Erich Käsdner war Dräsdner 
Für alle, die Probleme mit gleichgeschlechtlichen, andersgeschlechtlichen oder ungeschlechtlichen Neigungen haben, hätte Kästner schon vor der sexuellen Revolution (was ist das???) ausgerufen: Das Leben ist ein Zeitvertreib. Man nimmt dazu den Unterleib. Wie poetisch er das formuliert hat. Ich könnte ihn dafür küssen. Den geborenen Putzteufeln unserer Welt, ich füge hinzu, mit Blick auf die klassische schwäbische Hausfrau, sagt Kästner mit männlicher Weisheit: Das meiste auf der Welt geht nicht durch Gebrauch kaputt, sondern durch Putzen. Ist das nicht schön? Man geht kaputt durch Putzen.


Bücherverbrennung: gedruckter Unflat
Ich habe diesen Dresdner immer verehrt und geliebt. Sonst hätte ich ihn auch nicht sofort erkannt, als er in den späten Fünfzigerjahren einmal (wie ich) über die Reeperbahn schlenderte. Wer Emil und die Detektive schrieb, oder das Doppelte Lottchen, oder Pünktchen und Anton, göttliche Kinderliteratur, kann kein bierernster Dichter und Denker gewesen sein. Ich liebte immer seine präzise Diktion, die nicht vorgab, allumfassend und endgültig zu sein. Aber auch Münchhausen mit Hans Albers war und ist ein großes Werk. Das fliegende Klassenzimmer, wer erinnert sich nicht?

Obwohl offensichtlich kein jüdisches Blut in seinen Adern floss, wurde er von den Nazis wie ein Staatsfeind behandelt. Seine Bücher wurden am 10. Mai 1933, kurz nach der Machtergreifung durch Adolf Hitler, am Berliner Opernplatz zusammen mit anderer "entarteter" Literatur verbrannt. Nicht nur der Propagandaminister Joseph Goebbels war dazu erschienen, sondern unter den 40 000 Zuschauern war auch Erich Kästner, der es sich nicht verkneifen konnte, seine Bücher brennen zu sehen.  Während Goebbels in der bekannten Manier herumbrüllte, war Kästner stiller Zeuge einer ungeheuerlichen Barbarei.


Reichsschreihals Goebbels: wider den undeutschen Geist 
Die Nazis konnten künstlerische Leichtigkeit, vor allem Satire, Ironie und Kabarett nie ertragen. Der Roman Fabian hatte es ihnen besonders angetan. Er wurde als Schmutz bezeichnet. Eine leicht biografische Beschreibung ausschweifigen Lebens mit viel Sex aller Art, inklusive der lesbischen Variante und der Prostitution, hatte - wie konnte es anders sein - das Reinheitsgebot der Naziseele flagrant verletzt. Man fragt sich, was die "Rechts"-geleerten unserer Zeit, die AfDler, dazu sagen würden. Dann noch Schmuddelliteratur von Erich Kästner, einem echten Dresdner!


Hallo, Mama! 
Er wurde von der Gestapo verhört, saß ein, doch er verließ sein Land während dieser 1000jährigen Episode der deutschen Geschichte nicht. Und bezahlte seinen Preis dafür. Was mich fast zutode rührt und aufwühlt: Erich schrieb über 30 Jahre hinweg seiner Mutter täglich einen Brief. Das ist auch eine Lebenseistung der alleredelsten Art. Er konnte von ihr kein reiches Erbe erwarten. Es war Liebe und Seelenverwandtschaft zugleich.









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