Es ist alles ruhig. Kein Stampfen der Maschinen. Man öffnet die Vorhänge und wird erschlagen: Der Tag ist bereits angebrochen. Es ist acht Uhr. Gegenüber liegt ein riesiges weißes Schiff, die MSC MUSICA. Gestern sind wir aus Olden ausgelaufen, einem kleinen Ort mit alpinen Ansichten. Auf den mächtigen Bergen lag vereinzelt Schnee. Wir gingen an Land, obwohl es nicht sehr viel zu sehen gab. Die versprochene Gletschersicht hätte das Besteigen eines Busses erfordert, doch war alles schon ausgebucht.
Heute sind wir offensichtlich in Stavanger. Letzte Station auf unserer Norwegentour. Die Abreise von Olden wurde einigen von uns durch ein Schaukochen mit Party-Essen verschönt. Nino, unser Bordchef, mit seinen Mannen, hatte etwa 20 Gäste geladen, denen er zeigte, wie man ein leichtes Essen für sie zaubern kann, ohne den ganzen Tag in der Küche stehen zu müssen.
Wir hatten uns dazu angemeldet, nachdem wir bei einem vorhergehenden Kurs schon viel über das Backen von Brot gelernt hatten. Nino, ein welterfahrender, mit allen gastronomischen Wassern gewaschener Ex-Italiener, weihte unsere erlauchte Gruppe in seine Geheimnisse ein, ohne dass wir einen Finger krumm machen mussten. Dazu gab es einen Aperitif aus Gin, Martini und Hollunderblühte, der uns auf die kommenden Genüsse einstimmte.
Grauer Himmel, draußen, keine Berge auf unserer Seite sichtbar. Doch auch die MSC MUSICA, die vor unserer Nase sitzt, ist sehenswert. Ninos Essen war wirklich leicht und bekömmlich. Kleine Risottokugeln mit Tomatenpüree, gekochte, in vier Teile gespaltene grüne Feigen mit Feta gefüllt, Seabass an der Haut gebraten, ein wenig Fenchelgemüse mit einer krustigen Nüsschensoße, leicht zuckrig. Ich gebe auf, denn meine Beschreibung führt in Richtung Unzulänglichkeit. Der Nachtisch bestand aus Tiramisu, dem italienischen Nationalgericht für Schleckmäuler.
Wir sind also jetzt in Stavanger. Die Wiege der Vickinger. Mit dem Drei-Schwerter-Denkmal, das an die Schlacht erinnert, die König Harald im 9. Jahrhundert geschlagen hat, um sein Reich zu einigen. Auf der noch nicht sichtbaren anderen Seite, der Anlegestelle, soll das Gamle Stavanger liegen, mit seinen 200 Jahre alten weißen Holzhäusern und dem Stadtzentrum.
Norwegen, das haben wir schon bemerkt, hat einen kühlen nordischen Charm, der zu unserer europäischen Alten Welt gehört, trotz exotischer Küche an Bord. Überhaupt ist ein solches Schiff wie die HMS Britannia ein schwimmender und äußerst repräsentativer Querschnitt durch die menschliche Gesellschaft, die auch noch dazu verdammt ist, friedlich und freundlich auf engem Raum miteinander auszukommen. Auch die vielen Rollstuhlfahrer gehören dazu, ganz zu schweigen von den zahllosen SpazierstockträgerInnen.
Gestern haben Cath und ich uns auch noch Einlegsohlen aus Amerika aufschwatzen lassen, die sündhaft teuer waren. Der Fußforscher, der zunächst unsere Abdrücke nahm, zeigte uns kompetent, wie die Gewichte des Körpers auf die vier Bogen des Fußes einwirken und mannigfaltige Schmerzen verursachen können. Ein erster Gang mit den eingelegten Sohlen zeigte schon vertrauenerweckende Wirkung.
Jetzt hat die Nachricht uns doch noch erwischt: Boris Johnson wurde von Theresa May zum Foreign Secretary, also Außenminister erkoren. Es werden keine besonders böse Zungen benötigt, um sich die Reaktionen der EU-Länder vorzustellen. Einer sagte bereits: das sei britischer Humor. Ein anderer meinte: Lügner bleibt Lügner. Ich selbst schüttle den Kopf, und Cath sagt: he is a great big raspberry. Ich übersetze das nicht! Das nicht mehr ganz Vereinigte Königreich wird auch diesen Schritt überleben, doch noch lange bedauern. Wir auch. Politik und Kreuzfahrt vertragen sich eben nicht.
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