Montag, 11. Mai 2015

Das Geheimnis des Alters.

In grauen Vorzeiten kursierten noch Gerüchte von uralten Menschen, die von allen geachtet und verehrt wurden. Heute werden sie in buchhalterischer Absicht als die kommende Generation der Hundertjährigen mit künstlicher Neugier betrachtet. Können sie mit 100 noch Fallschirmspringen? Was, die waren 7mal verheiratet? Der Erste Weltkrieg war gerade vorbei, als sie geboren wurden.


Es muss doch eine Erklärung für hohes Alter geben. Gute Ernährung, Sport, regelmäßiges Schlafen, moderne Medizin, können nicht dazu führen, dass man fröhlich alt wird. Es muss etwas Anderes sein. Aber was? Einfach die Jahre addieren und warten, dass alles gut geht? Ist nicht die ewige Kindheit das eigentliche Geheimnis? Im Alter rasen die Jahre noch schneller vorbei. Das Geheimnis der Ankunft im Leben sollte uns beschäftigen. Was hat man mit fünf schon mitbekommen? Dass Adolf Hitler ein Teufel war, wie meine Oma mal sagte? Oder das Gegenteil von alledem? Die Zeit vergeht wie eine Ewigkeit.

Das alles will nicht weiterführen. Wenn ich mich als alter Mensch meinen Erinnerungen hingebe, trete ich in das jeweilige Alter ein, das ich einmal hatte. Ich fürchtete mich in Bombennächten und verliebte mich ohne Ende. An Krankheiten kann ich mich erinnern. Zum Glück ließen sie sich als abgeschlossen beiseite schieben. Das herrliche Festessen, ab und zu, gab es auch. Von Omas und Opas nicht infrage gestellt zu werden: das war die Jungzeit. Der Beruf forderte den ganzen jungen Menschen. Die Entscheidungen haben sich als richtig herausgestellt. Nicht immer bei der Partnerwahl.

Dann biegt man in die Zielgerade ein. Trotz der vielen Einschüsse, die auf dem Weg dahin schon so manche hinweggerafft haben. Das Bewusstsein, nicht mehr (ganz) dazu zu gehören, wird stärker. Das Wissen um das Wissen, so relativ es ist, liegt wie ein Sparbuch in deinem Fach. Du hast alles schon gesehen, gehört, erlebt. Oder fast. Deine Wünsche an die Zukunft gehen über ein gutes Spargelessen fast nicht mehr hinaus. Deine Lieben, wenn du sie hast, betrachten dich mit Neugier. Es dämmert ihnen, dass wir alle den gleichen Weg gehen. Bis auf jene, die uns vorzeitig verlassen müssen.

Das Geheimnis des Alters kann nicht sein, dass wir auf das Ende warten. Besser ist es, sich auf die Anfänge zu besinnen, wie unerfahren, naiv, begeisterungsfähig und liebesbereit wir waren. Wo liegt das Geheimnis? Wollen wir es wirklich enträtseln? Dann wüssten wir, wer wir sind. Das muss nicht sein.

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