Mit Königinnen ist es so eine Sache: neben den offiziell anerkannten, irgendwann mal gekrönten Königinnen, gibt es eine Reihe Damen, die sich irgendwann mal zur Wahl gestellt hatten. Kaum gewonnen, waren sie Miss Soundso, Weinkönigin, Kirschenkönigin, oder gar Königin der Nacht. Von den gekrönten fallen mir drei ein: die in Großbritannien, die in Holland und die in Dänemark. Bei den Königen, wenn man von den offiziell gekrönten Häuptern einmal absieht, muss ich sofort an den König von Mallorca, oder den vom Hamburger Kiez denken. Der König der Juden, durchaus symbolisch gemeint und nicht mit unermesslichen Reichtümern in Verbindung zu bringen, spielt dabei eine dornenreiche Sonderrolle. Es wird von uns erwartet, dass man, vor allem der Königin an sich, die gebotene Achtung entgegenbringt. Das klappt auch meistens. Oder hat schon einmal jemand einer Königin zugerufen, "du Schlampe, verpiss dich"? Nein.
Wir erkennen aber leicht, dass man hier an unappetitliche Tabus stößt. Eine Königin wird einfach nicht in den Dreck gezogen. Auch die Damen vom Kiez, die sich ja auch gelegentlich den Rang einer Königin der Herzen erarbeiten können, haben sich rechtzeitig vom Straßenkot befreit, in dem sie herumwaten mussten, als die Nachttöpfe von ehrbaren Hausfrauen noch einfach aus dem Fenster geschüttet wurden, und die hohen Absätze nicht erfunden waren. Andererseits ist eine Weinkönigin oder eine Schönheitskönigin einfach etwas Leckeres und zum Anschauen. Mit etwas Glück übersteht diese Majestät ihre Herrscherzeit mit Grazie und Würde und kann fürderhin als ehemalige Soundsokönigin weiterpunkten, während die echt Gekrönten oft das Ende ihres Mandates nicht überleben.
Worauf möchte ich hinaus? Ich weiß es noch nicht. Gegen gekrönte Häupter habe ich eigentlich nichts, außer, dass mir persönlich der Status des Untertanen unangenehm ist. Dennoch habe ich die oben erwähnten drei aus allernächster Nähe erlebt, und keine von ihnen hat mir die Hand gereicht. Dazu hätte der Zeremonienmeister oder Protokollchef der Gekrönten einen massiven Hinweis geben müssen ("diese Hand auch, Majestät"). Dafür musste ich nicht wochenlang meine Hand ungewaschen lassen, um sie stolz herumzuzeigen. Was ich sagen möchte, ist dies: Tapfere Männer - es können auch ein paar Halunken darunter gewesen sein - haben sich irgendwann in grauer Vorzeit mühsam an die Spitze gekämpft. Das Wort "Führer" muss jetzt nicht unbedingt fallen. Herzog tut es auch, weil der vor dem Heer herzog. Macht wird dann oft missbraucht, um Reichtümer anzuhäufen, wenn man sie nicht schon besitzt. Der König vom Kiez zeigt dies, indem er einen silbergrauen Jaguar oder einen runderneuerten Cadillac fährt. Andere haben sich Schlösser gebaut, die man sogar besichtigen kann, wenn ihre Bewohner nicht mehr da sind. Unser in Bayern so geliebter Ludwig der Zweite
hat uns ja nicht nur Neuschwanstein geschenkt, nein, der Staatssäckel des Königreiches von Bayern wurde durch eine große Anzahl wunderschöner Prunkbauten geleert. Der Tourismus ist für solche Exzesse heute dankbar.
Noch eine unangenehme Sache, auf die ich eingehen möchte: der Wohlstand des kleinen Mannes, den es ja nicht gibt, hätte zustande kommen können, wenn die Cleveren unter uns sich nicht mit allerlei teurem Tand, protzigen Bauten und glitzernden Gewändern umgeben hätten. Da ist unser Wohlstand versickert, und wir Untertanen, brav wie wir sind, haben das alles geschehen lassen. Er wurde den wenigen vererbt, die deshalb manchmal etwas vornehm tun. Trotzdem: viele sind inzwischen Republikaner geworden, Untertanen und Obertanen, wenn auch nicht im Sinne der amerikanischen Politik, wo es auch sehr um den Erhalt von Reichtum geht. Sie legen Wert darauf, dass ein Präsident gewählt werden muss, um sein Volk repräsentieren zu können. Immerhin etwas, obwohl, es kann auch in die Hose gehen. Dann müssen wir es sagen. Majestätsbeleidigung ist es dann auf keinen Fall.
Zurück zu einer Dame, die sich wacker geschlagen hat: Handtäschchen schwingend und zum Teil abenteuerliche Hüte tragend, hat sie sich an der Spitze eines Volkes gehalten, das nicht unbedingt als Untertanenvolk zu bezeichnen ist. Kritik ist in jenem Land immer erlaubt. Aber ein wenig Tabu muss schon sein. Klug wie sie ist, hat sie zu vielem geschwiegen und dennoch kluge Reden gehalten. Eine echte Königin eben. Sie heißt Elisabeth die Zweite, doch bei den Schotten, die Erste, und sie feiert in diesem Jahr den Sechzigsten Geburtstag ihrer Krönung. Wer sich so würdevoll durchs protokollverseuchte Leben geschlagen hat, verdient alle Glückwünsche, die man sich denken kann.
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