Mittwoch, 2. November 2011

Merhaba, ihr Türken!



Ich hoffe sehr, dass ihr nach 50 Jahren deutscher Anwerbung endlich angekommen seid. Natürlich ist Deutschland für viele Türken, Extürken und Neudeutsche mit türkischem Migrantenhintergrund (habe ich 'was vergessen?) eine Heimat. Außerdem könnt ihr inzwischen fast überall in Läden einkaufen, die türkisches Flair verbreiten. Ich selbst gehe regelmäßig in einen türkischen Supermarkt (er nennt sich Kayseri) und kaufe dort alles, was ich haben kann. Es ist für mich der einzige Groß-Laden, in dem Einkaufen noch Vergnügen bereitet.

Warum viele deutsch-Deutsche immer noch Probleme mit Türken haben, verstehe ich schon lange nicht mehr. Weil sie Muslime sind? Quatsch! Weil sie aus dem Orient kommen? Quatsch! Da gehen wir ja gerade hin, um in eine fremde Welt einzutauchen, die uns gefällt. Weil sie unberechenbare Ausländer sind? Quatsch! Wir sind alle irgendwie, irgendwo, irgendwann Ausländer. Manche sagen, die Türkei gehöre nicht in die Europäische Union. Gut. Dann frage ich mich, warum die Griechen dort sind. Ihre Abneigung gegen alles Türkische sollten wir uns nicht zum Beispiel nehmen. Manche, die der Kanzlerin näher stehen als dem gesunden Menschenverstand, streben für das 80 Millionenvolk einen Sonderstatus an. Um was zu tun?
Können wir den florierenden Markt jenseits des Bosporus nicht in der EU gebrauchen? Quatsch!




Ich habe die Türkei jahrelang beruflich bereist und viele Freundschaften geschlossen. Manche Türken platzen vor Gastfreundschaft. Das kann man von unserem Land schon lange nicht mehr behaupten. In ganz alten Häusern hängt manchmal noch ein Vorhang, in den eingestickt ist: "Tritt ein, bring Glück herein". Heute sind wir mehr beschäftigt mit Bilanzen, Verlusten, Defiziten, Misstrauen, Rettungsschirmen und demographischem Wandel. Niemand hätte mich in der Türkei je mit "Kanake", "Kameltreiber", "Altnazi" oder "Neonazi" beschimpft. Nur in diesem unserem Land, wo ein Cem Özdemir und ein Günter Wallraff seriöse Rollen spielen, jeder auf seine gekonnte Art, fehlt die grundnotwendige Menschen- und Fremdenfreundlichkeit, die die Welt schöner macht.

Günter Wallraff spielte 2 Jahre lang den Türken Ali, um herauszufinden, wie mies wir sein können und sind. Dabei hat es nicht nur politische, sondern auch sehr menschliche Beziehungen zwischen den Deutschen und den Türken immer schon gegeben. Haben wir so viele Freunde in der Welt, dass wir auf die Freundschaft mit den Türken verzichten können? Quatsch! Lasst uns nach gut 50 Jahren Beschnuppern mit den 2,5 Millionen Türken in unserem Land endlich Freunde werden. Vielleicht brauchen wir uns gegenseitig? Hos(ch) geldiniz! Und vielen Dank, dass es euch bei uns gefällt. Uns gefällt es bei euch auch!

1 Kommentar:

  1. Merharba Wolfgang, schön von Dir zu lesen und zu sehen, dass wir ein paar Gemeinsamkeiten haben. Ja, ich genieße Istanbul gerade ziemlich und freue mich in einer Stadt mit so alter Geschichte leben zu dürfen.

    Die Fehler, tun mir natürlich Leid... das Leid der Legastheniker...

    Ich freue mich auf neue Berichte von Dir...

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