Freitag, 2. März 2018

Als Enkelin nicht schlecht.

Sie ist erwachsen, hübsch und intelligent. Wer so seine nicht einzige Enkelin beschreibt, ist bescheuert. Dass sie mit drei Jahren mit mir durch den Wald stiefelte und ein Hexenhäuschen besuchte, gehört zu den Leistungen eines dynamisch-gütigen Opas. Dass sie dann ausrief: Der Wind, der Wind, das schimmelige Kind, bleibt unvergesslich. Auch: Knusper Knusper Knäuschen, wer knabbert an meinem Häuschen, war ihr ureigenster Beitrag zur Verschönerung dieses Märchens von Hänsel und Gretel.

Der Oktober ist wie der April: er macht was er will. 
Ihr Drang zum künstlerischen Tun richtete sich damals auf die Illustration eines Kalenders, der für Opa bestimmt war: Für jeden Monat gab es die Zeichnung einer üppigen Frau. Von ihr gemalt.
Der Monat Dezember war dann der Höhepunkt. Warum ich annahm, sie sei erwachsen, hübsch und auch intelligent? Weil sie schon früh ahnte, dass ihr  Opa ein Frauenverehrer war. Nie hätte ich ein Mädchen geschlagen. Wie so oft, gehen Lügen seelenruhig neben der Wahrheit einher. Einmal schlug ich zu: Es war mein Töchterchen. Ich wischte ihr eine, wobei meine Reue zu gleicher Zeit mit meiner Hand auf ihrer Wange landete.

 Nicht runterfallen, bitte!
Wer alle Tassen im Schrank hat, wendet keine Gewalt bei Kindern an. Die Zeiten sind vorbei. wo man als Vater der strafende Herr war, der alle in Angst und Schrecken versetzte, ist man heute der verständnisvolle Mentor. Meine Enkel(innen), die schon ihren Vätern vertrauen konnten, halten den Opa für eine Festung des Guten und Oma für eine Komplizin in allen Lebenslagen. Ich glaube, die Generationen rücken zusammen. Und Opas verdienen das volle Vertrauen der Nachkommenschaft.

Zeit, zu gehen 
Hat sie deshalb für ihren Opa diese üppigen Frauen auf ihren Kalender gemalt? Ich traue mich nicht, sie dazu zu befragen. Obwohl, mit Appetit hat es zu tun. Sie liebt das gute Essen und ich den Genuss. Wer Frauen liebt, versteht sich mit der Enkelin, weil sie auch als weibliches Wesen ihre Welt verunsichert. Auf ihrem Kalender, den ich wie meinen Augapfel hüte, geht sie pünktlich am 31. Dezember aus dem Bild. Deshalb behaupte ich, sie sei erwachsen, hübsch und intelligent.


Enkelin 
Noch etwas: Selbstbewusst hat mein Enkelmädel ihre Autorenschaft auf ihren Zeichnungen für Opa festgehalten. Ich habe jetzt zwei Möglichkeiten: 1. Ich besitze die Rechte und kann ihre Werke nach freier Lust verkaufen. Der Gewinn würde jedoch an alle meine Enkel gehen, wenn ich die Wupper von der anderen Seite am Betrachten bin. 2. Ich handle in ihrem Auftrag. Sie sagt aber: Opa, das ist Kinderkram. Dann bleibe ich auf meinen Rechten sitzen. Hier sitze ich also, und beschaue die Werke einer gewissen Maite, die hoffentlich fühlt, dass sie meine Enkelin ist.

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