Samstag, 24. Februar 2018

Ich bin ein fauler Hund.

Wie kommt man dazu, einen Hund einen faulen Hund zu nennen? Mit 10 Jahren fragte ich mich ob ich faul sei. Die total entspannte Antwort, die ich mir selbst gab, war, ja, ich bin faul. Deshalb, wohl, war ich auch immer zu faul, andere faul zu nennen. Vielleicht auch eine brüderliche Sympathiekundgebung. Als ich in jungen Jahren nach Frankreich kam, hatte ich die Faulheit meiner Natur total verinnerlicht. Jemand sagte damals über mich: il est studieux et travailleur (er ist eifrig und arbeitsam).


Manche Menschen legen sich den Habitus des ständig Beschäftigten zu. Eine meiner Kolleginnen, intelligent aber faul, trieb es besonders weit. Ich durchschaute ihre Faulheit, weil sie mehere Male in der Woche die Tür ihres Büros, wenn sie am Nachmittag verschwand, um in der Stadt bummeln zu gehen, offenstehen ließ, indem sie eine Brille, die sie sonst nie benutzte, sichtbar auf ihrem Schreibtisch aufgebaut hatte, als wäre sie gerade mal auf die Toilette gegangen. Erst gegen Büroschluss tauchte sie wieder auf.

Sie, ohne Brille. 
Wenn sie sich auf dem Korridor bewegte, atmete sie stoßweise, als würde sie rennen, aus Zeitmangel.  Neben vielen vertraulichen Telefonaten, die man bei ihr immer für dringend halten musste, schrieb sie scheinbar unermüdlich Notizen auf kleine Zettel, die sie an wichtige Mitarbeiter zu richten schien, die es nicht gab. Das Spiel wirkte bei mir nicht, denn ich hatte mein Büro schräg gegenüber dem ihren und konnte ihr geschäftiges Tun fast immer mitverfolgen.


Wir haben es hier also mit zwei verschiedenen Mentalitäten zu tun, man könnte auch sagen, Verhaltensweisen: der Fleißmensch, der bei permant schlechtem Gewissen tätig wird, und dann der scheinbar hochbegabte Faulpelz, dem alles gelingt, obwohl er fast nichts tut. Ich kam schnell zu dem Schluss, dass es sich bei mir um eine seltene Mischung handeln musste: Fauler Hund mit schlechtem Gewissen. Auch damit kommt der Mensch allmählich ins Rentenalter.

Fauler Hund in Rente 
Was dann noch bleibt, ist die berechtigte Sorge um den guten Ruf, von dem man sich wünscht, dass er grabsteinfähig bleibt. Er/sie hat sich stets bemüht, ein guter Vater/eine gute Mutter zu sein. Sein/ihr Dahinscheiden kam völlig unerwartet und viel zu früh. Die neuerdings dritte Option wäre, zu warten, bis der Bürgermeister den Gruß mit den Blumen (Nelken, Rosen?) persönlich ins Haus bringt. Auf der Glückwunschkarte steht dann wir gratulieren dem Jubilar/der Jubilarin zum Hundertsten. Doch faul wie ich bin, möchte ich auf diesen Zirkus lieber verzichten.





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